Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Richtige und erbauliche Cap. 5. v. 4-8.
[Spaltenumbruch] auch andern noch wol dazu das ihrige auf man-
cherley Art der Ungerechtigkeit entwenden, und
insonderheit den Arbeitern ihren Lohn vorent-
halten, oder doch nicht zu rechter Zeit geben.

2. Wider diese Ungerechtigkeit hat GOtt
sehr ernstliche Verbote gegeben. Man sehe 3
B. Mos. 19, 13. Es soll des Tagelöhners
Lohn nicht bey dir bleiben bis an den Mor-
gen.
5 B. Mos. 24, 14. 15. Du solt dem Dürf-
tigen und Armen seinen Lohn nicht vor-
halten - sondern solt ihm seinen Lohn des
Tages geben, daß die Sonne nicht darü-
ber untergehe. Denn er ist dürftig und
erhält seine Seele damit, auf daß er nicht
wider dich den HErrn anrufe, und sey dir
Sünde,

3. Weil diese Ungerechtigkeit machet, daß
die, welchen ihr wohlverdienter Lohn entzogen,
oder zu lange vorenthalten wird, darüber zu
GOTT schreyen, so ist sie eine von den Him-
mel-schreyenden Sünden,
welche zu verursa-
chen pflegen, daß GOTT über sie schon eini-
ge Gerichte in dieser Welt ergehen läßt. Noch
andere Gattungen solcher Sünden sehe man
1 B. Mos. 4, 10. c. 18, 20. 2 B. Mos. 3, 7. c. 22,
23. Es kan aber eben dieses noch von mehrern
schweren Sünden gesaget werden.

4. Was Jacobus von solchen Arbeitern,
welche man zur Erndte gebrauchet hat, saget,
das gilt auch von allen andern, welche man auf
allerhand Art in seinen Diensten hat. Und daß
auch ein Lehrer, als ein Arbeiter, seines Lohns,
oder der gebührenden Vergeltung zu seinem Un-
terhalte, werth sey, hat unser Heyland selbst be-
zeuget Matth. 10, 10. und Paulus wiederhoh-
let 1 Cor. 9, 14.

5. O wenn dieses auch diejenigen unter den
wohlhabenden Leuten auf den Universitäten
bedächten, welche die Studiosos Theologiae
zur Information ihrer Kinder nehmen, aber sie
guten theils umsonst arbeiten lassen, sintemal
bey so manchen unter der Arbeit und der Be-
lohnung gar keine Proportion ist. Man
spricht zwar: ich kan es dafür haben, und ver-
läßt sich darauf, daß mancher diß und das we-
gen seiner grossen Dürftigkeit aus Noth thun
muß: aber das entschuldiget niemanden; son-
dern man würde nach der Christlichen, auch na-
türlichen Liebe recht thun, wenn man manchen
das wenige, was man ihme für so viele Arbeit,
dabey er seine eigene Studia versäumet, zu haben
pfleget, von seinem grossen Uberflusse umsonst
zu fliessen liesse, oder da dieses niemanden zuge-
muthet wird, nur auf eine Gleichheit unter der
Mühe und der Vergeltung sähe: Wie diejeni-
gen hingegen billig und löblich thun, welche an
zeitlichen Gütern gesegnet sind, und dabey ein
gutes Gewissen bewahren wollen.

V. 5. 6.

Jhr habt wohl gelebet auf Erden
(als irdisch gesinnete Menschen, welche an den
Himmel nicht gedencken) und eure Wohllüste
gehabt, und eure Hertzen geweidet
(euren
Bauch und Leib nach eures wollüstigen Her-
[Spaltenumbruch] tzens Wunsch) als auf einen Schlacht-Tag,
(nicht anders, als das unvernünftige Vieh,
welches zum Schlachten gemästet wird en eme-
ra, für eis emeran.) Jhr habt verurtheilet
den Gerechten und getödtet
(im Hertzen mit
Haß, auch mit rauhen Worten und unbarm-
hertzigen Wercken) und er hat euch nicht
widerstanden
(es so wenig gewolt, als ge-
kont.)

Anmerckungen.

