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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 1. 2. 3.
[Spaltenumbruch] selbst von einer beharrenden Natur und Kraft
ist, man suche ein gutes Gewissen zu bewah-
ren, um nicht am Glauben Schiffbruch zu
leiden.
e. Zur Bestrafung, da man vermeynet im
Glauben zu stehen, und damit zu GOtt zu na-
hen, aber nicht hat ein c. 10, 22. erfordertes
wahrhaftiges Hertz, auch noch nicht loß
ist von dem bösen Gewissen und von den todten
Wercken, und folglich noch nichts weniger,
als einen wahren Glauben in sich hat.
f. Zur Ermahnung, daß man arkhen tes upo-
staseos, das angefangene Wesen des Glau-
bens suche vest zu behalten; und, da man den
Glauben, als einen neuen und lebendigen
Weg zu GOtt hat, daß man sich desselben
beständig also bedienen möge, daß unser gan-
tzes Leben eigentlich nichts anders sey, als ein
gläubiger Zugang zu GOtt.
g. Zum Troste, daß auch ein blöder und schwa-
cher Glaube ein wahrhaftiger Glaube sey,
wenn er sich nur befindet in einem wahrhafti-
gen und GOtt-ergebnen Hertzen, das ohne
Falsch ist; c. 10, 22. und daß, wo er sich gleich
nicht mercklich in der beruhigenden Zuversicht
und Freudigkeit fühlen läßt, er doch an dem
Hunger und Durst nach GOtt fühlbar sey,
und unser Heyland solchen im Glauben nach
der Gerechtigkeit hungrigen und durstigen
Seelen die Seligkeit zuerkenne. Matth. 5, 6.
V. 2.

Denn durch den haben die Alten, (die
von Adam her bis auf Christum gelebet) Zeug-
niß überkommen,
(zuvorderst in ihrem eignen
Gewissen vor GOtt, daß sie GOtt angehören:
und denn auch vor Menschen; sintemal ihr
Glaube theils in den Wercken der Liebe und in
der Ausübung des guten, theils auch in Erdul-
dung vieler Leiden sich rechtschaffen bewiesen
hat: daher es denn auch geschehen ist, daß man-
ches, ihnen zum guten Zeugniß, und andern zur
Nachfolge, in der heiligen Schrift von ihnen ist
aufgezeichnet worden.)

Anmerckungen.

1. Jst der Glaube gleich eine geistliche Ga-
be GOttes, die ihren Sitz im Hertzen hat und
unsichtbar ist; so bleibet er doch nicht unkenntlich,
sondern er thut sich mit der Bekenntniß in Wor-
ten und in Wercken, als wesentlichen und un-
zertrennlichen Früchten, hervor.

2. Haben die Alten im Glauben gestanden,
so folget daraus, daß nur ein Weg zur Selig-
keit angewiesen sey im alten sowol, als im neuen
Testamente; obgleich dieser Weg im neuen viel
leichter ist, als im alten.

3. Haben es die Alten mit dem Glauben zu
thun gehabt, und zwar mit einem solchen Glau-
ben, als er vorher beschrieben ist, der mit zu-
künftigen und unsichtbaren Dingen, oder Heyls-
Gütern umgehet; so ist es falsch, daß die Jsrae-
liten mit ihren Vorfahren nur auf lauter sicht-
bare und leibliche Dinge sind gewiesen worden,
wie einige gar irrig vorgeben. Denn daß der
[Spaltenumbruch] Glaube aufs unsichtbare und himmlische gehe,
das erweiset ja der Apostel eben damit, daß er
die Exempel der Alten anführet, mit gebrauch-
ter particula caussali denn.

4. Ehe aber der Apostel die Recension
der Alten Exempel-weise anhebet, machet er
vorher einen Satz von der Schöpfung, weil er
in den darauf nächstfolgenden Exempeln bis auf
die ersten Zeiten nach der Schöpfung zurück se-
hen wolte, der Glaube auch im Wercke der Se-
ligkeit zuvorderst die in der Schöpfung erwiese-
ne Allmacht, Weisheit und Gütigkeit mit zum
Grunde hat, da das gantze Werck der Wieder-
bringung gleichsam eine neue Schöpfung ist.

