[Spaltenumbruch]
bey sonderlich zur Ehre GOttes wohl anzuwen- den, und achten sich der Ehre unwerth, daß sie gleichsam die Hand GOttes seyn sollen, wodurch er den Dürftigen gutes thut. Wären solcher Leute viele, so wäre der Noth unter den Armen viel weniger.
3. Nicht wissen, was morgen seyn wird, ob man leben werde, oder nicht, nach c. 4, 14. und doch immer scharren und kratzen, und des Sam- lens kein Ende machen, und darüber GOttes und seiner unsterblichen Seele vergessen, ist nicht allein unchristlich, sondern auch höchst unver- nünftig und thöricht. Darum Paulus den Reichen auch thörichte und schädliche Lüste zuschreibet, welche die Menschen ins Ver- derben und Verdamniß versencken 1 Tim. 6, 9. Wie bloß muß man nicht aus dieser Welt gehen, nach v. 7. Weß wirds denn seyn, das du gesamlet, oder bereitet hast? fräget un- ser Heyland Luc. 12, 20. Der Reiche spricht: meiner Kinder. Aber arg genug! Schätze und Netze zugleich. Viel Güter und noch mehr Fluch! welcher sich darinnen äussert, daß die Kinder in gleichen Stoltz und Mißbrauch einge- hen, und entweder Verschwender, oder zu ihrer noch grössern Verstrickung noch ärgere Geitz- Hälse werden. Manche hinterlassen nicht ein- mal Kinder, und sehen vorher, welchen es werde zutheil werden, denen sie es auch nicht einmal gönnen: und dennoch sind sie vom Geitze also besessen, daß sie keines Reichsthalers mächtig sind. O unselige Reichen!
4. Wenn der Apostel des verfauleten Reichthums und Motten-freßigen Kleider gedencket, so zeiget er damit an, wie daß die Rei- chen lieber manches von ihrem Habe und Gute verderben lassen, ehe sie damit den Armen diene- ten. Und da sie der Reichthum stoltz machet, der Stoltz aber sich unter andern in Kleider- Pracht zeiget, so läßt sich der Geitzige allein vom Stoltze Gesetze geben, da denn ein Laster das andere in gewissen Stücken überwältiget, und so viel auf Kleider gewendet wird, die man nicht vertragen, auch nicht einmal alle gebrau- chen kan, und sie daher lieber den Motten zur Speise, als den Armen zur Decke überlässet.
5. Der Schmutz und der Rost, welcher sich durch die Länge der Zeit an das Gold und Silber leget, ist ein Zeichen, daß es nicht gebrau- chet worden. Weil es aber zum Dienste der Armen und zur Beforderung der Ehre GOttes hätte gebrauchet werden sollen; so wird es den Reichen zum Zeugniß ihrer Lieblosigkeit und des künftigen gerechten Gerichts GOttes über sie. Und da solcher Rost ein Erweis ihres Geitzes ist, so wird dieser zur Ursache vom Verderben des Leibes und der Seele im ewigen Feuer.
6. Jacobus redet von solchen Reichen, wel- che auf ihrem Reichthum, welchen sie an Gol- de und Silber haben, gleichsam liegen und brü- ten; doch nicht so wol zur Vermehrung, als nur zur Bewahrung, da sie aus Furcht, um nicht um ihre Capitalien gebracht zu werden, ihre Gelder lieber unbrauchbar in den Kasten liegen und ru- hen lassen. Und solchergestalt haben sie an ih- [Spaltenumbruch]
nen zwar ihre Haus-Götzen, aber keine Schutz- Götzen; sintemal sie dagegen vielmehr dieselbe vor den Räubern und Dieben mit vieler Mühe bewahren müssen, und wohl manche schlaflose Nacht darüber haben.
7. Andere aber sind wie geitziger, also auch witziger. Denn sie lassen nichts verrosten, son- dern ihr Geld muß durch hundert und tausend Hände gehen, und zur Vermehrung der Schä- tze mit vielen Interessen wiederkommen, und auf diese Art über sie den Fluch häufen. Denn ob es zwar an sich selbst nicht unzuläßig ist, daß man von dem Capital Interessen nimmt, so we- nig, als Unrecht ist, daß man von einem Hause eine Miete fodert: so wird doch mit den Inter- essen viel Unbefugniß getrieben; sonderlich dar- inn, daß man dieselbe so wol von den Dürftigen, als von andern, welche das Capital wohl genu- tzet habet, nimmt, ja mit der Schärfe eintreibet, und sie ohne Ende wieder zu Capitalien schläget; da man doch die Dürftigen davon hätte reichlich bedencken sollen.
