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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 4. des ersten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] seyn und das Gebäude der jüdischen Kirche auf
ihm ausführen sollen) ist er verworfen (so gar,
daß man auch sagte: Laß ihn creutzigen! laß ihn
creutzigen! Matth. 27, 22. 23.) aber bey GOtt
ist er außerwehlet und köstlich
(selbsten der
Sohn GOttes, durch dessen Hand des HErrn
Vornehmen fortgehen soll Jes. 53, 11.)

Anmerckungen.

1. Das Kommen zu Christo, als dem le-
bendigen Steine, hat folgendes in sich:

a. Es waren die Juden berufen durch das Ev-
angelium: und dadurch waren sie erwecket
und wiedergeboren worden nach c. 1, 3. 22.
Denn niemand kan zu Christo kommen, es
sey denn, daß ihn ziehe der Vater: Joh.
6, 44.
b. Es bestunde dieses Kommen eines Theils
in einer Verleugnung aller vermeinten eige-
nen Gerechtigkeit und alles ungöttlichen We-
sens, andern Theils in einem gläubigen Zu-
nahen zu Christo, und in einer wircklichen
Aufnahme JESU. Und also war es ein
Werck des Glaubens: als dessen Eigen-
schaft es ist, zu Christo kommen. Davon es
gar wohl in der Auslegung des dritten Arti-
culs des Apostolischen Glaubens-Bekentnis-
ses heißt: Jch glaube (bekenne auch) daß
ich nicht aus eigner Vernunft und Kraft
an JEsum CHristum, meinen HErrn,
glauben, oder zu ihm kommen kan.
c. Es fasset demnach dieses Kommen in sich das
gantze Werck der Bekehrung, mit der dazu
gehörigen Erleuchtung, und Rechtfertigung,
auch Vereinigung mit GOTT: sintemal
das Kommen zu Christo ein solches Kommen
war, wie eine Braut zum Bräutigam kömmt
und mit ihm ehelich vereiniget wird. Und
dieses Kommen muß denn auch im gantzen Le-
ben fortgesetzet werden: dieweil man noch
viele Sünde in sich hat, welche das Band
zwischen Christo und dem Glauben leichtlich,
wo nicht gar aufheben, dennoch schwächen
kan. Darum Paulus eben diesen bekehrten
Hebräern, an welche Petrus diesen Brief
schrieb, zurief: Lasset uns hinzu treten
mit Freudigkeit zu dem Gnaden-Stuhl

u. f. c. 4, 16. Desgleichen c. 10, 22. Lasset
uns hinzu gehen, mit wahrhaftigem Her-
tzen.
u. f.

2. CHristus wird ein Stein genennet,
mit einem vom Bau-Wesen hergenommenen
Gleichniß, und ist ein Stein alhier so viel, als ein
Grund-Stein, eine steinerne Grundveste
eines darauf erbaueten Hauses. Denn was ein
steinernes Fundament ist einem Gebäude, und
was der hohe felsigte veste Grund war dem
Tempel zu Jerusalem, das ist Christus seiner
Kirche. Darum er zu Petro Matth. 15, 18. von
sich selbst saget: Auf diesem Felsen (auf mir
selbst, auf welchen der HERR Petrum wiese)
will ich bauen meine Gemeine, und die
Pforten der Höllen sollen sie nicht überwäl-
tigen.
Die Oerter, worauf der Apostel gese-
[Spaltenumbruch] hen hat, sind Ps. 118, 22. Jes. 8, 14. c. 28, 16.
Siehe auch Matth. 21, 42. Ap. Gesch. 4, 11.
Röm. 9, 33.

3. Lebendig heißt dieser Stein im Ge-
gensatze auf die todten natürlichen Steine, und
wird damit gesehen, theils auf Christi Person,
und darinn auf das Leben, welches er, als der
Sohn GOttes, wesentlich in sich hat; theils auf
sein Mittler-Amt, nach welchem er der Urhe-
ber und die Quelle des geistlichen und ewigen Le-
bens ist, und alle seine Glieder gleichsam zu le-
bendigen Steinen an ihm selbst machet: wie er
sich denn daher selbst das Leben nennet. Joh. 11,
25. c. 14, 6.

