7. Also hält es GOtt bey denen, welche die Wohlthaten wohl anlegen, und sie also in der That selbst mit Danck erkennen. Den Un- danckbaren aber und Untreuen rücket er sie wohl und mit Recht auf: wie unser Heyland in dem Gleichniß von den zur guten Anwendung aus- gethanen unterschiedlichen Pfunden anzeiget Matth. 25, 14. u. f.
V. 6.
Er bitte aber im Glauben und zweife- le nicht. Denn wer da zweifelt, der ist gleich wie die Meeres-Woge, die vom Win- de getrieben und gewebet wird.
Anmerckungen.
1. Das im Glauben beten setzet voraus, daß man den Glauben habe, und also sich mit der Einbildung vom Glauben nicht selbst be- triege.
2. Jm Glauben beten heißt im Namen Christi beten, und sich auf GOttes Verheissun- gen gründen. Dazu denn nöthig ist, daß man sie wohl erkenne, und sich dieselbe also vorstelle, daß man dabey die unwandelbare Wahrheit, Güte und Allmacht GOttes wohl betrachte; auch wohl bedencke, wie daß alle Verheissungen in Christo ja und amen sind 1 Cor. 1, 20.
3. Die Creatur kan GOTT nicht höher ehren, als wenn sie ihm im Glauben alles zu- trauet, und sich vest auf seine Verheissungen verläßt: welches auch der lauterste Gottesdienst ist. Darum es vom Abraham Röm. 4, 20. 21. heißt: Er zweifelte nicht an der Verheis- sung GOttes durch Unglauben, sondern ward starck im Glauben und gab GOtt die Ehre, und wuste aufs allergewisseste, daß was GOTT verheisset, das kan er auch thun.
4. Das ungläubige Hertz ist daher den von den Winden hin und her getriebenen Wasserwo- gen gleich, dieweil es von den fleischlichen Af- fecten, die keinen Glauben aufkommen lassen, beherrschet und beunruhiget wird. Hingegen ist eine gläubige Seele, darinn mit dem Unglau- ben auch die unruhigen Affecten gedämpfet sind, einem stillen und klaren Wasser gleich, darein sich die Sonne mit ihren Strahlen spie- gelt.
5. Es hat demnach ein Mensch, wenn er beten will, sich zuvorderst, in Betrachtung der auf die Wahrheit GOttes gegründeten Ver- heissungen im Glauben zu stärcken, und niemals vom Gebet aufzuhören, es sey denn, daß er sich die gebetene Sache fein zuversichtlich zueigne, und im Glauben schon wircklich ergreiffe.
6. Es ist aber dabey eine Gelassenheit nö- thig, mit der Verleugnung des eigenen Wil- lens, und des Vorschreibens, daß man ja seine eigene Wahl und seinen eigenen Sinn, wenn man auf diß und das steif bestehet, nicht für ei- nen Glauben ausgebe. Hingegen hat man die Art und Weise, auch die Zeit der Erhörung GOtt zu überlassen.
7. Angefochtene und furchtsame Seelen [Spaltenumbruch]
haben aber auch dieses zu ihrem Troste wohl zu mercken, daß nicht ein ieder Zweifel, oder eine iede Kleinmüthigkeit dem Glauben gantz, oder also entgegen stehe, daß er ihn aufhebe. Denn ein schwacher Glaube ist auch ein wahrer Glaube, wenn er nur sonst rechter Art ist. Man hat dem- nach alhier zu erwegen eines theils die Worte Christi: Wenn du köntest gläuben: alle Din- ge sind müglich dem, der da gläubet: andern theils die Worte des Gläubigen, aber mit vieler Schwachheit ringenden Beters: Jch glaube, lieber HErr, hilf meinem Unglauben! Marc. 9, 23. 24. Siehe auch Matth. 21, 22. Joh. 14, 13. c. 15, 7. c. 16, 23. 1 Joh. 3, 22. c. 5, 14.
V. 7. 8.
Solcher Mensch dencke nicht, daß er etwas von dem HErrn empfangen werde. Ein Zweifeler ist unbeständig in allen seinen Wegen (Vorhaben, und Gedancken und Ver- richtungen.)