V. 3.

Durch den Glauben mercken wir, daß
die Welt
(tou`s aionas, welches Wort hier, wie
auch oben c. 1, 3. von dem Gebäude der gantzen
materialischen Welt verstanden und also ge-
brauchet wird, weil die Welt den periodis der
Zeiten und der Successionen unterworfen ist,)
durch GOttes Wort (oder nach dessen freyen
Willen, den er, nach menschlicher Art Befehls-
weise zu erkennen gegeben hat,) fertig ist, daß
alles, was man siehet, aus nichts
(me ek
phainomenon, nicht aus solchen Dingen, welche
schon sichtbar gewesen wären,) worden ist.

Anmerckungen.

1. Es ist den Gelehrten bekannt, daß die
Glaubens-Lehren mit Recht unterschieden wer-
den in Articulos puros, oder solche, davon die
Vernunft, oder der Mensch nach dem Lichte der
Natur nichts weiß: und in mixtos, oder solche,
davon das Natur-Licht zwar auch etwas, ja vie-
les, erreichet, die aber doch durch das Licht der
besondern göttlichen Offenbarung zu einer viel
grössern Aufklärung kommen. Unter welchen
Lehren billig die von der Existentz, von dem
Wesen, Eigenschaften und Wercken GOttes
obenan stehet, und eine der Atheisterey entgegen
stehende Grund- und Haupt-Wahrheit ist.

2. Da sich nun fräget, unter welche Arti-
culos
man den von der Schöpfung zu zehlen
habe? so haben ihn zwar einige zu den ersten ge-
rechnet: und zwar theils daher, weil der Apostel
zu dieser Lehre den Glauben fordert; theils da-
her, weil sie in philosophischen abstracten ar-
gumentation
en nicht geübet sind. Allein wenn
der erste Grund, nemlich die Meldung des
Glaubens zu dem Satze hinlänglich wäre, und
wenn nichts, was man zu glauben hat, auch in
seiner Masse aus der Natur bekannt sey, so hät-
te man die Glaubens-Articul nicht in puros &
mixtos
unterscheiden dürfen; dazu man doch
aber guten Grund gehabt hat. Und wo bliebe
die gantze Lehre von GOTT? als die ja aller-
dings der erste Glaubens-Articul ist, und doch
auch aus dem Lichte der Natur wider die Athei-
sten aufs kräftigste und bündigste kan erwiesen
werden, und vorlängst von so vielen erwiesen
ist, ja daher, weil er seinen Grund im Lichte der
Natur hat, allen vernünftigen Menschen ins
Hertz gepflantzet ist; daher auch von allen ver-

nünf-
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 1. 2. 3.
[Spaltenumbruch] ſelbſt von einer beharrenden Natur und Kraft
iſt, man ſuche ein gutes Gewiſſen zu bewah-
ren, um nicht am Glauben Schiffbruch zu
leiden.
e. Zur Beſtrafung, da man vermeynet im
Glauben zu ſtehen, und damit zu GOtt zu na-
hen, aber nicht hat ein c. 10, 22. erfordertes
wahrhaftiges Hertz, auch noch nicht loß
iſt von dem boͤſen Gewiſſen und von den todten
Wercken, und folglich noch nichts weniger,
als einen wahren Glauben in ſich hat.
f. Zur Ermahnung, daß man ἀρχὴν τῆς ὑπο-
στάσεως, das angefangene Weſen des Glau-
bens ſuche veſt zu behalten; und, da man den
Glauben, als einen neuen und lebendigen
Weg zu GOtt hat, daß man ſich deſſelben
beſtaͤndig alſo bedienen moͤge, daß unſer gan-
tzes Leben eigentlich nichts anders ſey, als ein
glaͤubiger Zugang zu GOtt.
g. Zum Troſte, daß auch ein bloͤder und ſchwa-
cher Glaube ein wahrhaftiger Glaube ſey,
wenn er ſich nur befindet in einem wahrhafti-
gen und GOtt-ergebnen Hertzen, das ohne
Falſch iſt; c. 10, 22. und daß, wo er ſich gleich
nicht mercklich in der beruhigenden Zuverſicht
und Freudigkeit fuͤhlen laͤßt, er doch an dem
Hunger und Durſt nach GOtt fuͤhlbar ſey,
und unſer Heyland ſolchen im Glauben nach
der Gerechtigkeit hungrigen und durſtigen
Seelen die Seligkeit zuerkenne. Matth. 5, 6.
V. 2.

