Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 5. v. 21. 22. an die Thessalonicher. [Spaltenumbruch]
vollkommenheit und Schwachheit: daheres leicht geschehen kan, daß etwas für wahr und gut angesehen und bey andern ausgege- ben wird, das doch falsch und böse ist, doch aber auch den Schein des wahren und gu- ten hat, und daher von solcher Beschaffen- heit ist, daß man dadurch leichtlich kan gefähr- lich verleitet werden. Und noch nöthiger wird die Prüfung, wenn man erweget, daß, aus- ser der bey guten Seelen befindlichen mensch- lichen Schwachheit, sich auch wol eine Ge- fahr von bösen und verführischen Geistern her- vor thun kan: wie es schon in der ersten Kir- che vielfältig geschehen ist. Wie denn daher Paulus, als er von den Aeltesten der Ge- meine zu Ephesus Abschied nahm, zu ihnen sprach; Das weiß ich, daß nach meinem Abschiede werden unter euch kommen greuliche Wölfe, die der Heerde nicht verschonen werden. Auch aus euch selbst werden aufstehen Männer, die da ver- kehrte Lehre reden, die Jünger an sich zu ziehen. Ap. Gesch. 20, 29. 30. b. Die Sache, welche geprüfet werden soll, ist alles, was nemlich durch die Gaben des Heiligen Geistes, sonderlich in der Weis- sagung und Auslegung der heiligen Schrift vorgetragen wird, es mögen seyn Glaubens- Lehren, oder Lebens-Pflichten, und allerhand Anmerckungen. Und da ist auch selbst der öffentlichen Lehrer ihr Vortrag der Prüfung unterworfen; und diese siehet ein wahrer und guter Lehrer soviel lieber, soviel gewisser er ist, daß er den gantzen Raht GOttes in aller Lauterkeit vorträget; denn ie genauer seine Lehre geprüfet wird, ie lauterer wird sie gefunden, und ie würdiger ist sie, wohl ange- nommen zu werden: wer sich aber vor der Prü- fung scheuet, muß seiner Lehre selbst nicht viel zutrauen. c. Die Richtschnur und der Probier-Stein, wornach die Prüfung anzustellen, ist allein das geoffenbarete göttliche Wort, denn dis ist uns zu dem Ende als eine theure Beylage gegeben; und ob gleich die Apostel aus der Eingebung des Heiligen Geistes redeten; so haben sie doch ihre Lehre von Christo nicht al- lein selbst aus den Schriften des Alten Testa- ments erwiesen, und sie zu dem Ende zum öf- tern angeführet, sondern auch den Gemeinen die Freyheit gelassen, ihren Vortrag nach jenen wohl zu untersuchen: wie es denn den Gläubigen zu Berrhoen zu einem sonderba- rem Ruhm gerechnet wird, daß sie bey der willigen Aufnahme des Worts täglich in der heiligen Schrift geforschet haben, ob sichs also verhielte, was und wie es ihnen von Paulo und seinen Gehülfen war vorgetragen wor- den. Ap. Gesch. 17, 11. d. Es ist aber nicht ein ieder geschickt zu prü- fen: gleichwie einer den besten Probier- Stein haben kan, und doch aber nicht weiß, wie er ihn recht gebrauchen soll. Dannen- hero gehöret zu der würdigen Prüfung zum wenigsten eine solche Erleuchtung des Hei- [Spaltenumbruch] ligen Geistes, daß man aus den leichten Stel- len der heiligen Schrift den Raht GOttes von dem Grund und von der Ordnung des Heils in eigner Erfahrung wohl einsiehet, und erkennet, wie alle Grund-Wahrheiten, als eine Kette, an einander hangen. Pau- lus erfordert zu der Tüchtigkeit der Prüfung eine ernstliche Aufopferung an GOTT, eine Verleugnung der Gleichstellung der Welt, und eine Veränderung und Erneuerung des Sinnes, wenn er Röm. 12, 1. 