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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 27.
[Spaltenumbruch]
V. 27.

Und die Salbung (der Heilige Geist mit
seiner erleuchtenden und heiligenden Gnaden-
Kraft v. 20.) die ihr von ihm (dem Sohne
GOttes, in eurer Bekehrung durch den Glauben)
empfangen habet, bleibet bey euch (zu eurer
Bewahrung vor der Widerchristen ihrer Verfüh-
rung) und dürfet nicht, daß euch iemand
(von solchen Verführern, welche bey ihrer losen
Lehre sich hoher Erkenntniß rühmen und andere,
obgleich schon gesalbete und erleuchtete, noch für
unwissende ansehen und sie unterrichten wollen)
lehre (anders als ihr gelehret seyd) sondern wie
euch die Salbung allerley
(peri panton, von
allen zur Seligkeit nöthigen Stücken) lehret,
(ja es auch in euch zur gewissen Uberzeugung
gleichsam versiegelt Eph. 1, 13. 2 Cor. 1, 21. 22.
Eph. 4, 30.) so ists wahr und keine Lügen
(wie hingegen bey den Verführern ist nach v. 22.)
und wie sie euch gelehret hat (innerlich bey
der äusserlichen Unterweisung) so bleibet bey
demselben
(ohn euch von den Verführern irre
machen zu lassen. Gr. meneite, werdet bleiben.)

Anmerckungen.

1. Was von der Salbung alhier zu sagen
wäre, das findet der Leser bey v. 20. und von
dem, daß die Salbung, und das mit derselben
angenommene und eingepflantzte Wort bey uns
bleibet, und zwar also, daß wir dadurch auch in
GOTT bleiben und GOTT in uns, siehe v. 24.
Welcher gestalt uns die Salbung alles lehre, al-
so daß man alles, nemlich, was uns zu wissen und
zu glauben, auch zu thun, nöthig ist, wisse, das
ist auch bereits bey v. 20. angezeiget worden.

2. Es kömmt demnach zum wahren Ver-
stande dieses Textes eigentlich darauf an, daß
man erkenne, wie es gemeynet sey, wenn Johan-
nes saget: Jhr bedürfet nicht, daß euch ie-
mand lehre.
Davon folgendes zu mercken
ist:

a. Es ist des Apostels Sinn nicht, zu sagen, daß
die Gläubigen weder von Menschen gelehret
worden wären, noch von iemand ferner etwas
zu lernen hätten. Denn sie waren ja von
GOTT nicht unmittelbar, sondern durch den
Dienst der Apostel und Apostolischen Lehrer
zum Glauben an Christum gebracht worden:
wie sich denn auch Johannes mehrmal auf
das, was sie schon vom Anfange her gehöret
hatten,
nemlich von Menschen, beziehet. So
thut er ja auch selbst nichts anders mit diesem
gantzen Briefe, als daß er sie noch ferner lehret:
wie denn auch das öffentliche Lehr-Amt, so-
wol das ausserordentliche der Apostel, als das
ordentliche der Aeltesten und Hirten in den
Gemeinen, zu dem Zweck des mittelbaren Leh-
rens und Lernens von GOTT eingesetzet und
verordnet war, wie wir unter andern aus Pauli
Pastoral-Briefen an den Timotheum und
Titum deutlich genug sehen. Es bringet es
auch die Schwachheit des menschlichen Ge-
schlechts also mit sich, daß GOtt durch Men-
schen mit Menschen handelt: wie er auch be-
[Spaltenumbruch] reits im alten Testamente gethan hat. Denn
obgleich die Propheten die Gabe der unmittel-
baren Eingebung von GOTT gehabt haben;
so hat doch GOTT durch sie, und also mit-
telbarer Weise, mit seinem Volcke gehandelt.
Es gewinnen demnach diejenigen, welche die-
sen Ort wider das ordentliche und öffentliche
Lehr-Amt mißbrauchen und von GOTT un-
mittelbar gelehret seyn wollen, damit gar
nichts: sondern er stehet ihnen vielmehr entge-
gen: sintemal er auf eine solche Salbung ge-
het, bey welcher die menschliche Schule zugleich
die Schule Christi ist, und das äusserliche mit
dem innerlichen recht verbunden wird und
bleibet.

