Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Cap. 1. v. 14-17. [Spaltenumbruch]
a. Zur Lehre von dem grossen und tiefen Ver- derben der menschlichen Natur, welches sie an der Erbsünde hat: ferner von der Natur der Sünde, wie es dabey sonderlich auf ihre innerliche so heßliche Gestalt ankomme: Jm- gleichen von der Gnade, wie nothwendig sie sey, und was dadurch für eine Aenderung bey dem Menschen vorgehen müsse. b. Zur Widerlegung des grossen Jrrthums von der Lust und von den Lust-Handlungen, als dem Spielen, Tantzen, u. s. w. als wären es lauter indifferente Sachen, oder Mittel- Dinge. (Jacobus saget mit Paulo Röm. 7, 7. anders dazu:) imgleichen des Jrrthums, als könte ein Widergeborner nicht also aus der Gnade fallen, daß er das geistliche Leben gar verliere. c. Zur Warnung, und Ermahnung, daß man ja der bösen Lust nicht nachhänge, sondern sie durch die entweder schon beywohnende, oder doch von GOtt leichtlich zuerlangende Gna- den-Kraft bey sich bald ersticke und tödte, auch im geistlichen Kampfe bleibe, und sich dadurch vor dem geistlichen Tode bewahre. d. Zum Troste der angefochtenen und furcht- samen Seelen, daß, sofern sie nur im wirckli- chen Kampfe wider die reitzende Sünde blei- ben, sie nicht aus ihrem Gnaden-Stande in den geistlichen Tod verfallen. Dabey auch andere gewarnet werden, nicht so leichte von anderer Menschen ihren Sünden, ob sie da- durch aus dem Stande der Gnaden verfallen sind, oder nicht, zu urtheilen. Denn in Mo- ralibus ist es sehr schwer, und in gewissen Fäl- len gar unmöglich, daß man einer Sache Be- schaffenheit nach allen ihren Umständen recht einsehen könne. Ohne dieselbe aber lässet sich nicht recht urtheilen. V. 16. 17. Jrret nicht (lasset euch nicht irre machen Anmerckungen. 1. Es ist leicht geschehen, daß sich ein Mensch 2. Kein Jrrthum aber ist schädlicher, als 3. Da der Apostel der göttlichen Gaben 4. Mit dem andern Ausdrucke siehet der 5. Jacobus nennet eine iegliche Gabe 6. Zwar saget unser Heyland Matth. 7, 11. 7. GOTT ist zwar allgegenwärtig: 8. Hertz und Gebet hinauf! Gaben 9. Das Wort Vater, heißt alhier soviel 10. Die Worte: Keine Veränderung, ster-
Richtige und erbauliche Cap. 1. v. 14-17. [Spaltenumbruch]
a. Zur Lehre von dem groſſen und tiefen Ver- derben der menſchlichen Natur, welches ſie an der Erbſuͤnde hat: ferner von der Natur der Suͤnde, wie es dabey ſonderlich auf ihre innerliche ſo heßliche Geſtalt ankomme: Jm- gleichen von der Gnade, wie nothwendig ſie ſey, und was dadurch fuͤr eine Aenderung bey dem Menſchen vorgehen muͤſſe. b. Zur Widerlegung des groſſen Jrrthums von der Luſt und von den Luſt-Handlungen, als dem Spielen, Tantzen, u. ſ. w. als waͤren es lauter indifferente Sachen, oder Mittel- Dinge. (Jacobus ſaget mit Paulo Roͤm. 7, 7. anders dazu:) imgleichen des Jrrthums, als koͤnte ein Widergeborner nicht alſo aus der Gnade fallen, daß er das geiſtliche Leben gar verliere. c. Zur Warnung, und Ermahnung, daß man ja der boͤſen Luſt nicht nachhaͤnge, ſondern ſie durch die entweder ſchon