Anmerckungen.
1. Der HErr ist alhier der Dreyeinige GOtt, und mit einer sonderbaren Zueignung der Sohn Gottes, als welchen der Apostel v. 1. seinen HErrn JEsum Christum nennet. Denn im Namen Christi bitten und ihn doch selbst anruffen, stehet gar wohl bey einander, weil er ist der Mitt- ler und auch zugleich der Geber und die Quelle. Daher er spricht: Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich thun. Joh. 14, 13.
2. Ane[fremdsprachliches Material] dipsukhos ein Mann von einer gleich- sam gedoppelten Seele ist alhier ein solcher, der da bald glaubet, bald zweifelt, bald so, bald so gesinnet ist. Und, insgemein davon zu reden, ist es einer, der auf beyden Seiten hincket, 1 Kön. 18, 25. weder kalt noch warm ist, Off. 3, 15. es bald mit GOTT, bald mit der Welt hält.
3. Wie der Zustand des Hertzens ist, so sind auch alle Handlungen des Menschen. Da- her man sonderlich auf die rechtgläubige Stille des Hertzens zu sehen und zu gehen hat.
V. 9. 10. 11.
Ein Bruder aber, der niedrig (arm und daher verachtet) ist, rühme sich (freue sich und sey gutes Muths in) seiner Höhe (geistli- chen Würde, die er als ein Kind GOTTes in Christo hat.) Und der da reich (folglich auch fürnehm- und ansehnlich ist) rühme sich seiner Niedrigkeit (wenn er um Christi willen ernie- driget, auch wol seiner Güter beraubet wird.) Denn wie eine Blume des Grases wird er vergehen, (und also ohne das äusserlich in dem Wohlstande nicht lange bleiben: daher dersel- be so viel leichter verleugnet werden kan.) Die Sonne gehet auf mit der Hitze, und das Graß verwelcket, (Gr. sie dorret das Graß aus) und die Blnme fället abe, und seine (ih- re, der Blume) schöne Gestalt verdirbet: also wird der Reiche in seiner Habe (Gr. in seinen Wegen) verwelcken.
An-
Cap. 1. v. 6-11. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
[Spaltenumbruch]
7. Alſo haͤlt es GOtt bey denen, welche die Wohlthaten wohl anlegen, und ſie alſo in der That ſelbſt mit Danck erkennen. Den Un- danckbaren aber und Untreuen ruͤcket er ſie wohl und mit Recht auf: wie unſer Heyland in dem Gleichniß von den zur guten Anwendung aus- gethanen unterſchiedlichen Pfunden anzeiget Matth. 25, 14. u. f.
V. 6.
Er bitte aber im Glauben und zweife- le nicht. Denn wer da zweifelt, der iſt gleich wie die Meeres-Woge, die vom Win- de getrieben und gewebet wird.
Anmerckungen.
1. Das im Glauben beten ſetzet voraus, daß man den Glauben habe, und alſo ſich mit der Einbildung vom Glauben nicht ſelbſt be- triege.
2. Jm Glauben beten heißt im Namen Chriſti beten, und ſich auf GOttes Verheiſſun- gen gruͤnden. Dazu denn noͤthig iſt, daß man ſie wohl erkenne, und ſich dieſelbe alſo vorſtelle, daß man dabey die unwandelbare Wahrheit, Guͤte und Allmacht GOttes wohl betrachte; auch wohl bedencke, wie daß alle Verheiſſungen in Chriſto ja und amen ſind 1 Cor. 1, 20.
3. Die Creatur kan GOTT nicht hoͤher ehren, als wenn ſie ihm im Glauben alles zu- trauet, und ſich veſt auf ſeine Verheiſſungen verlaͤßt: welches auch der lauterſte Gottesdienſt iſt. Darum es vom Abraham Roͤm. 4, 20. 21. heißt: Er zweifelte nicht an der Verheiſ- ſung GOttes durch Unglauben, ſondern ward ſtarck im Glauben und gab GOtt die Ehre, und wuſte aufs allergewiſſeſte, daß was GOTT verheiſſet, das kan er auch thun.