1. Es pfleget zwar wol ein Laster vor den
andern also zu herrschen, daß es theils den Men-
schen mehr innerlich einnimmt, theils auch äus-
serlich mehr ausbricht: allein bey manchen tre-
ten alle, oder doch mehrere, Haupt-Laster zu der
innern Herrschaft und zu dem äusserlichen Aus-
bruche also zusammen, daß eines dem andern
nichts nachgiebet. Wir haben davon alhier ein
Exempel an den Reichen. Denn da bestrafet
der Apostel an ihnen den äussersten Grad des
Geitzes, welcher so weit ging, daß auch den
Taglöhnern ihr wohl verdienter Lohn entzogen
und auch sonst mit andern Dürftigen so hart
verfahren wurde, daß es der Apostel einen töd-
ten
nennet. Und daß es ihnen auch nicht am
Stoltze und Ubermuth gefehlet, das siehet man
sowol aus dem Contexte, als aus den übrigen
Stellen dieses Briefes, welche von solchen Leu-
ten handeln.

2. Wie groß der Verfall solcher Leute sey,
zeiget der Apostel damit an, wenn er saget, daß
sie ihre Hertzen mit Wohllüsten geweidet
haben,
das ist, daß sie ihr höchstes Gut darin-
nen gesetzet haben, welches doch das höchste Ubel
war, oder doch das höchste Ubel nach sich zog.
Da die unsterbliche Seele mit nichts gesättiget
werden kan, als mit GOTT und göttlichen
Dingen, so hatten sie hieran allen Geschmack
verlohren, und hingegen einen Geschmack an
dem, welches ihnen doch wie eine stinckende Mist-
Pfütze vorkommen solte.

3. Man siehet auch hieraus, wohin ein
Mensch, der einen bessern Anfang gehabt hat,
verfallen kan. Denn hätten sich diese Leute
nicht bey ihrer Bekenntniß zum Christenthum
in einem bessern Stande befunden, so würden
sie vermuthlich weder sich zur Christlichen Kir-
che bekannt haben, noch von derselben für Mit-
glieder seyn erkannt worden. Wodurch man
in einen solchen Zustand gerathe, zeiget Petrus
an im andern Briefe Cap. 2. v. 19. u. f. Daß
aber die damalige Kirche überhaupt eines sol-
chen Verfalles nicht beschuldiget werden kön-
ne, siehet man unter andern Oertern dieses
Briefes auch aus dem nachfolgenden Contexte
v. 9. u. f. da der Apostel die rechtschaffnen anre-
det, wie nun folget.

V. 7. 8.

So seyd nun geduldig, lieben Brü-
der, bis auf die Zukunft des HErrn. Sie-
he ein Ackermann wartet auf die köstliche
Frucht der Erden, und ist geduldig dar-
über, bis er empfahe den Morgenregen

und

Richtige und erbauliche Cap. 5. v. 4-8.
[Spaltenumbruch] auch andern noch wol dazu das ihrige auf man-
cherley Art der Ungerechtigkeit entwenden, und
inſonderheit den Arbeitern ihren Lohn vorent-
halten, oder doch nicht zu rechter Zeit geben.

2. Wider dieſe Ungerechtigkeit hat GOtt
ſehr ernſtliche Verbote gegeben. Man ſehe 3
B. Moſ. 19, 13. Es ſoll des Tageloͤhners
Lohn nicht bey dir bleiben bis an den Mor-
gen.
5 B. Moſ. 24, 14. 15. Du ſolt dem Duͤrf-
tigen und Armen ſeinen Lohn nicht vor-
halten ‒ ſondern ſolt ihm ſeinen Lohn des
Tages geben, daß die Sonne nicht daruͤ-
ber untergehe. Denn er iſt duͤrftig und
erhaͤlt ſeine Seele damit, auf daß er nicht
wider dich den HErrn anrufe, und ſey dir
Suͤnde,

3. Weil dieſe Ungerechtigkeit machet, daß
die, welchen ihr wohlverdienter Lohn entzogen,
oder zu lange vorenthalten wird, daruͤber zu
GOTT ſchreyen, ſo iſt ſie eine von den Him-
mel-ſchreyenden Suͤnden,
welche zu verurſa-
chen pflegen, daß GOTT uͤber ſie ſchon eini-
ge Gerichte in dieſer Welt ergehen laͤßt. Noch
andere Gattungen ſolcher Suͤnden ſehe man
1 B. Moſ. 4, 10. c. 18, 20. 2 B. Moſ. 3, 7. c. 22,
23. Es kan aber eben dieſes noch von mehrern
ſchweren Suͤnden geſaget werden.

