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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung
[Spaltenumbruch]
Erklärung
Des
Briefes Judä.
Historische Nachricht
Von
Diesem Briefe,
nebst der
Exegetischen Einleitung.

§. I.

DEr Urheber dieses Briefes ist der
Apostel Judas, welcher sich,
wie Jacobus c. 1, 1. in der Zu-
schrift selbst einen Knecht JEsu
CHristi und einen Bruder Ja-
cobi
nennet, nemlich des Jün-
gern, von dem wir den bekannten Brief
haben. Er heißt sonst auch Lebbaeus,
mit dem Zunamen Thaddaeus, Alphaei Sohn
Matth. 10, 3. und Ap. Gesch. 1, 13. an welchem
letztern Orte er Judas Jacobi, nemlich Bruder,
heißt, zum Unterscheide Judä Jscharioth, des
Verräthers Matth. 10, 4.

§ II. Die Auctoritaet, oder das Ansehen
und die Gültigkeit dieses Briefes richtet sich nach
dem Auctore. Denn da dieser ein Apostel des
Herrn gewesen, auch von der ersten Kirche dafür
erkannt worden, und also mit dem Heiligen
Geiste in einem besondern hohen Maße ist gesal-
bet gewesen, und die Verheissung mit den übri-
gen gehabt, daß ihm solte gegeben werden das
pos und ti wie und was sie reden, und folglich
auch schreiben solten Matth. 10, 19. 20. so ist sein
Brief daher canonisch, das ist, von der Gül-
tigkeit, daß er nebst andern uns zur Regel un-
sers Glaubens und Lebens dienet. Und dazu ist
er auch von der ersten Kirche angenommen wor-
den, ob er gleich nicht sobald aller Orten dafür
bekannt werden konte. Davon man den sel. D.
Abrahamum Calovium
in den Bibliis Illu-
stratis
nachschlagen kan.

§. III. Die Gemeine/ an welche dieser
Brief zu erst geschicket worden, ist nicht benennet.
Und ob er denn gleich anfangs nur einer gewissen
Gemeine, und darinnen einigen gewissen Per-
sonen kan zugeschicket worden seyn; so ist er doch
für die gantze Kirche geschrieben; zuvorderst für
die in Orient, von welcher er auch den übrigen in
der gantzen Welt zerstreueten Gemeinen durch
sorgfältige Abschriften ist communiciret wor-
den.

§. IV. Der Ort/ wo, und die Zeit/
wenn er geschrieben, läßt sich nicht benennen.
Daß er aber in die letztere Zeiten der Apostel zu
[Spaltenumbruch] setzen sey, das läßt sich aus dem Jnhalte schliessen.
Denn der Apostel gedencket darinnen, wie auch
Petrus in seinem ander Briefe, unter den Leh-
rern solcher verführischen Geister, welche nachdem
schon ausgebreiteten Evangelio in mehrer Anzahl
hervorgekommen waren und hin und wieder die
gepflantzten Gemeinen zerrüttet hatten. So be-
ziehet er sich auch v. 17. ausdrücklich auf die Zeug-
nisse der Apostel JEsu Christi, welche die Gläu-
bigen schon vorhin gehöret hätten. Und da es
dem H. Geiste beliebet hat, aus dem andern Capi-
pitel des Briefes Petri, zu desto mehrer Uber-
zeugung der Gläubigen, unterschiedliches in die-
sem Briefe zu wiederholen; so ist er wol nach
demselben geschrieben: wiwol man auch sagen
kan, daß die mit jenem Briefe übereinstimmen-
de Sachen auch ohne Wiederholung in diesen
aus der Eingebung des Heiligen, Geistes mit ein-
geflossen seyn.