2. spricht: Jch ermahne euch --- daß ihr eure Lei- ber begebet zum Opfer --- und stel- let euch nicht dieser Welt gleich, son- dern verändert euch durch Verneue- rung eures Sinnes, aufdaß ihr prüfen möget, welches da sey der gute, der wohlgefällige und der vollkommene GOttes-Wille. e. Die Prüfung selbst bestehet darinnen, daß man eine Lehre und Sache wohl erweget, wie genau sie mit der Regul des göttlichen Worts übereinkomme, oder nicht: ob darinn alles wahr und gut sey, oder das meiste, oder nur etwas, und daß man also nicht das falsche und böse mit dem wahren und guten annehme, noch auch das wahre und rechte mit dem fal- schen und unrechten verwerfe, sondern alles wohl unterscheide: und imgleichen daß man dabey erkenne, wie nöthig und nützlich das wahre und gute, und hingegen wie schädlich das falsche und arge sey: sintemal weder die- ses, noch jenes von gleicher Art ist. f. Die würdige Anwendung alles dessen was man in der Prüfung als ächt Gold findet, be- stehet denn in einem solchen Behalten, da- durch man es werth achtet, und sich zur ge- treuen Ubung dienen lässet: als wozu man durch die Uberzeugung von der Güte im Ge- wissen verbunden ist. Jm übrigen hat man hiebey folgende Oerter wohl zu erwegen, 1 Cor. 2, 15. Phil. 1, 9. 10. 1 Joh. 4, 1. V. 22. Meidet (nicht allein irrige Lehre und böse Anmerckungen. 1. Es ist ein rechtes Haupt-Stücke Christ- den F 2
Cap. 5. v. 21. 22. an die Theſſalonicher. [Spaltenumbruch]
vollkommenheit und Schwachheit: daheres leicht geſchehen kan, daß etwas fuͤr wahr und gut angeſehen und bey andern ausgege- ben wird, das doch falſch und boͤſe iſt, doch aber auch den Schein des wahren und gu- ten hat, und daher von ſolcher Beſchaffen- heit iſt, daß man dadurch leichtlich kan gefaͤhr- lich verleitet werden. Und noch noͤthiger wird die Pruͤfung, wenn man erweget, daß, auſ- ſer der bey guten Seelen befindlichen menſch- lichen Schwachheit, ſich auch wol eine Ge- fahr von boͤſen und verfuͤhriſchen Geiſtern her- vor thun kan: wie es ſchon in der erſten Kir- che vielfaͤltig geſchehen iſt. Wie denn daher Paulus, als er von den Aelteſten der Ge- meine zu Epheſus Abſchied nahm, zu ihnen ſprach; Das weiß ich, daß nach meinem Abſchiede werden unter euch kommen greuliche Woͤlfe, die der Heerde nicht verſchonen werden. Auch aus euch ſelbſt werden aufſtehen Maͤnner, die da ver- kehrte Lehre reden, die Juͤnger an ſich zu ziehen. Ap. Geſch. 20, 29. 30. b. Die Sache, welche gepruͤfet werden ſoll, iſt alles, was nemlich durch die Gaben des Heiligen Geiſtes, ſonderlich in der Weiſ- ſagung und Auslegung der heiligen Schrift vorgetragen wird, es moͤgen ſeyn Glaubens- Lehren, oder Lebens-Pflichten, und allerhand Anmerckungen. Und da iſt auch ſelbſt der oͤffentlichen Lehrer ihr Vortrag der Pruͤfung unterworfen; und dieſe ſiehet ein wahrer und guter Lehrer ſoviel lieber, ſoviel gewiſſer er iſt, daß er den gantzen Raht GOttes in aller Lauterkeit vortraͤget; denn ie genauer ſeine Lehre gepruͤfet wird, ie lauterer wird ſie gefunden, und ie wuͤrdiger iſt ſie, wohl ange- nommen zu werden: wer ſich aber vor der Pruͤ- fung ſcheuet, muß ſeiner Lehre ſelbſt nicht viel zutrauen. c. Die Richtſchnur und der Probier-Stein, wornach die Pruͤfung anzuſtellen, iſt allein das