8. Mit den letztern Worten: Jhr habt euch Schätze gesamlet an den letzten Ta- gen, bestrafet der Apostel das an den Reichen, daß sie bey ihrer an sich selbst schon so gar kurtzen Lebens-Zeit auch noch in ihrem Alter nicht ein- mal von geitziger Vermehrung ihrer Schätze aufhören: als welches die rechte Art der Geitzi- gen ist: Da mancher dahin verfällt, daß ie nä- her er dem Grabe kömmt, ie unvergnügter wird er, und zweifelt wohl gar, ob er auch noch bis an das Ende werde genug haben.
9. Mit einem Worte: gleichwie keine grössere zeitliche auch dabey geistliche Glückselig- keit ist, als ein solcher Reicher zu seyn, der bey seinen zeitlichen Gütern auch reich in GOtt ist, und sich eine rechte Freude daraus machet, daß er täglich seine milde Hand gegen die Armen auf- thun, und dabey auf mancherley Art GOttes Ehre befordern kan: also ist hingegen keine sünd- lichere und zugleich elendere Creatur auf dem Erdboden, als ein vom Geitz-Teufel recht vest- besessener Reicher, der über sich selbst die Schä- tze des ewigen Verderbens häufet! Es lassen sich auch die letztern Worte wohl von den Schä- tzen des Zorns GOttes verstehen, nach Röm. 6, 5. da denn die letztern Tage von dem Gerichts- Tage zu erklären sind, und en so viel ist, als eis.
V. 4.
Siehe der Arbeiter Lohn, die euer Land eingeerndtet haben, und von euch abgebrochen ist, das schreyet, und das Ruf- fen der Erndter ist kommen vor die Ohren des HErrn Zebaoth.
Anmerckungen.
1. Vom Geitze und Stoltze der Reichen kömmt der Apostel auf ihre Ungerechtigkeit, als auf den allergrössesten Grad ihres heyllosen Wesens. Denn der Satan hat manche so gar sehr verstricket, daß sie es bey dem blossen Gei- tze, und der daher entstehenden Lieblosigkeit und Unbarmhertzigkeit nicht lassen, sondern
auch
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Cap. 5. v. 1-4. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
[Spaltenumbruch]
bey ſonderlich zur Ehre GOttes wohl anzuwen- den, und achten ſich der Ehre unwerth, daß ſie gleichſam die Hand GOttes ſeyn ſollen, wodurch er den Duͤrftigen gutes thut. Waͤren ſolcher Leute viele, ſo waͤre der Noth unter den Armen viel weniger.
3. Nicht wiſſen, was morgen ſeyn wird, ob man leben werde, oder nicht, nach c. 4, 14. und doch immer ſcharren und kratzen, und des Sam- lens kein Ende machen, und daruͤber GOttes und ſeiner unſterblichen Seele vergeſſen, iſt nicht allein unchriſtlich, ſondern auch hoͤchſt unver- nuͤnftig und thoͤricht. Darum Paulus den Reichen auch thoͤrichte und ſchaͤdliche Luͤſte zuſchreibet, welche die Menſchen ins Ver- derben und Verdamniß verſencken 1 Tim. 6, 9. Wie bloß muß man nicht aus dieſer Welt gehen, nach v. 7. Weß wirds denn ſeyn, das du geſamlet, oder bereitet haſt? fraͤget un- ſer Heyland Luc. 12, 20. Der Reiche ſpricht: meiner Kinder. Aber arg genug! Schaͤtze und Netze zugleich. Viel Guͤter und noch mehr Fluch! welcher ſich darinnen aͤuſſert, daß die Kinder in gleichen Stoltz und Mißbrauch einge- hen, und entweder Verſchwender, oder zu ihrer noch groͤſſern Verſtrickung noch aͤrgere Geitz- Haͤlſe werden. Manche hinterlaſſen nicht ein- mal Kinder, und ſehen vorher, welchen es werde zutheil werden, denen ſie es auch nicht einmal goͤnnen: und dennoch ſind ſie vom Geitze alſo beſeſſen, daß ſie keines Reichsthalers maͤchtig ſind. O unſelige Reichen!
