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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 3. v. 16. 17.
[Spaltenumbruch] Büchern der heiligen Schriften, wolten der
Schrift Meister seyn, und verstunden nicht,
was sie sagten, oder setzten
1 Tim 1. 7.
Sie lehreten anders und blieben nicht bey
den heylsamen Worten unsers HErrn Je-
su CHristi und bey der Lehre von der
Gottseligkeit, sondern waren verdüstert

u. s. w. 1 Tim. 6, 3. u. f. sie waren unnütze
Schwätzer und Verführer
Tit. 1, 10. Da-
bey das ärgste war, daß sie, um den Schein des
rechten zu haben, die heilige Schrift auf ihre ver-
kehrte Lehr-Sätze gezogen und aufs ärgste ge-
mißdeutet haben. Das Ende davon war ihre
eigene Verdammniß; welche sie mit Verfüh-
rung anderer über die massen sehr gehäufet ha-
ben.

12. Jm übrigen dienet dieser Text auch noch
folgender Gestalt zur guten Application; und
zwar.

a. Zur Lehre von den Paulinischen Briefen
daß sie gantz unverfälschet auf unsere Zeiten ge-
kommen sind. Denn da sie schon zu Petri
Zeit in aller Hände, auch der verkehrtesten
Ausleger, gewesen sind, so haben sie unmöglich
können verfälschet werden, sintemal es un-
möglich war, daß die, welche etwa solchen bö-
sen Vorsatz könten gemachet haben, aller in
allen Theilen der Welt zerstreueten exempla-
ri
en konten theilhaftig werden, ohne derselben
allgemeine Verfälschung aber der Betrug hät-
te leichtlich entdecket werden können, und also
das Unternehmen gantz vergeblich würde gewe-
sen seyn. Es werden auch die falschen Lehrer
nicht der Verfälschung der Worte, oder des
Textes, sondern nur der Verkehrung des
Sinnes, oder Verstandes, beschuldiget: wel-
ches aber auch arg genug war.
b. Zur Bestrafung derjenigen Schrift-Ver-
kehrer, welche, theils ihren Jrrthümern einigen
Schein der Wahrheit zu geben, theils allerley
eitele und sündliche Lusthandlungen für indif-
ferent,
oder an sich selbst unsündlich und zu-
läßig halten zu können, sehr viele Oerter der
heiligen Schrift recht verwegener Weise ver-
kehren: wie man jenes ausser der Evangeli-
schen Kirche sonderlich an den Socinianern
und ihrer hermenevtischen Schrift-Folter,
dieses aber in derselben leider an vielen Lehrern,
welche sich den Ruhm der Orthodoxie zuge-
eignet haben, erfahren hat.
c. Zur Warnung; daß, wenn sich hie und da
dusnoeta, schwere Stellen finden, man den Ver-
stand davon nicht zu erzwingen suche, und, wenn
man ihn nicht finden kan, an der Heil. Schrift
nicht überhaupt sich stosse und seine Hoch-
achtung dagegen verringert werden lasse; son-
dern daß man die Schuld der Dunckelheit sich
selbst, oder dem Mangel seiner Erkenntniß
und der dazu gehörigen nöthigen subsidio-
rum
zuschreibe, und daher sich selbst so viel
geringer, die heilige Schrift aber so viel höher
halte.
d. Zum Troste und zur Ermunterung daß der
[Spaltenumbruch] sehr leichten und klaren Stellen auch gantzen
Materien so gar viel sind, daß man daran ge-
nug hat, und, wenn man sie wohl anwendet,
dadurch zu immer mehrerem Lichte gelangen
kan. Da es denn heißt: Wer da hat,
(nemlich also, daß er die Beylage seiner Er-
kenntniß wohl anleget) der wird die Fülle
haben.
Matth. 13, 12. c. 25, 29. Ein mehrers
von diesem Orte sehe der Leser im Lateinischen
Commentario.
V. 17.

Jhr aber, meine lieben, weil ihr das
zuvor wisset, so verwahret euch, daß ihr
nicht durch Jrrthum
(Verführung) der
ruchlosen Leute
(der Schrift-Verkehrer und
falschen Lehrer) samt ihnen verführet (Gr.
mit hingerissen) werdet, und entfallet aus
eurer eignen Vestung
(Stande der Gnaden,
darinnen ihr bevestiget seyd, und nach der Cap. 1.
v. 5. u. f. angewiesenen Ordnung immer mehr be-
vestiget werden könnet und sollet.)

