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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 21. 22.
[Spaltenumbruch] net ihr nichts thun: und also auch nicht
glauben. Joh. 15, 5,

2. Die Worte: der ihn auferwecket
hat, von den Todten, und ihm die Herr-
lichkeit gegeben,
halten folgendes in sich:

a. Nachdem Christus nach seiner menschlichen,
oder göttlichen Natur betrachtet wird, so wird
von ihm beydes gesaget, daß er von dem Va-
ter sey auferwecket worden, und daß er
selbst auferstanden sey.
b. Daß er aus eigner Macht und Kraft auf-
erstanden sey, erhellet aus seiner göttlichen
Natur,
und aus der Macht, welche er zur
Erweckung der Todten theils selbst bewiesen,
theils den Aposteln mitgetheilet hat, also daß
sie in seinem Namen haben Todten erwecken
können. Und dahin ging seine klare bezeugung
Joh. 2, 29. u. f. Brechet diesen Tempel,
und am dritten Tage will ich ihn auf-
richten
u. f. auch c. 10, 18. Niemand nimmt
mein Leben von mir
(wider meinen Wil-
len) sondern ich lasse es von mir selber:
ich habe Macht, es zu lassen, und habe
Macht, es wieder zu nehmen.
Siehe auch
c. 11, 25: da er spricht: Jch bin die Aufer-
stehung und das Leben.
u. s. w.
c. Daß die Auferweckung Christi an den mei-
sten Orten dem Vater zugeschrieben wird, daß
hat vieles in sich. Denn da der Vater, nach
der Oeconomie der Wercke GOttes, welche
auf die Wiederbringung des menschlichen Ge-
schlechts gehen, als der Richter vorgestellet
wird, der die Bürgschaft des Sohnes, nach
welcher er sich zum Versöhnungs-Tode erklä-
ret hatte, angenommen hat, so hat er mit der
Auferweckung des Sohnes in der That selbst
bezeuget, daß er den Tod desselben für gültig
erkannt und sein Blut, nach v. 18. zum Löse-
geld angenommen habe: weil es auch der Ge-
rechtigkeit gemäß war, daß der Bürge, nach
geleisteter und angenommener Satisfaction,
wieder auf freyen Fuß gestellet würde.
d. Auf diese Art wurde auch in der That bezeuget,
wie man durch den Sohn könne an den Vater
glauben: sintemal die vom Vater geschehene
Auferweckung des Sohnes den vorhergehen-
den Versöhnungs-Tod nach seiner Gültigkeit
also bestätigte, daß sich der Gläubige densel-
ben, als sein eigen, konte zur Versöhnung zu-
eignen, und versichert seyn, daß er in Christo
dadurch Gnade bey GOtt finde.
e. Und diese Versicherung von dem durch den
Tod und durch die Auferweckung Christi ge-
öffneten Zugang zu GOtt, konte so viel grösser
seyn, so viel wichtiger es war, daß Christus zu
einem viel herrlichern Leben, als er vorhin hatte,
ist erwecket worden; sintemal er mit einem ver-
kläreten Leibe auferwecket ist: wodurch also
die Gültigkeit seines Todes zu unserer Versöh-
nung so viel mehr war bezeuget worden.

3. Gleichwie nun der Vater bereits durch
die Auferweckung von den Todten den Sohn zu
verklären angefangen hatte, so hat er diese Ver-
klärung hernach fortgesetzet und vollführet durch
die Aufnahme gen Himmel und durch das Setzen
[Spaltenumbruch] zur Rechten seiner Majestät. Welches der Apo-
stel nennet: die Herrlichkeit geben: welches
Paulus ausspricht mit gar nachdrücklichen
Worten Eph. 1, 20. 22. und Phil. 2, 9. Und da
diese Herrlichkeit der menschlichen Natur Christi
in der persönlichen Vereinigung der beyden Na-
turen schon war mitgetheilet worden, er aber sich
derselben dem völligen Gebrauche nach im Stan-
de der Erniedrigung, zur Ausführung des Wercks
der Erlösung, willig begeben hatte, und dieselbe
zum völligen Gebrauch wieder annehmen wolte,
so wolte er sich solche zur Bezeugung der Gültig-
keit seines Versöhnopfers vom Vater beylegen
lassen. Darum sprach er Joh. 17, 5, Nun ver-
kläre mich, du Vater, bey dir selbst, mit
der Klarheit, die ich bey dir hatte, ehe die
Welt war.

