[Spaltenumbruch]
hen, der suchet seinem Amte nach Vermögen ein Genügen zu thun.
4. Man siehet demnach, daß die Bewah- rung des guten Gewissens, und die Wahr- nehmung des eignen Heyls der Grund ist von al- ler rechten Amts-Treue. Daraus nothwendig dieser Schluß folget, daß ein unbekehrter und ir- disch-gesinneter Lehrer zum geistlichen Wächter- Amte nicht allein ungeschickt ist; als der noch selbst in Sünden schläfet, sondern auch untreu ist; sintemal er nicht einmal für seine eigene Seele wachet; und daher so viel weniger für die See- len seiner anvertraueten Heerde wachen will und wachen kan. Denn da die Treue aus der Be- wahrung des Gewissens, um dermaleins in der Rechenschaft bestehen zu können, entstehen muß, ein unbekehrter Lehrer aber noch kein von den todten Wercken gereinigtes Gewissen hat; wo- her soll er denn den Antrieb, zu seiner Amts-Treue nehmen. O wer dieses noch bey zeiten wohl bedächte.
5. Zwar gedencket Paulus alhier nur allein dieses Bewegungs-Grundes, den er von der künf- tigen Rechenschaft hernimmt: aber dieser ist und bleibet bey dem rechtschaffnen Lehrer nicht allein, sondern dazu gehören billig diese beyde Evange- lische Argumenta, welche sie in der dringen- den Liebe Christi und des Nächsten, und in der lebendigen und reinen Hoffnung des ewigen Lebens haben. Von dem ersten spricht Paulus 2 Cor. 5, 14. Die Liebe Christi drin- get uns also. Von dem andern Petrus 1 Ep. c. 5, 4. Weidet die Heerde Christi, die euch befohlen ist, und sehet zu - - Werdet Vorbilder der Heerde, so werdet ihr, wenn erscheinen wird der Ertz-Hirte, die unverwelckliche Crone der Ehren empfa- hen.
6. Die Pflicht der Zuhörer bestehet in der Folgsamkeit: welche denn die gehörige Lieb- und Werthhaltung, wie auch die nöthige Ver- pflegung (welche der Apostel anderwärtig gar nachdrücklich einschärfet, sonderlich 1 Cor. 9. Galat. 6, 6. 1 Timoth. 5, 17.) mit in sich be- greifet.
7. Was sie zu solcher ihrer Pflicht bewe- gen soll, ist auf Seiten der Lehrer, daß man ih- nen die Amts-Last dadurch erleichtere, und mache, daß sie ihr Amt mit Freuden thun können: auf Seiten der Zuhörer, daß sie der schweren Ver- antwortung entgehen, welche sie durch ihren Un- gehorsam, und das daher verursachete Seufzen der Lehrer über sich ziehen. Da denn der Apo- stel weniger ausspricht, als er verstehet, wenn er saget: denn das ist euch nicht gut: sintemal es so gar nicht gut ist, daß es ein schweres Zorn- Gerichte der Verdammniß über sie bringet. Denn bleibet ein Zuhörer nicht ohne Strafe, wenn er auch gleich von seinem Lehrer nicht recht ist geführet worden; da er den Willen GOttes auch ausser dem nach dem göttlichen Worte und [Spaltenumbruch]
seinem Gewissen hätte erkennen können: Ezech. 12, 18. u. f. Wie will denn ein solcher dem Ge- richte GOttes entfliehen, der eine so getreue An- führung gehabt, aber an statt der schuldigen Folg- samkeit dem Lehrer das Amt so schwer gemachet hat?
8. Jm übrigen lieget in den Worten, das Amt mit Freuden thun, noch ein wohl zu merckender Character eines rechtschaffnen Leh- rers, nemlich dieser, daß er keine grössere Freude in dieser Welt hat, als die, wenn er die Früchte seines Amts zum Lobe GOttes an seinen Zuhö- rern siehet. Darum Johannes 3 Ep. v. 4. schrei- bet: Jch habe keine grössere Freude, denn die, daß ich höre meine Kinder in der Wahrheit wandeln. Von einer solchen Freude weiß ein schlafender Wächter nichts. Wir finden aber darinnen auch nicht weniger ein Kennzeichen eines rechtschaffnen Zuhörers, welches ist, dem Lehrer viel Freude machen, und damit viel Lob GOttes verursachen.