4. Was Jacobus von ſolchen Arbeitern,
welche man zur Erndte gebrauchet hat, ſaget,
das gilt auch von allen andern, welche man auf
allerhand Art in ſeinen Dienſten hat. Und daß
auch ein Lehrer, als ein Arbeiter, ſeines Lohns,
oder der gebuͤhrenden Vergeltung zu ſeinem Un-
terhalte, werth ſey, hat unſer Heyland ſelbſt be-
zeuget Matth. 10, 10. und Paulus wiederhoh-
let 1 Cor. 9, 14.

5. O wenn dieſes auch diejenigen unter den
wohlhabenden Leuten auf den Univerſitaͤten
bedaͤchten, welche die Studioſos Theologiæ
zur Information ihrer Kinder nehmen, aber ſie
guten theils umſonſt arbeiten laſſen, ſintemal
bey ſo manchen unter der Arbeit und der Be-
lohnung gar keine Proportion iſt. Man
ſpricht zwar: ich kan es dafuͤr haben, und ver-
laͤßt ſich darauf, daß mancher diß und das we-
gen ſeiner groſſen Duͤrftigkeit aus Noth thun
muß: aber das entſchuldiget niemanden; ſon-
dern man wuͤrde nach der Chriſtlichen, auch na-
tuͤrlichen Liebe recht thun, wenn man manchen
das wenige, was man ihme fuͤr ſo viele Arbeit,
dabey er ſeine eigene Studia verſaͤumet, zu haben
pfleget, von ſeinem groſſen Uberfluſſe umſonſt
zu flieſſen lieſſe, oder da dieſes niemanden zuge-
muthet wird, nur auf eine Gleichheit unter der
Muͤhe und der Vergeltung ſaͤhe: Wie diejeni-
gen hingegen billig und loͤblich thun, welche an
zeitlichen Guͤtern geſegnet ſind, und dabey ein
gutes Gewiſſen bewahren wollen.

V. 5. 6.

Jhr habt wohl gelebet auf Erden
(als irdiſch geſinnete Menſchen, welche an den
Himmel nicht gedencken) und eure Wohlluͤſte
gehabt, und eure Hertzen geweidet
(euren
Bauch und Leib nach eures wolluͤſtigen Her-
[Spaltenumbruch] tzens Wunſch) als auf einen Schlacht-Tag,
(nicht anders, als das unvernuͤnftige Vieh,
welches zum Schlachten gemaͤſtet wird ἐν ἡμέ-
ρᾳ, fuͤr ἐις ἡμέραν.) Jhr habt verurtheilet
den Gerechten und getoͤdtet
(im Hertzen mit
Haß, auch mit rauhen Worten und unbarm-
hertzigen Wercken) und er hat euch nicht
widerſtanden
(es ſo wenig gewolt, als ge-
kont.)

Anmerckungen.

1. Es pfleget zwar wol ein Laſter vor den
andern alſo zu herrſchen, daß es theils den Men-
ſchen mehr innerlich einnimmt, theils auch aͤuſ-
ſerlich mehr ausbricht: allein bey manchen tre-
ten alle, oder doch mehrere, Haupt-Laſter zu der
innern Herrſchaft und zu dem aͤuſſerlichen Aus-
bruche alſo zuſammen, daß eines dem andern
nichts nachgiebet. Wir haben davon alhier ein
Exempel an den Reichen. Denn da beſtrafet
der Apoſtel an ihnen den aͤuſſerſten Grad des
Geitzes, welcher ſo weit ging, daß auch den
Tagloͤhnern ihr wohl verdienter Lohn entzogen
und auch ſonſt mit andern Duͤrftigen ſo hart
verfahren wurde, daß es der Apoſtel einen toͤd-
ten
nennet. Und daß es ihnen auch nicht am
Stoltze und Ubermuth gefehlet, das ſiehet man
ſowol aus dem Contexte, als aus den uͤbrigen
Stellen dieſes Briefes, welche von ſolchen Leu-
ten handeln.