4. Das unglaͤubige Hertz iſt daher den von den Winden hin und her getriebenen Waſſerwo- gen gleich, dieweil es von den fleiſchlichen Af- fecten, die keinen Glauben aufkommen laſſen, beherrſchet und beunruhiget wird. Hingegen iſt eine glaͤubige Seele, darinn mit dem Unglau- ben auch die unruhigen Affecten gedaͤmpfet ſind, einem ſtillen und klaren Waſſer gleich, darein ſich die Sonne mit ihren Strahlen ſpie- gelt.
5. Es hat demnach ein Menſch, wenn er beten will, ſich zuvorderſt, in Betrachtung der auf die Wahrheit GOttes gegruͤndeten Ver- heiſſungen im Glauben zu ſtaͤrcken, und niemals vom Gebet aufzuhoͤren, es ſey denn, daß er ſich die gebetene Sache fein zuverſichtlich zueigne, und im Glauben ſchon wircklich ergreiffe.
6. Es iſt aber dabey eine Gelaſſenheit noͤ- thig, mit der Verleugnung des eigenen Wil- lens, und des Vorſchreibens, daß man ja ſeine eigene Wahl und ſeinen eigenen Sinn, wenn man auf diß und das ſteif beſtehet, nicht fuͤr ei- nen Glauben ausgebe. Hingegen hat man die Art und Weiſe, auch die Zeit der Erhoͤrung GOtt zu uͤberlaſſen.
7. Angefochtene und furchtſame Seelen [Spaltenumbruch]
haben aber auch dieſes zu ihrem Troſte wohl zu mercken, daß nicht ein ieder Zweifel, oder eine iede Kleinmuͤthigkeit dem Glauben gantz, oder alſo entgegen ſtehe, daß er ihn aufhebe. Denn ein ſchwacher Glaube iſt auch ein wahrer Glaube, wenn er nur ſonſt rechter Art iſt. Man hat dem- nach alhier zu erwegen eines theils die Worte Chriſti: Wenn du koͤnteſt glaͤuben: alle Din- ge ſind muͤglich dem, der da glaͤubet: andern theils die Worte des Glaͤubigen, aber mit vieler Schwachheit ringenden Beters: Jch glaube, lieber HErr, hilf meinem Unglauben! Marc. 9, 23. 24. Siehe auch Matth. 21, 22. Joh. 14, 13. c. 15, 7. c. 16, 23. 1 Joh. 3, 22. c. 5, 14.
V. 7. 8.
Solcher Menſch dencke nicht, daß er etwas von dem HErrn empfangen werde. Ein Zweifeler iſt unbeſtaͤndig in allen ſeinen Wegen (Vorhaben, und Gedancken und Ver- richtungen.)
Anmerckungen.
1. Der HErr iſt alhier der Dreyeinige GOtt, und mit einer ſonderbaren Zueignung der Sohn Gottes, als welchen der Apoſtel v. 1. ſeinen HErrn JEſum Chriſtum nennet. Denn im Namen Chriſti bitten und ihn doch ſelbſt anruffen, ſtehet gar wohl bey einander, weil er iſt der Mitt- ler und auch zugleich der Geber und die Quelle. Daher er ſpricht: Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich thun. Joh. 14, 13.
2. Ανη[fremdsprachliches Material] δίψυχος ein Mann von einer gleich- ſam gedoppelten Seele iſt alhier ein ſolcher, der da bald glaubet, bald zweifelt, bald ſo, bald ſo geſinnet iſt. Und, insgemein davon zu reden, iſt es einer, der auf beyden Seiten hincket, 1 Koͤn. 18, 25. weder kalt noch warm iſt, Off. 3, 15. es bald mit GOTT, bald mit der Welt haͤlt.
3. Wie der Zuſtand des Hertzens iſt, ſo ſind auch alle Handlungen des Menſchen. Da- her man ſonderlich auf die rechtglaͤubige Stille des Hertzens zu ſehen und zu gehen hat.