Denn durch den haben die Alten, (die
von Adam her bis auf Chriſtum gelebet) Zeug-
niß uͤberkommen,
(zuvorderſt in ihrem eignen
Gewiſſen vor GOtt, daß ſie GOtt angehoͤren:
und denn auch vor Menſchen; ſintemal ihr
Glaube theils in den Wercken der Liebe und in
der Ausuͤbung des guten, theils auch in Erdul-
dung vieler Leiden ſich rechtſchaffen bewieſen
hat: daher es denn auch geſchehen iſt, daß man-
ches, ihnen zum guten Zeugniß, und andern zur
Nachfolge, in der heiligen Schrift von ihnen iſt
aufgezeichnet worden.)

Anmerckungen.

1. Jſt der Glaube gleich eine geiſtliche Ga-
be GOttes, die ihren Sitz im Hertzen hat und
unſichtbar iſt; ſo bleibet er doch nicht unkenntlich,
ſondern er thut ſich mit der Bekenntniß in Wor-
ten und in Wercken, als weſentlichen und un-
zertrennlichen Fruͤchten, hervor.

2. Haben die Alten im Glauben geſtanden,
ſo folget daraus, daß nur ein Weg zur Selig-
keit angewieſen ſey im alten ſowol, als im neuen
Teſtamente; obgleich dieſer Weg im neuen viel
leichter iſt, als im alten.

3. Haben es die Alten mit dem Glauben zu
thun gehabt, und zwar mit einem ſolchen Glau-
ben, als er vorher beſchrieben iſt, der mit zu-
kuͤnftigen und unſichtbaren Dingen, oder Heyls-
Guͤtern umgehet; ſo iſt es falſch, daß die Jſrae-
liten mit ihren Vorfahren nur auf lauter ſicht-
bare und leibliche Dinge ſind gewieſen worden,
wie einige gar irrig vorgeben. Denn daß der
[Spaltenumbruch] Glaube aufs unſichtbare und himmliſche gehe,
das erweiſet ja der Apoſtel eben damit, daß er
die Exempel der Alten anfuͤhret, mit gebrauch-
ter particula cauſſali denn.

4. Ehe aber der Apoſtel die Recenſion
der Alten Exempel-weiſe anhebet, machet er
vorher einen Satz von der Schoͤpfung, weil er
in den darauf naͤchſtfolgenden Exempeln bis auf
die erſten Zeiten nach der Schoͤpfung zuruͤck ſe-
hen wolte, der Glaube auch im Wercke der Se-
ligkeit zuvorderſt die in der Schoͤpfung erwieſe-
ne Allmacht, Weisheit und Guͤtigkeit mit zum
Grunde hat, da das gantze Werck der Wieder-
bringung gleichſam eine neue Schoͤpfung iſt.

V. 3.

Durch den Glauben mercken wir, daß
die Welt
(του`ς ἀιῶνας, welches Wort hier, wie
auch oben c. 1, 3. von dem Gebaͤude der gantzen
materialiſchen Welt verſtanden und alſo ge-
brauchet wird, weil die Welt den periodis der
Zeiten und der Succeſſionen unterworfen iſt,)
durch GOttes Wort (oder nach deſſen freyen
Willen, den er, nach menſchlicher Art Befehls-
weiſe zu erkennen gegeben hat,) fertig iſt, daß
alles, was man ſiehet, aus nichts
(μὴ ἐκ
φαινομένων, nicht aus ſolchen Dingen, welche
ſchon ſichtbar geweſen waͤren,) worden iſt.

Anmerckungen.

1. Es iſt den Gelehrten bekannt, daß die
Glaubens-Lehren mit Recht unterſchieden wer-
den in Articulos puros, oder ſolche, davon die
Vernunft, oder der Menſch nach dem Lichte der
Natur nichts weiß: und in mixtos, oder ſolche,
davon das Natur-Licht zwar auch etwas, ja vie-
les, erreichet, die aber doch durch das Licht der
beſondern goͤttlichen Offenbarung zu einer viel
groͤſſern Aufklaͤrung kommen. Unter welchen
Lehren billig die von der Exiſtentz, von dem
Weſen, Eigenſchaften und Wercken GOttes
obenan ſtehet, und eine der Atheiſterey entgegen
ſtehende Grund- und Haupt-Wahrheit iſt.