geoffenbarete goͤttliche Wort, denn dis iſt uns zu dem Ende als eine theure Beylage gegeben; und ob gleich die Apoſtel aus der Eingebung des Heiligen Geiſtes redeten; ſo haben ſie doch ihre Lehre von Chriſto nicht al- lein ſelbſt aus den Schriften des Alten Teſta- ments erwieſen, und ſie zu dem Ende zum oͤf- tern angefuͤhret, ſondern auch den Gemeinen die Freyheit gelaſſen, ihren Vortrag nach jenen wohl zu unterſuchen: wie es denn den Glaͤubigen zu Berrhoen zu einem ſonderba- rem Ruhm gerechnet wird, daß ſie bey der willigen Aufnahme des Worts taͤglich in der heiligen Schrift geforſchet haben, ob ſichs alſo verhielte, was und wie es ihnen von Paulo und ſeinen Gehuͤlfen war vorgetragen wor- den. Ap. Geſch. 17, 11. d. Es iſt aber nicht ein ieder geſchickt zu pruͤ- fen: gleichwie einer den beſten Probier- Stein haben kan, und doch aber nicht weiß, wie er ihn recht gebrauchen ſoll. Dannen- hero gehoͤret zu der wuͤrdigen Pruͤfung zum wenigſten eine ſolche Erleuchtung des Hei- [Spaltenumbruch] ligen Geiſtes, daß man aus den leichten Stel- len der heiligen Schrift den Raht GOttes von dem Grund und von der Ordnung des Heils in eigner Erfahrung wohl einſiehet, und erkennet, wie alle Grund-Wahrheiten, als eine Kette, an einander hangen. Pau- lus erfordert zu der Tuͤchtigkeit der Pruͤfung eine ernſtliche Aufopferung an GOTT, eine Verleugnung der Gleichſtellung der Welt, und eine Veraͤnderung und Erneuerung des Sinnes, wenn er Roͤm. 12, 1. 2. ſpricht: Jch ermahne euch ‒‒‒ daß ihr eure Lei- ber begebet zum Opfer ‒‒‒ und ſtel- let euch nicht dieſer Welt gleich, ſon- dern veraͤndert euch durch Verneue- rung eures Sinnes, aufdaß ihr pruͤfen moͤget, welches da ſey der gute, der wohlgefaͤllige und der vollkommene GOttes-Wille. e. Die Pruͤfung ſelbſt beſtehet darinnen, daß man eine Lehre und Sache wohl erweget, wie genau ſie mit der Regul des goͤttlichen Worts uͤbereinkomme, oder nicht: ob darinn alles wahr und gut ſey, oder das meiſte, oder nur etwas, und daß man alſo nicht das falſche und boͤſe mit dem wahren und guten annehme, noch auch das wahre und rechte mit dem fal- ſchen und unrechten verwerfe, ſondern alles wohl unterſcheide: und imgleichen daß man dabey erkenne, wie noͤthig und nuͤtzlich das wahre und gute, und hingegen wie ſchaͤdlich das falſche und arge ſey: ſintemal weder die- ſes, noch jenes von gleicher Art iſt. f. Die wuͤrdige Anwendung alles deſſen was man in der Pruͤfung als aͤcht Gold findet, be- ſtehet denn in einem ſolchen Behalten, da- durch man es werth achtet, und ſich zur ge- treuen Ubung dienen laͤſſet: als wozu man durch die Uberzeugung von der Guͤte im Ge- wiſſen verbunden iſt. Jm uͤbrigen hat man hiebey folgende Oerter wohl zu erwegen, 1 Cor. 2, 15. Phil. 1, 9. 10. 1 Joh. 4, 1. V. 22. Meidet (nicht allein irrige Lehre und boͤſe Anmerckungen. 1. Es iſt ein rechtes Haupt-Stuͤcke Chriſt- den F 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0045" n="43"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 5. v. 21. 22. an die Theſſalonicher.