Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 2. 3. [Spaltenumbruch]
schuldige der Jrrthümer beschuldigen und ver-ketzern, und ihnen ihre irrige Lehr-Sätze für lauter Grund-Wahrheiten aufdringen wollen. Daher Judas in dem Parallel-Orte v. 10. von ihnen saget: Diese lästern, da sie nichts von wissen. u. f. b. Bey diesem vorausgesetzten Verstande gehen die Worte doch aber eigentlich auf das, was der falschen Lehrer wegen, und wegen derer, die ihnen folgen, geschiehet. Denn es heißt: di ous, um ihrent, der Lehrer und ihrer Nach- folger, willen, wird der Weg der Wahrheit verlästert. Eben dieses finden wir Röm. 2, 24. di umas, eurenthalben wird GOttes Name verlästert unter den Heyden. Man conferire hierbey 2 Sam. 12, 14. Jes. 52, 5. Ezech. 36, 20. 23. Röm. 14, 13. 1 Tim. 6, 1. Tit. 2, 5. Wenn die Juden und Heyden von der Christen, und sonderlich der Lehrer unter ihnen, ihren falschen und ungereimten Lehren und gottlosen Leben höreten, dieses auch wohl mit ihren eignen Augen sahen, so fielen sie auf al- lerhand Lästerungen, und schrieben solches al- les der Christlichen Religion selbst zu. c. Daß es wie sonst, also auch sonderlich itzo so viele Religions-Spötter und Atheisten giebet, auch mitten in der Christlichen Kirche, das kömmt unter andern fürnemlich daher, daß Leute, welche entfremdet sind von aller wahren Erkenntniß und Furcht GOttes, so sehr viel Aberglauben und so viele Aergernisse an denen, welche sich für wahre Christen und unter ihnen für wahre Diener GOttes halten, sehen und täglich erfahren, und solche Exempel zu ihrem verkehrten Sinn mißbrauchen. d. Die Verlästerung selbst war mancherley, dadie Christliche Religion des Jrrthums, der Neuerung, des Betrugs, der eignen Erfindung, der Thorheit, des Aberglaubens, und die Christen, nach dem Exempel einiger verführi- schen Lehrer und ihrer Nachfolger, allerley Ver- brechens muthwilliger Weise beschuldiget wurden. Denn das, was sich bey einigen Schuldigen befindet, auch den Unschuldigen zuzuschreiben und sie mit einander in eine Classe und Secte zu setzen, ist alle wege der Lästerer ihre Art gewesen. e. Gleichwie unächte Glieder der Christlichen Kirche den Namen GOttes mit Veranlassung der Lästerungen verunehren; also ist es hinge- gen die Eigenschaft und Pflicht der rechtschaff- nen, denselben und die gantze Christliche Reli- gion mit Lehre und Leben also zu schmücken, daß sie denen, die draussen sind, recht ehrwürdig und beliebt gemachet und solcher gestalt auch den Lästerern das Maul gestopfet werde. Dar- auf die Apostel in ihren Briefen so sehr drin- gen. Man sehe unter andern Röm. 14, 16. Col. 4, 5. 1 Thess. 4, 12. Tit. 2, 5. 10. 1 Pet. 1, 15. 17. c. 2, 12. u. f. c. 3, 1. u. f. c. 4, 4. 14. 16. Siehe auch 5 B. Mos. 4, 6. 7. 8. Matth. 5, 16. f. Auf dem Wege der Wahrheit in aller Lau- terkeit einhergehen, und doch mit allerhand lü- genhaften Beschuldigungen beschmützet wer- [Spaltenumbruch] den, ist etwas altes. Und dabey ist auch die- ses zu mercken, daß das, welches den ersten Christen ehemals von den Heyden begegnet ist, ihnen, und sonderlich Christi wahren Nach- folgern von den falschen Namen-Christen und den fleischlich gesinneten Lehrern wider- fähret. V. 3. Und durch Geitz mit ertichteten Wor- Anmerckungen. 