4. Die Worte; auf daß ihr Glauben
und Hoffnung zu GOtt haben möchtet,

haben ihre Erläuterung schon im vorhergehenden:
doch noch eines und das andere zu erinnern:

a. So ist der Verstand dieser, daß, da der Va-
ter durch die Erweckung und durch die übrige
Erhöhung des Sohnes die Gültigkeit seines
durch den Versöhnungs-Tod gebrachten Löse-
Geldes so gar herrlich bezeuget hat, ein ieder,
der sich im Glauben dasselbe zueignet, könte ge-
trostes Hertzens gegen GOtt seyn, in der ge-
wissen Zuversicht, daß das, was dem Haupte
angedieen sey, auch ihm, als einem Gliede an
desselben Leibe angedeyen werde: nemlich man
werde nicht allein der Seele nach, sondern auch
dem Leibe, nach in der Verklärung der ewigen
Herrlichkeit in Christo theilhaftig werden.
b. Glaube und Hoffnung stehen unzertrenn-
lich bey einander, als die Mutter mit ihrer erst-
gebornen Tochter; welches man doch aber
auch von der Liebe sagen kan. Und hiemit kömmt
schön überein, was der Apostel oben v. 3. be-
zeuget hat, daß nemlich die Hoffnung, folglich
auch der Glaube, durch die Auferstehung
Christi
zu ihrem rechten Leben komme.
V. 22.

Und machet keusch eure Seelen im
Gehorsam der Wahrheit durch den Geist
zu ungefärbter Bruder-Liebe, und habet
euch unter einander brünstig lieb, aus rei-
nem Hertzen.

Anmerckungen.

1. Hier setzet der Apostel das dritte Stücke
zu dem geistlichen Kleblatte, nemlich die Liebe,
zu dem Glauben und zu der Hoffnung. Da zwar
eigentlich der Bruder-Liebe nur gedacht wird,
aber die Liebe gegen GOtt dabey zum Grunde lie-
get. Weil das Haupt-Wort in diesem Verse
ist die Bruder-Liebe und alles übrige dazu re-
ferir
et werden kan, so haben wir dabey folgende
Puncte zu mercken: erstlich was zur Bruder-
Liebe
gehöre: die Keuschmachung der See-
len im Gehorsam der Wahrheit durch
den Geist:
zum andern wie sie beschaffen
seyn müsse:
und drittens wie sie müsse würck-
lich ausgeübet werden:
dadurch denn ihre

Be-
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 21. 22.
[Spaltenumbruch] net ihr nichts thun: und alſo auch nicht
glauben. Joh. 15, 5,

2. Die Worte: der ihn auferwecket
hat, von den Todten, und ihm die Herr-
lichkeit gegeben,
halten folgendes in ſich:

a. Nachdem Chriſtus nach ſeiner menſchlichen,
oder goͤttlichen Natur betrachtet wird, ſo wird
von ihm beydes geſaget, daß er von dem Va-
ter ſey auferwecket worden, und daß er
ſelbſt auferſtanden ſey.
b. Daß er aus eigner Macht und Kraft auf-
erſtanden ſey, erhellet aus ſeiner goͤttlichen
Natur,
und aus der Macht, welche er zur
Erweckung der Todten theils ſelbſt bewieſen,
theils den Apoſteln mitgetheilet hat, alſo daß
ſie in ſeinem Namen haben Todten erwecken
koͤnnen. Und dahin ging ſeine klare bezeugung
Joh. 2, 29. u. f. Brechet dieſen Tempel,
und am dritten Tage will ich ihn auf-
richten
u. f. auch c. 10, 18. Niemand nimmt
mein Leben von mir
(wider meinen Wil-
len) ſondern ich laſſe es von mir ſelber:
ich habe Macht, es zu laſſen, und habe
Macht, es wieder zu nehmen.
Siehe auch
c. 11, 25: da er ſpricht: Jch bin die Aufer-
ſtehung und das Leben.
u. ſ. w.
c. Daß die Auferweckung Chriſti an den mei-
ſten Orten dem Vater zugeſchrieben wird, daß
hat vieles in ſich. Denn da der Vater, nach
der Oeconomie der Wercke GOttes, welche
auf die Wiederbringung des menſchlichen Ge-
ſchlechts gehen, als der Richter vorgeſtellet
wird, der die Buͤrgſchaft des Sohnes, nach
welcher er ſich zum Verſoͤhnungs-Tode erklaͤ-
ret hatte, angenommen hat, ſo hat er mit der
Auferweckung des Sohnes in der That ſelbſt
bezeuget, daß er den Tod deſſelben fuͤr guͤltig
erkannt und ſein Blut, nach v. 18. zum Loͤſe-
geld angenommen habe: weil es auch der Ge-
rechtigkeit gemaͤß war, daß der Buͤrge, nach
geleiſteter und angenommener Satisfaction,
wieder auf freyen Fuß geſtellet wuͤrde.
d. Auf dieſe Art wurde auch in der That bezeuget,
wie man durch den Sohn koͤnne an den Vater
glauben: ſintemal die vom Vater geſchehene
Auferweckung des Sohnes den vorhergehen-
den Verſoͤhnungs-Tod nach ſeiner Guͤltigkeit
alſo beſtaͤtigte, daß ſich der Glaͤubige denſel-
ben, als ſein eigen, konte zur Verſoͤhnung zu-
eignen, und verſichert ſeyn, daß er in Chriſto
dadurch Gnade bey GOtt finde.
e. Und dieſe Verſicherung von dem durch den
Tod und durch die Auferweckung Chriſti ge-
oͤffneten Zugang zu GOtt, konte ſo viel groͤſſer
ſeyn, ſo viel wichtiger es war, daß Chriſtus zu
einem viel herrlichern Leben, als er vorhin hatte,
iſt erwecket worden; ſintemal er mit einem ver-
klaͤreten Leibe auferwecket iſt: wodurch alſo
die Guͤltigkeit ſeines Todes zu unſerer Verſoͤh-
nung ſo viel mehr war bezeuget worden.