</hi></fw><lb/><cb/> vollkommenheit und Schwachheit: daher<lb/> es leicht geſchehen kan, daß etwas fuͤr wahr<lb/> und gut angeſehen und bey andern ausgege-<lb/> ben wird, das doch falſch und boͤſe iſt, doch<lb/> aber auch den Schein des wahren und gu-<lb/> ten hat, und daher von ſolcher Beſchaffen-<lb/> heit iſt, daß man dadurch leichtlich kan gefaͤhr-<lb/> lich verleitet werden. Und noch noͤthiger wird<lb/> die Pruͤfung, wenn man erweget, daß, auſ-<lb/> ſer der bey guten Seelen befindlichen menſch-<lb/> lichen Schwachheit, ſich auch wol eine Ge-<lb/> fahr von boͤſen und verfuͤhriſchen Geiſtern her-<lb/> vor thun kan: wie es ſchon in der erſten Kir-<lb/> che vielfaͤltig geſchehen iſt. Wie denn daher<lb/> Paulus, als er von den Aelteſten der Ge-<lb/> meine zu Epheſus Abſchied nahm, zu ihnen<lb/> ſprach; <hi rendition="#fr">Das weiß ich, daß nach meinem<lb/> Abſchiede werden unter euch kommen<lb/> greuliche Woͤlfe, die der Heerde nicht<lb/> verſchonen werden. Auch aus euch ſelbſt<lb/> werden aufſtehen Maͤnner, die da ver-<lb/> kehrte Lehre reden, die Juͤnger an ſich<lb/> zu ziehen.</hi> Ap. Geſch. 20, 29. 30.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Die <hi rendition="#fr">Sache,</hi> welche gepruͤfet werden ſoll,<lb/> iſt <hi rendition="#fr">alles,</hi> was nemlich durch die Gaben des<lb/> Heiligen Geiſtes, ſonderlich in der Weiſ-<lb/> ſagung und Auslegung der heiligen Schrift<lb/> vorgetragen wird, es moͤgen ſeyn Glaubens-<lb/> Lehren, oder Lebens-Pflichten, und allerhand<lb/> Anmerckungen. Und da iſt auch ſelbſt der<lb/> oͤffentlichen Lehrer ihr Vortrag der Pruͤfung<lb/> unterworfen; und dieſe ſiehet ein wahrer<lb/> und guter Lehrer ſoviel lieber, ſoviel gewiſſer<lb/> er iſt, daß er den gantzen Raht GOttes in<lb/> aller Lauterkeit vortraͤget; denn ie genauer<lb/> ſeine Lehre gepruͤfet wird, ie lauterer wird ſie<lb/> gefunden, und ie wuͤrdiger iſt ſie, wohl ange-<lb/> nommen zu werden: wer ſich aber vor der Pruͤ-<lb/> fung ſcheuet, muß ſeiner Lehre ſelbſt nicht viel<lb/> zutrauen.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Die <hi rendition="#fr">Richtſchnur</hi> und der <hi rendition="#fr">Probier-Stein,</hi><lb/> wornach die Pruͤfung anzuſtellen, iſt allein<lb/> das geoffenbarete goͤttliche Wort, denn dis<lb/> iſt uns zu dem Ende als eine theure Beylage<lb/> gegeben; und ob gleich die Apoſtel aus der<lb/> Eingebung des Heiligen Geiſtes redeten; ſo<lb/> haben ſie doch ihre Lehre von Chriſto nicht al-<lb/> lein ſelbſt aus den Schriften des Alten Teſta-<lb/> ments erwieſen, und ſie zu dem Ende zum oͤf-<lb/> tern angefuͤhret, ſondern auch den Gemeinen<lb/> die Freyheit gelaſſen, ihren Vortrag nach<lb/> jenen wohl zu unterſuchen: wie es denn den<lb/> Glaͤubigen zu Berrhoen zu einem ſonderba-<lb/> rem Ruhm gerechnet wird, daß ſie bey der<lb/> willigen Aufnahme des Worts taͤglich in der<lb/> heiligen Schrift geforſchet haben, ob ſichs alſo<lb/> verhielte, was und wie es ihnen von Paulo<lb/> und ſeinen Gehuͤlfen war vorgetragen wor-<lb/> den. Ap. Geſch. 17, 11.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Es iſt aber nicht ein ieder <hi rendition="#fr">geſchickt</hi> zu pruͤ-<lb/> fen: gleichwie einer den beſten Probier-<lb/> Stein haben kan, und doch aber nicht weiß,<lb/> wie er ihn recht gebrauchen ſoll. Dannen-<lb/> hero gehoͤret zu der wuͤrdigen Pruͤfung zum<lb/> wenigſten eine ſolche <hi rendition="#fr">Erleuchtung</hi> des Hei-<lb/><cb/> ligen Geiſtes, daß man aus den leichten Stel-<lb/> len der heiligen Schrift den Raht GOttes<lb/> von dem Grund und von der Ordnung des<lb/> Heils in eigner Erfahrung wohl einſiehet,<lb/> und erkennet, wie alle Grund-Wahrheiten,<lb/> als eine Kette, an einander hangen. Pau-<lb/> lus erfordert zu der Tuͤchtigkeit der Pruͤfung<lb/> eine ernſtliche Aufopferung an GOTT, eine<lb/> Verleugnung der Gleichſtellung der Welt,<lb/> und eine Veraͤnderung und Erneuerung des<lb/> Sinnes, wenn er Roͤm. 12, 1. 