§. V. die Veranlassung/ ist dem Apo-
stel wol fürnemlich von den verführischen Lehrern
gegeben worden. Denn er gedencket ihrer, in
dem sonst gar kurtzen Briefe, nicht allein mit meh-
rern, sondern er führet auch die von ihnen erreg-
te Zerrüttungen selbst ausdrücklich zur Ursache sei-
nes Schreibens an, wenn er v. 4. spricht: denn
es sind etliche Menschen neben eingeschli-
chen,
u. f. Welche denn allem Ansehen nach son-
derlich diejenigen gewesen sind, die Johannes in
seinen Briefen Verführer und Widerchristen,
und in den apocalyptischen Briefen an die Ephe-
sinische und Pergamenische Gemeinen c. 2, 6. 16.
Nicolaiten nennet; welche im andern Seculo
von den Kirchen-Scribenten mit dem Namen
der Gnosticorum bezeichnet werden, und nebst
der irrigen Lehre auch ein unreines und gottloses
Leben führeten: Wie denn bey den Grund-Jrr-
thümern in der Lehre unmöglich eine wahre
Gottseligkeit statt finden konnte.

§. VI. Der Jnhalt ist nun dieser Veran-
lassung gemäß: nemlich der Apostel suchet die
gläubigen in der wahren Apostolischen und ihnen
sehr bekannten, und daher auch nicht weitläuftig
wiederholten Lehre dergestalt zu bevestigen, daß

er
Richtige und erbauliche Erklaͤrung
[Spaltenumbruch]
Erklaͤrung
Des
Briefes Judaͤ.
Hiſtoriſche Nachricht
Von
Dieſem Briefe,
nebſt der
Exegetiſchen Einleitung.

§. I.

DEr Urheber dieſes Briefes iſt der
Apoſtel Judas, welcher ſich,
wie Jacobus c. 1, 1. in der Zu-
ſchrift ſelbſt einen Knecht JEſu
CHriſti und einen Bruder Ja-
cobi
nennet, nemlich des Juͤn-
gern, von dem wir den bekannten Brief
haben. Er heißt ſonſt auch Lebbæus,
mit dem Zunamen Thaddæus, Alphæi Sohn
Matth. 10, 3. und Ap. Geſch. 1, 13. an welchem
letztern Orte er Judas Jacobi, nemlich Bruder,
heißt, zum Unterſcheide Judaͤ Jſcharioth, des
Verraͤthers Matth. 10, 4.

§ II. Die Auctoritæt, oder das Anſehen
und die Guͤltigkeit dieſes Briefes richtet ſich nach
dem Auctore. Denn da dieſer ein Apoſtel des
Herrn geweſen, auch von der erſten Kirche dafuͤr
erkannt worden, und alſo mit dem Heiligen
Geiſte in einem beſondern hohen Maße iſt geſal-
bet geweſen, und die Verheiſſung mit den uͤbri-
gen gehabt, daß ihm ſolte gegeben werden das
πῶς und τὶ wie und was ſie reden, und folglich
auch ſchreiben ſolten Matth. 10, 19. 20. ſo iſt ſein
Brief daher canoniſch, das iſt, von der Guͤl-
tigkeit, daß er nebſt andern uns zur Regel un-
ſers Glaubens und Lebens dienet. Und dazu iſt
er auch von der erſten Kirche angenommen wor-
den, ob er gleich nicht ſobald aller Orten dafuͤr
bekannt werden konte. Davon man den ſel. D.
Abrahamum Calovium
in den Bibliis Illu-
ſtratis
nachſchlagen kan.

§. III. Die Gemeine/ an welche dieſer
Brief zu erſt geſchicket worden, iſt nicht benennet.
Und ob er denn gleich anfangs nur einer gewiſſen
Gemeine, und darinnen einigen gewiſſen Per-
ſonen kan zugeſchicket worden ſeyn; ſo iſt er doch
fuͤr die gantze Kirche geſchrieben; zuvorderſt fuͤr
die in Orient, von welcher er auch den uͤbrigen in
der gantzen Welt zerſtreueten Gemeinen durch
ſorgfaͤltige Abſchriften iſt communiciret wor-
den.