V. 18.
Betet für uns (mich und Timotheum v. 23.) Unser Trost ist der, daß wir ein gutes Gewissen haben, und befleißigen uns guten Wandel zu führen bey allen.
Anmerckungen.
1. Jm Griechischen gebrauchet sich der Apo- stel des Worts pepoithamen, wir sind der guten Zuversicht, wie gewesen, also auch noch. Und dazu setzet er das Wörtlein gar, denn: womit er anzeiget, warum er der Hebräer ihrer Fürbitte also verlange, daß er sich von derselben versichert halte; nemlich weil er sich keines andern, als ei- nes unsträflichen, Wandels unter ihnen und bey allen bewust sey: daher sie ihm so viel weniger die Fürbitte versagen würden.
2. Die Worte en pasi, kan man auf die vom guten Gewissen vorhergehende, oder auch auf die vom guten Wandel nachfolgende Wor- te ziehen, daß Paulus sich eines guten Gewissens in allen Stücken bewust, oder daß er sich allent- halben und bey iedermann eines unsträflichen Wandels beflissen habe, und noch befleißige. Man construire es, wie man wolle, so ist der Verstand richtig, und ist von Paulo beydes wahr.
3. Was kan aber besser und edler seyn, als ein gutes Gewissen? Denn darinn hat und behält man das Geheimniß des Glaubens, 1 Tim. 3, 9. und leidet hingegen daran Schiff- bruch, so bald man ein gutes Gewissen von sich stosset. 1 Tim. 1, 19. Paulus berufet sich auch sonst darauf, sonderlich 2 Cor. 1, 12. Unser Ruhm ist der, nemlich das Zeugniß unsers Gewissens, daß wir in Einfältigkeit und göttlicher Lauterkeit, nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade GOttes
auf
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 13. v. 17. 18.
[Spaltenumbruch]
hen, der ſuchet ſeinem Amte nach Vermoͤgen ein Genuͤgen zu thun.
4. Man ſiehet demnach, daß die Bewah- rung des guten Gewiſſens, und die Wahr- nehmung des eignen Heyls der Grund iſt von al- ler rechten Amts-Treue. Daraus nothwendig dieſer Schluß folget, daß ein unbekehrter und ir- diſch-geſinneter Lehrer zum geiſtlichen Waͤchter- Amte nicht allein ungeſchickt iſt; als der noch ſelbſt in Suͤnden ſchlaͤfet, ſondern auch untreu iſt; ſintemal er nicht einmal fuͤr ſeine eigene Seele wachet; und daher ſo viel weniger fuͤr die See- len ſeiner anvertraueten Heerde wachen will und wachen kan. Denn da die Treue aus der Be- wahrung des Gewiſſens, um dermaleins in der Rechenſchaft beſtehen zu koͤnnen, entſtehen muß, ein unbekehrter Lehrer aber noch kein von den todten Wercken gereinigtes Gewiſſen hat; wo- her ſoll er denn den Antrieb, zu ſeiner Amts-Treue nehmen. O wer dieſes noch bey zeiten wohl bedaͤchte.
5. Zwar gedencket Paulus alhier nur allein dieſes Bewegungs-Grundes, den er von der kuͤnf- tigen Rechenſchaft hernimmt: aber dieſer iſt und bleibet bey dem rechtſchaffnen Lehrer nicht allein, ſondern dazu gehoͤren billig dieſe beyde Evange- liſche Argumenta, welche ſie in der dringen- den Liebe Chriſti und des Naͤchſten, und in der lebendigen und reinen Hoffnung des ewigen Lebens haben. Von dem erſten ſpricht Paulus 2 Cor. 5, 14. Die Liebe Chriſti drin- get uns alſo. Von dem andern Petrus 1 Ep. c. 5, 4. Weidet die Heerde Chriſti, die euch befohlen iſt, und ſehet zu ‒ ‒ Werdet Vorbilder der Heerde, ſo werdet ihr, wenn erſcheinen wird der Ertz-Hirte, die unverwelckliche Crone der Ehren empfa- hen.