2. ſpricht: <hi rendition="#fr">Jch<lb/> ermahne euch ‒‒‒ daß ihr eure Lei-<lb/> ber begebet zum Opfer ‒‒‒ und ſtel-<lb/> let euch nicht dieſer Welt gleich, ſon-<lb/> dern veraͤndert euch durch Verneue-<lb/> rung eures Sinnes, aufdaß ihr pruͤfen<lb/> moͤget, welches da ſey der gute, der<lb/> wohlgefaͤllige und der vollkommene<lb/> GOttes-Wille.</hi></item><lb/> <item><hi rendition="#aq">e.</hi><hi rendition="#fr">Die Pruͤfung ſelbſt</hi> beſtehet darinnen, daß<lb/> man eine Lehre und Sache wohl erweget, wie<lb/> genau ſie mit der Regul des goͤttlichen Worts<lb/> uͤbereinkomme, oder nicht: ob darinn alles<lb/> wahr und gut ſey, oder das meiſte, oder nur<lb/> etwas, und daß man alſo nicht das falſche<lb/> und boͤſe mit dem wahren und guten annehme,<lb/> noch auch das wahre und rechte mit dem fal-<lb/> ſchen und unrechten verwerfe, ſondern alles<lb/> wohl unterſcheide: und imgleichen daß man<lb/> dabey erkenne, wie noͤthig und nuͤtzlich das<lb/> wahre und gute, und hingegen wie ſchaͤdlich<lb/> das falſche und arge ſey: ſintemal weder die-<lb/> ſes, noch jenes von gleicher Art iſt.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">f.</hi> Die <hi rendition="#fr">wuͤrdige Anwendung</hi> alles deſſen was<lb/> man in der Pruͤfung als aͤcht Gold findet, be-<lb/> ſtehet denn in einem ſolchen <hi rendition="#fr">Behalten,</hi> da-<lb/> durch man es werth achtet, und ſich zur ge-<lb/> treuen Ubung dienen laͤſſet: als wozu man<lb/> durch die Uberzeugung von der Guͤte im Ge-<lb/> wiſſen verbunden iſt. Jm uͤbrigen hat man<lb/> hiebey folgende Oerter wohl zu erwegen,<lb/> 1 Cor. 2, 15. Phil. 1, 9. 10. 1 Joh. 4, 1.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 22.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Meidet</hi> (nicht allein irrige Lehre und boͤſe<lb/> Wercke, ſondern auch) <hi rendition="#fr">allen boͤſen Schein,</hi><lb/> (dadurch man veranlaſſet werden kan, des boͤ-<lb/> ſen euch zu beſchuldigen.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Es iſt ein rechtes Haupt-Stuͤcke Chriſt-<lb/> licher Vorſichtigkeit, daß man boͤſen Schein<lb/> meide; und alſo iſt es dem Gewiſſen nicht alle-<lb/> mal genug, daß man hierinn und darinn recht<lb/> hat und unſchuldig iſt, ſondern man hat dabey<lb/> auch zu erwegen, ob nicht dieſes und jenes, da-<lb/> von andere die Umſtaͤnde und eigentliche Be-<lb/> ſchaffenheit nicht wiſſen, koͤnne einen Anſtoß<lb/> geben; und wenn man das beſorget, und die<lb/> Sache doch entweder gar unterbleiben, oder auf<lb/> eine andere Art, oder zu einer andern Zeit ver-<lb/> richtet werden kan, ſo hat man ſie zu unterlaſſen,<lb/> oder ſo zu verrichten, daß der Anſtoß dabey weg-<lb/> falle, oder auch davon nicht einmal entſtehen<lb/> koͤnne. Unter den erſten Chriſten ging zwiſchen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0045]
Cap. 5. v. 21. 22. an die Theſſalonicher.