4. Wenn der Apoſtel des verfauleten Reichthums und Motten-freßigen Kleider gedencket, ſo zeiget er damit an, wie daß die Rei- chen lieber manches von ihrem Habe und Gute verderben laſſen, ehe ſie damit den Armen diene- ten. Und da ſie der Reichthum ſtoltz machet, der Stoltz aber ſich unter andern in Kleider- Pracht zeiget, ſo laͤßt ſich der Geitzige allein vom Stoltze Geſetze geben, da denn ein Laſter das andere in gewiſſen Stuͤcken uͤberwaͤltiget, und ſo viel auf Kleider gewendet wird, die man nicht vertragen, auch nicht einmal alle gebrau- chen kan, und ſie daher lieber den Motten zur Speiſe, als den Armen zur Decke uͤberlaͤſſet.
5. Der Schmutz und der Roſt, welcher ſich durch die Laͤnge der Zeit an das Gold und Silber leget, iſt ein Zeichen, daß es nicht gebrau- chet worden. Weil es aber zum Dienſte der Armen und zur Beforderung der Ehre GOttes haͤtte gebrauchet werden ſollen; ſo wird es den Reichen zum Zeugniß ihrer Liebloſigkeit und des kuͤnftigen gerechten Gerichts GOttes uͤber ſie. Und da ſolcher Roſt ein Erweis ihres Geitzes iſt, ſo wird dieſer zur Urſache vom Verderben des Leibes und der Seele im ewigen Feuer.
6. Jacobus redet von ſolchen Reichen, wel- che auf ihrem Reichthum, welchen ſie an Gol- de und Silber haben, gleichſam liegen und bruͤ- ten; doch nicht ſo wol zur Vermehrung, als nur zur Bewahrung, da ſie aus Furcht, um nicht um ihre Capitalien gebracht zu werden, ihre Gelder lieber unbrauchbar in den Kaſten liegen und ru- hen laſſen. Und ſolchergeſtalt haben ſie an ih- [Spaltenumbruch]
nen zwar ihre Haus-Goͤtzen, aber keine Schutz- Goͤtzen; ſintemal ſie dagegen vielmehr dieſelbe vor den Raͤubern und Dieben mit vieler Muͤhe bewahren muͤſſen, und wohl manche ſchlafloſe Nacht daruͤber haben.
7. Andere aber ſind wie geitziger, alſo auch witziger. Denn ſie laſſen nichts verroſten, ſon- dern ihr Geld muß durch hundert und tauſend Haͤnde gehen, und zur Vermehrung der Schaͤ- tze mit vielen Intereſſen wiederkommen, und auf dieſe Art uͤber ſie den Fluch haͤufen. Denn ob es zwar an ſich ſelbſt nicht unzulaͤßig iſt, daß man von dem Capital Intereſſen nimmt, ſo we- nig, als Unrecht iſt, daß man von einem Hauſe eine Miete fodert: ſo wird doch mit den Inter- eſſen viel Unbefugniß getrieben; ſonderlich dar- inn, daß man dieſelbe ſo wol von den Duͤrftigen, als von andern, welche das Capital wohl genu- tzet habet, nimmt, ja mit der Schaͤrfe eintreibet, und ſie ohne Ende wieder zu Capitalien ſchlaͤget; da man doch die Duͤrftigen davon haͤtte reichlich bedencken ſollen.
8. Mit den letztern Worten: Jhr habt euch Schaͤtze geſamlet an den letzten Ta- gen, beſtrafet der Apoſtel das an den Reichen, daß ſie bey ihrer an ſich ſelbſt ſchon ſo gar kurtzen Lebens-Zeit auch noch in ihrem Alter nicht ein- mal von geitziger Vermehrung ihrer Schaͤtze aufhoͤren: als welches die rechte Art der Geitzi- gen iſt: Da mancher dahin verfaͤllt, daß ie naͤ- her er dem Grabe koͤmmt, ie unvergnuͤgter wird er, und zweifelt wohl gar, ob er auch noch bis an das Ende werde genug haben.
9. Mit einem Worte: gleichwie keine groͤſſere zeitliche auch dabey geiſtliche Gluͤckſelig- keit iſt, als ein ſolcher Reicher zu ſeyn, der bey ſeinen zeitlichen Guͤtern auch reich in GOtt iſt, und ſich eine rechte Freude daraus machet, daß er taͤglich ſeine milde Hand gegen die Armen auf- thun, und dabey auf mancherley Art GOttes Ehre befordern kan: alſo iſt hingegen keine ſuͤnd- lichere und zugleich elendere Creatur auf dem Erdboden, als ein vom Geitz-Teufel recht veſt- beſeſſener Reicher, der uͤber ſich ſelbſt die Schaͤ- tze des ewigen Verderbens haͤufet! Es laſſen ſich auch die letztern Worte wohl von den Schaͤ- tzen des Zorns GOttes verſtehen, nach Roͤm. 6, 5. da denn die letztern Tage von dem Gerichts- Tage zu erklaͤren ſind, und ἐν ſo viel iſt, als ἐις.