beywohnende, oder doch von GOtt leichtlich zuerlangende Gna- den-Kraft bey ſich bald erſticke und toͤdte, auch im geiſtlichen Kampfe bleibe, und ſich dadurch vor dem geiſtlichen Tode bewahre. d. Zum Troſte der angefochtenen und furcht- ſamen Seelen, daß, ſofern ſie nur im wirckli- chen Kampfe wider die reitzende Suͤnde blei- ben, ſie nicht aus ihrem Gnaden-Stande in den geiſtlichen Tod verfallen. Dabey auch andere gewarnet werden, nicht ſo leichte von anderer Menſchen ihren Suͤnden, ob ſie da- durch aus dem Stande der Gnaden verfallen ſind, oder nicht, zu urtheilen. Denn in Mo- ralibus iſt es ſehr ſchwer, und in gewiſſen Faͤl- len gar unmoͤglich, daß man einer Sache Be- ſchaffenheit nach allen ihren Umſtaͤnden recht einſehen koͤnne. Ohne dieſelbe aber laͤſſet ſich nicht recht urtheilen. V. 16. 17. Jrret nicht (laſſet euch nicht irre machen Anmerckungen. 1. Es iſt leicht geſchehen, daß ſich ein Menſch 2. Kein Jrrthum aber iſt ſchaͤdlicher, als 3. Da der Apoſtel der goͤttlichen Gaben 4. Mit dem andern Ausdrucke ſiehet der 5. Jacobus nennet eine iegliche Gabe 6. Zwar ſaget unſer Heyland Matth. 7, 11. 7. GOTT iſt zwar allgegenwaͤrtig: 8. Hertz und Gebet hinauf! Gaben 9. Das Wort Vater, heißt alhier ſoviel 10. Die Worte: Keine Veraͤnderung, ſter-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0438" n="436"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Richtige und erbauliche Cap. 1. v. 14-17.</hi> </fw><lb/> <cb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi><hi rendition="#fr">Zur Lehre</hi> von dem groſſen und tiefen <hi rendition="#fr">Ver-<lb/> derben</hi> der menſchlichen Natur, welches ſie<lb/> an der Erbſuͤnde hat: ferner von der <hi rendition="#fr">Natur<lb/> der Suͤnde,</hi> wie es dabey ſonderlich auf ihre<lb/> innerliche ſo heßliche Geſtalt ankomme: Jm-<lb/> gleichen von der <hi rendition="#fr">Gnade,</hi> wie <hi rendition="#fr">nothwendig</hi><lb/> ſie ſey, und was dadurch fuͤr eine Aenderung<lb/> bey dem Menſchen vorgehen muͤſſe.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi><hi rendition="#fr">Zur Widerlegung</hi> des groſſen Jrrthums<lb/> von der Luſt und von den Luſt-Handlungen,<lb/> als dem Spielen, Tantzen, u. ſ. w. als waͤren<lb/> es lauter <hi rendition="#aq">indifferent</hi>e Sachen, oder Mittel-<lb/> Dinge. (Jacobus ſaget mit Paulo Roͤm. 7,<lb/> 7. anders dazu:) imgleichen des Jrrthums,<lb/> als koͤnte ein Widergeborner nicht alſo aus der<lb/> Gnade fallen, daß er das geiſtliche Leben gar<lb/> verliere.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi><hi rendition="#fr">Zur Warnung, und Ermahnung,</hi> daß<lb/> man ja der boͤſen Luſt nicht nachhaͤnge, ſondern<lb/> ſie durch die entweder ſchon beywohnende, oder<lb/> doch von GOtt leichtlich zuerlangende Gna-<lb/> den-Kraft bey ſich bald erſticke und toͤdte, auch<lb/> im geiſtlichen Kampfe bleibe, und ſich dadurch<lb/> vor dem geiſtlichen Tode bewahre.