4. Die Menschen, von welchen der Mes-
sias ist verworfen, waren bekanter massen die
Juden, und unter ihnen sonderlich der Orden
der öffentlichen Lehrer: daraus man den Ver-
fall der Judischen Kirche erkennen kan. Wie
es denn zu allen Zeiten, vor und nach Christi Ge-
burt also ergangen ist, daß die fleischlich gesin-
neten Lehrer viel Unheil in der Kirche GOttes
angerichtet haben; gleichwie hingegen die recht-
schaffnen ein rechtes Saltz der Erden sind. Daß
sich aber diese, an welche Petrus schrieb, an das
böse Exempel der Judischen Bauleute, welche
den Grund-Stein verworfen hatten, nicht
gekehret haben, das war gewißlich eine sehr
löbliche Sache; und dienet es zur Nachfolge
allen denen, welche durch böse Exempel derer,
welche Vorbilder der Heerde seyn solten, geär-
gert werden.

5. Bey der Verwerfung selbst haben wir
nach der Eigenschaft das Wort apodedokimas me-
non (welches so viel ist, als einen zwar geprüfet,
aber in der Prüfung nicht recht und ächt befun-
den haben, und darum als unächt verwerfen,)
folgende Stücke zu erwegen:

a. Die unrichtige Form, oder Richtschnur,
nach welcher sie die Prüfung des Meßiä an-
gestellet haben. Diese solte allein die heili-
ge Schrift Mosis und der Propheten seyn,
darinn sie die wahren Kennzeichen des Mes-
siä in grosser Menge hatten: allein darinnen
waren sie blind, und erwehlten dafür die Auf-
sätze der Aeltesten, welche mit vielen Vorur-
theilen und irrigen Meynungen von dem Mes-
sia verknüpfet waren, nach welchen sie auch
die Schriften Mosis und der Propheten er-
klärten. Da sie nun einen so gar falschen und
verderbten Probier-Stein hatten, so wurde
der Meßias von ihnen verworfen.
b. Die bey der Prüfung befindliche Be-
schaffenheit ihres Gemüths:
Da war im
Verstande Finsterniß, im Willen und Affe-
ct
en übermachte Bosheit. Und diese war
so groß, daß sie auch jene übertraf, und die
bessere Uberzeugung, welche sie im Verstan-
de vom Lichte überkommen hatten, in Unge-
rechtigkeit aufhielt und gar erstickete.
c. Die Verwerfung selbst: nach welcher sie
JEsum von Nazareth nicht allein selbst nicht
für Christum, oder den rechten Meßiam an-
nahmen, sondern auch bey der gantzen Ju-
dischen
X x x 3

Cap. 2. v. 4. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] ſeyn und das Gebaͤude der juͤdiſchen Kirche auf
ihm ausfuͤhren ſollen) iſt er verworfen (ſo gar,
daß man auch ſagte: Laß ihn creutzigen! laß ihn
creutzigen! Matth. 27, 22. 23.) aber bey GOtt
iſt er außerwehlet und koͤſtlich
(ſelbſten der
Sohn GOttes, durch deſſen Hand des HErrn
Vornehmen fortgehen ſoll Jeſ. 53, 11.)

Anmerckungen.

1. Das Kommen zu Chriſto, als dem le-
bendigen Steine, hat folgendes in ſich:

a. Es waren die Juden berufen durch das Ev-
angelium: und dadurch waren ſie erwecket
und wiedergeboren worden nach c. 1, 3. 22.
Denn niemand kan zu Chriſto kommen, es
ſey denn, daß ihn ziehe der Vater: Joh.
6, 44.
b. Es beſtunde dieſes Kommen eines Theils
in einer Verleugnung aller vermeinten eige-
nen Gerechtigkeit und alles ungoͤttlichen We-
ſens, andern Theils in einem glaͤubigen Zu-
nahen zu Chriſto, und in einer wircklichen
Aufnahme JESU. Und alſo war es ein
Werck des Glaubens: als deſſen Eigen-
ſchaft es iſt, zu Chriſto kommen. Davon es
gar wohl in der Auslegung des dritten Arti-
culs des Apoſtoliſchen Glaubens-Bekentniſ-
ſes heißt: Jch glaube (bekenne auch) daß
ich nicht aus eigner Vernunft und Kraft
an JEſum CHriſtum, meinen HErrn,
glauben, oder zu ihm kommen kan.
c. Es faſſet demnach dieſes Kommen in ſich das
gantze Werck der Bekehrung, mit der dazu
gehoͤrigen Erleuchtung, und Rechtfertigung,
auch Vereinigung mit GOTT: ſintemal
das Kommen zu Chriſto ein ſolches Kommen
war, wie eine Braut zum Braͤutigam koͤmmt
und mit ihm ehelich vereiniget wird. Und
dieſes Kommen muß denn auch im gantzen Le-
ben fortgeſetzet werden: dieweil man noch
viele Suͤnde in ſich hat, welche das Band
zwiſchen Chriſto und dem Glauben leichtlich,
wo nicht gar aufheben, dennoch ſchwaͤchen
kan. Darum Paulus eben dieſen bekehrten
Hebraͤern, an welche Petrus dieſen Brief
ſchrieb, zurief: Laſſet uns hinzu treten
mit Freudigkeit zu dem Gnaden-Stuhl

