Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Cap. 4. v. 5-8. des ersten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] die Lydia, Apost. Gesch. 16, 14. das ge-
hörte Wort im göttlichen Lichte recht ver-
stehet, es gläubig aufnimmt, in sich getreu-
lich, als eine theure Beylage, durch den Hei-
ligen Geist bewahret, und es wohl bey sich
digeriret und anwendet, und solcher ge-
stalt Frucht bringet en te upomone, beharr-
lich. 1 Thess. 2, 13. 2 Tim. 1, 14, 15. Luc. 2, 19.
c. 8, 15.
d. Wer nicht von GOtt ist, und daher auch
GOtt nicht kennet, der höret die rechtschafnen
Lehrer und andere wahre Glieder Christi nicht,
ja er höret sie dergestalt nicht, daß er sie auch
nicht hören und noch viel weniger ihnen folgen
will. Und wenn er sie ja äusserlich höret, oder
ihre Schriften lieset, so geschiehet es doch mit
einem Unwillen, ja oft mit einem solchen ver-
kehrten Sinn und Haß, welcher in viele Wort-
Verkehrung und falsche Beschuldigungen auch
grobe Lästerungen ausbricht: wie es das Ex-
empel der Pharisäer und der übrigen Feinde
der Wahrheit an CHristo, und seinen Apo-
steln und andern Zeugen der Wahrheit, und
sonderlich an Stephano Apost. Gesch. 7, 51.
u. f. ausgewiesen hat, und es noch itzo an man-
chen Orten die tägliche Erfahrung lehret.

3. Das zur Prüfung an dem, was vorher-
gehet, gegebne Kennzeichen ist nun dieses: da-
ran erkennen wir den Geist der Wahr-
heit, und den Geist des Jrrthums.

a. Das Erkennen ist alhier soviel, als bey und
nach anbefohlner und getreulich angestelleter
Prüfung der Geister, aus genugsamen Grün-
den, und völliger Uberzeugung einen Schluß
machen zu seiner eignen Verwahrung.
b. Der Geist der Wahrheit ist der aus GOtt
geborne, gesalbete, und daher dem Worte der
Wahrheit, daraus er gezeuget ist Jac. 1, 18. mit
Glauben, Lehr und Leben ergebene Mensch.
Joh. 14, 17. c. 15, 26. wird der Heilige Geist
selbst der Geist der Wahrheit genennet.
Daraus man die grosse Ubereinstimmung, in
welcher die wesentliche Wahrheit mit den lieb-
habern der Wahrheit stehet, leichtlich er-
kennet.
c. Der Geist des Jrrthums ist der falsche
Prophet, der nicht aus GOtt ist, und daher in
der Finsterniß und im Jrrthum, und zwar ei-
nem solchen, der auch voller Verführung ge-
gen andere ist, sein Principium und Nah-
rung hat. Daß plane auch heisse ein Betrug,
das sehe man Matth. 27, 63. 64. Daher auch
o planos ist ein Verführer, oder Betrieger.
2 Cor. 6, 8. 1 Tim. 4, 1. 2 Joh. v. 7. Ein
mehrers gibt der lateinische Commentarius.
Hierauf gehet der Apostel wieder zur Ermunte-
rung zum rechtschafnen Ernst in der Erneu-
erung und zeiget damit an, wie er nicht weni-
ger auf ein heiliges Leben, als auf die reine Leh-
re dringe, wenn er also fortfähret:
V. 7. 8.

Jhr Lieben, lasset uns unter einander
lieb haben: Denn die Liebe ist von GOtt:
und wer lieb hat, der ist von GOtt gebo-
[Spaltenumbruch] ren und kennet GOtt. Wer nicht lieb hat, der
kennet GOtt nicht: Denn GOtt ist die Liebe

Anmerckungen.

1. Der Apostel redet seiner Art nach die
Gläubigen auch alhier aufs liebreichste an und
da er sie zur Liebe unter einander ermahnen wolte,
so überzeuget er sie zuvorderst von der Liebe GOt-
tes und seiner, wenn er sie nennet agapetous, und
darauf saget: agapomen allelous, Lasset uns auch
unter einander lieben!

2. An statt des imperativi, oder des auch
wol anderwärtig gebrauchten Befehls, ge-
brauchet der Apostel das Wort von der Liebe
Wunsches- und Erweckungs-Weise, wenn er
spricht: lasset uns unter einander lieben!
um damit seine Liebe in der Materie von der Liebe
zu bezeugen. Da man den Grund von solcher
Redens-Art angezeiget findet Philem. v. 8. 9.
Wiewol ich habe grosse Freudigkeit in
CHristo, dir zu gebieten, was dir ziemet,
so will ich doch um der Liebe willen nur
vermahnen.

3. Die Gründe, welche uns zur Liebe un-
ter einander bewegen sollen und können, nimmt
der Apostel her von ihrer Vortreflichkeit, nach
welcher sie von GOtt ist, und ein Kennzeichen
abgiebt von der Widergeburt und der Gemein-
schaft mit GOtt.

a. Die Liebe ist von GOtt, der wesentlichen
Liebe, theils nach der Schöpfung, da er dem
Menschen an seinem Ebenbilde auch die Liebe
mit anerschaffen hat; theils nach der Wieder-
geburt, da er durch den Heiligen Geist seine
Liebe in des Menschen Hertz ausgiesset, und ihn
damit zur Liebe nicht allein gegen sich selbst, son-
dern auch gegen seinen Nächsten kräftigst an-
treibet. Röm. 5, 5.
b. Wer lieb hat, der ist von GOtt gebo-
ren;
sintemal die Wiedergeburt sich durch die
Liebe erweiset, und sich auch damit von der
blos natürlichen unterscheidet; als welche noch
nach dem Sünden-Falle in der menschlichen
Gesellschaft in der Natur des Menschen übrig
geblieben, aber sehr unlauter und mangelhaftig
ist. Und also saget der Apostel mit diesen letz-
tern Worten ein mehrers, als er vorher gesa-
get hatte; nemlich es sey nicht allein die Liebe,
sondern auch der Liebhaber selbst von GOTT,
wie nach der Natur durch die natürliche
Schöpfung; also auch nach der Gnade, durch
die neue, oder Wiedergeburt.
c. Der Liebende kennet auch GOtt. Denn
mit der Widergeburt gehet in ihm auch ein
göttliches Licht im Verstande auf sintemal sie
auf die Veränderung des Willens und Ver-
standes zugleich gehet. Und solchergestalt gehet
die Erkenntniß GOttes alhier auf den Glauben
und auf die Gemeinschaft mit GOtt.

4. Was der Apostel von der Liebe bezeuget
hat, das schärfet er nach seiner Schreibart damit
noch mehr ein, wenn er es durch den Gegensatz er-
läutert, und spricht: Wer nicht lieb hat, der
kennet GOTT nicht; Denn GOtt ist die
Liebe.

a. Wer
U u u u 3
Cap. 4. v. 5-8. des erſten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] die Lydia, Apoſt. Geſch. 16, 14. das ge-
hoͤrte Wort im goͤttlichen Lichte recht ver-
ſtehet, es glaͤubig aufnimmt, in ſich getreu-
lich, als eine theure Beylage, durch den Hei-
ligen Geiſt bewahret, und es wohl bey ſich
digeriret und anwendet, und ſolcher ge-
ſtalt Frucht bringet ἐν τῇ ὑπομονῇ, beharr-
lich. 1 Theſſ. 2, 13. 2 Tim. 1, 14, 15. Luc. 2, 19.
c. 8, 15.
d. Wer nicht von GOtt iſt, und daher auch
GOtt nicht kennet, der hoͤret die rechtſchafnen
Lehrer und andere wahre Glieder Chriſti nicht,
ja er hoͤret ſie dergeſtalt nicht, daß er ſie auch
nicht hoͤren und noch viel weniger ihnen folgen
will. Und wenn er ſie ja aͤuſſerlich hoͤret, oder
ihre Schriften lieſet, ſo geſchiehet es doch mit
einem Unwillen, ja oft mit einem ſolchen ver-
kehrten Sinn und Haß, welcher in viele Wort-
Verkehꝛung und falſche Beſchuldigungen auch
grobe Laͤſterungen ausbricht: wie es das Ex-
empel der Phariſaͤer und der uͤbrigen Feinde
der Wahrheit an CHriſto, und ſeinen Apo-
ſteln und andern Zeugen der Wahrheit, und
ſonderlich an Stephano Apoſt. Geſch. 7, 51.
u. f. ausgewieſen hat, und es noch itzo an man-
chen Orten die taͤgliche Erfahrung lehret.

3. Das zur Pruͤfung an dem, was vorher-
gehet, gegebne Kennzeichen iſt nun dieſes: da-
ran erkennen wir den Geiſt der Wahr-
heit, und den Geiſt des Jrrthums.

a. Das Erkennen iſt alhier ſoviel, als bey und
nach anbefohlner und getreulich angeſtelleter
Pruͤfung der Geiſter, aus genugſamen Gruͤn-
den, und voͤlliger Uberzeugung einen Schluß
machen zu ſeiner eignen Verwahrung.
b. Der Geiſt der Wahrheit iſt der aus GOtt
geborne, geſalbete, und daher dem Worte der
Wahrheit, daraus er gezeuget iſt Jac. 1, 18. mit
Glauben, Lehr und Leben ergebene Menſch.
Joh. 14, 17. c. 15, 26. wird der Heilige Geiſt
ſelbſt der Geiſt der Wahrheit genennet.
Daraus man die groſſe Ubereinſtimmung, in
welcher die weſentliche Wahrheit mit den lieb-
habern der Wahrheit ſtehet, leichtlich er-
kennet.
c. Der Geiſt des Jrrthums iſt der falſche
Prophet, der nicht aus GOtt iſt, und daher in
der Finſterniß und im Jrrthum, und zwar ei-
nem ſolchen, der auch voller Verfuͤhrung ge-
gen andere iſt, ſein Principium und Nah-
rung hat. Daß πλάνη auch heiſſe ein Betrug,
das ſehe man Matth. 27, 63. 64. Daher auch
ὁ πλάνος iſt ein Verfuͤhrer, oder Betrieger.
2 Cor. 6, 8. 1 Tim. 4, 1. 2 Joh. v. 7. Ein
mehrers gibt der lateiniſche Commentarius.
Hierauf gehet der Apoſtel wieder zur Ermunte-
rung zum rechtſchafnen Ernſt in der Erneu-
erung und zeiget damit an, wie er nicht weni-
ger auf ein heiliges Leben, als auf die reine Leh-
re dringe, wenn er alſo fortfaͤhret:
V. 7. 8.

Jhr Lieben, laſſet uns unter einander
lieb haben: Denn die Liebe iſt von GOtt:
und wer lieb hat, der iſt von GOtt gebo-
[Spaltenumbruch] ren und kennet GOtt. Wer nicht lieb hat, der
kennet GOtt nicht: Denn GOtt iſt die Liebe

Anmerckungen.

1. Der Apoſtel redet ſeiner Art nach die
Glaͤubigen auch alhier aufs liebreichſte an und
da er ſie zur Liebe unter einander ermahnen wolte,
ſo uͤberzeuget er ſie zuvorderſt von der Liebe GOt-
tes und ſeiner, wenn er ſie nennet ἀγαπητοὺς, und
darauf ſaget: ἀγαπῶμεν αλλήλους, Laſſet uns auch
unter einander lieben!

2. An ſtatt des imperativi, oder des auch
wol anderwaͤrtig gebrauchten Befehls, ge-
brauchet der Apoſtel das Wort von der Liebe
Wunſches- und Erweckungs-Weiſe, wenn er
ſpricht: laſſet uns unter einander lieben!
um damit ſeine Liebe in der Materie von der Liebe
zu bezeugen. Da man den Grund von ſolcher
Redens-Art angezeiget findet Philem. v. 8. 9.
Wiewol ich habe groſſe Freudigkeit in
CHriſto, dir zu gebieten, was dir ziemet,
ſo will ich doch um der Liebe willen nur
vermahnen.

3. Die Gruͤnde, welche uns zur Liebe un-
ter einander bewegen ſollen und koͤnnen, nimmt
der Apoſtel her von ihrer Vortreflichkeit, nach
welcher ſie von GOtt iſt, und ein Kennzeichen
abgiebt von der Widergeburt und der Gemein-
ſchaft mit GOtt.

a. Die Liebe iſt von GOtt, der weſentlichen
Liebe, theils nach der Schoͤpfung, da er dem
Menſchen an ſeinem Ebenbilde auch die Liebe
mit anerſchaffen hat; theils nach der Wieder-
geburt, da er durch den Heiligen Geiſt ſeine
Liebe in des Menſchen Hertz ausgieſſet, und ihn
damit zur Liebe nicht allein gegen ſich ſelbſt, ſon-
dern auch gegen ſeinen Naͤchſten kraͤftigſt an-
treibet. Roͤm. 5, 5.
b. Wer lieb hat, der iſt von GOtt gebo-
ren;
ſintemal die Wiedergeburt ſich durch die
Liebe erweiſet, und ſich auch damit von der
blos natuͤrlichen unterſcheidet; als welche noch
nach dem Suͤnden-Falle in der menſchlichen
Geſellſchaft in der Natur des Menſchen uͤbrig
geblieben, aber ſehr unlauter und mangelhaftig
iſt. Und alſo ſaget der Apoſtel mit dieſen letz-
tern Worten ein mehrers, als er vorher geſa-
get hatte; nemlich es ſey nicht allein die Liebe,
ſondern auch der Liebhaber ſelbſt von GOTT,
wie nach der Natur durch die natuͤrliche
Schoͤpfung; alſo auch nach der Gnade, durch
die neue, oder Wiedergeburt.
c. Der Liebende kennet auch GOtt. Denn
mit der Widergeburt gehet in ihm auch ein
goͤttliches Licht im Verſtande auf ſintemal ſie
auf die Veraͤnderung des Willens und Ver-
ſtandes zugleich gehet. Und ſolchergeſtalt gehet
die Erkenntniß GOttes alhier auf den Glauben
und auf die Gemeinſchaft mit GOtt.

4. Was der Apoſtel von der Liebe bezeuget
hat, das ſchaͤrfet er nach ſeiner Schreibart damit
noch mehr ein, wenn er es durch den Gegenſatz er-
laͤutert, und ſpricht: Wer nicht lieb hat, der
kennet GOTT nicht; Denn GOtt iſt die
Liebe.

a. Wer
U u u u 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item>
                  <list>
                    <item><pb facs="#f0711" n="711"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 4. v. 5-8. des er&#x017F;ten Briefes Johannis.</hi></fw><lb/><cb/>
die Lydia, Apo&#x017F;t. Ge&#x017F;ch. 16, 14. das ge-<lb/>
ho&#x0364;rte Wort im go&#x0364;ttlichen Lichte recht ver-<lb/>
&#x017F;tehet, es gla&#x0364;ubig aufnimmt, in &#x017F;ich getreu-<lb/>
lich, als eine theure Beylage, durch den Hei-<lb/>
ligen Gei&#x017F;t bewahret, und es wohl bey &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#aq">digerir</hi>et und anwendet, und &#x017F;olcher ge-<lb/>
&#x017F;talt Frucht bringet &#x1F10;&#x03BD; &#x03C4;&#x1FC7; &#x1F51;&#x03C0;&#x03BF;&#x03BC;&#x03BF;&#x03BD;&#x1FC7;, beharr-<lb/>
lich. 1 The&#x017F;&#x017F;. 2, 13. 2 Tim. 1, 14, 15. Luc. 2, 19.<lb/>
c. 8, 15.</item>
                  </list>
                </item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">d.</hi><hi rendition="#fr">Wer nicht von GOtt i&#x017F;t,</hi> und daher auch<lb/>
GOtt nicht kennet, der ho&#x0364;ret die recht&#x017F;chafnen<lb/>
Lehrer und andere wahre Glieder Chri&#x017F;ti nicht,<lb/>
ja er ho&#x0364;ret &#x017F;ie derge&#x017F;talt nicht, daß er &#x017F;ie auch<lb/>
nicht ho&#x0364;ren und noch viel weniger ihnen folgen<lb/>
will. Und wenn er &#x017F;ie ja a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich ho&#x0364;ret, oder<lb/>
ihre Schriften lie&#x017F;et, &#x017F;o ge&#x017F;chiehet es doch mit<lb/>
einem Unwillen, ja oft mit einem &#x017F;olchen ver-<lb/>
kehrten Sinn und Haß, welcher in viele Wort-<lb/>
Verkeh&#xA75B;ung und fal&#x017F;che Be&#x017F;chuldigungen auch<lb/>
grobe La&#x0364;&#x017F;terungen ausbricht: wie es das Ex-<lb/>
empel der Phari&#x017F;a&#x0364;er und der u&#x0364;brigen Feinde<lb/>
der Wahrheit an CHri&#x017F;to, und &#x017F;einen Apo-<lb/>
&#x017F;teln und andern Zeugen der Wahrheit, und<lb/>
&#x017F;onderlich an Stephano Apo&#x017F;t. Ge&#x017F;ch. 7, 51.<lb/>
u. f. ausgewie&#x017F;en hat, und es noch itzo an man-<lb/>
chen Orten die ta&#x0364;gliche Erfahrung lehret.</item>
              </list><lb/>
              <p>3. Das zur Pru&#x0364;fung an dem, was vorher-<lb/>
gehet, gegebne Kennzeichen i&#x017F;t nun die&#x017F;es: <hi rendition="#fr">da-<lb/>
ran erkennen wir den Gei&#x017F;t der Wahr-<lb/>
heit, und den Gei&#x017F;t des Jrrthums.</hi></p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Das <hi rendition="#fr">Erkennen</hi> i&#x017F;t alhier &#x017F;oviel, als bey und<lb/>
nach anbefohlner und getreulich ange&#x017F;telleter<lb/>
Pru&#x0364;fung der Gei&#x017F;ter, aus genug&#x017F;amen Gru&#x0364;n-<lb/>
den, und vo&#x0364;lliger Uberzeugung einen Schluß<lb/>
machen zu &#x017F;einer eignen Verwahrung.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi><hi rendition="#fr">Der Gei&#x017F;t der Wahrheit</hi> i&#x017F;t der aus GOtt<lb/>
geborne, ge&#x017F;albete, und daher dem Worte der<lb/>
Wahrheit, daraus er gezeuget i&#x017F;t Jac. 1, 18. mit<lb/>
Glauben, Lehr und Leben ergebene Men&#x017F;ch.<lb/>
Joh. 14, 17. c. 15, 26. wird der Heilige Gei&#x017F;t<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Gei&#x017F;t der Wahrheit</hi> genennet.<lb/>
Daraus man die gro&#x017F;&#x017F;e Uberein&#x017F;timmung, in<lb/>
welcher die we&#x017F;entliche Wahrheit mit den lieb-<lb/>
habern der Wahrheit &#x017F;tehet, leichtlich er-<lb/>
kennet.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Der <hi rendition="#fr">Gei&#x017F;t des Jrrthums</hi> i&#x017F;t der fal&#x017F;che<lb/>
Prophet, der nicht aus GOtt i&#x017F;t, und daher in<lb/>
der Fin&#x017F;terniß und im Jrrthum, und zwar ei-<lb/>
nem &#x017F;olchen, der auch voller Verfu&#x0364;hrung ge-<lb/>
gen andere i&#x017F;t, &#x017F;ein <hi rendition="#aq">Principium</hi> und Nah-<lb/>
rung hat. Daß &#x03C0;&#x03BB;&#x03AC;&#x03BD;&#x03B7; auch hei&#x017F;&#x017F;e ein <hi rendition="#fr">Betrug,</hi><lb/>
das &#x017F;ehe man Matth. 27, 63. 64. Daher auch<lb/>
&#x1F41; &#x03C0;&#x03BB;&#x03AC;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; i&#x017F;t ein Verfu&#x0364;hrer, oder Betrieger.<lb/>
2 Cor. 6, 8. 1 Tim. 4, 1. 2 Joh. v. 7. Ein<lb/>
mehrers gibt der lateini&#x017F;che <hi rendition="#aq">Commentarius.</hi><lb/>
Hierauf gehet der Apo&#x017F;tel wieder zur Ermunte-<lb/>
rung zum recht&#x017F;chafnen Ern&#x017F;t in der Erneu-<lb/>
erung und zeiget damit an, wie er nicht weni-<lb/>
ger auf ein heiliges Leben, als auf die reine Leh-<lb/>
re dringe, wenn er al&#x017F;o fortfa&#x0364;hret:</item>
              </list>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 7. 8.</hi> </head><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Jhr Lieben, la&#x017F;&#x017F;et uns unter einander<lb/>
lieb haben: Denn die Liebe i&#x017F;t von GOtt:<lb/>
und wer lieb hat, der i&#x017F;t von GOtt gebo-<lb/><cb/>
ren und kennet GOtt. Wer nicht lieb hat, der<lb/>
kennet GOtt nicht: Denn GOtt i&#x017F;t die Liebe</hi> </p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Der Apo&#x017F;tel redet &#x017F;einer Art nach die<lb/>
Gla&#x0364;ubigen auch alhier aufs liebreich&#x017F;te an und<lb/>
da er &#x017F;ie zur Liebe unter einander ermahnen wolte,<lb/>
&#x017F;o u&#x0364;berzeuget er &#x017F;ie zuvorder&#x017F;t von der Liebe GOt-<lb/>
tes und &#x017F;einer, wenn er &#x017F;ie nennet &#x1F00;&#x03B3;&#x03B1;&#x03C0;&#x03B7;&#x03C4;&#x03BF;&#x1F7A;&#x03C2;, und<lb/>
darauf &#x017F;aget: &#x1F00;&#x03B3;&#x03B1;&#x03C0;&#x1FF6;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD; &#x03B1;&#x03BB;&#x03BB;&#x03AE;&#x03BB;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C2;, <hi rendition="#fr">La&#x017F;&#x017F;et uns auch<lb/>
unter einander lieben!</hi></p><lb/>
              <p>2. An &#x017F;tatt des <hi rendition="#aq">imperativi,</hi> oder des auch<lb/>
wol anderwa&#x0364;rtig gebrauchten Befehls, ge-<lb/>
brauchet der Apo&#x017F;tel das Wort von der Liebe<lb/>
Wun&#x017F;ches- und Erweckungs-Wei&#x017F;e, wenn er<lb/>
&#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">la&#x017F;&#x017F;et uns unter einander lieben!</hi><lb/>
um damit &#x017F;eine Liebe in der Materie von der Liebe<lb/>
zu bezeugen. Da man den Grund von &#x017F;olcher<lb/>
Redens-Art angezeiget findet Philem. v. 8. 9.<lb/><hi rendition="#fr">Wiewol ich habe gro&#x017F;&#x017F;e Freudigkeit in<lb/>
CHri&#x017F;to, dir zu gebieten, was dir ziemet,<lb/>
&#x017F;o will ich doch um der Liebe willen nur<lb/>
vermahnen.</hi></p><lb/>
              <p>3. Die Gru&#x0364;nde, welche uns zur Liebe un-<lb/>
ter einander bewegen &#x017F;ollen und ko&#x0364;nnen, nimmt<lb/>
der Apo&#x017F;tel her von ihrer Vortreflichkeit, nach<lb/>
welcher &#x017F;ie von GOtt i&#x017F;t, und ein Kennzeichen<lb/>
abgiebt von der Widergeburt und der Gemein-<lb/>
&#x017F;chaft mit GOtt.</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi><hi rendition="#fr">Die Liebe i&#x017F;t von GOtt,</hi> der we&#x017F;entlichen<lb/>
Liebe, theils nach der Scho&#x0364;pfung, da er dem<lb/>
Men&#x017F;chen an &#x017F;einem Ebenbilde auch die Liebe<lb/>
mit aner&#x017F;chaffen hat; theils nach der Wieder-<lb/>
geburt, da er durch den Heiligen Gei&#x017F;t &#x017F;eine<lb/>
Liebe in des Men&#x017F;chen Hertz ausgie&#x017F;&#x017F;et, und ihn<lb/>
damit zur Liebe nicht allein gegen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;on-<lb/>
dern auch gegen &#x017F;einen Na&#x0364;ch&#x017F;ten kra&#x0364;ftig&#x017F;t an-<lb/>
treibet. Ro&#x0364;m. 5, 5.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi><hi rendition="#fr">Wer lieb hat, der i&#x017F;t von GOtt gebo-<lb/>
ren;</hi> &#x017F;intemal die Wiedergeburt &#x017F;ich durch die<lb/>
Liebe erwei&#x017F;et, und &#x017F;ich auch damit von der<lb/>
blos natu&#x0364;rlichen unter&#x017F;cheidet; als welche noch<lb/>
nach dem Su&#x0364;nden-Falle in der men&#x017F;chlichen<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in der Natur des Men&#x017F;chen u&#x0364;brig<lb/>
geblieben, aber &#x017F;ehr unlauter und mangelhaftig<lb/>
i&#x017F;t. Und al&#x017F;o &#x017F;aget der Apo&#x017F;tel mit die&#x017F;en letz-<lb/>
tern Worten ein mehrers, als er vorher ge&#x017F;a-<lb/>
get hatte; nemlich es &#x017F;ey nicht allein die Liebe,<lb/>
&#x017F;ondern auch der Liebhaber &#x017F;elb&#x017F;t von GOTT,<lb/>
wie nach der Natur durch die natu&#x0364;rliche<lb/>
Scho&#x0364;pfung; al&#x017F;o auch nach der Gnade, durch<lb/>
die neue, oder Wiedergeburt.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Der Liebende <hi rendition="#fr">kennet auch GOtt.</hi> Denn<lb/>
mit der Widergeburt gehet in ihm auch ein<lb/>
go&#x0364;ttliches Licht im Ver&#x017F;tande auf &#x017F;intemal &#x017F;ie<lb/>
auf die Vera&#x0364;nderung des Willens und Ver-<lb/>
&#x017F;tandes zugleich gehet. Und &#x017F;olcherge&#x017F;talt gehet<lb/>
die Erkenntniß GOttes alhier auf den Glauben<lb/>
und auf die Gemein&#x017F;chaft mit GOtt.</item>
              </list><lb/>
              <p>4. Was der Apo&#x017F;tel von der Liebe bezeuget<lb/>
hat, das &#x017F;cha&#x0364;rfet er nach &#x017F;einer Schreibart damit<lb/>
noch mehr ein, wenn er es durch den Gegen&#x017F;atz er-<lb/>
la&#x0364;utert, und &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Wer nicht lieb hat, der<lb/>
kennet GOTT nicht; Denn GOtt i&#x017F;t die<lb/>
Liebe.</hi></p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">U u u u 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">a.</hi> <hi rendition="#fr">Wer</hi> </fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[711/0711] Cap. 4. v. 5-8. des erſten Briefes Johannis. die Lydia, Apoſt. Geſch. 16, 14. das ge- hoͤrte Wort im goͤttlichen Lichte recht ver- ſtehet, es glaͤubig aufnimmt, in ſich getreu- lich, als eine theure Beylage, durch den Hei- ligen Geiſt bewahret, und es wohl bey ſich digeriret und anwendet, und ſolcher ge- ſtalt Frucht bringet ἐν τῇ ὑπομονῇ, beharr- lich. 1 Theſſ. 2, 13. 2 Tim. 1, 14, 15. Luc. 2, 19. c. 8, 15. d. Wer nicht von GOtt iſt, und daher auch GOtt nicht kennet, der hoͤret die rechtſchafnen Lehrer und andere wahre Glieder Chriſti nicht, ja er hoͤret ſie dergeſtalt nicht, daß er ſie auch nicht hoͤren und noch viel weniger ihnen folgen will. Und wenn er ſie ja aͤuſſerlich hoͤret, oder ihre Schriften lieſet, ſo geſchiehet es doch mit einem Unwillen, ja oft mit einem ſolchen ver- kehrten Sinn und Haß, welcher in viele Wort- Verkehꝛung und falſche Beſchuldigungen auch grobe Laͤſterungen ausbricht: wie es das Ex- empel der Phariſaͤer und der uͤbrigen Feinde der Wahrheit an CHriſto, und ſeinen Apo- ſteln und andern Zeugen der Wahrheit, und ſonderlich an Stephano Apoſt. Geſch. 7, 51. u. f. ausgewieſen hat, und es noch itzo an man- chen Orten die taͤgliche Erfahrung lehret. 3. Das zur Pruͤfung an dem, was vorher- gehet, gegebne Kennzeichen iſt nun dieſes: da- ran erkennen wir den Geiſt der Wahr- heit, und den Geiſt des Jrrthums. a. Das Erkennen iſt alhier ſoviel, als bey und nach anbefohlner und getreulich angeſtelleter Pruͤfung der Geiſter, aus genugſamen Gruͤn- den, und voͤlliger Uberzeugung einen Schluß machen zu ſeiner eignen Verwahrung. b. Der Geiſt der Wahrheit iſt der aus GOtt geborne, geſalbete, und daher dem Worte der Wahrheit, daraus er gezeuget iſt Jac. 1, 18. mit Glauben, Lehr und Leben ergebene Menſch. Joh. 14, 17. c. 15, 26. wird der Heilige Geiſt ſelbſt der Geiſt der Wahrheit genennet. Daraus man die groſſe Ubereinſtimmung, in welcher die weſentliche Wahrheit mit den lieb- habern der Wahrheit ſtehet, leichtlich er- kennet. c. Der Geiſt des Jrrthums iſt der falſche Prophet, der nicht aus GOtt iſt, und daher in der Finſterniß und im Jrrthum, und zwar ei- nem ſolchen, der auch voller Verfuͤhrung ge- gen andere iſt, ſein Principium und Nah- rung hat. Daß πλάνη auch heiſſe ein Betrug, das ſehe man Matth. 27, 63. 64. Daher auch ὁ πλάνος iſt ein Verfuͤhrer, oder Betrieger. 2 Cor. 6, 8. 1 Tim. 4, 1. 2 Joh. v. 7. Ein mehrers gibt der lateiniſche Commentarius. Hierauf gehet der Apoſtel wieder zur Ermunte- rung zum rechtſchafnen Ernſt in der Erneu- erung und zeiget damit an, wie er nicht weni- ger auf ein heiliges Leben, als auf die reine Leh- re dringe, wenn er alſo fortfaͤhret: V. 7. 8. Jhr Lieben, laſſet uns unter einander lieb haben: Denn die Liebe iſt von GOtt: und wer lieb hat, der iſt von GOtt gebo- ren und kennet GOtt. Wer nicht lieb hat, der kennet GOtt nicht: Denn GOtt iſt die Liebe Anmerckungen. 1. Der Apoſtel redet ſeiner Art nach die Glaͤubigen auch alhier aufs liebreichſte an und da er ſie zur Liebe unter einander ermahnen wolte, ſo uͤberzeuget er ſie zuvorderſt von der Liebe GOt- tes und ſeiner, wenn er ſie nennet ἀγαπητοὺς, und darauf ſaget: ἀγαπῶμεν αλλήλους, Laſſet uns auch unter einander lieben! 2. An ſtatt des imperativi, oder des auch wol anderwaͤrtig gebrauchten Befehls, ge- brauchet der Apoſtel das Wort von der Liebe Wunſches- und Erweckungs-Weiſe, wenn er ſpricht: laſſet uns unter einander lieben! um damit ſeine Liebe in der Materie von der Liebe zu bezeugen. Da man den Grund von ſolcher Redens-Art angezeiget findet Philem. v. 8. 9. Wiewol ich habe groſſe Freudigkeit in CHriſto, dir zu gebieten, was dir ziemet, ſo will ich doch um der Liebe willen nur vermahnen. 3. Die Gruͤnde, welche uns zur Liebe un- ter einander bewegen ſollen und koͤnnen, nimmt der Apoſtel her von ihrer Vortreflichkeit, nach welcher ſie von GOtt iſt, und ein Kennzeichen abgiebt von der Widergeburt und der Gemein- ſchaft mit GOtt. a. Die Liebe iſt von GOtt, der weſentlichen Liebe, theils nach der Schoͤpfung, da er dem Menſchen an ſeinem Ebenbilde auch die Liebe mit anerſchaffen hat; theils nach der Wieder- geburt, da er durch den Heiligen Geiſt ſeine Liebe in des Menſchen Hertz ausgieſſet, und ihn damit zur Liebe nicht allein gegen ſich ſelbſt, ſon- dern auch gegen ſeinen Naͤchſten kraͤftigſt an- treibet. Roͤm. 5, 5. b. Wer lieb hat, der iſt von GOtt gebo- ren; ſintemal die Wiedergeburt ſich durch die Liebe erweiſet, und ſich auch damit von der blos natuͤrlichen unterſcheidet; als welche noch nach dem Suͤnden-Falle in der menſchlichen Geſellſchaft in der Natur des Menſchen uͤbrig geblieben, aber ſehr unlauter und mangelhaftig iſt. Und alſo ſaget der Apoſtel mit dieſen letz- tern Worten ein mehrers, als er vorher geſa- get hatte; nemlich es ſey nicht allein die Liebe, ſondern auch der Liebhaber ſelbſt von GOTT, wie nach der Natur durch die natuͤrliche Schoͤpfung; alſo auch nach der Gnade, durch die neue, oder Wiedergeburt. c. Der Liebende kennet auch GOtt. Denn mit der Widergeburt gehet in ihm auch ein goͤttliches Licht im Verſtande auf ſintemal ſie auf die Veraͤnderung des Willens und Ver- ſtandes zugleich gehet. Und ſolchergeſtalt gehet die Erkenntniß GOttes alhier auf den Glauben und auf die Gemeinſchaft mit GOtt. 4. Was der Apoſtel von der Liebe bezeuget hat, das ſchaͤrfet er nach ſeiner Schreibart damit noch mehr ein, wenn er es durch den Gegenſatz er- laͤutert, und ſpricht: Wer nicht lieb hat, der kennet GOTT nicht; Denn GOtt iſt die Liebe. a. Wer U u u u 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/711
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/711>, abgerufen am 24.11.2024.