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi><hi rendition="#fr">Zum Troſte</hi> der angefochtenen und furcht-<lb/> ſamen Seelen, daß, ſofern ſie nur im wirckli-<lb/> chen Kampfe wider die reitzende Suͤnde blei-<lb/> ben, ſie nicht aus ihrem Gnaden-Stande in<lb/> den geiſtlichen Tod verfallen. Dabey auch<lb/> andere gewarnet werden, nicht ſo leichte von<lb/> anderer Menſchen ihren Suͤnden, ob ſie da-<lb/> durch aus dem Stande der Gnaden verfallen<lb/> ſind, oder nicht, zu urtheilen. Denn in <hi rendition="#aq">Mo-<lb/> ralibus</hi> iſt es ſehr ſchwer, und in gewiſſen Faͤl-<lb/> len gar unmoͤglich, daß man einer Sache Be-<lb/> ſchaffenheit nach allen ihren Umſtaͤnden recht<lb/> einſehen koͤnne. Ohne dieſelbe aber laͤſſet ſich<lb/> nicht recht urtheilen.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 16. 17.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Jrret nicht</hi> (laſſet euch nicht irre machen<lb/> und verfuͤhren, als wenn das Boͤſe von GOTT<lb/> kaͤme) <hi rendition="#fr">meine lieben Bruͤder. Alle gute Ga-<lb/> be und alle vollkommene Gabe koͤmmt von<lb/> oben herab von dem Vater des Lichts: bey<lb/> welchem iſt keine Veraͤnderung noch Wech-<lb/> ſel des Lichts und der Finſterniß,</hi> (wie bey<lb/> dem oben am Himmel ſtehenden Lichte der Son-<lb/> nen, unſern Augen nach.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Es iſt leicht geſchehen, daß ſich ein Menſch<lb/> vom <hi rendition="#fr">Jrrthum</hi> laͤßt einnehmen, ſonderlich wenn<lb/> er ſehr ſcheinbar gemachet wird. Darum hat<lb/> man ſich vor Jrrthuͤmern ſowol zu huͤten, als vor<lb/> den Laſtern.</p><lb/> <p>2. Kein <hi rendition="#fr">Jrrthum</hi> aber iſt ſchaͤdlicher, als<lb/> der, wodurch man ſich einen gantz falſchen Begrif<lb/> von GOtt machet, wie dieſer iſt, deſſen der Apo-<lb/> ſtel vorher gedacht hat, als wenn GOtt ein Ver-<lb/> ſucher zum Boͤſen waͤre.</p><lb/> <p>3. Da der Apoſtel der <hi rendition="#fr">goͤttlichen Gaben</hi><lb/> zweymal gedencket, ſo ſiehet er wol mit den erſten<lb/> Worten uͤberhaupt auf alles, was die Geſchoͤpfe<lb/> von dem Schoͤpfer zu genieſſen haben, auch im<lb/><cb/> <hi rendition="#fr">Reiche der Natur:</hi> da denn freylich alles an<lb/> ſich ſelbſt <hi rendition="#fr">gut</hi> iſt, und wenn es auch noch ein ſo ge-<lb/> ringes Anſehen hat. Sind doch die geringſten<lb/> Dinge oft unentbehrlich. Und ſo groß auch und<lb/> ſo noͤthig die meiſten Gaben ſind, ſo wenig wer-<lb/> den ſie erkannt. Wie vortreflich iſt nicht unter<lb/> andern die Gabe des <hi rendition="#fr">Feuers,</hi> des <hi rendition="#fr">Saltzes,</hi> des<lb/><hi rendition="#fr">Regens.</hi> u. ſ. w.</p><lb/> <p>4. Mit dem andern Ausdrucke ſiehet der<lb/> Apoſtel ohn Zwelfel auf die zum <hi rendition="#fr">Reiche der<lb/> Gnaden</hi> gehoͤrigen <hi rendition="#fr">geiſtlichen Gaben.</hi> Und<lb/> da jene, die im Reiche der Natur, <hi rendition="#fr">gut</hi> ſind; ſo<lb/> ſind dieſe <hi rendition="#fr">vollkommen,</hi> das iſt, noch viel <hi rendition="#fr">beſſer</hi><lb/> und <hi rendition="#fr">herrlicher;</hi> als die nicht allein einer an ſich<lb/> ſelbſt viel edlern und hoͤhern Natur ſind, als jene,<lb/> ſondern die uns auch zur rechten <hi rendition="#fr">Vollkommen-<lb/> heit</hi> mehr und mehr zubereiten, und uns zu un-<lb/> ſerm rechten <hi rendition="#fr">Zweck</hi> fuͤhren.