2. Wie groß der Verfall ſolcher Leute ſey,
zeiget der Apoſtel damit an, wenn er ſaget, daß
ſie ihre Hertzen mit Wohlluͤſten geweidet
haben,
das iſt, daß ſie ihr hoͤchſtes Gut darin-
nen geſetzet haben, welches doch das hoͤchſte Ubel
war, oder doch das hoͤchſte Ubel nach ſich zog.
Da die unſterbliche Seele mit nichts geſaͤttiget
werden kan, als mit GOTT und goͤttlichen
Dingen, ſo hatten ſie hieran allen Geſchmack
verlohren, und hingegen einen Geſchmack an
dem, welches ihnen doch wie eine ſtinckende Miſt-
Pfuͤtze vorkommen ſolte.

3. Man ſiehet auch hieraus, wohin ein
Menſch, der einen beſſern Anfang gehabt hat,
verfallen kan. Denn haͤtten ſich dieſe Leute
nicht bey ihrer Bekenntniß zum Chriſtenthum
in einem beſſern Stande befunden, ſo wuͤrden
ſie vermuthlich weder ſich zur Chriſtlichen Kir-
che bekannt haben, noch von derſelben fuͤr Mit-
glieder ſeyn erkannt worden. Wodurch man
in einen ſolchen Zuſtand gerathe, zeiget Petrus
an im andern Briefe Cap. 2. v. 19. u. f. Daß
aber die damalige Kirche uͤberhaupt eines ſol-
chen Verfalles nicht beſchuldiget werden koͤn-
ne, ſiehet man unter andern Oertern dieſes
Briefes auch aus dem nachfolgenden Contexte
v. 9. u. f. da der Apoſtel die rechtſchaffnen anre-
det, wie nun folget.

V. 7. 8.

So ſeyd nun geduldig, lieben Bruͤ-
der, bis auf die Zukunft des HErrn. Sie-
he ein Ackermann wartet auf die koͤſtliche
Frucht der Erden, und iſt geduldig dar-
uͤber, bis er empfahe den Morgenregen