vollkommenheit und Schwachheit: daher
es leicht geſchehen kan, daß etwas fuͤr wahr
und gut angeſehen und bey andern ausgege-
ben wird, das doch falſch und boͤſe iſt, doch
aber auch den Schein des wahren und gu-
ten hat, und daher von ſolcher Beſchaffen-
heit iſt, daß man dadurch leichtlich kan gefaͤhr-
lich verleitet werden. Und noch noͤthiger wird
die Pruͤfung, wenn man erweget, daß, auſ-
ſer der bey guten Seelen befindlichen menſch-
lichen Schwachheit, ſich auch wol eine Ge-
fahr von boͤſen und verfuͤhriſchen Geiſtern her-
vor thun kan: wie es ſchon in der erſten Kir-
che vielfaͤltig geſchehen iſt. Wie denn daher
Paulus, als er von den Aelteſten der Ge-
meine zu Epheſus Abſchied nahm, zu ihnen
ſprach; Das weiß ich, daß nach meinem
Abſchiede werden unter euch kommen
greuliche Woͤlfe, die der Heerde nicht
verſchonen werden. Auch aus euch ſelbſt
werden aufſtehen Maͤnner, die da ver-
kehrte Lehre reden, die Juͤnger an ſich
zu ziehen. Ap. Geſch. 20, 29. 30.
b. Die Sache, welche gepruͤfet werden ſoll,
iſt alles, was nemlich durch die Gaben des
Heiligen Geiſtes, ſonderlich in der Weiſ-
ſagung und Auslegung der heiligen Schrift
vorgetragen wird, es moͤgen ſeyn Glaubens-
Lehren, oder Lebens-Pflichten, und allerhand
Anmerckungen. Und da iſt auch ſelbſt der
oͤffentlichen Lehrer ihr Vortrag der Pruͤfung
unterworfen; und dieſe ſiehet ein wahrer
und guter Lehrer ſoviel lieber, ſoviel gewiſſer
er iſt, daß er den gantzen Raht GOttes in
aller Lauterkeit vortraͤget; denn ie genauer
ſeine Lehre gepruͤfet wird, ie lauterer wird ſie
gefunden, und ie wuͤrdiger iſt ſie, wohl ange-
nommen zu werden: wer ſich aber vor der Pruͤ-
fung ſcheuet, muß ſeiner Lehre ſelbſt nicht viel
zutrauen.
c. Die Richtſchnur und der Probier-Stein,
wornach die Pruͤfung anzuſtellen, iſt allein
das geoffenbarete goͤttliche Wort, denn dis
iſt uns zu dem Ende als eine theure Beylage
gegeben; und ob gleich die Apoſtel aus der
Eingebung des Heiligen Geiſtes redeten; ſo
haben ſie doch ihre Lehre von Chriſto nicht al-
lein ſelbſt aus den Schriften des Alten Teſta-
ments erwieſen, und ſie zu dem Ende zum oͤf-
tern angefuͤhret, ſondern auch den Gemeinen
die Freyheit gelaſſen, ihren Vortrag nach
jenen wohl zu unterſuchen: wie es denn den
Glaͤubigen zu Berrhoen zu einem ſonderba-
rem Ruhm gerechnet wird, daß ſie bey der
willigen Aufnahme des Worts taͤglich in der
heiligen Schrift geforſchet haben, ob ſichs alſo
verhielte, was und wie es ihnen von Paulo
und ſeinen Gehuͤlfen war vorgetragen wor-
den. Ap. Geſch. 17, 11.