</p><lb/> <p>5. Jacobus nennet eine <hi rendition="#fr">iegliche Gabe</hi><lb/> GOttes δώρημα, ein <hi rendition="#fr">freywilliges Geſchenck:</hi><lb/> womit er anzeiget, daß nichts verdienet, ſondern<lb/> alles aus Gnaden und umſonſt gegeben werde.<lb/> Welches uns ſo vielmehr zum danckbaren und<lb/> geheiligten Gebrauch bewegen ſoll.</p><lb/> <p>6. Zwar ſaget unſer Heyland Matth. 7, 11.<lb/><hi rendition="#fr">So denn ihr, die ihr arg ſeyd, koͤnnet euren<lb/> Kindern gute Gaben geben: wie vielmehr<lb/> wird der Vater im Himmel Gutes ge-<lb/> ben denen, die ihn bitten?</hi> Allein von dem,<lb/> was die Vaͤter haben und mittheilen, heißt es bil-<lb/> lig nach 1 Cor. 4, 7. <hi rendition="#fr">Was haſt du aber, das<lb/> du nicht empfangen haſt.</hi></p><lb/> <p>7. <hi rendition="#g">GOTT</hi> iſt zwar <hi rendition="#fr">allgegenwaͤrtig:</hi><lb/> aber er hat doch den beſondern Sitz und Thron<lb/> ſeiner Herrlichkeit in dem unerſchaffnen Himmel,<lb/> von dannen uns die guten, und ſonderlich die<lb/> vollkommenen und geiſtlichen Gaben gegeben<lb/> werden; nemlich um deßwillen, daß der Sohn<lb/> GOttes dahin aufgefahren iſt. Wie denn die<lb/><hi rendition="#fr">Mittheilung dieſer Gaben</hi> nichts anders<lb/> iſt, als eine beſtaͤndige Frucht von der <hi rendition="#fr">Hohen-<lb/> prieſterlichen Fuͤrbitte</hi> Chriſti fuͤr uns.</p><lb/> <p>8. <hi rendition="#fr">Hertz und Gebet hinauf! Gaben<lb/> und Segen herunter!</hi> muß es alhier heiſſen:<lb/> wie uns CHriſtus in dem zuvor angefuͤhrten<lb/> Spruche anweiſet; darauf uns hiemit, und vor-<lb/> her v. 5. 6. Jacobus ſelbſt fuͤhret.</p><lb/> <p>9. Das Wort <hi rendition="#fr">Vater,</hi> heißt alhier ſoviel<lb/> als <hi rendition="#fr">Urheber,</hi> und wird fuͤglich von dem Drey-<lb/> einigen GOTT verſtanden, obgleich mit einer<lb/> boſondern Zueignung auf die <hi rendition="#fr">erſte Perſon</hi> der<lb/> Hochgelobten Dreyeinigkeit. Und wenn GOtt<lb/> ein <hi rendition="#fr">Vater des Lichts</hi> oder τῶν φώτων, <hi rendition="#fr">der<lb/> Lichter</hi> heißt, ſo wird damit dergeſtalt auf das<lb/> reine und heilige Weſen GOttes geſehen, daß er<lb/> damit auch zugleich, als die Qvelle alles Lichts,<lb/> aller Vollkommenheit, Schoͤnheit und aller<lb/> Ordnung, welche das Licht mit ſich bringet, be-<lb/> zeichnet wird. Es ſchickete ſich auch alhier keine<lb/> beſſere Benennung GOttes, als eben dieſe, wel-<lb/> che einen Gegenſatz machet gegen den Jrrthum,<lb/> da man GOtt zum Urheber der Suͤnde, als der<lb/> geiſtlichen Finſterniß, machet.</p><lb/> <p>10. Die Worte: <hi rendition="#fr">Keine Veraͤnderung,<lb/> oder Wechſel des Lichts, oder der Fin-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">ſter-</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [436/0438]
Richtige und erbauliche Cap. 1. v. 14-17.