3. Gleichwie nun der Vater bereits durch
die Auferweckung von den Todten den Sohn zu
verklaͤren angefangen hatte, ſo hat er dieſe Ver-
klaͤrung hernach fortgeſetzet und vollfuͤhret durch
die Aufnahme gen Himmel und durch das Setzen
[Spaltenumbruch] zur Rechten ſeiner Majeſtaͤt. Welches der Apo-
ſtel nennet: die Herrlichkeit geben: welches
Paulus ausſpricht mit gar nachdruͤcklichen
Worten Eph. 1, 20. 22. und Phil. 2, 9. Und da
dieſe Herrlichkeit der menſchlichen Natur Chriſti
in der perſoͤnlichen Vereinigung der beyden Na-
turen ſchon war mitgetheilet worden, er aber ſich
derſelben dem voͤlligen Gebrauche nach im Stan-
de der Erniedrigung, zur Ausfuͤhrung des Wercks
der Erloͤſung, willig begeben hatte, und dieſelbe
zum voͤlligen Gebrauch wieder annehmen wolte,
ſo wolte er ſich ſolche zur Bezeugung der Guͤltig-
keit ſeines Verſoͤhnopfers vom Vater beylegen
laſſen. Darum ſprach er Joh. 17, 5, Nun ver-
klaͤre mich, du Vater, bey dir ſelbſt, mit
der Klarheit, die ich bey dir hatte, ehe die
Welt war.

4. Die Worte; auf daß ihr Glauben
und Hoffnung zu GOtt haben moͤchtet,

haben ihre Erlaͤuterung ſchon im vorhergehenden:
doch noch eines und das andere zu erinnern:

a. So iſt der Verſtand dieſer, daß, da der Va-
ter durch die Erweckung und durch die uͤbrige
Erhoͤhung des Sohnes die Guͤltigkeit ſeines
durch den Verſoͤhnungs-Tod gebrachten Loͤſe-
Geldes ſo gar herrlich bezeuget hat, ein ieder,
der ſich im Glauben daſſelbe zueignet, koͤnte ge-
troſtes Hertzens gegen GOtt ſeyn, in der ge-
wiſſen Zuverſicht, daß das, was dem Haupte
angedieen ſey, auch ihm, als einem Gliede an
deſſelben Leibe angedeyen werde: nemlich man
werde nicht allein der Seele nach, ſondern auch
dem Leibe, nach in der Verklaͤrung der ewigen
Herrlichkeit in Chriſto theilhaftig werden.
b. Glaube und Hoffnung ſtehen unzertrenn-
lich bey einander, als die Mutter mit ihrer erſt-
gebornen Tochter; welches man doch aber
auch von der Liebe ſagen kan. Und hiemit koͤmmt
ſchoͤn uͤberein, was der Apoſtel oben v. 3. be-
zeuget hat, daß nemlich die Hoffnung, folglich
auch der Glaube, durch die Auferſtehung
Chriſti
zu ihrem rechten Leben komme.
V. 22.