3. Da nun solcher Verstand alhier nicht
statt hat, so könte man zwar wohl gedencken, der
Apostel verstehe die ersten Grund-Lehren der
Christlichen Religion und zeige an, daß sie solche
schon wüßten, und also nicht erst lernen dürften.
Allein diese Anzeigung wäre überflüßig gewesen.
Zu dem führet er sie auf ein solches Principium,
nach welchem sie, ohne einer fremden Anweisung
zu gebrauchen, noch ferner zu lernen hätten,
und also auch noch ferner gelehret werden müsten,
wenn er spricht: sondern wie euch die Sal-
bung allerley lehret, so ists wahr.
Es ist
demnach der eigentliche Sinn des Apostels dieser,
daß er die Worte: ihr dürfet nicht, daß euch
iemand lehre,
von den vorhergedachten Ver-
führern verstehet. Denn diese wurfen sich zu
Lehrern auf und gaben auch nach der Trennung,
dadurch sie von der wahren Gemeinschaft der
Kirche ausgegangen waren, grosse und hohe Ge-
heimnisse vor: als von welchen sie hernach Gno-
stici,
die pseudonumon gnosin, eine falsch berühmte
Kunst der Erkenntniß hatten 1 Tim. 6, 20. genen-
net wurden. Da nun der Apostel die Gläubi-
gen vor diesen Leuten warnet, so bezeuget er, daß
sie nicht nöthig hätten, daß iemand, nemlich der
vorher gedachten Verführer, sie lehre: und da-
gegen weiset er sie auf die rechte Qvelle, auf das
Lehramt des Heiligen Geistes, welches doch aber
auch mittelbarer Weise durch die Apostel und ih-
re rechtschaffne Nachfolger geführet wurde; ob es
wol den ersten Gemeinen dabey auch nicht an den
ausserordentlichen Gaben des Heiligen Geistes
fehlete.

4. Wir haben diesen Ort im übrigen noch
auf unterschiedliche Weise zu appliciren: und
zwar

a. Zur Lehre, von dem Amte des Heiligen
Geistes;
welches dem von Menschen geführ-
ten Lehramte allen Nachdruck geben muß. Da-
von es in den Symbolischen Büchern unserer
Kirche p. m. 660. gar nachdrücklich also lau-
tet: Nisi Dominus ipso doctoris & praece-
ptoris officio fungatur, nihil eorum, quae
ipsi grata, nobis autem & aliis salutaria
sunt, discemus:
Wo der HErr nicht selbst
das Amt eines Lehrers führet, so wer-
den wir nichts, was ihm angenehm, und
uns und andern heylsam sey, lernen.
b. Zur Widerlegung des Jrrthums und zur
Entdeckung des verkehrten Sinnes, wenn man
das-
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 27.
[Spaltenumbruch]
V. 27.

Und die Salbung (der Heilige Geiſt mit
ſeiner erleuchtenden und heiligenden Gnaden-
Kraft v. 20.) die ihr von ihm (dem Sohne
GOttes, in eurer Bekehrung durch den Glauben)
empfangen habet, bleibet bey euch (zu eurer
Bewahrung vor der Widerchriſten ihrer Verfuͤh-
rung) und duͤrfet nicht, daß euch iemand
(von ſolchen Verfuͤhrern, welche bey ihrer loſen
Lehre ſich hoher Erkenntniß ruͤhmen und andere,
obgleich ſchon geſalbete und erleuchtete, noch fuͤr
unwiſſende anſehen und ſie unterrichten wollen)
lehre (anders als ihr gelehret ſeyd) ſondern wie
euch die Salbung allerley
(περὶ πάντων, von
allen zur Seligkeit noͤthigen Stuͤcken) lehret,
(ja es auch in euch zur gewiſſen Uberzeugung
gleichſam verſiegelt Eph. 1, 13. 2 Cor. 1, 21. 22.
Eph. 4, 30.) ſo iſts wahr und keine Luͤgen
(wie hingegen bey den Verfuͤhrern iſt nach v. 22.)
und wie ſie euch gelehret hat (innerlich bey
der aͤuſſerlichen Unterweiſung) ſo bleibet bey
demſelben
(ohn euch von den Verfuͤhrern irre
machen zu laſſen. Gr. μενεῖτε, werdet bleiben.)

Anmerckungen.

1. Was von der Salbung alhier zu ſagen
waͤre, das findet der Leſer bey v. 20. und von
dem, daß die Salbung, und das mit derſelben
angenommene und eingepflantzte Wort bey uns
bleibet, und zwar alſo, daß wir dadurch auch in
GOTT bleiben und GOTT in uns, ſiehe v. 24.
Welcher geſtalt uns die Salbung alles lehre, al-
ſo daß man alles, nemlich, was uns zu wiſſen und
zu glauben, auch zu thun, noͤthig iſt, wiſſe, das
iſt auch bereits bey v. 20. angezeiget worden.