2. Da ſich nun fraͤget, unter welche Arti-
culos
man den von der Schoͤpfung zu zehlen
habe? ſo haben ihn zwar einige zu den erſten ge-
rechnet: und zwar theils daher, weil der Apoſtel
zu dieſer Lehre den Glauben fordert; theils da-
her, weil ſie in philoſophiſchen abſtracten ar-
gumentation
en nicht geuͤbet ſind. Allein wenn
der erſte Grund, nemlich die Meldung des
Glaubens zu dem Satze hinlaͤnglich waͤre, und
wenn nichts, was man zu glauben hat, auch in
ſeiner Maſſe aus der Natur bekannt ſey, ſo haͤt-
te man die Glaubens-Articul nicht in puros &
mixtos
unterſcheiden duͤrfen; dazu man doch
aber guten Grund gehabt hat. Und wo bliebe
die gantze Lehre von GOTT? als die ja aller-
dings der erſte Glaubens-Articul iſt, und doch
auch aus dem Lichte der Natur wider die Athei-
ſten aufs kraͤftigſte und buͤndigſte kan erwieſen
werden, und vorlaͤngſt von ſo vielen erwieſen
iſt, ja daher, weil er ſeinen Grund im Lichte der
Natur hat, allen vernuͤnftigen Menſchen ins
Hertz gepflantzet iſt; daher auch von allen ver-