Und machet keuſch eure Seelen im
Gehorſam der Wahrheit durch den Geiſt
zu ungefaͤrbter Bruder-Liebe, und habet
euch unter einander bruͤnſtig lieb, aus rei-
nem Hertzen.

Anmerckungen.

1. Hier ſetzet der Apoſtel das dritte Stuͤcke
zu dem geiſtlichen Kleblatte, nemlich die Liebe,
zu dem Glauben und zu der Hoffnung. Da zwar
eigentlich der Bruder-Liebe nur gedacht wird,
aber die Liebe gegen GOtt dabey zum Grunde lie-
get. Weil das Haupt-Wort in dieſem Verſe
iſt die Bruder-Liebe und alles uͤbrige dazu re-
ferir
et werden kan, ſo haben wir dabey folgende
Puncte zu mercken: erſtlich was zur Bruder-
Liebe
gehoͤre: die Keuſchmachung der See-
len im Gehorſam der Wahrheit durch
den Geiſt:
zum andern wie ſie beſchaffen
ſeyn muͤſſe:
und drittens wie ſie muͤſſe wuͤrck-
lich ausgeuͤbet werden:
dadurch denn ihre

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[522/0524] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 21. 22. net ihr nichts thun: und alſo auch nicht glauben. Joh. 15, 5, 2. Die Worte: der ihn auferwecket hat, von den Todten, und ihm die Herr- lichkeit gegeben, halten folgendes in ſich: a. Nachdem Chriſtus nach ſeiner menſchlichen, oder goͤttlichen Natur betrachtet wird, ſo wird von ihm beydes geſaget, daß er von dem Va- ter ſey auferwecket worden, und daß er ſelbſt auferſtanden ſey. b. Daß er aus eigner Macht und Kraft auf- erſtanden ſey, erhellet aus ſeiner goͤttlichen Natur, und aus der Macht, welche er zur Erweckung der Todten theils ſelbſt bewieſen, theils den Apoſteln mitgetheilet hat, alſo daß ſie in ſeinem Namen haben Todten erwecken koͤnnen. Und dahin ging ſeine klare bezeugung Joh. 2, 29. u. f. Brechet dieſen Tempel, und am dritten Tage will ich ihn auf- richten u. f. auch c. 10, 18. Niemand nimmt mein Leben von mir (wider meinen Wil- len) ſondern ich laſſe es von mir ſelber: ich habe Macht, es zu laſſen, und habe Macht, es wieder zu nehmen. Siehe auch c. 11, 25: da er ſpricht: Jch bin die Aufer- ſtehung und das Leben. u. ſ. w. c. Daß die Auferweckung Chriſti an den mei- ſten Orten dem Vater zugeſchrieben wird, daß hat vieles in ſich. Denn da der Vater, nach der Oeconomie der Wercke GOttes, welche auf die Wiederbringung des menſchlichen Ge- ſchlechts gehen, als der Richter vorgeſtellet wird, der die Buͤrgſchaft des Sohnes, nach welcher er ſich zum Verſoͤhnungs-Tode erklaͤ- ret hatte, angenommen hat, ſo hat er mit der Auferweckung des Sohnes in der That ſelbſt bezeuget, daß er den Tod deſſelben fuͤr guͤltig erkannt und ſein Blut, nach v. 18. zum Loͤſe- geld angenommen habe: weil es auch der Ge- rechtigkeit gemaͤß war, daß der Buͤrge, nach geleiſteter und angenommener Satisfaction, wieder auf freyen Fuß geſtellet wuͤrde. d. Auf dieſe Art wurde auch in der That bezeuget, wie man durch den Sohn koͤnne an den Vater glauben: ſintemal die vom Vater geſchehene Auferweckung des Sohnes den vorhergehen- den Verſoͤhnungs-Tod nach ſeiner Guͤltigkeit alſo beſtaͤtigte, daß ſich der Glaͤubige denſel- ben, als ſein eigen, konte zur Verſoͤhnung zu- eignen, und verſichert ſeyn, daß er in Chriſto dadurch Gnade bey GOtt finde. e. Und dieſe Verſicherung von dem durch den Tod und durch die Auferweckung Chriſti ge- oͤffneten Zugang zu GOtt, konte ſo viel groͤſſer ſeyn, ſo viel wichtiger es war, daß Chriſtus zu einem viel herrlichern Leben, als er vorhin hatte, iſt erwecket worden; ſintemal er mit einem ver- klaͤreten Leibe auferwecket iſt: wodurch alſo die Guͤltigkeit ſeines Todes zu unſerer Verſoͤh- nung ſo viel mehr war bezeuget worden. 