Anmerckungen.

1. Soll die Warnung vor künftiger Ver-
führung einem zur Bewahrung seiner selbst die-
nen; wie vielmehr hat man die davon empfangene
Erfahrung an andern von so vielen Zeiten her da-
zu anzuwenden.

2. Die Verführung zu falscher Lehre ist mit
der zum ruchlosen Leben gemeiniglich verknüpfet:
Wie wir an den in diesem Briefe beschriebenen
falschen Lehrern sehen. Denn wer in einem un-
bekehrten irdischen Sinne stehet, der erkennet
nicht allein, als ein noch unerleuchteter, manche
göttliche, sonderlich zum thätigen Christenthum
gehörige Wahrheiten, nicht recht, sondern er
verkehret auch noch dazu manche buchstäblich er-
kante also, wie es seinem fleischlichen Sinne ge-
mäß ist.

3. Die eigene Bewahrung hat die genaue
Prüfung, da man Licht von Finsterniß, Wahr-
heit von Jrrthümern, Tugend von Lastern,
Schein von der Kraft, genau unterscheidet, zum
Grunde, und bestehet in der getreuen Anwendung
der geschenckten Gnaden-Kraft. Davon Jo-
hannes 1 Ep. 5, 18. saget: Wir wissen, daß,
wer von GOTT geboren ist, der bewah-
ret sich, und der arge wird ihn nicht an-
tasten.
Man sehe von dieser Bewahrung unter
andern Matth. 7, 15. Röm. 16, 17. 18. 1 Joh. 4, 1.
bey welcher Treue man sich von GOttes Seiten
seiner Bewahrung zu getrösten hat, nach Joh. 10,
28. 29. c. 17, 15. 1 Thess. 3, 3. 2 Tim. 1, 14. 1 Pet. 1, 5.
c. 5, 10. Von dem verführischen Jrrthum und Be-
truge siehe sonderlich Eph. 4, 14. welchen der Apostel
Petrus vorher c. 2, 14, 18. eine Lockspeise nen-
net.

4. Man muß im Christenthum nicht allein
zum rechten Stande der Gnaden kommen, son-
dern darinnen auch zu einer rechten Vestigkeit ge-
langen, daß man wider allerley innerliche und äus-
serliche Versuchungen bestehen könne. Denn

gleich-

Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 16. 17.
[Spaltenumbruch] Buͤchern der heiligen Schriften, wolten der
Schrift Meiſter ſeyn, und verſtunden nicht,
was ſie ſagten, oder ſetzten
1 Tim 1. 7.
Sie lehreten anders und blieben nicht bey
den heylſamen Worten unſers HErrn Je-
ſu CHriſti und bey der Lehre von der
Gottſeligkeit, ſondern waren verduͤſtert

u. ſ. w. 1 Tim. 6, 3. u. f. ſie waren unnuͤtze
Schwaͤtzer und Verfuͤhrer
Tit. 1, 10. Da-
bey das aͤrgſte war, daß ſie, um den Schein des
rechten zu haben, die heilige Schrift auf ihre ver-
kehrte Lehr-Saͤtze gezogen und aufs aͤrgſte ge-
mißdeutet haben. Das Ende davon war ihre
eigene Verdammniß; welche ſie mit Verfuͤh-
rung anderer uͤber die maſſen ſehr gehaͤufet ha-
ben.