V. 9. 10. 11.
Ein Bruder aber, der niedrig (arm und daher verachtet) iſt, ruͤhme ſich (freue ſich und ſey gutes Muths in) ſeiner Hoͤhe (geiſtli- chen Wuͤrde, die er als ein Kind GOTTes in Chriſto hat.) Und der da reich (folglich auch fuͤrnehm- und anſehnlich iſt) ruͤhme ſich ſeiner Niedrigkeit (wenn er um Chriſti willen ernie- driget, auch wol ſeiner Guͤter beraubet wird.) Denn wie eine Blume des Graſes wird er vergehen, (und alſo ohne das aͤuſſerlich in dem Wohlſtande nicht lange bleiben: daher derſel- be ſo viel leichter verleugnet werden kan.) Die Sonne gehet auf mit der Hitze, und das Graß verwelcket, (Gr. ſie dorret das Graß aus) und die Blnme faͤllet abe, und ſeine (ih- re, der Blume) ſchoͤne Geſtalt verdirbet: alſo wird der Reiche in ſeiner Habe (Gr. in ſeinen Wegen) verwelcken.
An-
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[431/0433]
Cap. 1. v. 6-11. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
7. Alſo haͤlt es GOtt bey denen, welche die
Wohlthaten wohl anlegen, und ſie alſo in der
That ſelbſt mit Danck erkennen. Den Un-
danckbaren aber und Untreuen ruͤcket er ſie wohl
und mit Recht auf: wie unſer Heyland in dem
Gleichniß von den zur guten Anwendung aus-
gethanen unterſchiedlichen Pfunden anzeiget
Matth. 25, 14. u. f.
V. 6.
Er bitte aber im Glauben und zweife-
le nicht. Denn wer da zweifelt, der iſt
gleich wie die Meeres-Woge, die vom Win-
de getrieben und gewebet wird.
Anmerckungen.
1. Das im Glauben beten ſetzet voraus,
daß man den Glauben habe, und alſo ſich mit
der Einbildung vom Glauben nicht ſelbſt be-
triege.
2. Jm Glauben beten heißt im Namen
Chriſti beten, und ſich auf GOttes Verheiſſun-
gen gruͤnden. Dazu denn noͤthig iſt, daß man
ſie wohl erkenne, und ſich dieſelbe alſo vorſtelle,
daß man dabey die unwandelbare Wahrheit,
Guͤte und Allmacht GOttes wohl betrachte;
auch wohl bedencke, wie daß alle Verheiſſungen
in Chriſto ja und amen ſind 1 Cor. 1, 20.
3. Die Creatur kan GOTT nicht hoͤher
ehren, als wenn ſie ihm im Glauben alles zu-
trauet, und ſich veſt auf ſeine Verheiſſungen
verlaͤßt: welches auch der lauterſte Gottesdienſt
iſt. Darum es vom Abraham Roͤm. 4, 20. 21.
heißt: Er zweifelte nicht an der Verheiſ-
ſung GOttes durch Unglauben, ſondern
ward ſtarck im Glauben und gab GOtt
die Ehre, und wuſte aufs allergewiſſeſte,
daß was GOTT verheiſſet, das kan er auch
thun.
4. Das unglaͤubige Hertz iſt daher den von
den Winden hin und her getriebenen Waſſerwo-
gen gleich, dieweil es von den fleiſchlichen Af-
fecten, die keinen Glauben aufkommen laſſen,
beherrſchet und beunruhiget wird. Hingegen iſt
eine glaͤubige Seele, darinn mit dem Unglau-
ben auch die unruhigen Affecten gedaͤmpfet
ſind, einem ſtillen und klaren Waſſer gleich,
darein ſich die Sonne mit ihren Strahlen ſpie-
gelt.
5. Es hat demnach ein Menſch, wenn er
beten will, ſich zuvorderſt, in Betrachtung der
auf die Wahrheit GOttes gegruͤndeten Ver-
heiſſungen im Glauben zu ſtaͤrcken, und niemals
vom Gebet aufzuhoͤren, es ſey denn, daß er ſich
die gebetene Sache fein zuverſichtlich zueigne,
und im Glauben ſchon wircklich ergreiffe.