3. Gleichwie nun der Vater bereits durch die Auferweckung von den Todten den Sohn zu verklaͤren angefangen hatte, ſo hat er dieſe Ver- klaͤrung hernach fortgeſetzet und vollfuͤhret durch die Aufnahme gen Himmel und durch das Setzen zur Rechten ſeiner Majeſtaͤt. Welches der Apo- ſtel nennet: die Herrlichkeit geben: welches Paulus ausſpricht mit gar nachdruͤcklichen Worten Eph. 1, 20. 22. und Phil. 2, 9. Und da dieſe Herrlichkeit der menſchlichen Natur Chriſti in der perſoͤnlichen Vereinigung der beyden Na- turen ſchon war mitgetheilet worden, er aber ſich derſelben dem voͤlligen Gebrauche nach im Stan- de der Erniedrigung, zur Ausfuͤhrung des Wercks der Erloͤſung, willig begeben hatte, und dieſelbe zum voͤlligen Gebrauch wieder annehmen wolte, ſo wolte er ſich ſolche zur Bezeugung der Guͤltig- keit ſeines Verſoͤhnopfers vom Vater beylegen laſſen. Darum ſprach er Joh. 17, 5, Nun ver- klaͤre mich, du Vater, bey dir ſelbſt, mit der Klarheit, die ich bey dir hatte, ehe die Welt war. 4. Die Worte; auf daß ihr Glauben und Hoffnung zu GOtt haben moͤchtet, haben ihre Erlaͤuterung ſchon im vorhergehenden: doch noch eines und das andere zu erinnern: a. So iſt der Verſtand dieſer, daß, da der Va- ter durch die Erweckung und durch die uͤbrige Erhoͤhung des Sohnes die Guͤltigkeit ſeines durch den Verſoͤhnungs-Tod gebrachten Loͤſe- Geldes ſo gar herrlich bezeuget hat, ein ieder, der ſich im Glauben daſſelbe zueignet, koͤnte ge- troſtes Hertzens gegen GOtt ſeyn, in der ge- wiſſen Zuverſicht, daß das, was dem Haupte angedieen ſey, auch ihm, als einem Gliede an deſſelben Leibe angedeyen werde: nemlich man werde nicht allein der Seele nach, ſondern auch dem Leibe, nach in der Verklaͤrung der ewigen Herrlichkeit in Chriſto theilhaftig werden. b. Glaube und Hoffnung ſtehen unzertrenn- lich bey einander, als die Mutter mit ihrer erſt- gebornen Tochter; welches man doch aber auch von der Liebe ſagen kan. Und hiemit koͤmmt ſchoͤn uͤberein, was der Apoſtel oben v. 3. be- zeuget hat, daß nemlich die Hoffnung, folglich auch der Glaube, durch die Auferſtehung Chriſti zu ihrem rechten Leben komme. V. 22. Und machet keuſch eure Seelen im Gehorſam der Wahrheit durch den Geiſt zu ungefaͤrbter Bruder-Liebe, und habet euch unter einander bruͤnſtig lieb, aus rei- nem Hertzen. Anmerckungen. 1. Hier ſetzet der Apoſtel das dritte Stuͤcke zu dem geiſtlichen Kleblatte, nemlich die Liebe, zu dem Glauben und zu der Hoffnung. Da zwar eigentlich der Bruder-Liebe nur gedacht wird, aber die Liebe gegen GOtt dabey zum Grunde lie- get. Weil das Haupt-Wort in dieſem Verſe iſt die Bruder-Liebe und alles uͤbrige dazu re- feriret werden kan, ſo haben wir dabey folgende Puncte zu mercken: erſtlich was zur Bruder- Liebe gehoͤre: die Keuſchmachung der See- len im Gehorſam der Wahrheit durch den Geiſt: zum andern wie ſie beſchaffen ſeyn muͤſſe: und drittens wie ſie muͤſſe wuͤrck- lich ausgeuͤbet werden: dadurch denn ihre Be-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/524>, abgerufen am 22.11.2024.