u. f. c. 4, 16. Desgleichen c. 10, 22. Laſſet
uns hinzu gehen, mit wahrhaftigem Her-
tzen.
u. f.

2. CHriſtus wird ein Stein genennet,
mit einem vom Bau-Weſen hergenommenen
Gleichniß, und iſt ein Stein alhier ſo viel, als ein
Grund-Stein, eine ſteinerne Grundveſte
eines darauf erbaueten Hauſes. Denn was ein
ſteinernes Fundament iſt einem Gebaͤude, und
was der hohe felſigte veſte Grund war dem
Tempel zu Jeruſalem, das iſt Chriſtus ſeiner
Kirche. Darum er zu Petro Matth. 15, 18. von
ſich ſelbſt ſaget: Auf dieſem Felſen (auf mir
ſelbſt, auf welchen der HERR Petrum wieſe)
will ich bauen meine Gemeine, und die
Pforten der Hoͤllen ſollen ſie nicht uͤberwaͤl-
tigen.
Die Oerter, worauf der Apoſtel geſe-
[Spaltenumbruch] hen hat, ſind Pſ. 118, 22. Jeſ. 8, 14. c. 28, 16.
Siehe auch Matth. 21, 42. Ap. Geſch. 4, 11.
Roͤm. 9, 33.

3. Lebendig heißt dieſer Stein im Ge-
genſatze auf die todten natuͤrlichen Steine, und
wird damit geſehen, theils auf Chriſti Perſon,
und darinn auf das Leben, welches er, als der
Sohn GOttes, weſentlich in ſich hat; theils auf
ſein Mittler-Amt, nach welchem er der Urhe-
ber und die Quelle des geiſtlichen und ewigen Le-
bens iſt, und alle ſeine Glieder gleichſam zu le-
bendigen Steinen an ihm ſelbſt machet: wie er
ſich denn daher ſelbſt das Leben nennet. Joh. 11,
25. c. 14, 6.

4. Die Menſchen, von welchen der Meſ-
ſias iſt verworfen, waren bekanter maſſen die
Juden, und unter ihnen ſonderlich der Orden
der oͤffentlichen Lehrer: daraus man den Ver-
fall der Judiſchen Kirche erkennen kan. Wie
es denn zu allen Zeiten, vor und nach Chriſti Ge-
burt alſo ergangen iſt, daß die fleiſchlich geſin-
neten Lehrer viel Unheil in der Kirche GOttes
angerichtet haben; gleichwie hingegen die recht-
ſchaffnen ein rechtes Saltz der Erden ſind. Daß
ſich aber dieſe, an welche Petrus ſchrieb, an das
boͤſe Exempel der Judiſchen Bauleute, welche
den Grund-Stein verworfen hatten, nicht
gekehret haben, das war gewißlich eine ſehr
loͤbliche Sache; und dienet es zur Nachfolge
allen denen, welche durch boͤſe Exempel derer,
welche Vorbilder der Heerde ſeyn ſolten, geaͤr-
gert werden.