V. 4.
Siehe der Arbeiter Lohn, die euer Land eingeerndtet haben, und von euch abgebrochen iſt, das ſchreyet, und das Ruf- fen der Erndter iſt kommen vor die Ohren des HErrn Zebaoth.
Anmerckungen.
1. Vom Geitze und Stoltze der Reichen koͤmmt der Apoſtel auf ihre Ungerechtigkeit, als auf den allergroͤſſeſten Grad ihres heylloſen Weſens. Denn der Satan hat manche ſo gar ſehr verſtricket, daß ſie es bey dem bloſſen Gei- tze, und der daher entſtehenden Liebloſigkeit und Unbarmhertzigkeit nicht laſſen, ſondern
auch
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Cap. 5. v. 1-4. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
bey ſonderlich zur Ehre GOttes wohl anzuwen-
den, und achten ſich der Ehre unwerth, daß ſie
gleichſam die Hand GOttes ſeyn ſollen, wodurch
er den Duͤrftigen gutes thut. Waͤren ſolcher
Leute viele, ſo waͤre der Noth unter den Armen
viel weniger.
3. Nicht wiſſen, was morgen ſeyn wird, ob
man leben werde, oder nicht, nach c. 4, 14. und
doch immer ſcharren und kratzen, und des Sam-
lens kein Ende machen, und daruͤber GOttes
und ſeiner unſterblichen Seele vergeſſen, iſt nicht
allein unchriſtlich, ſondern auch hoͤchſt unver-
nuͤnftig und thoͤricht. Darum Paulus den
Reichen auch thoͤrichte und ſchaͤdliche Luͤſte
zuſchreibet, welche die Menſchen ins Ver-
derben und Verdamniß verſencken 1 Tim. 6,
9. Wie bloß muß man nicht aus dieſer Welt
gehen, nach v. 7. Weß wirds denn ſeyn, das
du geſamlet, oder bereitet haſt? fraͤget un-
ſer Heyland Luc. 12, 20. Der Reiche ſpricht:
meiner Kinder. Aber arg genug! Schaͤtze und
Netze zugleich. Viel Guͤter und noch mehr
Fluch! welcher ſich darinnen aͤuſſert, daß die
Kinder in gleichen Stoltz und Mißbrauch einge-
hen, und entweder Verſchwender, oder zu ihrer
noch groͤſſern Verſtrickung noch aͤrgere Geitz-
Haͤlſe werden. Manche hinterlaſſen nicht ein-
mal Kinder, und ſehen vorher, welchen es werde
zutheil werden, denen ſie es auch nicht einmal
goͤnnen: und dennoch ſind ſie vom Geitze alſo
beſeſſen, daß ſie keines Reichsthalers maͤchtig
ſind. O unſelige Reichen!
4. Wenn der Apoſtel des verfauleten
Reichthums und Motten-freßigen Kleider
gedencket, ſo zeiget er damit an, wie daß die Rei-
chen lieber manches von ihrem Habe und Gute
verderben laſſen, ehe ſie damit den Armen diene-
ten. Und da ſie der Reichthum ſtoltz machet,
der Stoltz aber ſich unter andern in Kleider-
Pracht zeiget, ſo laͤßt ſich der Geitzige allein
vom Stoltze Geſetze geben, da denn ein Laſter
das andere in gewiſſen Stuͤcken uͤberwaͤltiget,
und ſo viel auf Kleider gewendet wird, die man
nicht vertragen, auch nicht einmal alle gebrau-
chen kan, und ſie daher lieber den Motten zur
Speiſe, als den Armen zur Decke uͤberlaͤſſet.
5. Der Schmutz und der Roſt, welcher
ſich durch die Laͤnge der Zeit an das Gold und
Silber leget, iſt ein Zeichen, daß es nicht gebrau-
chet worden. Weil es aber zum Dienſte der
Armen und zur Beforderung der Ehre GOttes
haͤtte gebrauchet werden ſollen; ſo wird es den
Reichen zum Zeugniß ihrer Liebloſigkeit und des
kuͤnftigen gerechten Gerichts GOttes uͤber ſie.
Und da ſolcher Roſt ein Erweis ihres Geitzes iſt,
ſo wird dieſer zur Urſache vom Verderben des
Leibes und der Seele im ewigen Feuer.