1. Ob gleich die Wörtlein im vorherge- 2. Von jenem bemeldet er zwey Stücke: a. Der Grund des Geitzes ist die Ermangelung der wahren Heyls-Güter, worinn die un- sterbliche Seele allein ihren wahren Reich- thum und ihre wahre Ruhe hat: und daher, wenn sie derselben ermangelt, gleichsam aus- ser ihrem centro ist, in zeitlichen Dingen Ruhe suchet, aber Unruhe findet und sie im- mer mehr und mehr häufet. b. Die Kennzeichen des Geitzes und der Geitzigen sind: nimmer genug haben, und daher immer mehr haben wollen, immer neh- men, aber niemals, oder doch selten, und nur kärglich und ohne proportion des Vermö- gens, auch wol nur zum Schein und zur Ver- meidung der Schande (wiewol mancher Gei- tziger auch diese nicht scheuet) geben, auf al- lerhand Ungerechtigkeit dabey fallen u. s. w. Siehe im Lateinischen Commentario p. 463. u. f. 476. u. f. c. Das emp[o]reuesthai Handthieren drucket aus allerley Bemühungen und Handlungen, wel- che der Geitz an die Hand giebet, und zeiget an, daß auch die Amts-Verrichtungen selbst zur Gewinnsucht gemißbrauchet werden. Welches Paulus 1 Tim. 6, 5. nennet, mey- nen daß die Gottseligkeit, oder die Be- schäftigung mit geistlichen Dingen, ein Ge- werbe sey. d. Da aber der Geitz eine Wurtzel ist alles U- bels, und viele andere Laster aus sich zu gebäh- ren pfleget 1 Tim. 6, 10. insonderheit ein fleischliches Wolleben; wie denn selten ein herrschendes Laster allein ist, sondern, ob es auch
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 2. 3. [Spaltenumbruch]
ſchuldige der Jrrthuͤmer beſchuldigen und ver-ketzern, und ihnen ihre irrige Lehr-Saͤtze fuͤr lauter Grund-Wahrheiten aufdringen wollen. Daher Judas in dem Parallel-Orte v. 10. von ihnen ſaget: Dieſe laͤſtern, da ſie nichts von wiſſen. u. f. b. Bey dieſem vorausgeſetzten Verſtande gehen die Worte doch aber eigentlich auf das, was der falſchen Lehrer wegen, und wegen derer, die ihnen folgen, geſchiehet. Denn es heißt: δἰ οὕς, um ihrent, der Lehrer und ihrer Nach- folger, willen, wird der Weg der Wahrheit verlaͤſtert. Eben dieſes finden wir Roͤm. 2, 24. δἰ ὑμᾶς, eurenthalben wird GOttes Name verlaͤſtert unter den Heyden. Man conferire hierbey 2 Sam. 12, 14. Jeſ. 52, 5. Ezech. 36, 20. 23. Roͤm. 14, 13. 1 Tim. 6, 1. Tit. 2, 5. Wenn die Juden und Heyden von der Chriſten, und ſonderlich der Lehrer unter ihnen, ihren falſchen und ungereimten Lehren und gottloſen Leben hoͤreten, dieſes auch wohl mit ihren eignen Augen ſahen, ſo fielen ſie auf al- lerhand Laͤſterungen, und ſchrieben ſolches al- les der Chriſtlichen Religion ſelbſt zu. c. Daß es wie ſonſt, alſo auch ſonderlich itzo ſo viele Religions-Spoͤtter und Atheiſten giebet, auch mitten in der Chriſtlichen Kirche, das koͤmmt unter andern fuͤrnemlich daher, daß Leute, welche entfremdet ſind von aller wahren Erkenntniß und Furcht GOttes, ſo ſehr viel Aberglauben und ſo viele Aergerniſſe an denen, welche ſich fuͤr wahre Chriſten und unter ihnen fuͤr wahre Diener GOttes halten, ſehen und taͤglich erfahren, und ſolche Exempel zu ihrem verkehrten Sinn mißbrauchen. d. Die