§. IV. Der Ort/ wo, und die Zeit/
wenn er geſchrieben, laͤßt ſich nicht benennen.
Daß er aber in die letztere Zeiten der Apoſtel zu
[Spaltenumbruch] ſetzen ſey, das laͤßt ſich aus dem Jnhalte ſchlieſſen.
Denn der Apoſtel gedencket darinnen, wie auch
Petrus in ſeinem ander Briefe, unter den Leh-
rern ſolcher verfuͤhriſchen Geiſter, welche nachdem
ſchon ausgebreiteten Evangelio in mehrer Anzahl
hervorgekommen waren und hin und wieder die
gepflantzten Gemeinen zerruͤttet hatten. So be-
ziehet er ſich auch v. 17. ausdruͤcklich auf die Zeug-
niſſe der Apoſtel JEſu Chriſti, welche die Glaͤu-
bigen ſchon vorhin gehoͤret haͤtten. Und da es
dem H. Geiſte beliebet hat, aus dem andern Capi-
pitel des Briefes Petri, zu deſto mehrer Uber-
zeugung der Glaͤubigen, unterſchiedliches in die-
ſem Briefe zu wiederholen; ſo iſt er wol nach
demſelben geſchrieben: wiwol man auch ſagen
kan, daß die mit jenem Briefe uͤbereinſtimmen-
de Sachen auch ohne Wiederholung in dieſen
aus der Eingebung des Heiligen, Geiſtes mit ein-
gefloſſen ſeyn.

§. V. die Veranlaſſung/ iſt dem Apo-
ſtel wol fuͤrnemlich von den verfuͤhriſchen Lehrern
gegeben worden. Denn er gedencket ihrer, in
dem ſonſt gar kurtzen Briefe, nicht allein mit meh-
rern, ſondern er fuͤhret auch die von ihnen erreg-
te Zerruͤttungen ſelbſt ausdruͤcklich zur Urſache ſei-
nes Schreibens an, wenn er v. 4. ſpricht: denn
es ſind etliche Menſchen neben eingeſchli-
chen,
u. f. Welche denn allem Anſehen nach ſon-
derlich diejenigen geweſen ſind, die Johannes in
ſeinen Briefen Verfuͤhrer und Widerchriſten,
und in den apocalyptiſchen Briefen an die Ephe-
ſiniſche und Pergameniſche Gemeinen c. 2, 6. 16.
Nicolaiten nennet; welche im andern Seculo
von den Kirchen-Scribenten mit dem Namen
der Gnoſticorum bezeichnet werden, und nebſt
der irrigen Lehre auch ein unreines und gottloſes
Leben fuͤhreten: Wie denn bey den Grund-Jrr-
thuͤmern in der Lehre unmoͤglich eine wahre
Gottſeligkeit ſtatt finden konnte.

§. VI. Der Jnhalt iſt nun dieſer Veran-
laſſung gemaͤß: nemlich der Apoſtel ſuchet die
glaͤubigen in der wahren Apoſtoliſchen und ihnen
ſehr bekannten, und daher auch nicht weitlaͤuftig
wiederholten Lehre dergeſtalt zu beveſtigen, daß