a. Zur Lehre von dem groſſen und tiefen Ver-
derben der menſchlichen Natur, welches ſie
an der Erbſuͤnde hat: ferner von der Natur
der Suͤnde, wie es dabey ſonderlich auf ihre
innerliche ſo heßliche Geſtalt ankomme: Jm-
gleichen von der Gnade, wie nothwendig
ſie ſey, und was dadurch fuͤr eine Aenderung
bey dem Menſchen vorgehen muͤſſe.
b. Zur Widerlegung des groſſen Jrrthums
von der Luſt und von den Luſt-Handlungen,
als dem Spielen, Tantzen, u. ſ. w. als waͤren
es lauter indifferente Sachen, oder Mittel-
Dinge. (Jacobus ſaget mit Paulo Roͤm. 7,
7. anders dazu:) imgleichen des Jrrthums,
als koͤnte ein Widergeborner nicht alſo aus der
Gnade fallen, daß er das geiſtliche Leben gar
verliere.
c. Zur Warnung, und Ermahnung, daß
man ja der boͤſen Luſt nicht nachhaͤnge, ſondern
ſie durch die entweder ſchon beywohnende, oder
doch von GOtt leichtlich zuerlangende Gna-
den-Kraft bey ſich bald erſticke und toͤdte, auch
im geiſtlichen Kampfe bleibe, und ſich dadurch
vor dem geiſtlichen Tode bewahre.
d. Zum Troſte der angefochtenen und furcht-
ſamen Seelen, daß, ſofern ſie nur im wirckli-
chen Kampfe wider die reitzende Suͤnde blei-
ben, ſie nicht aus ihrem Gnaden-Stande in
den geiſtlichen Tod verfallen. Dabey auch
andere gewarnet werden, nicht ſo leichte von
anderer Menſchen ihren Suͤnden, ob ſie da-
durch aus dem Stande der Gnaden verfallen
ſind, oder nicht, zu urtheilen. Denn in Mo-
ralibus iſt es ſehr ſchwer, und in gewiſſen Faͤl-
len gar unmoͤglich, daß man einer Sache Be-
ſchaffenheit nach allen ihren Umſtaͤnden recht
einſehen koͤnne. Ohne dieſelbe aber laͤſſet ſich
nicht recht urtheilen.
V. 16. 17.
Jrret nicht (laſſet euch nicht irre machen
und verfuͤhren, als wenn das Boͤſe von GOTT
kaͤme) meine lieben Bruͤder. Alle gute Ga-
be und alle vollkommene Gabe koͤmmt von
oben herab von dem Vater des Lichts: bey
welchem iſt keine Veraͤnderung noch Wech-
ſel des Lichts und der Finſterniß, (wie bey
dem oben am Himmel ſtehenden Lichte der Son-
nen, unſern Augen nach.)
Anmerckungen.
1. Es iſt leicht geſchehen, daß ſich ein Menſch
vom Jrrthum laͤßt einnehmen, ſonderlich wenn
er ſehr ſcheinbar gemachet wird. Darum hat
man ſich vor Jrrthuͤmern ſowol zu huͤten, als vor
den Laſtern.
2. Kein Jrrthum aber iſt ſchaͤdlicher, als
der, wodurch man ſich einen gantz falſchen Begrif
von GOtt machet, wie dieſer iſt, deſſen der Apo-
ſtel vorher gedacht hat, als wenn GOtt ein Ver-
ſucher zum Boͤſen waͤre.