Verlaͤſterung ſelbſt war mancherley, dadie Chriſtliche Religion des Jrrthums, der Neuerung, des Betrugs, der eignen Erfindung, der Thorheit, des Aberglaubens, und die Chriſten, nach dem Exempel einiger verfuͤhri- ſchen Lehrer und ihrer Nachfolger, allerley Ver- brechens muthwilliger Weiſe beſchuldiget wurden. Denn das, was ſich bey einigen Schuldigen befindet, auch den Unſchuldigen zuzuſchreiben und ſie mit einander in eine Claſſe und Secte zu ſetzen, iſt alle wege der Laͤſterer ihre Art geweſen. e. Gleichwie unaͤchte Glieder der Chriſtlichen Kirche den Namen GOttes mit Veranlaſſung der Laͤſterungen verunehren; alſo iſt es hinge- gen die Eigenſchaft und Pflicht der rechtſchaff- nen, denſelben und die gantze Chriſtliche Reli- gion mit Lehre und Leben alſo zu ſchmuͤcken, daß ſie denen, die drauſſen ſind, recht ehrwuͤrdig und beliebt gemachet und ſolcher geſtalt auch den Laͤſterern das Maul geſtopfet werde. Dar- auf die Apoſtel in ihren Briefen ſo ſehr drin- gen. Man ſehe unter andern Roͤm. 14, 16. Col. 4, 5. 1 Theſſ. 4, 12. Tit. 2, 5. 10. 1 Pet. 1, 15. 17. c. 2, 12. u. f. c. 3, 1. u. f. c. 4, 4. 14. 16. Siehe auch 5 B. Moſ. 4, 6. 7. 8. Matth. 5, 16. f. Auf dem Wege der Wahrheit in aller Lau- terkeit einhergehen, und doch mit allerhand luͤ- genhaften Beſchuldigungen beſchmuͤtzet wer- [Spaltenumbruch] den, iſt etwas altes. Und dabey iſt auch die- ſes zu mercken, daß das, welches den erſten Chriſten ehemals von den Heyden begegnet iſt, ihnen, und ſonderlich Chriſti wahren Nach- folgern von den falſchen Namen-Chriſten und den fleiſchlich geſinneten Lehrern wider- faͤhret. V. 3. Und durch Geitz mit ertichteten Wor- Anmerckungen. 1. Ob gleich die Woͤrtlein im vorherge- 2. Von jenem bemeldet er zwey Stuͤcke: a. Der Grund des Geitzes iſt die Ermangelung der wahren Heyls-Guͤter, worinn die un- ſterbliche Seele allein ihren wahren Reich- thum und ihre wahre Ruhe hat: und daher, wenn ſie derſelben ermangelt, gleichſam auſ- ſer ihrem centro iſt, in zeitlichen Dingen Ruhe ſuchet, aber Unruhe findet und ſie im- mer mehr und mehr haͤufet. b. Die Kennzeichen des Geitzes und der Geitzigen ſind: nimmer genug haben, und daher immer mehr haben wollen, immer neh- men, aber niemals, oder doch ſelten, und nur kaͤrglich und ohne proportion des Vermoͤ- gens, auch wol nur zum Schein und zur Ver- meidung der Schande (wiewol mancher Gei- tziger auch dieſe nicht ſcheuet) geben, auf al- lerhand Ungerechtigkeit dabey fallen u. ſ. w. Siehe im Lateiniſchen Commentario p. 463. u. f. 476. u. f. c. Das ἐμπ[ὀ]ρέυεσϑαι Handthieren drucket aus allerley Bemuͤhungen und Handlungen, wel- che der Geitz an die Hand giebet, und zeiget an, daß auch die Amts-Verrichtungen ſelbſt zur Gewinnſucht gemißbrauchet werden. Welches Paulus 1 Tim. 6, 5. nennet, mey- nen daß die Gottſeligkeit, oder die Be- ſchaͤftigung mit geiſtlichen Dingen, ein Ge- werbe ſey. d. Da aber der Geitz eine Wurtzel iſt alles U- bels, und viele andere Laſter aus ſich zu gebaͤh- ren pfleget 1 Tim. 6, 10. inſonderheit ein fleiſchliches Wolleben; wie denn ſelten ein herrſchendes Laſter allein iſt, ſondern, ob es auch
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 2. 3.
