Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 4. v. 15-17. [Spaltenumbruch]
nen Leiden, da man weder als ein Ubelthäter,noch als ein Christ, sondern als ein Mensch das- jenige leidet, welches die Frommen mit den Gottlosen gemein haben, z. E. Kranckheiten, Verlust zeitlicher Güter, Armuth, zu frühes Ab- sterben der Seinigen, u. s. w. Es können und sollen zwar diese gemeine Leiden geheiliget und also auch gesegnet werden: aber ein eigentliches Creutz Christi sind sie doch nicht. Denn von solchem Ubel kan man nicht gleich einen Schluß machen auf das Christenthum, daß einer, der es erträget, daher für einen Christen erkennet wer- den könne: da hingegen das wahre Creutz Chri- sti ein unfehlbares Kennzeichen wahrer Christen ist. 2. Allotrioepiskopos, einer der in ein fremd 3. Wenn ein wahrer Christe siehet und hö- 4. Ein wahrer Jünger Christi leidet nicht 5. Was der Apostel alhier nennet, leiden 6. Der Name der Christen, der zuerst in 7. Unsere verderbte und stoltze Natur ist 8. GOtt in dem Leiden ehren ist sich V. 17. Denn es ist Zeit, daß anfahe das Ge- Anmerckungen. 1. Wenn die Kirche des neuen Testaments Haus
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 4. v. 15-17. [Spaltenumbruch]
nen Leiden, da man weder als ein Ubelthaͤter,noch als ein Chriſt, ſondern als ein Menſch das- jenige leidet, welches die Frommen mit den Gottloſen gemein haben, z. E. Kranckheiten, Verluſt zeitlicher Guͤter, Armuth, zu fruͤhes Ab- ſterben der Seinigen, u. ſ. w. Es koͤnnen und ſollen zwar dieſe gemeine Leiden geheiliget und alſo auch geſegnet werden: aber ein eigentliches Creutz Chriſti ſind ſie doch nicht. Denn von ſolchem Ubel kan man nicht gleich einen Schluß machen auf das Chriſtenthum, daß einer, der es ertraͤget, daher fuͤr einen Chriſten erkennet wer- den koͤnne: da hingegen das wahre Creutz Chri- ſti ein unfehlbares Kennzeichen wahrer Chriſten iſt. 2. Ἀλλοτριοεπίσκοπος, einer der in ein fremd 3. Wenn ein wahrer Chriſte ſiehet und hoͤ- 4. Ein wahrer Juͤnger Chriſti leidet nicht 5. Was der Apoſtel alhier nennet, leiden 6. Der Name der Chriſten, der zuerſt in 7. Unſere verderbte und ſtoltze Natur iſt 8. GOtt in dem Leiden ehren iſt ſich V. 17. Denn es iſt Zeit, daß anfahe das Ge- Anmerckungen. 1. Wenn die Kirche des neuen Teſtaments Haus
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 4. v. 15-17.
nen Leiden, da man weder als ein Ubelthaͤter,
noch als ein Chriſt, ſondern als ein Menſch das-
jenige leidet, welches die Frommen mit den
Gottloſen gemein haben, z. E. Kranckheiten,
Verluſt zeitlicher Guͤter, Armuth, zu fruͤhes Ab-
ſterben der Seinigen, u. ſ. w. Es koͤnnen und
ſollen zwar dieſe gemeine Leiden geheiliget und
alſo auch geſegnet werden: aber ein eigentliches
Creutz Chriſti ſind ſie doch nicht. Denn von
ſolchem Ubel kan man nicht gleich einen Schluß
machen auf das Chriſtenthum, daß einer, der es
ertraͤget, daher fuͤr einen Chriſten erkennet wer-
den koͤnne: da hingegen das wahre Creutz Chri-
ſti ein unfehlbares Kennzeichen wahrer Chriſten
iſt.
2. Ἀλλοτριοεπίσκοπος, einer der in ein fremd
Amt greifet, iſt einer der ſich ſolcher Dinge
annimmt, und als ſeine eigne tractiret, die ihn
doch nicht angehen, und daruͤber mit andern,
ſonderlich Unglaͤubigen, in einen Proceß und
viele Weitlaͤuftigkeit verwickelt wird, und ſich
damit viel Leiden machet. Es konte bey Unge-
uͤbten, welche in der erſten Hitze ihrer Liebe zu
Chriſto ſtunden, der Ernſt, auch andere zu er-
bauen und zu gewinnen, leichtlich gleichſam zu
einer Bekehrſucht werden, daß ſie ſich, ohne ge-
gebene Gelegenheit, dazu noͤthigten, ſich auch
aller Dinge von andern, um ſie deßwegen be-
ſtrafen zu koͤnnen, erkundigten, und ſie ſodann
ruͤgeten, mehrmal aber in den Umſtaͤnden fehle-
ten. Welches ihnen denn ſoviel mehr Unge-
mach zuziehen konte, ie weniger ihnen die Auf-
ſicht und das Obrigkeitliche Amt uͤber andere be-
fohlen war. Es gehoͤret hieher auch der verbo-
tene Fuͤrwitz, 1 Tim. 5. 13. 2 Tim. 3, 11. Dage-
gen iſt einem ieden das ἐπέχειν σεκυτῷ, das auf
ſich ſelbſt ſehen, anbefohlen.