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0486" n="484"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Richtige und erbauliche Cap. 5. v. 4-8.</hi></fw><lb/><cb/>
auch andern noch wol dazu das ihrige auf man-<lb/>
cherley Art der Ungerechtigkeit entwenden, und<lb/>
in&#x017F;onderheit den Arbeitern ihren Lohn vorent-<lb/>
halten, oder doch nicht zu rechter Zeit geben.</p><lb/>
              <p>2. Wider die&#x017F;e Ungerechtigkeit hat GOtt<lb/>
&#x017F;ehr ern&#x017F;tliche Verbote gegeben. Man &#x017F;ehe 3<lb/>
B. Mo&#x017F;. 19, 13. <hi rendition="#fr">Es &#x017F;oll des Tagelo&#x0364;hners<lb/>
Lohn nicht bey dir bleiben bis an den Mor-<lb/>
gen.</hi> 5 B. Mo&#x017F;. 24, 14. 15. <hi rendition="#fr">Du &#x017F;olt dem Du&#x0364;rf-<lb/>
tigen und Armen &#x017F;einen Lohn nicht vor-<lb/>
halten &#x2012; &#x017F;ondern &#x017F;olt ihm &#x017F;einen Lohn des<lb/>
Tages geben, daß die Sonne nicht daru&#x0364;-<lb/>
ber untergehe. Denn er i&#x017F;t du&#x0364;rftig und<lb/>
erha&#x0364;lt &#x017F;eine Seele damit, auf daß er nicht<lb/>
wider dich den HErrn anrufe, und &#x017F;ey dir<lb/>
Su&#x0364;nde,</hi></p><lb/>
              <p>3. Weil die&#x017F;e Ungerechtigkeit machet, daß<lb/>
die, welchen ihr wohlverdienter Lohn entzogen,<lb/>
oder zu lange vorenthalten wird, daru&#x0364;ber zu<lb/>
GOTT &#x017F;chreyen, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie eine von den <hi rendition="#fr">Him-<lb/>
mel-&#x017F;chreyenden Su&#x0364;nden,</hi> welche zu verur&#x017F;a-<lb/>
chen pflegen, daß GOTT u&#x0364;ber &#x017F;ie &#x017F;chon eini-<lb/>
ge Gerichte in die&#x017F;er Welt ergehen la&#x0364;ßt. Noch<lb/>
andere Gattungen &#x017F;olcher Su&#x0364;nden &#x017F;ehe man<lb/>
1 B. Mo&#x017F;. 4, 10. c. 18, 20. 2 B. Mo&#x017F;. 3, 7. c. 22,<lb/>
23. Es kan aber eben die&#x017F;es noch von mehrern<lb/>
&#x017F;chweren Su&#x0364;nden ge&#x017F;aget werden.</p><lb/>
              <p>4. Was Jacobus von &#x017F;olchen Arbeitern,<lb/>
welche man zur Erndte gebrauchet hat, &#x017F;aget,<lb/>
das gilt auch von allen andern, welche man auf<lb/>
allerhand Art in &#x017F;einen Dien&#x017F;ten hat. Und daß<lb/>
auch ein Lehrer, als ein Arbeiter, &#x017F;eines Lohns,<lb/>
oder der gebu&#x0364;hrenden Vergeltung zu &#x017F;einem Un-<lb/>
terhalte, werth &#x017F;ey, hat un&#x017F;er Heyland &#x017F;elb&#x017F;t be-<lb/>
zeuget Matth. 10, 10. und Paulus wiederhoh-<lb/>
let 1 Cor. 9, 14.</p><lb/>
              <p>5. O wenn die&#x017F;es auch diejenigen unter den<lb/>
wohlhabenden Leuten auf den <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;it</hi>a&#x0364;ten<lb/>
beda&#x0364;chten, welche die <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;os Theologiæ</hi><lb/>
zur <hi rendition="#aq">Information</hi> ihrer Kinder nehmen, aber &#x017F;ie<lb/>
guten theils um&#x017F;on&#x017F;t arbeiten la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;intemal<lb/>
bey &#x017F;o manchen unter der Arbeit und der Be-<lb/>
lohnung gar keine <hi rendition="#aq">Proportion</hi> i&#x017F;t. Man<lb/>
&#x017F;pricht zwar: ich kan es dafu&#x0364;r haben, und ver-<lb/>
la&#x0364;ßt &#x017F;ich darauf, daß mancher diß und das we-<lb/>
gen &#x017F;einer gro&#x017F;&#x017F;en Du&#x0364;rftigkeit aus Noth thun<lb/>
muß: aber das ent&#x017F;chuldiget niemanden; &#x017F;on-<lb/>
dern man wu&#x0364;rde nach der Chri&#x017F;tlichen, auch na-<lb/>
tu&#x0364;rlichen Liebe recht thun, wenn man manchen<lb/>
das wenige, was man ihme fu&#x0364;r &#x017F;o viele Arbeit,<lb/>
dabey er &#x017F;eine eigene <hi rendition="#aq">Studia</hi> ver&#x017F;a&#x0364;umet, zu haben<lb/>