6. Die Pflicht der Zuhoͤrer beſtehet in der Folgſamkeit: welche denn die gehoͤrige Lieb- und Werthhaltung, wie auch die noͤthige Ver- pflegung (welche der Apoſtel anderwaͤrtig gar nachdruͤcklich einſchaͤrfet, ſonderlich 1 Cor. 9. Galat. 6, 6. 1 Timoth. 5, 17.) mit in ſich be- greifet.
7. Was ſie zu ſolcher ihrer Pflicht bewe- gen ſoll, iſt auf Seiten der Lehrer, daß man ih- nen die Amts-Laſt dadurch erleichtere, und mache, daß ſie ihr Amt mit Freuden thun koͤnnen: auf Seiten der Zuhoͤrer, daß ſie der ſchweren Ver- antwortung entgehen, welche ſie durch ihren Un- gehorſam, und das daher verurſachete Seufzen der Lehrer uͤber ſich ziehen. Da denn der Apo- ſtel weniger ausſpricht, als er verſtehet, wenn er ſaget: denn das iſt euch nicht gut: ſintemal es ſo gar nicht gut iſt, daß es ein ſchweres Zorn- Gerichte der Verdammniß uͤber ſie bringet. Denn bleibet ein Zuhoͤrer nicht ohne Strafe, wenn er auch gleich von ſeinem Lehrer nicht recht iſt gefuͤhret worden; da er den Willen GOttes auch auſſer dem nach dem goͤttlichen Worte und [Spaltenumbruch]
ſeinem Gewiſſen haͤtte erkennen koͤnnen: Ezech. 12, 18. u. f. Wie will denn ein ſolcher dem Ge- richte GOttes entfliehen, der eine ſo getreue An- fuͤhrung gehabt, aber an ſtatt der ſchuldigen Folg- ſamkeit dem Lehrer das Amt ſo ſchwer gemachet hat?
8. Jm uͤbrigen lieget in den Worten, das Amt mit Freuden thun, noch ein wohl zu merckender Character eines rechtſchaffnen Leh- rers, nemlich dieſer, daß er keine groͤſſere Freude in dieſer Welt hat, als die, wenn er die Fruͤchte ſeines Amts zum Lobe GOttes an ſeinen Zuhoͤ- rern ſiehet. Darum Johannes 3 Ep. v. 4. ſchrei- bet: Jch habe keine groͤſſere Freude, denn die, daß ich hoͤre meine Kinder in der Wahrheit wandeln. Von einer ſolchen Freude weiß ein ſchlafender Waͤchter nichts. Wir finden aber darinnen auch nicht weniger ein Kennzeichen eines rechtſchaffnen Zuhoͤrers, welches iſt, dem Lehrer viel Freude machen, und damit viel Lob GOttes verurſachen.
V. 18.
Betet fuͤr uns (mich und Timotheum v. 23.) Unſer Troſt iſt der, daß wir ein gutes Gewiſſen haben, und befleißigen uns guten Wandel zu fuͤhren bey allen.
Anmerckungen.
1. Jm Griechiſchen gebrauchet ſich der Apo- ſtel des Worts πεπόιϑαμεν, wir ſind der guten Zuverſicht, wie geweſen, alſo auch noch. Und dazu ſetzet er das Woͤrtlein γὰρ, denn: womit er anzeiget, warum er der Hebraͤer ihrer Fuͤrbitte alſo verlange, daß er ſich von derſelben verſichert halte; nemlich weil er ſich keines andern, als ei- nes unſtraͤflichen, Wandels unter ihnen und bey allen bewuſt ſey: daher ſie ihm ſo viel weniger die Fuͤrbitte verſagen wuͤrden.
2. Die Worte ἐν πᾶσι, kan man auf die vom guten Gewiſſen vorhergehende, oder auch auf die vom guten Wandel nachfolgende Wor- te ziehen, daß Paulus ſich eines guten Gewiſſens in allen Stuͤcken bewuſt, oder daß er ſich allent- halben und bey iedermann eines unſtraͤflichen Wandels befliſſen habe, und noch befleißige. Man conſtruire es, wie man wolle, ſo iſt der Verſtand richtig, und iſt von Paulo beydes wahr.