2. Es koͤmmt demnach zum wahren Ver-
ſtande dieſes Textes eigentlich darauf an, daß
man erkenne, wie es gemeynet ſey, wenn Johan-
nes ſaget: Jhr beduͤrfet nicht, daß euch ie-
mand lehre.
Davon folgendes zu mercken
iſt:

a. Es iſt des Apoſtels Sinn nicht, zu ſagen, daß
die Glaͤubigen weder von Menſchen gelehret
worden waͤren, noch von iemand ferner etwas
zu lernen haͤtten. Denn ſie waren ja von
GOTT nicht unmittelbar, ſondern durch den
Dienſt der Apoſtel und Apoſtoliſchen Lehrer
zum Glauben an Chriſtum gebracht worden:
wie ſich denn auch Johannes mehrmal auf
das, was ſie ſchon vom Anfange her gehoͤret
hatten,
nemlich von Menſchen, beziehet. So
thut er ja auch ſelbſt nichts anders mit dieſem
gantzen Briefe, als daß er ſie noch ferner lehret:
wie denn auch das oͤffentliche Lehr-Amt, ſo-
wol das auſſerordentliche der Apoſtel, als das
ordentliche der Aelteſten und Hirten in den
Gemeinen, zu dem Zweck des mittelbaren Leh-
rens und Lernens von GOTT eingeſetzet und
verordnet war, wie wir unter andern aus Pauli
Paſtoral-Briefen an den Timotheum und
Titum deutlich genug ſehen. Es bringet es
auch die Schwachheit des menſchlichen Ge-
ſchlechts alſo mit ſich, daß GOtt durch Men-
ſchen mit Menſchen handelt: wie er auch be-
[Spaltenumbruch] reits im alten Teſtamente gethan hat. Denn
obgleich die Propheten die Gabe der unmittel-
baren Eingebung von GOTT gehabt haben;
ſo hat doch GOTT durch ſie, und alſo mit-
telbarer Weiſe, mit ſeinem Volcke gehandelt.
Es gewinnen demnach diejenigen, welche die-
ſen Ort wider das ordentliche und oͤffentliche
Lehr-Amt mißbrauchen und von GOTT un-
mittelbar gelehret ſeyn wollen, damit gar
nichts: ſondern er ſtehet ihnen vielmehr entge-
gen: ſintemal er auf eine ſolche Salbung ge-
het, bey welcher die menſchliche Schule zugleich
die Schule Chriſti iſt, und das aͤuſſerliche mit
dem innerlichen recht verbunden wird und
bleibet.

3. Da nun ſolcher Verſtand alhier nicht
ſtatt hat, ſo koͤnte man zwar wohl gedencken, der
Apoſtel verſtehe die erſten Grund-Lehren der
Chriſtlichen Religion und zeige an, daß ſie ſolche
ſchon wuͤßten, und alſo nicht erſt lernen duͤrften.
Allein dieſe Anzeigung waͤre uͤberfluͤßig geweſen.
Zu dem fuͤhret er ſie auf ein ſolches Principium,
nach welchem ſie, ohne einer fremden Anweiſung
zu gebrauchen, noch ferner zu lernen haͤtten,
und alſo auch noch ferner gelehret werden muͤſten,
wenn er ſpricht: ſondern wie euch die Sal-
bung allerley lehret, ſo iſts wahr.
Es iſt
demnach der eigentliche Sinn des Apoſtels dieſer,
daß er die Worte: ihr duͤrfet nicht, daß euch
iemand lehre,
von den vorhergedachten Ver-
fuͤhrern verſtehet. Denn dieſe wurfen ſich zu
Lehrern auf und gaben auch nach der Trennung,
dadurch ſie von der wahren Gemeinſchaft der
Kirche ausgegangen waren, groſſe und hohe Ge-
heimniſſe vor: als von welchen ſie hernach Gno-
ſtici,
die ψευδώνυμον γνῶσιν, eine falſch beruͤhmte
Kunſt der Erkenntniß hatten 1 Tim. 6, 20. genen-
net wurden. Da nun der Apoſtel die Glaͤubi-
gen vor dieſen Leuten warnet, ſo bezeuget er, daß
ſie nicht noͤthig haͤtten, daß iemand, nemlich der
vorher gedachten Verfuͤhrer, ſie lehre: und da-
gegen weiſet er ſie auf die rechte Qvelle, auf das
Lehramt des Heiligen Geiſtes, welches doch aber
auch mittelbarer Weiſe durch die Apoſtel und ih-
re rechtſchaffne Nachfolger gefuͤhret wurde; ob es
wol den erſten Gemeinen dabey auch nicht an den
auſſerordentlichen Gaben des Heiligen Geiſtes
fehlete.