5. Bey der Verwerfung ſelbſt haben wir
nach der Eigenſchaft das Wort ἀποδεδοκιμασ μέ-
νον (welches ſo viel iſt, als einen zwar gepruͤfet,
aber in der Pruͤfung nicht recht und aͤcht befun-
den haben, und darum als unaͤcht verwerfen,)
folgende Stuͤcke zu erwegen:

a. Die unrichtige Form, oder Richtſchnur,
nach welcher ſie die Pruͤfung des Meßiaͤ an-
geſtellet haben. Dieſe ſolte allein die heili-
ge Schrift Moſis und der Propheten ſeyn,
darinn ſie die wahren Kennzeichen des Meſ-
ſiaͤ in groſſer Menge hatten: allein darinnen
waren ſie blind, und erwehlten dafuͤr die Auf-
ſaͤtze der Aelteſten, welche mit vielen Vorur-
theilen und irrigen Meynungen von dem Meſ-
ſia verknuͤpfet waren, nach welchen ſie auch
die Schriften Moſis und der Propheten er-
klaͤrten. Da ſie nun einen ſo gar falſchen und
verderbten Probier-Stein hatten, ſo wurde
der Meßias von ihnen verworfen.
b. Die bey der Pruͤfung befindliche Be-
ſchaffenheit ihres Gemuͤths:
Da war im
Verſtande Finſterniß, im Willen und Affe-
ct
en uͤbermachte Bosheit. Und dieſe war
ſo groß, daß ſie auch jene uͤbertraf, und die
beſſere Uberzeugung, welche ſie im Verſtan-
de vom Lichte uͤberkommen hatten, in Unge-
rechtigkeit aufhielt und gar erſtickete.
c. Die Verwerfung ſelbſt: nach welcher ſie
JEſum von Nazareth nicht allein ſelbſt nicht
fuͤr Chriſtum, oder den rechten Meßiam an-
nahmen, ſondern auch bey der gantzen Ju-
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[533/0535] Cap. 2. v. 4. des erſten Briefes Petri. ſeyn und das Gebaͤude der juͤdiſchen Kirche auf ihm ausfuͤhren ſollen) iſt er verworfen (ſo gar, daß man auch ſagte: Laß ihn creutzigen! laß ihn creutzigen! Matth. 27, 22. 23.) aber bey GOtt iſt er außerwehlet und koͤſtlich (ſelbſten der Sohn GOttes, durch deſſen Hand des HErrn Vornehmen fortgehen ſoll Jeſ. 53, 11.) Anmerckungen. 1. Das Kommen zu Chriſto, als dem le- bendigen Steine, hat folgendes in ſich: a. Es waren die Juden berufen durch das Ev- angelium: und dadurch waren ſie erwecket und wiedergeboren worden nach c. 1, 3. 22. Denn niemand kan zu Chriſto kommen, es ſey denn, daß ihn ziehe der Vater: Joh. 6, 44. b. Es beſtunde dieſes Kommen eines Theils in einer Verleugnung aller vermeinten eige- nen Gerechtigkeit und alles ungoͤttlichen We- ſens, andern Theils in einem glaͤubigen Zu- nahen zu Chriſto, und in einer wircklichen Aufnahme JESU. Und alſo war es ein Werck des Glaubens: als deſſen Eigen- ſchaft es iſt, zu Chriſto kommen. Davon es gar wohl in der Auslegung des dritten Arti- culs des Apoſtoliſchen Glaubens-Bekentniſ- ſes heißt: Jch glaube (bekenne auch) daß ich nicht aus eigner Vernunft und Kraft an JEſum CHriſtum, meinen HErrn, glauben, oder zu ihm kommen kan. c. Es faſſet demnach dieſes Kommen in ſich das gantze Werck der Bekehrung, mit der dazu gehoͤrigen Erleuchtung, und Rechtfertigung, auch Vereinigung mit GOTT: ſintemal das Kommen zu Chriſto ein ſolches Kommen war, wie eine Braut zum Braͤutigam koͤmmt und mit ihm ehelich vereiniget wird. Und dieſes Kommen muß denn auch im gantzen Le- ben fortgeſetzet werden: dieweil man noch viele Suͤnde in ſich hat, welche das Band zwiſchen Chriſto und dem Glauben leichtlich, wo nicht gar aufheben, dennoch ſchwaͤchen kan. Darum Paulus eben dieſen bekehrten Hebraͤern, an welche Petrus dieſen Brief ſchrieb, zurief: Laſſet uns hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gnaden-Stuhl u. f. c. 4, 16. Desgleichen c. 10, 22. Laſſet uns hinzu gehen, mit wahrhaftigem Her- tzen. u. f. 2. CHriſtus wird ein Stein genennet, mit einem vom Bau-Weſen hergenommenen Gleichniß, und iſt ein Stein alhier ſo viel, als ein Grund-Stein, eine ſteinerne Grundveſte eines darauf erbaueten Hauſes. Denn was ein ſteinernes Fundament iſt einem Gebaͤude, und was der hohe felſigte veſte Grund war dem Tempel zu Jeruſalem, das iſt Chriſtus ſeiner Kirche. Darum er zu Petro Matth. 