ſchuldige der Jrrthuͤmer beſchuldigen und ver-
ketzern, und ihnen ihre irrige Lehr-Saͤtze fuͤr
lauter Grund-Wahrheiten aufdringen wollen.
Daher Judas in dem Parallel-Orte v. 10.
von ihnen ſaget: Dieſe laͤſtern, da ſie nichts
von wiſſen. u. f.
b. Bey dieſem vorausgeſetzten Verſtande gehen
die Worte doch aber eigentlich auf das, was
der falſchen Lehrer wegen, und wegen derer,
die ihnen folgen, geſchiehet. Denn es heißt:
δἰ οὕς, um ihrent, der Lehrer und ihrer Nach-
folger, willen, wird der Weg der Wahrheit
verlaͤſtert. Eben dieſes finden wir Roͤm. 2,
24. δἰ ὑμᾶς, eurenthalben wird GOttes
Name verlaͤſtert unter den Heyden. Man
conferire hierbey 2 Sam. 12, 14. Jeſ. 52, 5.
Ezech. 36, 20. 23. Roͤm. 14, 13. 1 Tim. 6, 1. Tit.
2, 5. Wenn die Juden und Heyden von der
Chriſten, und ſonderlich der Lehrer unter ihnen,
ihren falſchen und ungereimten Lehren und
gottloſen Leben hoͤreten, dieſes auch wohl mit
ihren eignen Augen ſahen, ſo fielen ſie auf al-
lerhand Laͤſterungen, und ſchrieben ſolches al-
les der Chriſtlichen Religion ſelbſt zu.
c. Daß es wie ſonſt, alſo auch ſonderlich itzo ſo
viele Religions-Spoͤtter und Atheiſten giebet,
auch mitten in der Chriſtlichen Kirche, das
koͤmmt unter andern fuͤrnemlich daher, daß
Leute, welche entfremdet ſind von aller wahren
Erkenntniß und Furcht GOttes, ſo ſehr viel
Aberglauben und ſo viele Aergerniſſe an denen,
welche ſich fuͤr wahre Chriſten und unter ihnen
fuͤr wahre Diener GOttes halten, ſehen und
taͤglich erfahren, und ſolche Exempel zu ihrem
verkehrten Sinn mißbrauchen.
d. Die Verlaͤſterung ſelbſt war mancherley,
dadie Chriſtliche Religion des Jrrthums, der
Neuerung, des Betrugs, der eignen Erfindung,
der Thorheit, des Aberglaubens, und die
Chriſten, nach dem Exempel einiger verfuͤhri-
ſchen Lehrer und ihrer Nachfolger, allerley Ver-
brechens muthwilliger Weiſe beſchuldiget
wurden. Denn das, was ſich bey einigen
Schuldigen befindet, auch den Unſchuldigen
zuzuſchreiben und ſie mit einander in eine Claſſe
und Secte zu ſetzen, iſt alle wege der Laͤſterer
ihre Art geweſen.
e. Gleichwie unaͤchte Glieder der Chriſtlichen
Kirche den Namen GOttes mit Veranlaſſung
der Laͤſterungen verunehren; alſo iſt es hinge-
gen die Eigenſchaft und Pflicht der rechtſchaff-
nen, denſelben und die gantze Chriſtliche Reli-
gion mit Lehre und Leben alſo zu ſchmuͤcken, daß
ſie denen, die drauſſen ſind, recht ehrwuͤrdig
und beliebt gemachet und ſolcher geſtalt auch
den Laͤſterern das Maul geſtopfet werde. Dar-
auf die Apoſtel in ihren Briefen ſo ſehr drin-
gen. Man ſehe unter andern Roͤm. 14, 16.
Col. 4, 5. 1 Theſſ. 4, 12. Tit. 2, 5. 10. 1 Pet. 1,
15. 17. c. 2, 12. u. f. c. 3, 1. u. f. c. 4, 4. 14. 16.