12. Jm uͤbrigen dienet dieſer Text auch noch
folgender Geſtalt zur guten Application; und
zwar.

a. Zur Lehre von den Pauliniſchen Briefen
daß ſie gantz unverfaͤlſchet auf unſere Zeiten ge-
kommen ſind. Denn da ſie ſchon zu Petri
Zeit in aller Haͤnde, auch der verkehrteſten
Ausleger, geweſen ſind, ſo haben ſie unmoͤglich
koͤnnen verfaͤlſchet werden, ſintemal es un-
moͤglich war, daß die, welche etwa ſolchen boͤ-
ſen Vorſatz koͤnten gemachet haben, aller in
allen Theilen der Welt zerſtreueten exempla-
ri
en konten theilhaftig werden, ohne derſelben
allgemeine Verfaͤlſchung aber der Betrug haͤt-
te leichtlich entdecket werden koͤnnen, und alſo
das Unternehmen gantz vergeblich wuͤrde gewe-
ſen ſeyn. Es werden auch die falſchen Lehrer
nicht der Verfaͤlſchung der Worte, oder des
Textes, ſondern nur der Verkehrung des
Sinnes, oder Verſtandes, beſchuldiget: wel-
ches aber auch arg genug war.
b. Zur Beſtrafung derjenigen Schrift-Ver-
kehrer, welche, theils ihren Jrrthuͤmern einigen
Schein der Wahrheit zu geben, theils allerley
eitele und ſuͤndliche Luſthandlungen fuͤr indif-
ferent,
oder an ſich ſelbſt unſuͤndlich und zu-
laͤßig halten zu koͤnnen, ſehr viele Oerter der
heiligen Schrift recht verwegener Weiſe ver-
kehren: wie man jenes auſſer der Evangeli-
ſchen Kirche ſonderlich an den Socinianern
und ihrer hermenevtiſchen Schrift-Folter,
dieſes aber in derſelben leider an vielen Lehrern,
welche ſich den Ruhm der Orthodoxie zuge-
eignet haben, erfahren hat.
c. Zur Warnung; daß, wenn ſich hie und da
δυσνόητα, ſchwere Stellen finden, man den Ver-
ſtand davon nicht zu erzwingen ſuche, und, weñ
man ihn nicht finden kan, an der Heil. Schrift
nicht uͤberhaupt ſich ſtoſſe und ſeine Hoch-
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dern daß man die Schuld der Dunckelheit ſich
ſelbſt, oder dem Mangel ſeiner Erkenntniß
und der dazu gehoͤrigen noͤthigen ſubſidio-
rum
zuſchreibe, und daher ſich ſelbſt ſo viel
geringer, die heilige Schrift aber ſo viel hoͤher
halte.
d. Zum Troſte und zur Ermunterung daß der
[Spaltenumbruch] ſehr leichten und klaren Stellen auch gantzen
Materien ſo gar viel ſind, daß man daran ge-
nug hat, und, wenn man ſie wohl anwendet,
dadurch zu immer mehrerem Lichte gelangen
kan. Da es denn heißt: Wer da hat,
(nemlich alſo, daß er die Beylage ſeiner Er-
kenntniß wohl anleget) der wird die Fuͤlle
haben.
Matth. 13, 12. c. 25, 29. Ein mehrers
von dieſem Orte ſehe der Leſer im Lateiniſchen
Commentario.
V. 17.

Jhr aber, meine lieben, weil ihr das
zuvor wiſſet, ſo verwahret euch, daß ihr
nicht durch Jrrthum
(Verfuͤhrung) der
ruchloſen Leute
(der Schrift-Verkehrer und
falſchen Lehrer) ſamt ihnen verfuͤhret (Gr.
mit hingeriſſen) werdet, und entfallet aus
eurer eignen Veſtung
(Stande der Gnaden,
darinnen ihr beveſtiget ſeyd, und nach der Cap. 1.
v. 5. u. f. angewieſenen Ordnung immer mehr be-
veſtiget werden koͤnnet und ſollet.)

Anmerckungen.

1. Soll die Warnung vor kuͤnftiger Ver-
fuͤhrung einem zur Bewahrung ſeiner ſelbſt die-
nen; wie vielmehr hat man die davon empfangene
Erfahrung an andern von ſo vielen Zeiten her da-
zu anzuwenden.

2. Die Verfuͤhrung zu falſcher Lehre iſt mit
der zum ruchloſen Leben gemeiniglich verknuͤpfet:
Wie wir an den in dieſem Briefe beſchriebenen
falſchen Lehrern ſehen. Denn wer in einem un-
bekehrten irdiſchen Sinne ſtehet, der erkennet
nicht allein, als ein noch unerleuchteter, manche
goͤttliche, ſonderlich zum thaͤtigen Chriſtenthum
gehoͤrige Wahrheiten, nicht recht, ſondern er
verkehret auch noch dazu manche buchſtaͤblich er-
kante alſo, wie es ſeinem fleiſchlichen Sinne ge-
maͤß iſt.

