Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 3. v. 14-16. [Spaltenumbruch]
Stand gesetzet, daß er seiner Pflicht nachlebenkönne. 2. Kan gleich ein Mensch aus eigenen Na- 3. Unsträflich kan und muß ein rechtschaf- 4. Das Wort auto, ihm, oder vor ihm 5. Jm Friede erfunden werden ist soviel 6. Daß GOTT bey den Sündern so V. 15. 16. Als auch unser (mein und euer) lieber Anmerckungen. 1. Es waren zwar alle Apostel von GOtt 2. Es ist nichts gesegneter bey Knechten 3. Man hat bey diesem Zeugnisse folgendes a. Daß Petrus, als ihm Paulus zu Antiochia des mit den bekehrten Juden und Heiden nicht in genugsamer Vorsichtigkeit gehaltenen Um- gangs wegen widersprechen, und damit eini- gem daher entstandenen Aergernisse abhelfen müssen, Paulo solches gar nicht übel genom- men, sondern Pauli Erinnerung mit aller Lie- be angenommen habe, und von desselben gu- tem Grunde wohl überzeuget worden sey. Davon man sehe Gal. 2, 11. u. f. b. Daß Petrus eben damit, daß er alhier ein so wohllautendes Zeugniß von Paulo ableget, dasselbe bezeuget, und dadurch eine gute Pro- be von der Verleugnung seiner selbst und von der Lauterkeit seines Sinnes bewiesen, und allen Lehrern und übrigen Christen ein gutes
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 14-16. [Spaltenumbruch]
Stand geſetzet, daß er ſeiner Pflicht nachlebenkoͤnne. 2. Kan gleich ein Menſch aus eigenen Na- 3. Unſtraͤflich kan und muß ein rechtſchaf- 4. Das Wort ἀυτῷ, ihm, oder vor ihm 5. Jm Friede erfunden werden iſt ſoviel 6. Daß GOTT bey den Suͤndern ſo V. 15. 16. Als auch unſer (mein und euer) lieber Anmerckungen. 1. Es waren zwar alle Apoſtel von GOtt 2. Es iſt nichts geſegneter bey Knechten 3. Man hat bey dieſem Zeugniſſe folgendes a. Daß Petrus, als ihm Paulus zu Antiochia des mit den bekehrten Juden und Heiden nicht in genugſamer Vorſichtigkeit gehaltenen Um- gangs wegen widerſprechen, und damit eini- gem daher entſtandenen Aergerniſſe abhelfen muͤſſen, Paulo ſolches gar nicht uͤbel genom- men, ſondern Pauli Erinnerung mit aller Lie- be angenommen habe, und von deſſelben gu- tem Grunde wohl uͤberzeuget worden ſey. Davon man ſehe Gal. 2, 11. u. f. b. Daß Petrus eben damit, daß er alhier ein ſo wohllautendes Zeugniß von Paulo ableget, daſſelbe bezeuget, und dadurch eine gute Pro- be von der Verleugnung ſeiner ſelbſt und von der Lauterkeit ſeines Sinnes bewieſen, und allen Lehrern und uͤbrigen Chriſten ein gutes
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 14-16.
Stand geſetzet, daß er ſeiner Pflicht nachleben
koͤnne.
2. Kan gleich ein Menſch aus eigenen Na-
tur-Kraͤften nichts zu ſeiner Unſtraͤflichkeit vor
GOTT beytragen, vielweniger ſie damit zu
wege bringen, ſo werden ihm doch, nach c. 1,
4. wenn er ſich zum Glauben an Chriſtum brin-
gen laͤſſet, dadurch ſolche Gnaden-Kraͤfte ge-
ſchencket, durch deren Annehmung und wuͤrdi-
ge Anwendung er vor GOTT unſtraͤflich und im
Friede kan erfunden werden. Und alſo iſt eine
Pelagianiſche eigene Gerechtigkeit von der Ev-
angeliſchen Glaubens- und Lebens-Gerechtigkeit
wie die Nacht vom Tage unterſchieden.
3. Unſtraͤflich kan und muß ein rechtſchaf-
ner Chriſte ſeyn, theils nach der Rechtferti-
gung, da ihm Chriſti Verdienſt zur vollkom-
menen Gerechtigkeit zugerechnet wird, theils
nach der Erneuerung, da man die noch uͤbrige
Erbſuͤnde bey ſeiner vielen Schwachheit durch
keine eintzige muthwillige Suͤnde uͤber ſich herr-
ſchen laͤßt, ſondern hingegen im guten ſuchet im-
mer voͤlliger zu werden, wie es die obige Anwei-
ſung c. 1. von der Ketten-weiſe an einander han-
genden Tugend-Ubung mit ſich bringet. Von
jener Unſtraͤflichkeit ſehe man unter andern 2 Cor.
5, 21. Eph. 5, 26. 27. Col. 1, 22. Und wie man
zu dieſer gelange, das ſehe man Offenb. 7, 14.
da es von den glaͤubigen Blut-Zeugen JESU
heißt: Sie haben ihre Kleider gewaſchen,
und haben ihre Kleider helle gemachet
im Blute des Lammes.