6. Es iſt aber dabey eine Gelaſſenheit noͤ-
thig, mit der Verleugnung des eigenen Wil-
lens, und des Vorſchreibens, daß man ja ſeine
eigene Wahl und ſeinen eigenen Sinn, wenn
man auf diß und das ſteif beſtehet, nicht fuͤr ei-
nen Glauben ausgebe. Hingegen hat man die
Art und Weiſe, auch die Zeit der Erhoͤrung
GOtt zu uͤberlaſſen.
7. Angefochtene und furchtſame Seelen
haben aber auch dieſes zu ihrem Troſte wohl zu
mercken, daß nicht ein ieder Zweifel, oder eine
iede Kleinmuͤthigkeit dem Glauben gantz, oder
alſo entgegen ſtehe, daß er ihn aufhebe. Denn
ein ſchwacher Glaube iſt auch ein wahrer Glaube,
wenn er nur ſonſt rechter Art iſt. Man hat dem-
nach alhier zu erwegen eines theils die Worte
Chriſti: Wenn du koͤnteſt glaͤuben: alle Din-
ge ſind muͤglich dem, der da glaͤubet: andern
theils die Worte des Glaͤubigen, aber mit vieler
Schwachheit ringenden Beters: Jch glaube,
lieber HErr, hilf meinem Unglauben! Marc.
9, 23. 24. Siehe auch Matth. 21, 22. Joh. 14, 13.
c. 15, 7. c. 16, 23. 1 Joh. 3, 22. c. 5, 14.
V. 7. 8.
Solcher Menſch dencke nicht, daß er
etwas von dem HErrn empfangen werde.
Ein Zweifeler iſt unbeſtaͤndig in allen ſeinen
Wegen (Vorhaben, und Gedancken und Ver-
richtungen.)
Anmerckungen.
1. Der HErr iſt alhier der Dreyeinige GOtt,
und mit einer ſonderbaren Zueignung der Sohn
Gottes, als welchen der Apoſtel v. 1. ſeinen HErrn
JEſum Chriſtum nennet. Denn im Namen
Chriſti bitten und ihn doch ſelbſt anruffen,
ſtehet gar wohl bey einander, weil er iſt der Mitt-
ler und auch zugleich der Geber und die Quelle.
Daher er ſpricht: Was ihr bitten werdet in
meinem Namen, das will ich thun. Joh.
14, 13.
2. Ανη_ δίψυχος ein Mann von einer gleich-
ſam gedoppelten Seele iſt alhier ein ſolcher, der
da bald glaubet, bald zweifelt, bald ſo, bald ſo
geſinnet iſt. Und, insgemein davon zu reden, iſt
es einer, der auf beyden Seiten hincket,
1 Koͤn. 18, 25. weder kalt noch warm iſt, Off.
3, 15. es bald mit GOTT, bald mit der Welt
haͤlt.
3. Wie der Zuſtand des Hertzens iſt, ſo
ſind auch alle Handlungen des Menſchen. Da-
her man ſonderlich auf die rechtglaͤubige Stille
des Hertzens zu ſehen und zu gehen hat.
V. 9. 10. 11.
Ein Bruder aber, der niedrig (arm
und daher verachtet) iſt, ruͤhme ſich (freue ſich
und ſey gutes Muths in) ſeiner Hoͤhe (geiſtli-
chen Wuͤrde, die er als ein Kind GOTTes in
Chriſto hat.) Und der da reich (folglich auch
fuͤrnehm- und anſehnlich iſt) ruͤhme ſich ſeiner
Niedrigkeit (wenn er um Chriſti willen ernie-
driget, auch wol ſeiner Guͤter beraubet wird.)
Denn wie eine Blume des Graſes wird er
vergehen, (und alſo ohne das aͤuſſerlich in dem
Wohlſtande nicht lange bleiben: daher derſel-
be ſo viel leichter verleugnet werden kan.) Die
Sonne gehet auf mit der Hitze, und das
Graß verwelcket, (Gr. ſie dorret das Graß
aus) und die Blnme faͤllet abe, und ſeine (ih-
re, der Blume) ſchoͤne Geſtalt verdirbet:
alſo wird der Reiche in ſeiner Habe (Gr. in
ſeinen Wegen) verwelcken.
An-
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/433>, abgerufen am 22.11.2024.
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