3. Was kan aber beſſer und edler ſeyn, als ein gutes Gewiſſen? Denn darinn hat und behaͤlt man das Geheimniß des Glaubens, 1 Tim. 3, 9. und leidet hingegen daran Schiff- bruch, ſo bald man ein gutes Gewiſſen von ſich ſtoſſet. 1 Tim. 1, 19. Paulus berufet ſich auch ſonſt darauf, ſonderlich 2 Cor. 1, 12. Unſer Ruhm iſt der, nemlich das Zeugniß unſers Gewiſſens, daß wir in Einfaͤltigkeit und goͤttlicher Lauterkeit, nicht in fleiſchlicher Weisheit, ſondern in der Gnade GOttes
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[418/0420]
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 13. v. 17. 18.
hen, der ſuchet ſeinem Amte nach Vermoͤgen ein
Genuͤgen zu thun.
4. Man ſiehet demnach, daß die Bewah-
rung des guten Gewiſſens, und die Wahr-
nehmung des eignen Heyls der Grund iſt von al-
ler rechten Amts-Treue. Daraus nothwendig
dieſer Schluß folget, daß ein unbekehrter und ir-
diſch-geſinneter Lehrer zum geiſtlichen Waͤchter-
Amte nicht allein ungeſchickt iſt; als der noch
ſelbſt in Suͤnden ſchlaͤfet, ſondern auch untreu iſt;
ſintemal er nicht einmal fuͤr ſeine eigene Seele
wachet; und daher ſo viel weniger fuͤr die See-
len ſeiner anvertraueten Heerde wachen will und
wachen kan. Denn da die Treue aus der Be-
wahrung des Gewiſſens, um dermaleins in der
Rechenſchaft beſtehen zu koͤnnen, entſtehen muß,
ein unbekehrter Lehrer aber noch kein von den
todten Wercken gereinigtes Gewiſſen hat; wo-
her ſoll er denn den Antrieb, zu ſeiner Amts-Treue
nehmen. O wer dieſes noch bey zeiten wohl
bedaͤchte.
5. Zwar gedencket Paulus alhier nur allein
dieſes Bewegungs-Grundes, den er von der kuͤnf-
tigen Rechenſchaft hernimmt: aber dieſer iſt und
bleibet bey dem rechtſchaffnen Lehrer nicht allein,
ſondern dazu gehoͤren billig dieſe beyde Evange-
liſche Argumenta, welche ſie in der dringen-
den Liebe Chriſti und des Naͤchſten, und in
der lebendigen und reinen Hoffnung des
ewigen Lebens haben. Von dem erſten ſpricht
Paulus 2 Cor. 5, 14. Die Liebe Chriſti drin-
get uns alſo. Von dem andern Petrus 1 Ep.
c. 5, 4. Weidet die Heerde Chriſti, die euch
befohlen iſt, und ſehet zu ‒ ‒ Werdet
Vorbilder der Heerde, ſo werdet ihr, wenn
erſcheinen wird der Ertz-Hirte, die
unverwelckliche Crone der Ehren empfa-
hen.
6. Die Pflicht der Zuhoͤrer beſtehet in
der Folgſamkeit: welche denn die gehoͤrige Lieb-
und Werthhaltung, wie auch die noͤthige Ver-
pflegung (welche der Apoſtel anderwaͤrtig gar
nachdruͤcklich einſchaͤrfet, ſonderlich 1 Cor. 9.
Galat. 6, 6. 1 Timoth. 5, 17.) mit in ſich be-
greifet.
7. Was ſie zu ſolcher ihrer Pflicht bewe-
gen ſoll, iſt auf Seiten der Lehrer, daß man ih-
nen die Amts-Laſt dadurch erleichtere, und mache,
daß ſie ihr Amt mit Freuden thun koͤnnen: auf
Seiten der Zuhoͤrer, daß ſie der ſchweren Ver-
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gehorſam, und das daher verurſachete Seufzen
der Lehrer uͤber ſich ziehen. Da denn der Apo-
ſtel weniger ausſpricht, als er verſtehet, wenn er
ſaget: denn das iſt euch nicht gut: ſintemal
es ſo gar nicht gut iſt, daß es ein ſchweres Zorn-
Gerichte der Verdammniß uͤber ſie bringet.