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[762/0762] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Erklaͤrung Des Briefes Judaͤ. Hiſtoriſche Nachricht Von Dieſem Briefe, nebſt der Exegetiſchen Einleitung. §. I. DEr Urheber dieſes Briefes iſt der Apoſtel Judas, welcher ſich, wie Jacobus c. 1, 1. in der Zu- ſchrift ſelbſt einen Knecht JEſu CHriſti und einen Bruder Ja- cobi nennet, nemlich des Juͤn- gern, von dem wir den bekannten Brief haben. Er heißt ſonſt auch Lebbæus, mit dem Zunamen Thaddæus, Alphæi Sohn Matth. 10, 3. und Ap. Geſch. 1, 13. an welchem letztern Orte er Judas Jacobi, nemlich Bruder, heißt, zum Unterſcheide Judaͤ Jſcharioth, des Verraͤthers Matth. 10, 4. § II. Die Auctoritæt, oder das Anſehen und die Guͤltigkeit dieſes Briefes richtet ſich nach dem Auctore. Denn da dieſer ein Apoſtel des Herrn geweſen, auch von der erſten Kirche dafuͤr erkannt worden, und alſo mit dem Heiligen Geiſte in einem beſondern hohen Maße iſt geſal- bet geweſen, und die Verheiſſung mit den uͤbri- gen gehabt, daß ihm ſolte gegeben werden das πῶς und τὶ wie und was ſie reden, und folglich auch ſchreiben ſolten Matth. 10, 19. 20. ſo iſt ſein Brief daher canoniſch, das iſt, von der Guͤl- tigkeit, daß er nebſt andern uns zur Regel un- ſers Glaubens und Lebens dienet. Und dazu iſt er auch von der erſten Kirche angenommen wor- den, ob er gleich nicht ſobald aller Orten dafuͤr bekannt werden konte. Davon man den ſel. D. Abrahamum Calovium in den Bibliis Illu- ſtratis nachſchlagen kan. §. III. Die Gemeine/ an welche dieſer Brief zu erſt geſchicket worden, iſt nicht benennet. Und ob er denn gleich anfangs nur einer gewiſſen Gemeine, und darinnen einigen gewiſſen Per- ſonen kan zugeſchicket worden ſeyn; ſo iſt er doch fuͤr die gantze Kirche geſchrieben; zuvorderſt fuͤr die in Orient, von welcher er auch den uͤbrigen in der gantzen Welt zerſtreueten Gemeinen durch ſorgfaͤltige Abſchriften iſt communiciret wor- den. §. IV. Der Ort/ wo, und die Zeit/ wenn er geſchrieben, laͤßt ſich nicht benennen. Daß er aber in die letztere Zeiten der Apoſtel zu ſetzen ſey, das laͤßt ſich aus dem Jnhalte ſchlieſſen. Denn der Apoſtel gedencket darinnen, wie auch Petrus in ſeinem ander Briefe, unter den Leh- rern ſolcher verfuͤhriſchen Geiſter, welche nachdem ſchon ausgebreiteten Evangelio in mehrer Anzahl hervorgekommen waren und hin und wieder die gepflantzten Gemeinen zerruͤttet hatten. So be- ziehet er ſich auch v. 17. ausdruͤcklich auf die Zeug- niſſe der Apoſtel JEſu Chriſti, welche die Glaͤu- bigen ſchon vorhin gehoͤret haͤtten. Und da es dem H. Geiſte beliebet hat, aus dem andern Capi- pitel des Briefes Petri, zu deſto mehrer Uber- zeugung der Glaͤubigen, unterſchiedliches in die- ſem Briefe zu wiederholen; ſo iſt er wol nach demſelben geſchrieben: wiwol man auch ſagen kan, daß die mit jenem Briefe uͤbereinſtimmen- de Sachen auch ohne Wiederholung in dieſen aus der Eingebung des Heiligen, Geiſtes mit ein- gefloſſen ſeyn. §. V. die Veranlaſſung/ iſt dem Apo- ſtel wol fuͤrnemlich von den verfuͤhriſchen Lehrern gegeben worden. Denn er gedencket ihrer, in dem ſonſt gar kurtzen Briefe, nicht allein mit meh- rern, ſondern er fuͤhret auch die von ihnen erreg- te Zerruͤttungen ſelbſt ausdruͤcklich zur Urſache ſei- nes Schreibens an, wenn er v. 4. ſpricht: denn es ſind etliche Menſchen neben eingeſchli- chen, u. f. Welche denn allem Anſehen nach ſon- derlich diejenigen geweſen ſind, die Johannes in ſeinen Briefen Verfuͤhrer und Widerchriſten, und in den apocalyptiſchen Briefen an die Ephe- ſiniſche und Pergameniſche Gemeinen c. 2, 6. 16. Nicolaiten nennet; welche im andern Seculo von den Kirchen-Scribenten mit dem Namen der Gnoſticorum bezeichnet werden, und nebſt der irrigen Lehre auch ein unreines und gottloſes Leben fuͤhreten: Wie denn bey den Grund-Jrr- thuͤmern in der Lehre unmoͤglich eine wahre Gottſeligkeit ſtatt finden konnte. §. VI. Der Jnhalt iſt nun dieſer Veran- laſſung gemaͤß: nemlich der Apoſtel ſuchet die glaͤubigen in der wahren Apoſtoliſchen und ihnen ſehr bekannten, und daher auch nicht weitlaͤuftig wiederholten Lehre dergeſtalt zu beveſtigen, daß er

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 762. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/762>, abgerufen am 24.11.2024.