pfleget, von &#x017F;einem gro&#x017F;&#x017F;en Uberflu&#x017F;&#x017F;e um&#x017F;on&#x017F;t<lb/>
zu flie&#x017F;&#x017F;en lie&#x017F;&#x017F;e, oder da die&#x017F;es niemanden zuge-<lb/>
muthet wird, nur auf eine Gleichheit unter der<lb/>
Mu&#x0364;he und der Vergeltung &#x017F;a&#x0364;he: Wie diejeni-<lb/>
gen hingegen billig und lo&#x0364;blich thun, welche an<lb/>
zeitlichen Gu&#x0364;tern ge&#x017F;egnet &#x017F;ind, und dabey ein<lb/>
gutes Gewi&#x017F;&#x017F;en bewahren wollen.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 5. 6.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Jhr habt wohl gelebet auf Erden</hi><lb/>
(als irdi&#x017F;ch ge&#x017F;innete Men&#x017F;chen, welche an den<lb/>
Himmel nicht gedencken) <hi rendition="#fr">und eure Wohllu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
gehabt, und eure Hertzen geweidet</hi> (euren<lb/>
Bauch und Leib nach eures wollu&#x0364;&#x017F;tigen Her-<lb/><cb/>
tzens Wun&#x017F;ch) <hi rendition="#fr">als auf einen Schlacht-Tag,</hi><lb/>
(nicht anders, als das unvernu&#x0364;nftige Vieh,<lb/>
welches zum Schlachten gema&#x0364;&#x017F;tet wird &#x1F10;&#x03BD; &#x1F21;&#x03BC;&#x03AD;-<lb/>
&#x03C1;&#x1FB3;, fu&#x0364;r &#x1F10;&#x03B9;&#x03C2; &#x1F21;&#x03BC;&#x03AD;&#x03C1;&#x03B1;&#x03BD;.) <hi rendition="#fr">Jhr habt verurtheilet<lb/>
den Gerechten und geto&#x0364;dtet</hi> (im Hertzen mit<lb/>
Haß, auch mit rauhen Worten und unbarm-<lb/>
hertzigen Wercken) <hi rendition="#fr">und er hat euch nicht<lb/>
wider&#x017F;tanden</hi> (es &#x017F;o wenig gewolt, als ge-<lb/>
kont.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Es pfleget zwar wol ein La&#x017F;ter vor den<lb/>
andern al&#x017F;o zu herr&#x017F;chen, daß es theils den Men-<lb/>
&#x017F;chen mehr innerlich einnimmt, theils auch a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erlich mehr ausbricht: allein bey manchen tre-<lb/>
ten alle, oder doch mehrere, Haupt-La&#x017F;ter zu der<lb/>
innern Herr&#x017F;chaft und zu dem a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Aus-<lb/>
bruche al&#x017F;o zu&#x017F;ammen, daß eines dem andern<lb/>
nichts nachgiebet. Wir haben davon alhier ein<lb/>
Exempel an den Reichen. Denn da be&#x017F;trafet<lb/>
der Apo&#x017F;tel an ihnen den a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Grad des<lb/>
Geitzes, welcher &#x017F;o weit ging, daß auch den<lb/>
Taglo&#x0364;hnern ihr wohl verdienter Lohn entzogen<lb/>
und auch &#x017F;on&#x017F;t mit andern Du&#x0364;rftigen &#x017F;o hart<lb/>
verfahren wurde, daß es der Apo&#x017F;tel einen <hi rendition="#fr">to&#x0364;d-<lb/>
ten</hi> nennet. Und daß es ihnen auch nicht am<lb/>
Stoltze und Ubermuth gefehlet, das &#x017F;iehet man<lb/>
&#x017F;owol aus dem Contexte, als aus den u&#x0364;brigen<lb/>
Stellen die&#x017F;es Briefes, welche von &#x017F;olchen Leu-<lb/>
ten handeln.</p><lb/>
              <p>2. Wie groß der Verfall &#x017F;olcher Leute &#x017F;ey,<lb/>
zeiget der Apo&#x017F;tel damit an, wenn er &#x017F;aget, <hi rendition="#fr">daß<lb/>
&#x017F;ie ihre Hertzen mit Wohllu&#x0364;&#x017F;ten geweidet<lb/>
haben,</hi> das i&#x017F;t, daß &#x017F;ie ihr ho&#x0364;ch&#x017F;tes Gut darin-<lb/>
nen ge&#x017F;etzet haben, welches doch das ho&#x0364;ch&#x017F;te Ubel<lb/>
war, oder doch das ho&#x0364;ch&#x017F;te Ubel nach &#x017F;ich zog.<lb/>
Da die un&#x017F;terbliche Seele mit nichts ge&#x017F;a&#x0364;ttiget<lb/>
werden kan, als mit GOTT und go&#x0364;ttlichen<lb/>
Dingen, &#x017F;o hatten &#x017F;ie hieran allen Ge&#x017F;chmack<lb/>
verlohren, und hingegen einen Ge&#x017F;chmack an<lb/>
dem, welches ihnen doch wie eine &#x017F;tinckende Mi&#x017F;t-<lb/>
Pfu&#x0364;tze vorkommen &#x017F;olte.</p><lb/>
              <p>3. Man &#x017F;iehet auch hieraus, wohin ein<lb/>
Men&#x017F;ch, der einen be&#x017F;&#x017F;ern Anfang gehabt hat,<lb/>
verfallen kan. Denn ha&#x0364;tten &#x017F;ich die&#x017F;e Leute<lb/>
nicht bey ihrer Bekenntniß zum Chri&#x017F;tenthum<lb/>
in einem be&#x017F;&#x017F;ern Stande befunden, &#x017F;o wu&#x0364;rden<lb/>
&#x017F;ie vermuthlich weder &#x017F;ich zur Chri&#x017F;tlichen Kir-<lb/>
che bekannt haben, noch von der&#x017F;elben fu&#x0364;r Mit-<lb/>
glieder &#x017F;eyn erkannt worden. Wodurch man<lb/>
in einen &#x017F;olchen Zu&#x017F;tand gerathe, zeiget Petrus<lb/>
an im andern Briefe Cap. 2. v. 19. u. f. Daß<lb/>
aber die damalige Kirche u&#x0364;berhaupt eines &#x017F;ol-<lb/>
chen Verfalles nicht be&#x017F;chuldiget werden ko&#x0364;n-<lb/>
ne, &#x017F;iehet man unter andern Oertern die&#x017F;es<lb/>
Briefes auch aus dem nachfolgenden Contexte<lb/>
v. 9. u. f. da der Apo&#x017F;tel die recht&#x017F;chaffnen anre-<lb/>
det, wie nun folget.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 7. 8.</hi> </head><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">So &#x017F;eyd nun geduldig, lieben Bru&#x0364;-<lb/>
der, bis auf die Zukunft des HErrn. Sie-<lb/>
he ein Ackermann wartet auf die ko&#x0364;&#x017F;tliche<lb/>
Frucht der Erden, und i&#x017F;t geduldig dar-<lb/>
u&#x0364;ber, bis er empfahe den Morgenregen</hi><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">und</hi> </fw><lb/>
            </p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[484/0486] Richtige und erbauliche Cap. 5. v. 4-8. auch andern noch wol dazu das ihrige auf man- cherley Art der Ungerechtigkeit entwenden, und inſonderheit den Arbeitern ihren Lohn vorent- halten, oder doch nicht zu rechter Zeit geben. 2. Wider dieſe Ungerechtigkeit hat GOtt ſehr ernſtliche Verbote gegeben. Man ſehe 3 B. Moſ. 19, 13. Es ſoll des Tageloͤhners Lohn nicht bey dir bleiben bis an den Mor- gen. 5 B. Moſ. 24, 14. 15. Du ſolt dem Duͤrf- tigen und Armen ſeinen Lohn nicht vor- halten ‒ ſondern ſolt ihm ſeinen Lohn des Tages geben, daß die Sonne nicht daruͤ- ber untergehe. Denn er iſt duͤrftig und erhaͤlt ſeine Seele damit, auf daß er nicht wider dich den HErrn anrufe, und ſey dir Suͤnde, 3. Weil dieſe Ungerechtigkeit machet, daß die, welchen ihr wohlverdienter Lohn entzogen, oder zu lange vorenthalten wird, daruͤber zu GOTT ſchreyen, ſo iſt ſie eine von den Him- mel-ſchreyenden Suͤnden, welche zu verurſa- chen pflegen, daß GOTT uͤber ſie ſchon eini- ge Gerichte in dieſer Welt ergehen laͤßt. Noch andere Gattungen ſolcher Suͤnden ſehe man 1 B. Moſ. 4, 10. c. 18, 20. 2 B. Moſ. 3, 7. c. 22, 23. Es kan aber eben dieſes noch von mehrern ſchweren Suͤnden geſaget werden. 4. Was Jacobus von ſolchen Arbeitern, welche man zur Erndte gebrauchet hat, ſaget, das gilt auch von allen andern, welche man auf allerhand Art in ſeinen Dienſten hat. Und daß auch ein Lehrer, als ein Arbeiter, ſeines Lohns, oder der gebuͤhrenden Vergeltung zu ſeinem Un- terhalte, werth ſey, hat unſer Heyland ſelbſt be- zeuget Matth. 10, 10. und Paulus wiederhoh- let 1 Cor. 9, 14. 5. O wenn dieſes auch diejenigen unter den wohlhabenden Leuten auf den Univerſitaͤten bedaͤchten, welche die Studioſos Theologiæ zur Information ihrer Kinder nehmen, aber ſie guten theils umſonſt arbeiten laſſen, ſintemal bey ſo manchen unter der Arbeit und der Be- lohnung gar keine Proportion iſt. Man ſpricht zwar: ich kan es dafuͤr haben, und ver- laͤßt ſich darauf, daß mancher diß und das we- gen ſeiner groſſen Duͤrftigkeit aus Noth thun muß: aber das entſchuldiget niemanden; ſon- dern man wuͤrde nach der Chriſtlichen, auch na- tuͤrlichen Liebe recht thun, wenn man manchen das wenige, was man ihme fuͤr ſo viele Arbeit, dabey er ſeine eigene Studia verſaͤumet, zu haben pfleget, von ſeinem groſſen Uberfluſſe umſonſt zu flieſſen lieſſe, oder da dieſes niemanden zuge- muthet wird, nur auf eine Gleichheit unter der Muͤhe und der Vergeltung ſaͤhe: Wie diejeni- gen hingegen billig und loͤblich thun, welche an zeitlichen Guͤtern geſegnet ſind, und dabey ein gutes Gewiſſen bewahren wollen. V. 5. 6. Jhr habt wohl gelebet auf Erden (als irdiſch geſinnete Menſchen, welche an den Himmel nicht gedencken) und eure Wohlluͤſte gehabt, und eure Hertzen geweidet (euren Bauch und Leib nach eures wolluͤſtigen Her- tzens Wunſch) als auf einen Schlacht-Tag, (nicht anders, als das unvernuͤnftige Vieh, welches zum Schlachten gemaͤſtet wird ἐν ἡμέ- ρᾳ, fuͤr ἐις ἡμέραν.) Jhr habt verurtheilet den Gerechten und getoͤdtet (im Hertzen mit Haß, auch mit rauhen Worten und unbarm- hertzigen Wercken) und er hat euch nicht widerſtanden (es ſo wenig gewolt, als ge- kont.) Anmerckungen. 1. Es pfleget zwar wol ein Laſter vor den andern alſo zu herrſchen, daß es theils den Men- ſchen mehr innerlich einnimmt, theils auch aͤuſ- ſerlich mehr ausbricht: allein bey manchen tre- ten alle, oder doch mehrere, Haupt-Laſter zu der innern Herrſchaft und zu dem aͤuſſerlichen Aus- bruche alſo zuſammen, daß eines dem andern nichts nachgiebet. Wir haben davon alhier ein Exempel an den Reichen. Denn da beſtrafet der Apoſtel an ihnen den aͤuſſerſten Grad des Geitzes, welcher ſo weit ging, daß auch den Tagloͤhnern ihr wohl verdienter Lohn entzogen und auch ſonſt mit andern Duͤrftigen ſo hart verfahren wurde, daß es der Apoſtel einen toͤd- ten nennet. Und daß es ihnen auch nicht am Stoltze und Ubermuth gefehlet, das ſiehet man ſowol aus dem Contexte, als aus den uͤbrigen Stellen dieſes Briefes, welche von ſolchen Leu- ten handeln. 2. Wie groß der Verfall ſolcher Leute ſey, zeiget der Apoſtel damit an, wenn er ſaget, daß ſie ihre Hertzen mit Wohlluͤſten geweidet haben, das iſt, daß ſie ihr hoͤchſtes Gut darin- nen geſetzet haben, welches doch das hoͤchſte Ubel war, oder doch das hoͤchſte Ubel nach ſich zog. Da die unſterbliche Seele mit nichts geſaͤttiget werden kan, als mit GOTT und goͤttlichen Dingen, ſo hatten ſie hieran allen Geſchmack verlohren, und hingegen einen Geſchmack an dem, welches ihnen doch wie eine ſtinckende Miſt- Pfuͤtze vorkommen ſolte. 3. Man ſiehet auch hieraus, wohin ein Menſch, der einen beſſern Anfang gehabt hat, verfallen kan. Denn haͤtten ſich dieſe Leute nicht bey ihrer Bekenntniß zum Chriſtenthum in einem beſſern Stande befunden, ſo wuͤrden ſie vermuthlich weder ſich zur Chriſtlichen Kir- che bekannt haben, noch von derſelben fuͤr Mit- glieder ſeyn erkannt worden. Wodurch man in einen ſolchen Zuſtand gerathe, zeiget Petrus an im andern Briefe Cap. 2. v. 19. u. f. Daß aber die damalige Kirche uͤberhaupt eines ſol- chen Verfalles nicht beſchuldiget werden koͤn- ne, ſiehet man unter andern Oertern dieſes Briefes auch aus dem nachfolgenden Contexte v. 9. u. f. da der Apoſtel die rechtſchaffnen anre- det, wie nun folget. V. 7. 8. So ſeyd nun geduldig, lieben Bruͤ- der, bis auf die Zukunft des HErrn. Sie- he ein Ackermann wartet auf die koͤſtliche Frucht der Erden, und iſt geduldig dar- uͤber, bis er empfahe den Morgenregen und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/486
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/486>, abgerufen am 22.11.2024.