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[380/0382] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 1. 2. 3. ſelbſt von einer beharrenden Natur und Kraft iſt, man ſuche ein gutes Gewiſſen zu bewah- ren, um nicht am Glauben Schiffbruch zu leiden. e. Zur Beſtrafung, da man vermeynet im Glauben zu ſtehen, und damit zu GOtt zu na- hen, aber nicht hat ein c. 10, 22. erfordertes wahrhaftiges Hertz, auch noch nicht loß iſt von dem boͤſen Gewiſſen und von den todten Wercken, und folglich noch nichts weniger, als einen wahren Glauben in ſich hat. f. Zur Ermahnung, daß man ἀρχὴν τῆς ὑπο- στάσεως, das angefangene Weſen des Glau- bens ſuche veſt zu behalten; und, da man den Glauben, als einen neuen und lebendigen Weg zu GOtt hat, daß man ſich deſſelben beſtaͤndig alſo bedienen moͤge, daß unſer gan- tzes Leben eigentlich nichts anders ſey, als ein glaͤubiger Zugang zu GOtt. g. Zum Troſte, daß auch ein bloͤder und ſchwa- cher Glaube ein wahrhaftiger Glaube ſey, wenn er ſich nur befindet in einem wahrhafti- gen und GOtt-ergebnen Hertzen, das ohne Falſch iſt; c. 10, 22. und daß, wo er ſich gleich nicht mercklich in der beruhigenden Zuverſicht und Freudigkeit fuͤhlen laͤßt, er doch an dem Hunger und Durſt nach GOtt fuͤhlbar ſey, und unſer Heyland ſolchen im Glauben nach der Gerechtigkeit hungrigen und durſtigen Seelen die Seligkeit zuerkenne. Matth. 5, 6. V. 2. Denn durch den haben die Alten, (die von Adam her bis auf Chriſtum gelebet) Zeug- niß uͤberkommen, (zuvorderſt in ihrem eignen Gewiſſen vor GOtt, daß ſie GOtt angehoͤren: und denn auch vor Menſchen; ſintemal ihr Glaube theils in den Wercken der Liebe und in der Ausuͤbung des guten, theils auch in Erdul- dung vieler Leiden ſich rechtſchaffen bewieſen hat: daher es denn auch geſchehen iſt, daß man- ches, ihnen zum guten Zeugniß, und andern zur Nachfolge, in der heiligen Schrift von ihnen iſt aufgezeichnet worden.) Anmerckungen. 1. Jſt der Glaube gleich eine geiſtliche Ga- be GOttes, die ihren Sitz im Hertzen hat und unſichtbar iſt; ſo bleibet er doch nicht unkenntlich, ſondern er thut ſich mit der Bekenntniß in Wor- ten und in Wercken, als weſentlichen und un- zertrennlichen Fruͤchten, hervor. 2. Haben die Alten im Glauben geſtanden, ſo folget daraus, daß nur ein Weg zur Selig- keit angewieſen ſey im alten ſowol, als im neuen Teſtamente; obgleich dieſer Weg im neuen viel leichter iſt, als im alten. 3. Haben es die Alten mit dem Glauben zu thun gehabt, und zwar mit einem ſolchen Glau- ben, als er vorher beſchrieben iſt, der mit zu- kuͤnftigen und unſichtbaren Dingen, oder Heyls- Guͤtern umgehet; ſo iſt es falſch, daß die Jſrae- liten mit ihren Vorfahren nur auf lauter ſicht- bare und leibliche Dinge ſind gewieſen worden, wie einige gar irrig vorgeben. Denn daß der Glaube aufs unſichtbare und himmliſche gehe, das erweiſet ja der Apoſtel eben damit, daß er die Exempel der Alten anfuͤhret, mit gebrauch- ter particula cauſſali denn. 4. Ehe aber der Apoſtel die Recenſion der Alten Exempel-weiſe anhebet, machet er vorher einen Satz von der Schoͤpfung, weil er in den darauf naͤchſtfolgenden Exempeln bis auf die erſten Zeiten nach der Schoͤpfung zuruͤck ſe- hen wolte, der Glaube auch im Wercke der Se- ligkeit zuvorderſt die in der Schoͤpfung erwieſe- ne Allmacht, Weisheit und Guͤtigkeit mit zum Grunde hat, da das gantze Werck der Wieder- bringung gleichſam eine neue Schoͤpfung iſt. V. 3. Durch den Glauben mercken wir, daß die Welt (του`ς ἀιῶνας, welches Wort hier, wie auch oben c. 1, 3. von dem Gebaͤude der gantzen materialiſchen Welt verſtanden und alſo ge- brauchet wird, weil die Welt den periodis der Zeiten und der Succeſſionen unterworfen iſt,) durch GOttes Wort (oder nach deſſen freyen Willen, den er, nach menſchlicher Art Befehls- weiſe zu erkennen gegeben hat,) fertig iſt, daß alles, was man ſiehet, aus nichts (μὴ ἐκ φαινομένων, nicht aus ſolchen Dingen, welche ſchon ſichtbar geweſen waͤren,) worden iſt. Anmerckungen. 1. Es iſt den Gelehrten bekannt, daß die Glaubens-Lehren mit Recht unterſchieden wer- den in Articulos puros, oder ſolche, davon die Vernunft, oder der Menſch nach dem Lichte der Natur nichts weiß: und in mixtos, oder ſolche, davon das Natur-Licht zwar auch etwas, ja vie- les, erreichet, die aber doch durch das Licht der beſondern goͤttlichen Offenbarung zu einer viel groͤſſern Aufklaͤrung kommen. Unter welchen Lehren billig die von der Exiſtentz, von dem Weſen, Eigenſchaften und Wercken GOttes obenan ſtehet, und eine der Atheiſterey entgegen ſtehende Grund- und Haupt-Wahrheit iſt. 2. Da ſich nun fraͤget, unter welche Arti- culos man den von der Schoͤpfung zu zehlen habe? ſo haben ihn zwar einige zu den erſten ge- rechnet: und zwar theils daher, weil der Apoſtel zu dieſer Lehre den Glauben fordert; theils da- her, weil ſie in philoſophiſchen abſtracten ar- gumentationen nicht geuͤbet ſind. Allein wenn der erſte Grund, nemlich die Meldung des Glaubens zu dem Satze hinlaͤnglich waͤre, und wenn nichts, was man zu glauben hat, auch in ſeiner Maſſe aus der Natur bekannt ſey, ſo haͤt- te man die Glaubens-Articul nicht in puros & mixtos unterſcheiden duͤrfen; dazu man doch aber guten Grund gehabt hat. Und wo bliebe die gantze Lehre von GOTT? als die ja aller- dings der erſte Glaubens-Articul iſt, und doch auch aus dem Lichte der Natur wider die Athei- ſten aufs kraͤftigſte und buͤndigſte kan erwieſen werden, und vorlaͤngſt von ſo vielen erwieſen iſt, ja daher, weil er ſeinen Grund im Lichte der Natur hat, allen vernuͤnftigen Menſchen ins Hertz gepflantzet iſt; daher auch von allen ver- nuͤnf-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/382>, abgerufen am 22.11.2024.