Denn bleibet ein Zuhoͤrer nicht ohne Strafe,
wenn er auch gleich von ſeinem Lehrer nicht recht
iſt gefuͤhret worden; da er den Willen GOttes
auch auſſer dem nach dem goͤttlichen Worte und
ſeinem Gewiſſen haͤtte erkennen koͤnnen: Ezech.
12, 18. u. f. Wie will denn ein ſolcher dem Ge-
richte GOttes entfliehen, der eine ſo getreue An-
fuͤhrung gehabt, aber an ſtatt der ſchuldigen Folg-
ſamkeit dem Lehrer das Amt ſo ſchwer gemachet
hat?
8. Jm uͤbrigen lieget in den Worten, das
Amt mit Freuden thun, noch ein wohl zu
merckender Character eines rechtſchaffnen Leh-
rers, nemlich dieſer, daß er keine groͤſſere Freude
in dieſer Welt hat, als die, wenn er die Fruͤchte
ſeines Amts zum Lobe GOttes an ſeinen Zuhoͤ-
rern ſiehet. Darum Johannes 3 Ep. v. 4. ſchrei-
bet: Jch habe keine groͤſſere Freude, denn
die, daß ich hoͤre meine Kinder in der
Wahrheit wandeln. Von einer ſolchen
Freude weiß ein ſchlafender Waͤchter nichts.
Wir finden aber darinnen auch nicht weniger ein
Kennzeichen eines rechtſchaffnen Zuhoͤrers,
welches iſt, dem Lehrer viel Freude machen, und
damit viel Lob GOttes verurſachen.
V. 18.
Betet fuͤr uns (mich und Timotheum v.
23.) Unſer Troſt iſt der, daß wir ein gutes
Gewiſſen haben, und befleißigen uns guten
Wandel zu fuͤhren bey allen.
Anmerckungen.
1. Jm Griechiſchen gebrauchet ſich der Apo-
ſtel des Worts πεπόιϑαμεν, wir ſind der guten
Zuverſicht, wie geweſen, alſo auch noch. Und
dazu ſetzet er das Woͤrtlein γὰρ, denn: womit
er anzeiget, warum er der Hebraͤer ihrer Fuͤrbitte
alſo verlange, daß er ſich von derſelben verſichert
halte; nemlich weil er ſich keines andern, als ei-
nes unſtraͤflichen, Wandels unter ihnen und bey
allen bewuſt ſey: daher ſie ihm ſo viel weniger die
Fuͤrbitte verſagen wuͤrden.
2. Die Worte ἐν πᾶσι, kan man auf die
vom guten Gewiſſen vorhergehende, oder auch
auf die vom guten Wandel nachfolgende Wor-
te ziehen, daß Paulus ſich eines guten Gewiſſens
in allen Stuͤcken bewuſt, oder daß er ſich allent-
halben und bey iedermann eines unſtraͤflichen
Wandels befliſſen habe, und noch befleißige.
Man conſtruire es, wie man wolle, ſo iſt der
Verſtand richtig, und iſt von Paulo beydes
wahr.
3. Was kan aber beſſer und edler ſeyn, als
ein gutes Gewiſſen? Denn darinn hat und
behaͤlt man das Geheimniß des Glaubens,
1 Tim. 3, 9. und leidet hingegen daran Schiff-
bruch, ſo bald man ein gutes Gewiſſen von ſich
ſtoſſet. 1 Tim. 1, 19. Paulus berufet ſich auch
ſonſt darauf, ſonderlich 2 Cor. 1, 12. Unſer
Ruhm iſt der, nemlich das Zeugniß unſers
Gewiſſens, daß wir in Einfaͤltigkeit und
goͤttlicher Lauterkeit, nicht in fleiſchlicher
Weisheit, ſondern in der Gnade GOttes
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/420>, abgerufen am 22.11.2024.
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