4. Wir haben dieſen Ort im uͤbrigen noch
auf unterſchiedliche Weiſe zu appliciren: und
zwar

a. Zur Lehre, von dem Amte des Heiligen
Geiſtes;
welches dem von Menſchen gefuͤhr-
ten Lehramte allen Nachdruck geben muß. Da-
von es in den Symboliſchen Buͤchern unſerer
Kirche p. m. 660. gar nachdruͤcklich alſo lau-
tet: Niſi Dominus ipſo doctoris & præce-
ptoris officio fungatur, nihil eorum, quæ
ipſi grata, nobis autem & aliis ſalutaria
ſunt, diſcemus:
Wo der HErr nicht ſelbſt
das Amt eines Lehrers fuͤhret, ſo wer-
den wir nichts, was ihm angenehm, und
uns und andern heylſam ſey, lernen.
b. Zur Widerlegung des Jrrthums und zur
Entdeckung des verkehrten Sinnes, wenn man
das-
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[678/0680] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 27. V. 27. Und die Salbung (der Heilige Geiſt mit ſeiner erleuchtenden und heiligenden Gnaden- Kraft v. 20.) die ihr von ihm (dem Sohne GOttes, in eurer Bekehrung durch den Glauben) empfangen habet, bleibet bey euch (zu eurer Bewahrung vor der Widerchriſten ihrer Verfuͤh- rung) und duͤrfet nicht, daß euch iemand (von ſolchen Verfuͤhrern, welche bey ihrer loſen Lehre ſich hoher Erkenntniß ruͤhmen und andere, obgleich ſchon geſalbete und erleuchtete, noch fuͤr unwiſſende anſehen und ſie unterrichten wollen) lehre (anders als ihr gelehret ſeyd) ſondern wie euch die Salbung allerley (περὶ πάντων, von allen zur Seligkeit noͤthigen Stuͤcken) lehret, (ja es auch in euch zur gewiſſen Uberzeugung gleichſam verſiegelt Eph. 1, 13. 2 Cor. 1, 21. 22. Eph. 4, 30.) ſo iſts wahr und keine Luͤgen (wie hingegen bey den Verfuͤhrern iſt nach v. 22.) und wie ſie euch gelehret hat (innerlich bey der aͤuſſerlichen Unterweiſung) ſo bleibet bey demſelben (ohn euch von den Verfuͤhrern irre machen zu laſſen. Gr. μενεῖτε, werdet bleiben.) Anmerckungen. 1. Was von der Salbung alhier zu ſagen waͤre, das findet der Leſer bey v. 20. und von dem, daß die Salbung, und das mit derſelben angenommene und eingepflantzte Wort bey uns bleibet, und zwar alſo, daß wir dadurch auch in GOTT bleiben und GOTT in uns, ſiehe v. 24. Welcher geſtalt uns die Salbung alles lehre, al- ſo daß man alles, nemlich, was uns zu wiſſen und zu glauben, auch zu thun, noͤthig iſt, wiſſe, das iſt auch bereits bey v. 20. angezeiget worden. 2. Es koͤmmt demnach zum wahren Ver- ſtande dieſes Textes eigentlich darauf an, daß man erkenne, wie es gemeynet ſey, wenn Johan- nes ſaget: Jhr beduͤrfet nicht, daß euch ie- mand lehre. Davon folgendes zu mercken iſt: a. Es iſt des Apoſtels Sinn nicht, zu ſagen, daß die Glaͤubigen weder von Menſchen gelehret worden waͤren, noch von iemand ferner etwas zu lernen haͤtten. Denn ſie waren ja von GOTT nicht unmittelbar, ſondern durch den Dienſt der Apoſtel und Apoſtoliſchen Lehrer zum Glauben an Chriſtum gebracht worden: wie ſich denn auch Johannes mehrmal auf das, was ſie ſchon vom Anfange her gehoͤret hatten, nemlich von Menſchen, beziehet. So thut er ja auch ſelbſt nichts anders mit dieſem gantzen Briefe, als daß er ſie noch ferner lehret: wie denn auch das oͤffentliche Lehr-Amt, ſo- wol das auſſerordentliche der Apoſtel, als das ordentliche der Aelteſten und Hirten in den Gemeinen, zu dem Zweck des mittelbaren Leh- rens und Lernens von GOTT eingeſetzet und verordnet war, wie wir unter andern aus Pauli Paſtoral-Briefen an den Timotheum und Titum deutlich genug ſehen. Es bringet es auch die Schwachheit des menſchlichen Ge- ſchlechts alſo mit ſich, daß GOtt durch Men- ſchen mit Menſchen handelt: wie er auch be- reits im alten Teſtamente gethan hat. Denn obgleich die Propheten die Gabe der unmittel- baren Eingebung von GOTT gehabt haben; ſo hat doch GOTT durch ſie, und alſo mit- telbarer Weiſe, mit ſeinem Volcke gehandelt. Es gewinnen demnach diejenigen, welche die- ſen Ort wider das ordentliche und oͤffentliche Lehr-Amt mißbrauchen und von GOTT un- mittelbar gelehret ſeyn wollen, damit gar nichts: ſondern er ſtehet ihnen vielmehr entge- gen: ſintemal er auf eine ſolche Salbung ge- het, bey welcher die menſchliche Schule zugleich die Schule Chriſti iſt, und das aͤuſſerliche mit dem innerlichen recht verbunden wird und bleibet. 3. Da nun ſolcher Verſtand alhier nicht ſtatt hat, ſo koͤnte man zwar wohl gedencken, der Apoſtel verſtehe die erſten Grund-Lehren der Chriſtlichen Religion und zeige an, daß ſie ſolche ſchon wuͤßten, und alſo nicht erſt lernen duͤrften. Allein dieſe Anzeigung waͤre uͤberfluͤßig geweſen. Zu dem fuͤhret er ſie auf ein ſolches Principium, nach welchem ſie, ohne einer fremden Anweiſung zu gebrauchen, noch ferner zu lernen haͤtten, und alſo auch noch ferner gelehret werden muͤſten, wenn er ſpricht: ſondern wie euch die Sal- bung allerley lehret, ſo iſts wahr. Es iſt demnach der eigentliche Sinn des Apoſtels dieſer, daß er die Worte: ihr duͤrfet nicht, daß euch iemand lehre, von den vorhergedachten Ver- fuͤhrern verſtehet. Denn dieſe wurfen ſich zu Lehrern auf und gaben auch nach der Trennung, dadurch ſie von der wahren Gemeinſchaft der Kirche ausgegangen waren, groſſe und hohe Ge- heimniſſe vor: als von welchen ſie hernach Gno- ſtici, die ψευδώνυμον γνῶσιν, eine falſch beruͤhmte Kunſt der Erkenntniß hatten 1 Tim. 6, 20. genen- net wurden. Da nun der Apoſtel die Glaͤubi- gen vor dieſen Leuten warnet, ſo bezeuget er, daß ſie nicht noͤthig haͤtten, daß iemand, nemlich der vorher gedachten Verfuͤhrer, ſie lehre: und da- gegen weiſet er ſie auf die rechte Qvelle, auf das Lehramt des Heiligen Geiſtes, welches doch aber auch mittelbarer Weiſe durch die Apoſtel und ih- re rechtſchaffne Nachfolger gefuͤhret wurde; ob es wol den erſten Gemeinen dabey auch nicht an den auſſerordentlichen Gaben des Heiligen Geiſtes fehlete. 4. Wir haben dieſen Ort im uͤbrigen noch auf unterſchiedliche Weiſe zu appliciren: und zwar a. Zur Lehre, von dem Amte des Heiligen Geiſtes; welches dem von Menſchen gefuͤhr- ten Lehramte allen Nachdruck geben muß. Da- von es in den Symboliſchen Buͤchern unſerer Kirche p. m. 660. gar nachdruͤcklich alſo lau- tet: Niſi Dominus ipſo doctoris & præce- ptoris officio fungatur, nihil eorum, quæ ipſi grata, nobis autem & aliis ſalutaria ſunt, diſcemus: Wo der HErr nicht ſelbſt das Amt eines Lehrers fuͤhret, ſo wer- den wir nichts, was ihm angenehm, und uns und andern heylſam ſey, lernen. b. Zur Widerlegung des Jrrthums und zur Entdeckung des verkehrten Sinnes, wenn man das-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/680>, abgerufen am 24.11.2024.