4. Das Wort ἀυτῷ, ihm, oder vor ihm
erfunden werdet, ſtehet mit groſſem Nachdruck;
als welches anzeiget, wie es mit der Unſtraͤflich-
keit nicht auf unſer eignes und anderer Leute Ur-
theil ankomme, ſondern auf das Urtheil GOt-
tes: welcher darauf ſiehet, wie wir Chriſtum
angezogen haben in der Rechtfertigung, und
wie wir nach ihm geſinnet ſind, und ſeinem
Exempel folgen in der Heiligung.
5. Jm Friede erfunden werden iſt ſoviel
als erfunden werden mit einer voͤlligen Gewiſ-
ſens-Ruhe und Glaubens-Freudigkeit, im Ge-
genſatze auf die Gewiſſens-Angſt und Unruhe,
welche alle, die auſſer CHriſto bleiben, haben,
wenn ſie aus dem Leibe geſchieden ſind, und in
dem groͤßten Grad kuͤnftig bey der Zukunft Chri-
ſti zum Gericht haben werden. Darum Johan-
nes Ep. 1. c. 2, 28. ſpricht: Kindlein, bleibet
bey ihm, aufdaß wir Freudigkeit haben,
und nicht zu ſchanden werden vor ihm in
ſeiner Zukunft. Siehe auch 1 Cor. 1, 8. Phil. 1,
10. 1 Theſſ. 5, 23.
6. Daß GOTT bey den Suͤndern ſo
langmuͤthig iſt, das ſoll und kan ihnen nach ſei-
nem Zweck zur Buſſe dienen: wiewol es gemei-
niglich die wenigſten recht erkennen. Darum
Paulus Roͤm. 2, 4. ſpricht: Verachteſt du
den Reichthum ſeiner Guͤte, Geduld und
Langmuͤthigkeit? Weiſſeſt du nicht, daß
dich GOttes Guͤte zur Buſſe leitet?
V. 15. 16.
Als auch unſer (mein und euer) lieber
Bruder Paulus, nach der Weisheit, die
ihm gegeben iſt (Eph. 3, 2. u. f.) euch ge-
ſchrieben hat, (ſonderlich in dem an euch zu
Chriſto bekehrten Hebraͤern:) wie er auch in
allen Briefen davon redet, (Gr. wie auch
in allen Briefen, darinnen er von dieſen Din-
gen redet:) in welchen (ἐν _ ις, unter welchen
in den Briefen von den bisher tractirten Mate-
rien enthaltenen Sachen) ſind etliche Dinge
ſchwer zu verſtehen, welche verwirren
die Ungelehrigen und Leichtfertigen (Gr.
die Unbeveſtigten, wie auch die andern Schriften
der Propheten und Apoſtel, zum wenigſten in
vielen Stuͤcken) zu ihrem eigenen Verdamm-
niß.
Anmerckungen.
1. Es waren zwar alle Apoſtel von GOtt
dem Vater in Chriſto mit dem Heiligen Geiſte
alſo geſalbet, daß ihnen allen ein groſſes Maaß
goͤttlicher Weisheit zur Erkenntniß der Geheim-
niſſe des Reichs GOttes zur wuͤrdigen Fuͤhrung
ihres Amts beywohnete: Paulo aber war vor
andern ein beſonderes Maaß mitgetheilet wor-
den. Und dieſes hatte er auch ſo getreulich ange-
leget, daß er 1 Cor. 15, 10. ſagen konte: Von
GOttes Gnaden bin ich, das ich bin, und
ſeine Gnade an mir iſt nicht vergeblich
geweſen, ſondern ich habe vielmehr ge-
arbeitet, denn ſie alle, (ein ieder inſonder-
heit betrachtet:) nicht aber ich, ſondern
GOttes Gnade, die in mir iſt.
2. Es iſt nichts geſegneter bey Knechten
GOttes, als wenn ſie unter einander in ſolcher
Einigkeit des Sinnes und des Zweckes ſtehen,
daß ſie auch andere davon uͤberzeugen koͤnnen:
Wie wir alhier an Paulo und an Petro ſehen.
Da Petrus von Paulo dreyerley bezeuget, erſt-
lich, daß er ſey ſein lieber Bruder, zum andern,
daß ihm GOtt groſſe Weisheit gegeben habe;
und drittens, daß dieſelbe auch in ſeinen Briefen
zu erſehen ſey.
3. Man hat bey dieſem Zeugniſſe folgendes
zu mercken:
a. Daß Petrus, als ihm Paulus zu Antiochia
des mit den bekehrten Juden und Heiden nicht
in genugſamer Vorſichtigkeit gehaltenen Um-
gangs wegen widerſprechen, und damit eini-
gem daher entſtandenen Aergerniſſe abhelfen
muͤſſen, Paulo ſolches gar nicht uͤbel genom-
men, ſondern Pauli Erinnerung mit aller Lie-
be angenommen habe, und von deſſelben gu-
tem Grunde wohl uͤberzeuget worden ſey.
Davon man ſehe Gal. 2, 11. u. f.
b. Daß Petrus eben damit, daß er alhier ein
ſo wohllautendes Zeugniß von Paulo ableget,
daſſelbe bezeuget, und dadurch eine gute Pro-
be von der Verleugnung ſeiner ſelbſt und
von der Lauterkeit ſeines Sinnes bewieſen,
und allen Lehrern und uͤbrigen Chriſten ein
gutes
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