d. Es iſt aber nicht ein ieder geſchickt zu pruͤ-
fen: gleichwie einer den beſten Probier-
Stein haben kan, und doch aber nicht weiß,
wie er ihn recht gebrauchen ſoll. Dannen-
hero gehoͤret zu der wuͤrdigen Pruͤfung zum
wenigſten eine ſolche Erleuchtung des Hei-
ligen Geiſtes, daß man aus den leichten Stel-
len der heiligen Schrift den Raht GOttes
von dem Grund und von der Ordnung des
Heils in eigner Erfahrung wohl einſiehet,
und erkennet, wie alle Grund-Wahrheiten,
als eine Kette, an einander hangen. Pau-
lus erfordert zu der Tuͤchtigkeit der Pruͤfung
eine ernſtliche Aufopferung an GOTT, eine
Verleugnung der Gleichſtellung der Welt,
und eine Veraͤnderung und Erneuerung des
Sinnes, wenn er Roͤm. 12, 1. 2. ſpricht: Jch
ermahne euch ‒‒‒ daß ihr eure Lei-
ber begebet zum Opfer ‒‒‒ und ſtel-
let euch nicht dieſer Welt gleich, ſon-
dern veraͤndert euch durch Verneue-
rung eures Sinnes, aufdaß ihr pruͤfen
moͤget, welches da ſey der gute, der
wohlgefaͤllige und der vollkommene
GOttes-Wille.
e. Die Pruͤfung ſelbſt beſtehet darinnen, daß
man eine Lehre und Sache wohl erweget, wie
genau ſie mit der Regul des goͤttlichen Worts
uͤbereinkomme, oder nicht: ob darinn alles
wahr und gut ſey, oder das meiſte, oder nur
etwas, und daß man alſo nicht das falſche
und boͤſe mit dem wahren und guten annehme,
noch auch das wahre und rechte mit dem fal-
ſchen und unrechten verwerfe, ſondern alles
wohl unterſcheide: und imgleichen daß man
dabey erkenne, wie noͤthig und nuͤtzlich das
wahre und gute, und hingegen wie ſchaͤdlich
das falſche und arge ſey: ſintemal weder die-
ſes, noch jenes von gleicher Art iſt.
f. Die wuͤrdige Anwendung alles deſſen was
man in der Pruͤfung als aͤcht Gold findet, be-
ſtehet denn in einem ſolchen Behalten, da-
durch man es werth achtet, und ſich zur ge-
treuen Ubung dienen laͤſſet: als wozu man
durch die Uberzeugung von der Guͤte im Ge-
wiſſen verbunden iſt. Jm uͤbrigen hat man
hiebey folgende Oerter wohl zu erwegen,
1 Cor. 2, 15. Phil. 1, 9. 10. 1 Joh. 4, 1.
V. 22.
Meidet (nicht allein irrige Lehre und boͤſe
Wercke, ſondern auch) allen boͤſen Schein,
(dadurch man veranlaſſet werden kan, des boͤ-
ſen euch zu beſchuldigen.)
Anmerckungen.
1. Es iſt ein rechtes Haupt-Stuͤcke Chriſt-
licher Vorſichtigkeit, daß man boͤſen Schein
meide; und alſo iſt es dem Gewiſſen nicht alle-
mal genug, daß man hierinn und darinn recht
hat und unſchuldig iſt, ſondern man hat dabey
auch zu erwegen, ob nicht dieſes und jenes, da-
von andere die Umſtaͤnde und eigentliche Be-
ſchaffenheit nicht wiſſen, koͤnne einen Anſtoß
geben; und wenn man das beſorget, und die
Sache doch entweder gar unterbleiben, oder auf
eine andere Art, oder zu einer andern Zeit ver-
richtet werden kan, ſo hat man ſie zu unterlaſſen,
oder ſo zu verrichten, daß der Anſtoß dabey weg-
falle, oder auch davon nicht einmal entſtehen
koͤnne. Unter den erſten Chriſten ging zwiſchen
den
F 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |