Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 18-20. [Spaltenumbruch]
geschiehet deßwegen, daß wir dabey auf dasVorbild im Opfer-Blute sollen zurück sehen, und uns damit die unschätzbare Wohlthat der Versöhnung Christi recht gläubig vorstellen. Man sehe Apost. Ges. 20, 28. Röm. 3, 24. 25. c. 5, 9. Eph. 1, 7. c. 2, 13. Col. 1, 14. 20. 1 Pet. 1, 2. u. s. w. sonderlich in dem Briefe an die Hebräer das neunte und zehnde Capitel. 6. Wovon wir erlöset sind, drucket der a. Was der Apostel damit verstehe? Er verstehet damit nicht bloß allein die Judischen Aufsätze in der Religion, welche waren patro- paradota, von den Vätern ertichtete, und solche Satzungen, welche man fälschlich für Mosai- sche, die von Mose her mündlich wären fort- gepflantzet worden, ausgab; sondern er siehet damit auf den gantzen Stand der Sünden, wie er ihnen von den Vätern durch die leibliche Geburt war angeerbet und solcher gestalt auf alle Nachkommen gebracht worden. b. Was dieser von den Vätern empfange- ne eitele Wandel in sich halte? alles das, was zum Stande der herrschenden Sünden- Schuld und Strafe gehöret, nemlich die richterliche Straf-Gerechtigkeit, welche der Zorn GOttes genennet wird, der Fluch des Gesetzes, die Gewalt des Teufels, und die ewige Verdammniß: davon sind wir, nebst dem eitelen Wandel, erlöset worden. c. Warum alhier bey solchem Nachdruck des Verstandes nur des eitelen Wandels nach väterlicher Weise sey gedacht wor- den? Darum, weil der Apostel im vorherge- henden Contexte die Gläubigen zum heiligen Wandel ermahnet: darauf er nun anzeiget, wie daß derselbe dem Zweck der Erlösung Chri- sti gemäß sey, hingegen aber die Eitelkeit des Wandels solchem Zwecke gerade entgegen stehe. Es redet demnach der Apostel also von dem Zweck der Erlösung, daß er uns damit auf dieselbe Frucht der Erlösung führet, welche aus dem übrigen Haupt-Zwecke herrühret, und von welcher er im Contexte handelt. d. Was wir für Parallel-Oerter haben, worinnen der Zweck der Erlösung auf die da- her entstehende Frucht der Heiligung geführet werde? Davon sehe man unter andern Gal. 1, 4. Christus hat sich selbst für unsere Sünde gegeben, daß er uns errettete von dieser gegenwärtigen argen Welt. 1. Joh. 3, 8. Dazu ist erschienen der Sohn GOt- tes, daß er die Wercke des Teufels zer- störe. Siehe auch Hebr. 9, 14. Tit. 2, 14. Deßgleichen Ap. Ges. 2, 40. Lasset euch helfen (seligmachen) von diesen unartigen Leuten. 7. Jm übrigen haben wir uns diesen schö- a. Daß man im Wercke der Seligkeit ja nicht den Grund des Heyls von der Ordnung, [Spaltenumbruch] welche auf die Application gehet, theile. Zum Grunde gehöret die Erlösung, zur Ordnung die Verleugnung alles eitelen und ungöttlichen Wesens und Wandels. Denn gleichwie jene ohne diese Verleugnung nicht kan angenommen werden, also gehet auch diese ohne sie, die Erlösung, nicht von statten. Man soll demnach lutroso, und lusin, allemal wohl mit einander verknüpfet seyn lassen. b. Daß es ein sehr schnöder Mißbrauch des Ev- angelii von der Erlösung Christi sey, wenn man allerley Eitelkeit des Wandels zu der Christli- chen, oder von Christo erworbenen Freyheit ziehet. c. Daß man zwar den Eltern und Vor-El- tern alle Ehrerbietung und Liebe schuldig sey, aber keine Nachfolge in der Eitelkeit des Wan- dels und sündlicher Gewohnheiten, sonderlich in aller eiteln Tantz- und Spiel-Lust, als wel- ches mit dem Zwecke der Erlösung Christi streitet. d. Daß man, um der Eitelkeit des Wandels zu entgehen, gar nicht nöthig habe, das einsa- me Münchs- und Kloster-Leben zu erwehlen, sondern daß die Frucht der Erlösung Christi sich in einem heiligen Wandel aller Stände erweisen solle und könne. e. Daß, da wir nicht mit Gold und Silber er- löset sind, es im Pabstthum vergeblich sey, die so genannten Seel-Messen zur Versöhnung durch Gold und Silber zu erkaufen. f. Daß, wenn wir uns das Versöhnungs-Blut des Lammes GOttes recht zueignen wollen, wir auch schuldig sind, seine sanftmüthige und geduldige Lammes-Art an uns zunehmen; zu- mal da er, nicht allein das Lamm, sondern auch der Hirte selbst ist, der uns zu Schafen seiner Weide gemachet hat. Ps. 23. Ps. 100, 3. und zwar zu solchen Schafen, die in ihrer Masse auch seyn sollen unschuldig und unbefleckt Eph. 1, 4. 5, 27. Col. 1, 22. Jud. v. 24. Off. 14, 4. 5. g. Daß man ja keinen Menschen gering achte, noch vielweniger iemand an seiner Seele ver- derben soll, da ein ieder durch das unschätzbare Blut Christi aufs theureste erlöset ist. Und daß es demnach eine recht heyllose Rede sey, wenn man von manchen Menschen zu sagen pfleget: Er sey nicht einen Schuß Pul- ver werth. h. Daß, da Christus, der gar ohne Sünde und die Heiligkeit selbst ist, der Tadel-Sucht und der Läster-Zunge nicht hat entgehen können, sich kein Nachfolger Christi bey seiner Unschuld befremden lasse, wenn ihm dergleichen wider- fähret. V. 20. Der zwar zuvor versehen ist, ehe der Anmer-
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 18-20. [Spaltenumbruch]
geſchiehet deßwegen, daß wir dabey auf dasVorbild im Opfer-Blute ſollen zuruͤck ſehen, und uns damit die unſchaͤtzbare Wohlthat der Verſoͤhnung Chriſti recht glaͤubig vorſtellen. Man ſehe Apoſt. Geſ. 20, 28. Roͤm. 3, 24. 25. c. 5, 9. Eph. 1, 7. c. 2, 13. Col. 1, 14. 20. 1 Pet. 1, 2. u. ſ. w. ſonderlich in dem Briefe an die Hebraͤer das neunte und zehnde Capitel. 6. Wovon wir erloͤſet ſind, drucket der a. Was der Apoſtel damit verſtehe? Er verſtehet damit nicht bloß allein die Judiſchen Aufſaͤtze in der Religion, welche waren πατρο- παράδοτα, von den Vaͤtern ertichtete, und ſolche Satzungen, welche man faͤlſchlich fuͤr Moſai- ſche, die von Moſe her muͤndlich waͤren fort- gepflantzet worden, ausgab; ſondern er ſiehet damit auf den gantzen Stand der Suͤnden, wie er ihnen von den Vaͤtern durch die leibliche Geburt war angeerbet und ſolcher geſtalt auf alle Nachkommen gebracht worden. b. Was dieſer von den Vaͤtern empfange- ne eitele Wandel in ſich halte? alles das, was zum Stande der herrſchenden Suͤnden- Schuld und Strafe gehoͤret, nemlich die richterliche Straf-Gerechtigkeit, welche der Zorn GOttes genennet wird, der Fluch des Geſetzes, die Gewalt des Teufels, und die ewige Verdammniß: davon ſind wir, nebſt dem eitelen Wandel, erloͤſet worden. c. Warum alhier bey ſolchem Nachdruck des Verſtandes nur des eitelen Wandels nach vaͤterlicher Weiſe ſey gedacht wor- den? Darum, weil der Apoſtel im vorherge- henden Contexte die Glaͤubigen zum heiligen Wandel ermahnet: darauf er nun anzeiget, wie daß derſelbe dem Zweck der Erloͤſung Chri- ſti gemaͤß ſey, hingegen aber die Eitelkeit des Wandels ſolchem Zwecke gerade entgegen ſtehe. Es redet demnach der Apoſtel alſo von dem Zweck der Erloͤſung, daß er uns damit auf dieſelbe Frucht der Erloͤſung fuͤhret, welche aus dem uͤbrigen Haupt-Zwecke herruͤhret, und von welcher er im Contexte handelt. d. Was wir fuͤr Parallel-Oerter haben, worinnen der Zweck der Erloͤſung auf die da- her entſtehende Frucht der Heiligung gefuͤhret werde? Davon ſehe man unter andern Gal. 1, 4. Chriſtus hat ſich ſelbſt fuͤr unſere Suͤnde gegeben, daß er uns errettete von dieſer gegenwaͤrtigen argen Welt. 1. Joh. 3, 8. Dazu iſt erſchienen der Sohn GOt- tes, daß er die Wercke des Teufels zer- ſtoͤre. Siehe auch Hebr. 9, 14. Tit. 2, 14. Deßgleichen Ap. Geſ. 2, 40. Laſſet euch helfen (ſeligmachen) von dieſen unartigen Leuten. 7. Jm uͤbrigen haben wir uns dieſen ſchoͤ- a. Daß man im Wercke der Seligkeit ja nicht den Grund des Heyls von der Ordnung, [Spaltenumbruch] welche auf die Application gehet, theile. Zum Grunde gehoͤret die Erloͤſung, zur Ordnung die Verleugnung alles eitelen und ungoͤttlichen Weſens und Wandels. Denn gleichwie jene ohne dieſe Verleugnung nicht kan angenommen werden, alſo gehet auch dieſe ohne ſie, die Erloͤſung, nicht von ſtatten. Man ſoll demnach λύτρωσω, und λύσιν, allemal wohl mit einander verknuͤpfet ſeyn laſſen. b. Daß es ein ſehr ſchnoͤder Mißbrauch des Ev- angelii von der Erloͤſung Chriſti ſey, wenn man allerley Eitelkeit des Wandels zu der Chriſtli- chen, oder von Chriſto erworbenen Freyheit ziehet. c. Daß man zwar den Eltern und Vor-El- tern alle Ehrerbietung und Liebe ſchuldig ſey, aber keine Nachfolge in der Eitelkeit des Wan- dels und ſuͤndlicher Gewohnheiten, ſonderlich in aller eiteln Tantz- und Spiel-Luſt, als wel- ches mit dem Zwecke der Erloͤſung Chriſti ſtreitet. d. Daß man, um der Eitelkeit des Wandels zu entgehen, gar nicht noͤthig habe, das einſa- me Muͤnchs- und Kloſter-Leben zu erwehlen, ſondern daß die Frucht der Erloͤſung Chriſti ſich in einem heiligen Wandel aller Staͤnde erweiſen ſolle und koͤnne. e. Daß, da wir nicht mit Gold und Silber er- loͤſet ſind, es im Pabſtthum vergeblich ſey, die ſo genannten Seel-Meſſen zur Verſoͤhnung durch Gold und Silber zu erkaufen. f. Daß, wenn wir uns das Verſoͤhnungs-Blut des Lammes GOttes recht zueignen wollen, wir auch ſchuldig ſind, ſeine ſanftmuͤthige und geduldige Lammes-Art an uns zunehmen; zu- mal da er, nicht allein das Lamm, ſondern auch der Hirte ſelbſt iſt, der uns zu Schafen ſeiner Weide gemachet hat. Pſ. 23. Pſ. 100, 3. und zwar zu ſolchen Schafen, die in ihrer Maſſe auch ſeyn ſollen unſchuldig und unbefleckt Eph. 1, 4. 5, 27. Col. 1, 22. Jud. v. 24. Off. 14, 4. 5. g. Daß man ja keinen Menſchen gering achte, noch vielweniger iemand an ſeiner Seele ver- derben ſoll, da ein ieder durch das unſchaͤtzbare Blut Chriſti aufs theureſte erloͤſet iſt. Und daß es demnach eine recht heylloſe Rede ſey, wenn man von manchen Menſchen zu ſagen pfleget: Er ſey nicht einen Schuß Pul- ver werth. h. Daß, da Chriſtus, der gar ohne Suͤnde und die Heiligkeit ſelbſt iſt, der Tadel-Sucht und der Laͤſter-Zunge nicht hat entgehen koͤnnen, ſich kein Nachfolger Chriſti bey ſeiner Unſchuld befremden laſſe, wenn ihm dergleichen wider- faͤhret. V. 20. Der zwar zuvor verſehen iſt, ehe der Anmer-
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 18-20.
geſchiehet deßwegen, daß wir dabey auf das
Vorbild im Opfer-Blute ſollen zuruͤck ſehen,
und uns damit die unſchaͤtzbare Wohlthat der
Verſoͤhnung Chriſti recht glaͤubig vorſtellen.
Man ſehe Apoſt. Geſ. 20, 28. Roͤm. 3, 24. 25.
c. 5, 9. Eph. 1, 7. c. 2, 13. Col. 1, 14. 20. 1 Pet.
1, 2. u. ſ. w. ſonderlich in dem Briefe an die
Hebraͤer das neunte und zehnde Capitel.
6. Wovon wir erloͤſet ſind, drucket der
Apoſtel mit dieſen Worten aus: von eurem ei-
telen Wandel nach vaͤterlicher Weiſe, oder
von dem, welchen man von den Vaͤtern ange-
nommen hat. Da fraget ſich:
a. Was der Apoſtel damit verſtehe? Er
verſtehet damit nicht bloß allein die Judiſchen
Aufſaͤtze in der Religion, welche waren πατρο-
παράδοτα, von den Vaͤtern ertichtete, und ſolche
Satzungen, welche man faͤlſchlich fuͤr Moſai-
ſche, die von Moſe her muͤndlich waͤren fort-
gepflantzet worden, ausgab; ſondern er ſiehet
damit auf den gantzen Stand der Suͤnden,
wie er ihnen von den Vaͤtern durch die leibliche
Geburt war angeerbet und ſolcher geſtalt auf
alle Nachkommen gebracht worden.
b. Was dieſer von den Vaͤtern empfange-
ne eitele Wandel in ſich halte? alles das,
was zum Stande der herrſchenden Suͤnden-
Schuld und Strafe gehoͤret, nemlich die
richterliche Straf-Gerechtigkeit, welche
der Zorn GOttes genennet wird, der Fluch
des Geſetzes, die Gewalt des Teufels, und
die ewige Verdammniß: davon ſind wir,
nebſt dem eitelen Wandel, erloͤſet worden.
c. Warum alhier bey ſolchem Nachdruck
des Verſtandes nur des eitelen Wandels
nach vaͤterlicher Weiſe ſey gedacht wor-
den? Darum, weil der Apoſtel im vorherge-
henden Contexte die Glaͤubigen zum heiligen
Wandel ermahnet: darauf er nun anzeiget,
wie daß derſelbe dem Zweck der Erloͤſung Chri-
ſti gemaͤß ſey, hingegen aber die Eitelkeit des
Wandels ſolchem Zwecke gerade entgegen
ſtehe. Es redet demnach der Apoſtel alſo von
dem Zweck der Erloͤſung, daß er uns damit
auf dieſelbe Frucht der Erloͤſung fuͤhret, welche
aus dem uͤbrigen Haupt-Zwecke herruͤhret, und
von welcher er im Contexte handelt.
d. Was wir fuͤr Parallel-Oerter haben,
worinnen der Zweck der Erloͤſung auf die da-
her entſtehende Frucht der Heiligung gefuͤhret
werde? Davon ſehe man unter andern Gal.
1, 4. Chriſtus hat ſich ſelbſt fuͤr unſere
Suͤnde gegeben, daß er uns errettete von
dieſer gegenwaͤrtigen argen Welt. 1. Joh.
3, 8. Dazu iſt erſchienen der Sohn GOt-
tes, daß er die Wercke des Teufels zer-
ſtoͤre. Siehe auch Hebr. 9, 14. Tit. 2, 14.
Deßgleichen Ap. Geſ. 2, 40. Laſſet euch
helfen (ſeligmachen) von dieſen unartigen
Leuten.
7. Jm uͤbrigen haben wir uns dieſen ſchoͤ-
nen Text auch noch folgender geſtalt ferner zu
Nutze zu machen.
a. Daß man im Wercke der Seligkeit ja nicht
den Grund des Heyls von der Ordnung,
welche auf die Application gehet, theile.
Zum Grunde gehoͤret die Erloͤſung, zur
Ordnung die Verleugnung alles eitelen und
ungoͤttlichen Weſens und Wandels. Denn
gleichwie jene ohne dieſe Verleugnung nicht
kan angenommen werden, alſo gehet auch dieſe
ohne ſie, die Erloͤſung, nicht von ſtatten. Man
ſoll demnach λύτρωσω, und λύσιν, allemal wohl
mit einander verknuͤpfet ſeyn laſſen.
b. Daß es ein ſehr ſchnoͤder Mißbrauch des Ev-
angelii von der Erloͤſung Chriſti ſey, wenn man
allerley Eitelkeit des Wandels zu der Chriſtli-
chen, oder von Chriſto erworbenen Freyheit
ziehet.
c. Daß man zwar den Eltern und Vor-El-
tern alle Ehrerbietung und Liebe ſchuldig ſey,
aber keine Nachfolge in der Eitelkeit des Wan-
dels und ſuͤndlicher Gewohnheiten, ſonderlich
in aller eiteln Tantz- und Spiel-Luſt, als wel-
ches mit dem Zwecke der Erloͤſung Chriſti
ſtreitet.
d. Daß man, um der Eitelkeit des Wandels
zu entgehen, gar nicht noͤthig habe, das einſa-
me Muͤnchs- und Kloſter-Leben zu erwehlen,
ſondern daß die Frucht der Erloͤſung Chriſti
ſich in einem heiligen Wandel aller Staͤnde
erweiſen ſolle und koͤnne.
e. Daß, da wir nicht mit Gold und Silber er-
loͤſet ſind, es im Pabſtthum vergeblich ſey, die
ſo genannten Seel-Meſſen zur Verſoͤhnung
durch Gold und Silber zu erkaufen.
f. Daß, wenn wir uns das Verſoͤhnungs-Blut
des Lammes GOttes recht zueignen wollen,
wir auch ſchuldig ſind, ſeine ſanftmuͤthige und
geduldige Lammes-Art an uns zunehmen; zu-
mal da er, nicht allein das Lamm, ſondern auch
der Hirte ſelbſt iſt, der uns zu Schafen ſeiner
Weide gemachet hat. Pſ. 23. Pſ. 100, 3. und
zwar zu ſolchen Schafen, die in ihrer Maſſe
auch ſeyn ſollen unſchuldig und unbefleckt
Eph. 1, 4. 5, 27. Col. 1, 22. Jud. v. 24. Off.
14, 4. 5.
g. Daß man ja keinen Menſchen gering achte,
noch vielweniger iemand an ſeiner Seele ver-
derben ſoll, da ein ieder durch das unſchaͤtzbare
Blut Chriſti aufs theureſte erloͤſet iſt. Und
daß es demnach eine recht heylloſe Rede ſey,
wenn man von manchen Menſchen zu ſagen
pfleget: Er ſey nicht einen Schuß Pul-
ver werth.
h. Daß, da Chriſtus, der gar ohne Suͤnde und
die Heiligkeit ſelbſt iſt, der Tadel-Sucht und
der Laͤſter-Zunge nicht hat entgehen koͤnnen,
ſich kein Nachfolger Chriſti bey ſeiner Unſchuld
befremden laſſe, wenn ihm dergleichen wider-
faͤhret.
V. 20.
Der zwar zuvor verſehen iſt, ehe der
Welt Grund geleget ward, aber offenba-
ret zu den letztern Zeiten (unter andern auch)
um eurent willen (daß ihr zur Zeit der geſchehe-
nen Erfuͤllung zum reichen Antheil an Chriſto und
ſeinem Reiche gelangen ſollet.
Anmer-
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