Siehe auch 5 B. Moſ. 4, 6. 7. 8. Matth.
5, 16.
f. Auf dem Wege der Wahrheit in aller Lau-
terkeit einhergehen, und doch mit allerhand luͤ-
genhaften Beſchuldigungen beſchmuͤtzet wer-
den, iſt etwas altes. Und dabey iſt auch die-
ſes zu mercken, daß das, welches den erſten
Chriſten ehemals von den Heyden begegnet
iſt, ihnen, und ſonderlich Chriſti wahren Nach-
folgern von den falſchen Namen-Chriſten
und den fleiſchlich geſinneten Lehrern wider-
faͤhret.
V. 3.
Und durch Geitz mit ertichteten Wor-
ten werden ſie an euch handthieren. Von
welchen das Urtheil von langs her nicht
ſaͤumig iſt, und ihr Verdammniß ſchlaͤfet
nicht (ihre Verdammniß, welche, aus goͤttlicher
Vorherſehung ihrer Gottloſigkeit, ſchon vor
laͤngſt uͤber ſie beſchloſſen iſt, wird uͤber ſie ſchnell
genug einbrechen v. 1.)
Anmerckungen.
1. Ob gleich die Woͤrtlein im vorherge-
henden Verſe, nemlich δἰ ου῞ς, um welcher wil-
len gar wohl von den Verfuͤhrern und Verfuͤh-
reten zuſammen koͤnnen verſtanden werden: ſo
gehen ſie doch fuͤrnemlich auf die Verfuͤhrer;
als von welchen der Apoſtel ſeine Vorſtellung
angehoben hat, und auch fortſetzet. Und von
dieſen bezeuget er alhier zweyerley: erſtlich ihr
ſuͤndliches Verfahren, und denn ihre gerech-
te Strafe.
2. Von jenem bemeldet er zwey Stuͤcke:
ihren Geitz, als den Hauptzweck ihrer verkehr-
ten Amts-Fuͤhrung; und denn ihre falſche Be-
redtſamkeit, als derſelben Werckzeug. Von
ihrem Geitze iſt folgendes zu mercken:
a. Der Grund des Geitzes iſt die Ermangelung
der wahren Heyls-Guͤter, worinn die un-
ſterbliche Seele allein ihren wahren Reich-
thum und ihre wahre Ruhe hat: und daher,
wenn ſie derſelben ermangelt, gleichſam auſ-
ſer ihrem centro iſt, in zeitlichen Dingen
Ruhe ſuchet, aber Unruhe findet und ſie im-
mer mehr und mehr haͤufet.
b. Die Kennzeichen des Geitzes und der
Geitzigen ſind: nimmer genug haben, und
daher immer mehr haben wollen, immer neh-
men, aber niemals, oder doch ſelten, und nur
kaͤrglich und ohne proportion des Vermoͤ-
gens, auch wol nur zum Schein und zur Ver-
meidung der Schande (wiewol mancher Gei-
tziger auch dieſe nicht ſcheuet) geben, auf al-
lerhand Ungerechtigkeit dabey fallen u. ſ. w.
Siehe im Lateiniſchen Commentario p.
463. u. f. 476. u. f.
c. Das ἐμπὀρέυεσϑαι Handthieren drucket aus
allerley Bemuͤhungen und Handlungen, wel-
che der Geitz an die Hand giebet, und zeiget
an, daß auch die Amts-Verrichtungen ſelbſt
zur Gewinnſucht gemißbrauchet werden.
Welches Paulus 1 Tim. 6, 5. nennet, mey-
nen daß die Gottſeligkeit, oder die Be-
ſchaͤftigung mit geiſtlichen Dingen, ein Ge-
werbe ſey.
d. Da aber der Geitz eine Wurtzel iſt alles U-
bels, und viele andere Laſter aus ſich zu gebaͤh-
ren pfleget 1 Tim. 6, 10. inſonderheit ein
fleiſchliches Wolleben; wie denn ſelten ein
herrſchendes Laſter allein iſt, ſondern, ob es
auch
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