3. Da der Apoſtel der goͤttlichen Gaben
zweymal gedencket, ſo ſiehet er wol mit den erſten
Worten uͤberhaupt auf alles, was die Geſchoͤpfe
von dem Schoͤpfer zu genieſſen haben, auch im
Reiche der Natur: da denn freylich alles an
ſich ſelbſt gut iſt, und wenn es auch noch ein ſo ge-
ringes Anſehen hat. Sind doch die geringſten
Dinge oft unentbehrlich. Und ſo groß auch und
ſo noͤthig die meiſten Gaben ſind, ſo wenig wer-
den ſie erkannt. Wie vortreflich iſt nicht unter
andern die Gabe des Feuers, des Saltzes, des
Regens. u. ſ. w.
4. Mit dem andern Ausdrucke ſiehet der
Apoſtel ohn Zwelfel auf die zum Reiche der
Gnaden gehoͤrigen geiſtlichen Gaben. Und
da jene, die im Reiche der Natur, gut ſind; ſo
ſind dieſe vollkommen, das iſt, noch viel beſſer
und herrlicher; als die nicht allein einer an ſich
ſelbſt viel edlern und hoͤhern Natur ſind, als jene,
ſondern die uns auch zur rechten Vollkommen-
heit mehr und mehr zubereiten, und uns zu un-
ſerm rechten Zweck fuͤhren.
5. Jacobus nennet eine iegliche Gabe
GOttes δώρημα, ein freywilliges Geſchenck:
womit er anzeiget, daß nichts verdienet, ſondern
alles aus Gnaden und umſonſt gegeben werde.
Welches uns ſo vielmehr zum danckbaren und
geheiligten Gebrauch bewegen ſoll.
6. Zwar ſaget unſer Heyland Matth. 7, 11.
So denn ihr, die ihr arg ſeyd, koͤnnet euren
Kindern gute Gaben geben: wie vielmehr
wird der Vater im Himmel Gutes ge-
ben denen, die ihn bitten? Allein von dem,
was die Vaͤter haben und mittheilen, heißt es bil-
lig nach 1 Cor. 4, 7. Was haſt du aber, das
du nicht empfangen haſt.
7. GOTT iſt zwar allgegenwaͤrtig:
aber er hat doch den beſondern Sitz und Thron
ſeiner Herrlichkeit in dem unerſchaffnen Himmel,
von dannen uns die guten, und ſonderlich die
vollkommenen und geiſtlichen Gaben gegeben
werden; nemlich um deßwillen, daß der Sohn
GOttes dahin aufgefahren iſt. Wie denn die
Mittheilung dieſer Gaben nichts anders
iſt, als eine beſtaͤndige Frucht von der Hohen-
prieſterlichen Fuͤrbitte Chriſti fuͤr uns.
8. Hertz und Gebet hinauf! Gaben
und Segen herunter! muß es alhier heiſſen:
wie uns CHriſtus in dem zuvor angefuͤhrten
Spruche anweiſet; darauf uns hiemit, und vor-
her v. 5. 6. Jacobus ſelbſt fuͤhret.
9. Das Wort Vater, heißt alhier ſoviel
als Urheber, und wird fuͤglich von dem Drey-
einigen GOTT verſtanden, obgleich mit einer
boſondern Zueignung auf die erſte Perſon der
Hochgelobten Dreyeinigkeit. Und wenn GOtt
ein Vater des Lichts oder τῶν φώτων, der
Lichter heißt, ſo wird damit dergeſtalt auf das
reine und heilige Weſen GOttes geſehen, daß er
damit auch zugleich, als die Qvelle alles Lichts,
aller Vollkommenheit, Schoͤnheit und aller
Ordnung, welche das Licht mit ſich bringet, be-
zeichnet wird. Es ſchickete ſich auch alhier keine
beſſere Benennung GOttes, als eben dieſe, wel-
che einen Gegenſatz machet gegen den Jrrthum,
da man GOtt zum Urheber der Suͤnde, als der
geiſtlichen Finſterniß, machet.
10. Die Worte: Keine Veraͤnderung,
oder Wechſel des Lichts, oder der Fin-
ſter-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |