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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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V. 3. 4. des andern Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch]

8. Hat mancher keine Gnade bey Men-
schen, oder er verlieret sie, entweder aus einigem
Versehen, oder ohne Schuld, und wird dar-
über unzufrieden und beunruhiget; so lasse er
es sich dazu dienen, daß er sich in die Gnade
und in den Frieden bey GOtt desto vester setze.
Hat er aber jene, so nehme er seiner ja wohl
wahr, daß er durch jener Bewahrung die-
se bey GOtt nicht verliere: Wie gar leicht ge-
schehen kan, sonderlich wo sie groß und dabey
sehr verleitend ist.

9. Die von CHristo gebrauchte Worte
führen uns

a. Auf seine Person, und darinnen,
a. Auf seine göttliche Natur: nach wel-
cher er ist der HErr, der Iehovah, und
der wesentliche Sohn GOttes, auch sich
als wahren GOTT in dem Wercke der
Seligkeit, davon er JEsus heißt, erweiset,
und daher auch die Gnade und den Frie-
den, als der Erwerber und Geber, sowol
mittheilet als der Vater.
b. Auf seine menschliche Natur, nach
welcher er alhier heißt CHristus, der Mes-
sias,
oder gesalbete: sintemal die mensch-
liche Natur durch die Salbung alle Fülle
der Gottheit also empfangen hat, daß sie
in ihm leibhaftig wohnet. Ps. 45, 8. Hebr.
c. 1, 9. Col. c. 1, 19. c. 2, 17.
g. Auf die Vereinigung beyder Natu-
ren,
in einer Person: wie wir denn nur
eine Person haben, welche der HErr und
CHristus, GOttes und Menschen Sohn,
und also ein wahrer GOtt und Mensch
ist.
b. Auf sein Mittler-Amt: als davon er den
Namen Christi, oder des Meßiä und
JEsu, oder eines Heilandes, führet,

10. Des Heiligen Geistes geschiehet al-
hier deswegen keine Meldung, weil von dem
Geheimniß der Heiligen Dreyeinigkeit die Re-
de nicht ist, die gläubige Matrone auch mit ih-
ren Kindern davon nicht erst durfte unterrich-
tet werden; sondern gar wohl wuste, daß, wo
Gnade und Friede ist von dem Vater und
Sohne, alda auch beydes sey von dem Heili-
gen Geiste, als dem Geiste des Vaters und
des Sohnes nach der Einigkeit des Göttlichen
Wesens; als der den Sohn, und in ihm auch
den Vater durch die Zueignung der Gnade
und des Friedens in den Gläubigen verkläret.
Joh. c. 16, 14.

11. Mit den Worten: in der Wahr-
heit und in der Liebe
wird ge-
sehen auf den Zustand, worinnen die gläubi-
ge Frau mit ihren Kindern stunde, und also
auch auf die Ordnung, in welcher sie der Gna-
de, der Barmhertzigkeit und des Friedens kön-
ten und solten theilhaftig bleiben, nemlich bey
dem Evangelio von CHristo, und also bey dem
Glauben, welcher mit dem Evangelio lauter
Wahrheit ist; wie auch in der Ubung der Lie-
be, oder in dem gantzen Lauffe der Erneu-
rung.

12. Da alhier Wahrheit und Liebe a-
[Spaltenumbruch] bermal beyeinander stehn, wie v. 1. so hat man
sich beyder allezeit unzertrennlich zu befleißigen.
Denn Wahrheit ohne Liebe findet auch bey
Menschen keinen rechten Eingang: und hinge-
gegen ist Liebe ohne Wahrheit keinesweges
rechter Art, sondern den Früchten gleich, wel-
che aus den wilden Obst-Bäumen im Walde
wachsen. Paulus setzet Eph. c. 4, 15. bey-
des gar schön bey einander in der nachdrücklichen
Redens-Art aletheuein en agape, rechtschaffen seyn
in der Liebe.

13. Wer sich den Apostolischen Seegens-
Gruß von Gnade, Barmhertzigkeit und Frieden
will anmassen, der sehe ja zu, daß es geschehe in
der angezeigten Ordnung der Wahrheit und
der Liebe, oder des rechtschaffenen und thäti-
gen Christenthums.

V. 4.

Jch bin sehr erfreuet, daß ich fun-
den habe unter deinen Kindern, die in
der Wahrheit wandeln; wie denn wir
ein Gebot vom Vater empfangen ha-
ben.

Anmerckungen.

1. Der Apostel gedencket nicht aller
Kinder, sondern nur etlicher von dieser Ma-
tron.
Daher es wohl seyn kan, daß nicht
alle von gleicher Art gewesen sind: wie denn es
gar selten geschiehet, daß gottselige Eltern ihr,
oder vielmehr, des HErrn JEsu, geistliches
Ebenbild bey allen ihren Kindern ohne Unter-
scheid sehen, und von manchen mit vielem
Kummer das Gegentheil erfahren, und in der
Gedult ihre wahre Besserung erwarten müs-
sen. Es läßt sich doch aber von den Kindern
dieser Matrone nicht gewisse sagen, daß nur
etliche sind rechtschaffen gewesen, da er vorher
ihrer Kinder überhaupt im besten gedacht hat.
Denn es kan seyn, daß einige von ihnen ent-
weder ihrer Erbauung wegen, oder auch bey
Gelegenheit äusserlicher Geschäfte nach Ephe-
sus,
woselbst sich Johannes die meiste Zeit auf-
gehalten hat, gekommen und daselbst mit ihm
zu ihrer Erbauung vor den übrigen Kindern
bekannt worden sind, und daher der Apostel
eigentlich auf diese gesehen habe. Und also
läßt sich auch das Wort eureka, ich habe gesun-
den, am besten erklären. Vielleicht hat ihnen
der Apostel bey ihrem Abschiede diesen Brief
an ihre Mutter mit gegeben.

2. Die Redens-Art, in der Wahrheit
wandeln,
ist von grossem Nachdrucke. Denn
darinn wird die Erkenntniß des Verstandes
mit der Treue des Willens aufs genaueste ver-
knüpffet, und angezeiget, wozu uns alle er-
kannte Wahrheit bringen solle, nemlich zum
göttlichen Wandel. Wie man denn auch die
Wahrheit nicht einmal recht kan erkennen ler-
nen, wo man nicht darinnen getreulich wan-
delt, eben so wenig, als man eines Weges
daher recht kundig wird, wenn man ihn nicht
selbst gehet, sondern sich ihn nur von andern
beschreiben läßt.

3. Ein
B b b b b
V. 3. 4. des andern Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch]

8. Hat mancher keine Gnade bey Men-
ſchen, oder er verlieret ſie, entweder aus einigem
Verſehen, oder ohne Schuld, und wird dar-
uͤber unzufrieden und beunruhiget; ſo laſſe er
es ſich dazu dienen, daß er ſich in die Gnade
und in den Frieden bey GOtt deſto veſter ſetze.
Hat er aber jene, ſo nehme er ſeiner ja wohl
wahr, daß er durch jener Bewahrung die-
ſe bey GOtt nicht verliere: Wie gar leicht ge-
ſchehen kan, ſonderlich wo ſie groß und dabey
ſehr verleitend iſt.

9. Die von CHriſto gebrauchte Worte
fuͤhren uns

a. Auf ſeine Perſon, und darinnen,
α. Auf ſeine goͤttliche Natur: nach wel-
cher er iſt der HErr, der Iehovah, und
der weſentliche Sohn GOttes, auch ſich
als wahren GOTT in dem Wercke der
Seligkeit, davon er JEſus heißt, erweiſet,
und daher auch die Gnade und den Frie-
den, als der Erwerber und Geber, ſowol
mittheilet als der Vater.
β. Auf ſeine menſchliche Natur, nach
welcher er alhier heißt CHriſtus, der Mes-
ſias,
oder geſalbete: ſintemal die menſch-
liche Natur durch die Salbung alle Fuͤlle
der Gottheit alſo empfangen hat, daß ſie
in ihm leibhaftig wohnet. Pſ. 45, 8. Hebr.
c. 1, 9. Col. c. 1, 19. c. 2, 17.
γ. Auf die Vereinigung beyder Natu-
ren,
in einer Perſon: wie wir denn nur
eine Perſon haben, welche der HErr und
CHriſtus, GOttes und Menſchen Sohn,
und alſo ein wahrer GOtt und Menſch
iſt.
b. Auf ſein Mittler-Amt: als davon er den
Namen Chriſti, oder des Meßiaͤ und
JEſu, oder eines Heilandes, fuͤhret,

10. Des Heiligen Geiſtes geſchiehet al-
hier deswegen keine Meldung, weil von dem
Geheimniß der Heiligen Dreyeinigkeit die Re-
de nicht iſt, die glaͤubige Matrone auch mit ih-
ren Kindern davon nicht erſt durfte unterrich-
tet werden; ſondern gar wohl wuſte, daß, wo
Gnade und Friede iſt von dem Vater und
Sohne, alda auch beydes ſey von dem Heili-
gen Geiſte, als dem Geiſte des Vaters und
des Sohnes nach der Einigkeit des Goͤttlichen
Weſens; als der den Sohn, und in ihm auch
den Vater durch die Zueignung der Gnade
und des Friedens in den Glaͤubigen verklaͤret.
Joh. c. 16, 14.

11. Mit den Worten: in der Wahr-
heit und in der Liebe
wird ge-
ſehen auf den Zuſtand, worinnen die glaͤubi-
ge Frau mit ihren Kindern ſtunde, und alſo
auch auf die Ordnung, in welcher ſie der Gna-
de, der Barmhertzigkeit und des Friedens koͤn-
ten und ſolten theilhaftig bleiben, nemlich bey
dem Evangelio von CHriſto, und alſo bey dem
Glauben, welcher mit dem Evangelio lauter
Wahrheit iſt; wie auch in der Ubung der Lie-
be, oder in dem gantzen Lauffe der Erneu-
rung.

12. Da alhier Wahrheit und Liebe a-
[Spaltenumbruch] bermal beyeinander ſtehn, wie v. 1. ſo hat man
ſich beyder allezeit unzertrennlich zu befleißigen.
Denn Wahrheit ohne Liebe findet auch bey
Menſchen keinen rechten Eingang: und hinge-
gegen iſt Liebe ohne Wahrheit keinesweges
rechter Art, ſondern den Fruͤchten gleich, wel-
che aus den wilden Obſt-Baͤumen im Walde
wachſen. Paulus ſetzet Eph. c. 4, 15. bey-
des gar ſchoͤn bey einander in der nachdruͤcklichen
Redens-Art ἁληϑέυειν ἐν ἀγάπη, rechtſchaffen ſeyn
in der Liebe.

13. Wer ſich den Apoſtoliſchen Seegens-
Gruß von Gnade, Barmhertzigkeit und Friedẽ
will anmaſſen, der ſehe ja zu, daß es geſchehe in
der angezeigten Ordnung der Wahrheit und
der Liebe, oder des rechtſchaffenen und thaͤti-
gen Chriſtenthums.

V. 4.

Jch bin ſehr erfreuet, daß ich fun-
den habe unter deinen Kindern, die in
der Wahrheit wandeln; wie denn wir
ein Gebot vom Vater empfangen ha-
ben.

Anmerckungen.

1. Der Apoſtel gedencket nicht aller
Kinder, ſondern nur etlicher von dieſer Ma-
tron.
Daher es wohl ſeyn kan, daß nicht
alle von gleicher Art geweſen ſind: wie denn es
gar ſelten geſchiehet, daß gottſelige Eltern ihr,
oder vielmehr, des HErrn JEſu, geiſtliches
Ebenbild bey allen ihren Kindern ohne Unter-
ſcheid ſehen, und von manchen mit vielem
Kummer das Gegentheil erfahren, und in der
Gedult ihre wahre Beſſerung erwarten muͤſ-
ſen. Es laͤßt ſich doch aber von den Kindern
dieſer Matrone nicht gewiſſe ſagen, daß nur
etliche ſind rechtſchaffen geweſen, da er vorher
ihrer Kinder uͤberhaupt im beſten gedacht hat.
Denn es kan ſeyn, daß einige von ihnen ent-
weder ihrer Erbauung wegen, oder auch bey
Gelegenheit aͤuſſerlicher Geſchaͤfte nach Ephe-
ſus,
woſelbſt ſich Johannes die meiſte Zeit auf-
gehalten hat, gekommen und daſelbſt mit ihm
zu ihrer Erbauung vor den uͤbrigen Kindern
bekannt worden ſind, und daher der Apoſtel
eigentlich auf dieſe geſehen habe. Und alſo
laͤßt ſich auch das Wort ἕυρηκα, ich habe geſun-
den, am beſten erklaͤren. Vielleicht hat ihnen
der Apoſtel bey ihrem Abſchiede dieſen Brief
an ihre Mutter mit gegeben.

2. Die Redens-Art, in der Wahrheit
wandeln,
iſt von groſſem Nachdrucke. Denn
darinn wird die Erkenntniß des Verſtandes
mit der Treue des Willens aufs genaueſte ver-
knuͤpffet, und angezeiget, wozu uns alle er-
kannte Wahrheit bringen ſolle, nemlich zum
goͤttlichen Wandel. Wie man denn auch die
Wahrheit nicht einmal recht kan erkennen ler-
nen, wo man nicht darinnen getreulich wan-
delt, eben ſo wenig, als man eines Weges
daher recht kundig wird, wenn man ihn nicht
ſelbſt gehet, ſondern ſich ihn nur von andern
beſchreiben laͤßt.

3. Ein
B b b b b
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[747/0747] V. 3. 4. des andern Briefes Johannis. 8. Hat mancher keine Gnade bey Men- ſchen, oder er verlieret ſie, entweder aus einigem Verſehen, oder ohne Schuld, und wird dar- uͤber unzufrieden und beunruhiget; ſo laſſe er es ſich dazu dienen, daß er ſich in die Gnade und in den Frieden bey GOtt deſto veſter ſetze. Hat er aber jene, ſo nehme er ſeiner ja wohl wahr, daß er durch jener Bewahrung die- ſe bey GOtt nicht verliere: Wie gar leicht ge- ſchehen kan, ſonderlich wo ſie groß und dabey ſehr verleitend iſt. 9. Die von CHriſto gebrauchte Worte fuͤhren uns a. Auf ſeine Perſon, und darinnen, α. Auf ſeine goͤttliche Natur: nach wel- cher er iſt der HErr, der Iehovah, und der weſentliche Sohn GOttes, auch ſich als wahren GOTT in dem Wercke der Seligkeit, davon er JEſus heißt, erweiſet, und daher auch die Gnade und den Frie- den, als der Erwerber und Geber, ſowol mittheilet als der Vater. β. Auf ſeine menſchliche Natur, nach welcher er alhier heißt CHriſtus, der Mes- ſias, oder geſalbete: ſintemal die menſch- liche Natur durch die Salbung alle Fuͤlle der Gottheit alſo empfangen hat, daß ſie in ihm leibhaftig wohnet. Pſ. 45, 8. Hebr. c. 1, 9. Col. c. 1, 19. c. 2, 17. γ. Auf die Vereinigung beyder Natu- ren, in einer Perſon: wie wir denn nur eine Perſon haben, welche der HErr und CHriſtus, GOttes und Menſchen Sohn, und alſo ein wahrer GOtt und Menſch iſt. b. Auf ſein Mittler-Amt: als davon er den Namen Chriſti, oder des Meßiaͤ und JEſu, oder eines Heilandes, fuͤhret, 10. Des Heiligen Geiſtes geſchiehet al- hier deswegen keine Meldung, weil von dem Geheimniß der Heiligen Dreyeinigkeit die Re- de nicht iſt, die glaͤubige Matrone auch mit ih- ren Kindern davon nicht erſt durfte unterrich- tet werden; ſondern gar wohl wuſte, daß, wo Gnade und Friede iſt von dem Vater und Sohne, alda auch beydes ſey von dem Heili- gen Geiſte, als dem Geiſte des Vaters und des Sohnes nach der Einigkeit des Goͤttlichen Weſens; als der den Sohn, und in ihm auch den Vater durch die Zueignung der Gnade und des Friedens in den Glaͤubigen verklaͤret. Joh. c. 16, 14. 11. Mit den Worten: in der Wahr- heit und in der Liebe wird ge- ſehen auf den Zuſtand, worinnen die glaͤubi- ge Frau mit ihren Kindern ſtunde, und alſo auch auf die Ordnung, in welcher ſie der Gna- de, der Barmhertzigkeit und des Friedens koͤn- ten und ſolten theilhaftig bleiben, nemlich bey dem Evangelio von CHriſto, und alſo bey dem Glauben, welcher mit dem Evangelio lauter Wahrheit iſt; wie auch in der Ubung der Lie- be, oder in dem gantzen Lauffe der Erneu- rung. 12. Da alhier Wahrheit und Liebe a- bermal beyeinander ſtehn, wie v. 1. ſo hat man ſich beyder allezeit unzertrennlich zu befleißigen. Denn Wahrheit ohne Liebe findet auch bey Menſchen keinen rechten Eingang: und hinge- gegen iſt Liebe ohne Wahrheit keinesweges rechter Art, ſondern den Fruͤchten gleich, wel- che aus den wilden Obſt-Baͤumen im Walde wachſen. Paulus ſetzet Eph. c. 4, 15. bey- des gar ſchoͤn bey einander in der nachdruͤcklichen Redens-Art ἁληϑέυειν ἐν ἀγάπη, rechtſchaffen ſeyn in der Liebe. 13. Wer ſich den Apoſtoliſchen Seegens- Gruß von Gnade, Barmhertzigkeit und Friedẽ will anmaſſen, der ſehe ja zu, daß es geſchehe in der angezeigten Ordnung der Wahrheit und der Liebe, oder des rechtſchaffenen und thaͤti- gen Chriſtenthums. V. 4. Jch bin ſehr erfreuet, daß ich fun- den habe unter deinen Kindern, die in der Wahrheit wandeln; wie denn wir ein Gebot vom Vater empfangen ha- ben. Anmerckungen. 1. Der Apoſtel gedencket nicht aller Kinder, ſondern nur etlicher von dieſer Ma- tron. Daher es wohl ſeyn kan, daß nicht alle von gleicher Art geweſen ſind: wie denn es gar ſelten geſchiehet, daß gottſelige Eltern ihr, oder vielmehr, des HErrn JEſu, geiſtliches Ebenbild bey allen ihren Kindern ohne Unter- ſcheid ſehen, und von manchen mit vielem Kummer das Gegentheil erfahren, und in der Gedult ihre wahre Beſſerung erwarten muͤſ- ſen. Es laͤßt ſich doch aber von den Kindern dieſer Matrone nicht gewiſſe ſagen, daß nur etliche ſind rechtſchaffen geweſen, da er vorher ihrer Kinder uͤberhaupt im beſten gedacht hat. Denn es kan ſeyn, daß einige von ihnen ent- weder ihrer Erbauung wegen, oder auch bey Gelegenheit aͤuſſerlicher Geſchaͤfte nach Ephe- ſus, woſelbſt ſich Johannes die meiſte Zeit auf- gehalten hat, gekommen und daſelbſt mit ihm zu ihrer Erbauung vor den uͤbrigen Kindern bekannt worden ſind, und daher der Apoſtel eigentlich auf dieſe geſehen habe. Und alſo laͤßt ſich auch das Wort ἕυρηκα, ich habe geſun- den, am beſten erklaͤren. Vielleicht hat ihnen der Apoſtel bey ihrem Abſchiede dieſen Brief an ihre Mutter mit gegeben. 2. Die Redens-Art, in der Wahrheit wandeln, iſt von groſſem Nachdrucke. Denn darinn wird die Erkenntniß des Verſtandes mit der Treue des Willens aufs genaueſte ver- knuͤpffet, und angezeiget, wozu uns alle er- kannte Wahrheit bringen ſolle, nemlich zum goͤttlichen Wandel. Wie man denn auch die Wahrheit nicht einmal recht kan erkennen ler- nen, wo man nicht darinnen getreulich wan- delt, eben ſo wenig, als man eines Weges daher recht kundig wird, wenn man ihn nicht ſelbſt gehet, ſondern ſich ihn nur von andern beſchreiben laͤßt. 3. Ein B b b b b

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 747. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/747>, abgerufen am 24.11.2024.