3. Wenn ein wahrer Chriſte ſiehet und hoͤ-
ret, daß in dieſem und jenem Stande, von die-
ſem und jenem Menſchen ſo und ſoviel boͤſes vor-
gehet, und er kan zur Verbeſſerung nichts bey-
tragen, ſo hat er es bey einem guten Wunſch
zu laſſen, und es GOtt zu befehlen, und es auch
nicht einmal mit urtheilen zu ruͤgen, wenn ihm
weder das Obrigkeitliche, noch das Lehramt an-
vertrauet iſt. Ein Mißbrauch aber dieſer Apo-
ſtoliſchen Warnung iſt es, wenn man iemanden,
dem GOtt Gelegenheit giebet, mehr gutes zu
befordern, und boͤſes zu verhindern, als ſonſt
ſein Amt und Pflicht mit ſich bringet, ſolches
veruͤblen wolte.
4. Ein wahrer Juͤnger Chriſti leidet nicht
allein nicht als ein Moͤrder und als ein Dieb,
oder als ein anderer Ubelthaͤter; ſondern er huͤtet
ſich auch vor dem Haß, der ein Todſchlag vor
GOtt iſt, 1 Joh. 3, 15. und vor der Ubervorthei-
lung im Handel und Wandel 1 Theſſ. 4, 6. Ja
vor allem boͤſen Schein boͤſer Wercke. 1 Theſſ.
5, 22.
5. Was der Apoſtel alhier nennet, leiden
als ein Chriſt, das nennet er v. 14. uͤber dem
Namen Chriſti geſchmaͤhet werden. Lei-
den um der Gerechtigkeit willen, c. 3, 14.
leiden das Unrecht oder ἀδίκως ungerechter
Weiſe leiden, um des Gewiſſens willen, c.
2, 19. Daraus man ſiehet, wie unſchuldig
das Leiden der Chriſten ſey. Und geſetzt auch,
es wuͤrde einem wahren Chriſten bey ſeinem Lei-
den dieſer und jener Fehler nicht ohne Grund
vorgeworfen; ſo darf er doch deßwegen nicht
zweifeln, daß er als ein Chriſte leide; ſintemal
die Leiden uͤber ihn ergehen nicht um des Feh-
lers, ſondern um des Guten willen, worinn er
nicht gefehlet hat. Man hat ſich aber auch deſto
beſſer in acht zu nehmen, damit einem nichts koͤn-
ne vorgeworfen werden.
6. Der Name der Chriſten, der zuerſt in
der Antiocheniſchen Gemeine unter ſonderbarer
Regierung GOttes entſtanden iſt, Ap. Geſch.
11, 26. und auch von Paulo iſt gebrauchet wor-
den, c. 26, 28. erinnert uns billig unſers Haupts,
von dem wir ihn mit mehrerm Rechte tragen,
als die Sectiriſchen Juͤnger unter den alten Phi-
loſophis von ihren Meiſtern, dem Pythagora,
Platone u. ſ. w. auch nicht weniger unſerer
Salbung, welche wir von dem Haupte haben
1 Joh. 2, 27. und unſerer Pflicht, die wir ihm
zur Nachfolge ſchuldig ſind, ſonderlich in willi-
ger Ubernehmung des Creutzes. Matth. 10, 38.
c. 11, 28. 29.
7. Unſere verderbte und ſtoltze Natur iſt
Creutz-ſcheu, und pfleget ſich deſſelben zu ſchaͤ-
men. Was aber die Gnade fuͤr einen Unter-
terſcheid von der Natur bringe, das ſiehet man
unter andern auch daraus, daß man ſich die Lei-
den fuͤr eine Ehre achtet. Ap. Geſch. 5, 41. Roͤm.
1, 16. 2 Tim. 1, 8.
8. GOtt in dem Leiden ehren iſt ſich
dabey alſo verhalten, daß GOtt Ehre davon
habe. Denn da GOtt in allen Dingen von
einem Chriſten verehret werden ſoll v. 11. ſo muß
es inſonderheit im Leiden geſchehen. Und ſolche
Verehrung GOttes geſchiehet zuvorderſt alſo,
wenn man bey ſich ſelbſt die Gnade, um ſeines
Namens willen etwas leiden zu koͤnnen, mit
ſchuldiger Danckſagung erkennet, und GOtt
daruͤber lobet, nach Roͤm. 5, 3. Phil. 1, 29. und
mit ſeinem Wandel Gelegenheit giebet, daß
auch die Feinde von GOtt gnaͤdiglich zu ihrer
Bekehrung heimgeſucht werden, und daruͤber
GOtt preiſen. Cap. 2, 12.
V. 17.
Denn es iſt Zeit, daß anfahe das Ge-
richt (die Vaͤterliche Zuͤchtigung) an dem Hau-
ſe GOttes (welches iſt ſeine Kirche auf Erden;
es iſt davon Zeit, weil die Zeit der Evangeliſchen
Oeconomie auch die Zeit des Leidens iſt, welche
demnach nicht von ungefehr koͤmmt, ſondern von
GOtt alſo verhaͤnget iſt, daß er darunter ſeine
weiſe und guͤtige Hand hat, alles zu unſerm beſten
zu richten Noͤm. 8, 28.) ſo aber zuerſt an uns,
was wills fuͤr ein Ende werden mit denen,
die dem Evangelio GOttes nicht glaͤu-
ben?
Anmerckungen.
1. Wenn die Kirche des neuen Teſtaments
ein Haus GOttes genennet wird, ſo wird damit
auf die Stifts-Huͤtte und den Tempel, als das
Haus
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