3. Die eigene Bewahrung hat die genaue
Pruͤfung, da man Licht von Finſterniß, Wahr-
heit von Jrrthuͤmern, Tugend von Laſtern,
Schein von der Kraft, genau unterſcheidet, zum
Grunde, und beſtehet in der getreuen Anwendung
der geſchenckten Gnaden-Kraft. Davon Jo-
hannes 1 Ep. 5, 18. ſaget: Wir wiſſen, daß,
wer von GOTT geboren iſt, der bewah-
ret ſich, und der arge wird ihn nicht an-
taſten.
Man ſehe von dieſer Bewahrung unter
andern Matth. 7, 15. Roͤm. 16, 17. 18. 1 Joh. 4, 1.
bey welcher Treue man ſich von GOttes Seiten
ſeiner Bewahrung zu getroͤſten hat, nach Joh. 10,
28. 29. c. 17, 15. 1 Theſſ. 3, 3. 2 Tim. 1, 14. 1 Pet. 1, 5.
c. 5, 10. Von dem verfuͤhriſchen Jrrthum und Be-
truge ſiehe ſonderlich Eph. 4, 14. welchen der Apoſtel
Petrus vorher c. 2, 14, 18. eine Lockſpeiſe nen-
net.

4. Man muß im Chriſtenthum nicht allein
zum rechten Stande der Gnaden kommen, ſon-
dern darinnen auch zu einer rechten Veſtigkeit ge-
langen, daß man wider allerley innerliche und aͤuſ-
ſerliche Verſuchungen beſtehen koͤnne. Denn

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[642/0644] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 16. 17. Buͤchern der heiligen Schriften, wolten der Schrift Meiſter ſeyn, und verſtunden nicht, was ſie ſagten, oder ſetzten 1 Tim 1. 7. Sie lehreten anders und blieben nicht bey den heylſamen Worten unſers HErrn Je- ſu CHriſti und bey der Lehre von der Gottſeligkeit, ſondern waren verduͤſtert u. ſ. w. 1 Tim. 6, 3. u. f. ſie waren unnuͤtze Schwaͤtzer und Verfuͤhrer Tit. 1, 10. Da- bey das aͤrgſte war, daß ſie, um den Schein des rechten zu haben, die heilige Schrift auf ihre ver- kehrte Lehr-Saͤtze gezogen und aufs aͤrgſte ge- mißdeutet haben. Das Ende davon war ihre eigene Verdammniß; welche ſie mit Verfuͤh- rung anderer uͤber die maſſen ſehr gehaͤufet ha- ben. 12. Jm uͤbrigen dienet dieſer Text auch noch folgender Geſtalt zur guten Application; und zwar. a. Zur Lehre von den Pauliniſchen Briefen daß ſie gantz unverfaͤlſchet auf unſere Zeiten ge- kommen ſind. Denn da ſie ſchon zu Petri Zeit in aller Haͤnde, auch der verkehrteſten Ausleger, geweſen ſind, ſo haben ſie unmoͤglich koͤnnen verfaͤlſchet werden, ſintemal es un- moͤglich war, daß die, welche etwa ſolchen boͤ- ſen Vorſatz koͤnten gemachet haben, aller in allen Theilen der Welt zerſtreueten exempla- rien konten theilhaftig werden, ohne derſelben allgemeine Verfaͤlſchung aber der Betrug haͤt- te leichtlich entdecket werden koͤnnen, und alſo das Unternehmen gantz vergeblich wuͤrde gewe- ſen ſeyn. Es werden auch die falſchen Lehrer nicht der Verfaͤlſchung der Worte, oder des Textes, ſondern nur der Verkehrung des Sinnes, oder Verſtandes, beſchuldiget: wel- ches aber auch arg genug war. b. Zur Beſtrafung derjenigen Schrift-Ver- kehrer, welche, theils ihren Jrrthuͤmern einigen Schein der Wahrheit zu geben, theils allerley eitele und ſuͤndliche Luſthandlungen fuͤr indif- ferent, oder an ſich ſelbſt unſuͤndlich und zu- laͤßig halten zu koͤnnen, ſehr viele Oerter der heiligen Schrift recht verwegener Weiſe ver- kehren: wie man jenes auſſer der Evangeli- ſchen Kirche ſonderlich an den Socinianern und ihrer hermenevtiſchen Schrift-Folter, dieſes aber in derſelben leider an vielen Lehrern, welche ſich den Ruhm der Orthodoxie zuge- eignet haben, erfahren hat. c. Zur Warnung; daß, wenn ſich hie und da δυσνόητα, ſchwere Stellen finden, man den Ver- ſtand davon nicht zu erzwingen ſuche, und, weñ man ihn nicht finden kan, an der Heil. Schrift nicht uͤberhaupt ſich ſtoſſe und ſeine Hoch- achtung dagegen verringert werden laſſe; ſon- dern daß man die Schuld der Dunckelheit ſich ſelbſt, oder dem Mangel ſeiner Erkenntniß und der dazu gehoͤrigen noͤthigen ſubſidio- rum zuſchreibe, und daher ſich ſelbſt ſo viel geringer, die heilige Schrift aber ſo viel hoͤher halte. d. Zum Troſte und zur Ermunterung daß der ſehr leichten und klaren Stellen auch gantzen Materien ſo gar viel ſind, daß man daran ge- nug hat, und, wenn man ſie wohl anwendet, dadurch zu immer mehrerem Lichte gelangen kan. Da es denn heißt: Wer da hat, (nemlich alſo, daß er die Beylage ſeiner Er- kenntniß wohl anleget) der wird die Fuͤlle haben. Matth. 13, 12. c. 25, 29. Ein mehrers von dieſem Orte ſehe der Leſer im Lateiniſchen Commentario. V. 17. Jhr aber, meine lieben, weil ihr das zuvor wiſſet, ſo verwahret euch, daß ihr nicht durch Jrrthum (Verfuͤhrung) der ruchloſen Leute (der Schrift-Verkehrer und falſchen Lehrer) ſamt ihnen verfuͤhret (Gr. mit hingeriſſen) werdet, und entfallet aus eurer eignen Veſtung (Stande der Gnaden, darinnen ihr beveſtiget ſeyd, und nach der Cap. 1. v. 5. u. f. angewieſenen Ordnung immer mehr be- veſtiget werden koͤnnet und ſollet.) Anmerckungen. 1. Soll die Warnung vor kuͤnftiger Ver- fuͤhrung einem zur Bewahrung ſeiner ſelbſt die- nen; wie vielmehr hat man die davon empfangene Erfahrung an andern von ſo vielen Zeiten her da- zu anzuwenden. 2. Die Verfuͤhrung zu falſcher Lehre iſt mit der zum ruchloſen Leben gemeiniglich verknuͤpfet: Wie wir an den in dieſem Briefe beſchriebenen falſchen Lehrern ſehen. Denn wer in einem un- bekehrten irdiſchen Sinne ſtehet, der erkennet nicht allein, als ein noch unerleuchteter, manche goͤttliche, ſonderlich zum thaͤtigen Chriſtenthum gehoͤrige Wahrheiten, nicht recht, ſondern er verkehret auch noch dazu manche buchſtaͤblich er- kante alſo, wie es ſeinem fleiſchlichen Sinne ge- maͤß iſt. 3. Die eigene Bewahrung hat die genaue Pruͤfung, da man Licht von Finſterniß, Wahr- heit von Jrrthuͤmern, Tugend von Laſtern, Schein von der Kraft, genau unterſcheidet, zum Grunde, und beſtehet in der getreuen Anwendung der geſchenckten Gnaden-Kraft. Davon Jo- hannes 1 Ep. 5, 18. ſaget: Wir wiſſen, daß, wer von GOTT geboren iſt, der bewah- ret ſich, und der arge wird ihn nicht an- taſten. Man ſehe von dieſer Bewahrung unter andern Matth. 7, 15. Roͤm. 16, 17. 18. 1 Joh. 4, 1. bey welcher Treue man ſich von GOttes Seiten ſeiner Bewahrung zu getroͤſten hat, nach Joh. 10, 28. 29. c. 17, 15. 1 Theſſ. 3, 3. 2 Tim. 1, 14. 1 Pet. 1, 5. c. 5, 10. Von dem verfuͤhriſchen Jrrthum und Be- truge ſiehe ſonderlich Eph. 4, 14. welchen der Apoſtel Petrus vorher c. 2, 14, 18. eine Lockſpeiſe nen- net. 4. Man muß im Chriſtenthum nicht allein zum rechten Stande der Gnaden kommen, ſon- dern darinnen auch zu einer rechten Veſtigkeit ge- langen, daß man wider allerley innerliche und aͤuſ- ſerliche Verſuchungen beſtehen koͤnne. Denn gleich-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/644>, abgerufen am 01.11.2024.