15, 18. von ſich ſelbſt ſaget: Auf dieſem Felſen (auf mir ſelbſt, auf welchen der HERR Petrum wieſe) will ich bauen meine Gemeine, und die Pforten der Hoͤllen ſollen ſie nicht uͤberwaͤl- tigen. Die Oerter, worauf der Apoſtel geſe- hen hat, ſind Pſ. 118, 22. Jeſ. 8, 14. c. 28, 16. Siehe auch Matth. 21, 42. Ap. Geſch. 4, 11. Roͤm. 9, 33. 3. Lebendig heißt dieſer Stein im Ge- genſatze auf die todten natuͤrlichen Steine, und wird damit geſehen, theils auf Chriſti Perſon, und darinn auf das Leben, welches er, als der Sohn GOttes, weſentlich in ſich hat; theils auf ſein Mittler-Amt, nach welchem er der Urhe- ber und die Quelle des geiſtlichen und ewigen Le- bens iſt, und alle ſeine Glieder gleichſam zu le- bendigen Steinen an ihm ſelbſt machet: wie er ſich denn daher ſelbſt das Leben nennet. Joh. 11, 25. c. 14, 6. 4. Die Menſchen, von welchen der Meſ- ſias iſt verworfen, waren bekanter maſſen die Juden, und unter ihnen ſonderlich der Orden der oͤffentlichen Lehrer: daraus man den Ver- fall der Judiſchen Kirche erkennen kan. Wie es denn zu allen Zeiten, vor und nach Chriſti Ge- burt alſo ergangen iſt, daß die fleiſchlich geſin- neten Lehrer viel Unheil in der Kirche GOttes angerichtet haben; gleichwie hingegen die recht- ſchaffnen ein rechtes Saltz der Erden ſind. Daß ſich aber dieſe, an welche Petrus ſchrieb, an das boͤſe Exempel der Judiſchen Bauleute, welche den Grund-Stein verworfen hatten, nicht gekehret haben, das war gewißlich eine ſehr loͤbliche Sache; und dienet es zur Nachfolge allen denen, welche durch boͤſe Exempel derer, welche Vorbilder der Heerde ſeyn ſolten, geaͤr- gert werden. 5. Bey der Verwerfung ſelbſt haben wir nach der Eigenſchaft das Wort ἀποδεδοκιμασ μέ- νον (welches ſo viel iſt, als einen zwar gepruͤfet, aber in der Pruͤfung nicht recht und aͤcht befun- den haben, und darum als unaͤcht verwerfen,) folgende Stuͤcke zu erwegen: a. Die unrichtige Form, oder Richtſchnur, nach welcher ſie die Pruͤfung des Meßiaͤ an- geſtellet haben. Dieſe ſolte allein die heili- ge Schrift Moſis und der Propheten ſeyn, darinn ſie die wahren Kennzeichen des Meſ- ſiaͤ in groſſer Menge hatten: allein darinnen waren ſie blind, und erwehlten dafuͤr die Auf- ſaͤtze der Aelteſten, welche mit vielen Vorur- theilen und irrigen Meynungen von dem Meſ- ſia verknuͤpfet waren, nach welchen ſie auch die Schriften Moſis und der Propheten er- klaͤrten. Da ſie nun einen ſo gar falſchen und verderbten Probier-Stein hatten, ſo wurde der Meßias von ihnen verworfen. b. Die bey der Pruͤfung befindliche Be- ſchaffenheit ihres Gemuͤths: Da war im Verſtande Finſterniß, im Willen und Affe- cten uͤbermachte Bosheit. Und dieſe war ſo groß, daß ſie auch jene uͤbertraf, und die beſſere Uberzeugung, welche ſie im Verſtan- de vom Lichte uͤberkommen hatten, in Unge- rechtigkeit aufhielt und gar erſtickete. c. Die Verwerfung ſelbſt: nach welcher ſie JEſum von Nazareth nicht allein ſelbſt nicht fuͤr Chriſtum, oder den rechten Meßiam an- nahmen, ſondern auch bey der gantzen Ju- diſchen X x x 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/535>, abgerufen am 22.11.2024.