6. Jacobus redet von ſolchen Reichen, wel-
che auf ihrem Reichthum, welchen ſie an Gol-
de und Silber haben, gleichſam liegen und bruͤ-
ten; doch nicht ſo wol zur Vermehrung, als nur
zur Bewahrung, da ſie aus Furcht, um nicht um
ihre Capitalien gebracht zu werden, ihre Gelder
lieber unbrauchbar in den Kaſten liegen und ru-
hen laſſen. Und ſolchergeſtalt haben ſie an ih-
nen zwar ihre Haus-Goͤtzen, aber keine Schutz-
Goͤtzen; ſintemal ſie dagegen vielmehr dieſelbe
vor den Raͤubern und Dieben mit vieler Muͤhe
bewahren muͤſſen, und wohl manche ſchlafloſe
Nacht daruͤber haben.
7. Andere aber ſind wie geitziger, alſo auch
witziger. Denn ſie laſſen nichts verroſten, ſon-
dern ihr Geld muß durch hundert und tauſend
Haͤnde gehen, und zur Vermehrung der Schaͤ-
tze mit vielen Intereſſen wiederkommen, und
auf dieſe Art uͤber ſie den Fluch haͤufen. Denn
ob es zwar an ſich ſelbſt nicht unzulaͤßig iſt, daß
man von dem Capital Intereſſen nimmt, ſo we-
nig, als Unrecht iſt, daß man von einem Hauſe
eine Miete fodert: ſo wird doch mit den Inter-
eſſen viel Unbefugniß getrieben; ſonderlich dar-
inn, daß man dieſelbe ſo wol von den Duͤrftigen,
als von andern, welche das Capital wohl genu-
tzet habet, nimmt, ja mit der Schaͤrfe eintreibet,
und ſie ohne Ende wieder zu Capitalien ſchlaͤget;
da man doch die Duͤrftigen davon haͤtte reichlich
bedencken ſollen.
8. Mit den letztern Worten: Jhr habt
euch Schaͤtze geſamlet an den letzten Ta-
gen, beſtrafet der Apoſtel das an den Reichen,
daß ſie bey ihrer an ſich ſelbſt ſchon ſo gar kurtzen
Lebens-Zeit auch noch in ihrem Alter nicht ein-
mal von geitziger Vermehrung ihrer Schaͤtze
aufhoͤren: als welches die rechte Art der Geitzi-
gen iſt: Da mancher dahin verfaͤllt, daß ie naͤ-
her er dem Grabe koͤmmt, ie unvergnuͤgter wird
er, und zweifelt wohl gar, ob er auch noch bis an
das Ende werde genug haben.
9. Mit einem Worte: gleichwie keine
groͤſſere zeitliche auch dabey geiſtliche Gluͤckſelig-
keit iſt, als ein ſolcher Reicher zu ſeyn, der bey
ſeinen zeitlichen Guͤtern auch reich in GOtt iſt,
und ſich eine rechte Freude daraus machet, daß
er taͤglich ſeine milde Hand gegen die Armen auf-
thun, und dabey auf mancherley Art GOttes
Ehre befordern kan: alſo iſt hingegen keine ſuͤnd-
lichere und zugleich elendere Creatur auf dem
Erdboden, als ein vom Geitz-Teufel recht veſt-
beſeſſener Reicher, der uͤber ſich ſelbſt die Schaͤ-
tze des ewigen Verderbens haͤufet! Es laſſen
ſich auch die letztern Worte wohl von den Schaͤ-
tzen des Zorns GOttes verſtehen, nach Roͤm. 6,
5. da denn die letztern Tage von dem Gerichts-
Tage zu erklaͤren ſind, und ἐν ſo viel iſt, als ἐις.
V. 4.
Siehe der Arbeiter Lohn, die euer
Land eingeerndtet haben, und von euch
abgebrochen iſt, das ſchreyet, und das Ruf-
fen der Erndter iſt kommen vor die Ohren
des HErrn Zebaoth.
Anmerckungen.
1. Vom Geitze und Stoltze der Reichen
koͤmmt der Apoſtel auf ihre Ungerechtigkeit, als
auf den allergroͤſſeſten Grad ihres heylloſen
Weſens. Denn der Satan hat manche ſo gar
ſehr verſtricket, daß ſie es bey dem bloſſen Gei-
tze, und der daher entſtehenden Liebloſigkeit
und Unbarmhertzigkeit nicht laſſen, ſondern
auch
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/485>, abgerufen am 22.11.2024.
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