Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Richtige und erbauliche Erklärung V. 4. 5.
[Spaltenumbruch]
b. Das Wort monos einig, ton monon, den ei-
nigen,
gehet alhier auf das einige göttliche
Wesen, und schliesset davon, wie leichtlich zu
erachten ist, keines weges den Vater und den
Heiligen Geist aus, sondern nur die Creaturen.
Denn obwol in der hochgelobten Gottheit drey
Personen sind, und eine iegliche davon beson-
ders den Namen HErr, Jehovah, führet;
so sind doch nicht drey HErren, nemlich eines
besondern und unterschiedenen göttlichen We-
sens, sondern nur einer, ein HErr in Anse-
hung des einigen göttlichen Wesens; sintemal
die drey, der Vater, das Wort, oder der Sohn,
und der Heilige Geist, eines sind, nemlich dem
Wesen nach 1 Joh. 5, 7. Und solchergestalt
finden wir in diesem Orte eine feine Erläute-
rung des Orts Joh. 17, 3. da unser Heyland
zu seinem Vater saget: das ist das ewige
Leben, daß sie dich, daß du allein wa-
rer GOtt bist, und den du gesandt hast,
JEsum Christum, erkennen.
Denn in
diesen Worten lieget diese Proposition: Tu
Pater es ille solus verus Deus,
du Vater
bist der einige, wahre GOtt;
da denn das
Wort monos nicht zum Subjecto, oder zu dem
Worte Vater, gehöret, als wenn nur der
Vatet allein, ohne den Sohn und den Heiligen
Geist, der wahre GOtt sey; sondern zum prae-
dicato,
oder zu den Worten, bist du der
wahre GOTT,
nemlich der einige wahre
GOtt. Gleichwie nun Judä v. 4. von dem
praedicato, der einige Herrscher seyn, der Va-
ter und der Heilige Geist nicht ausgenommen
werden, also wird auch Joh. 17, 3 weder der
Sohn noch der Heilige Geist damit ausge-
schlossen, wenn der Vater heißt der einige wah-
re GOtt, nach dem Haupt-Spruche: höre
Jsrael, der HErr, unser GOtt, ist ein
einiger GOtt.
Und also hat man auch den
Ort vom Vater zu verstehen 1 Tim. 6, 16. der
allein unsterblichkeit hat. Siehe auch Offenb.
15, 4. Du bist allein heilig. Welcher letztere
Ort sich am füglichsten von dem Sohne GOt-
tes erklären läßt: wie auch der unten in diesem
Briefe v. 25.
c. Die Verleugnung Christi ist geschehen
theils mit Worten, theils mit den Wercken.
dem Contexte nach ist alhier eigentlich von der-
jenigen die Rede, welche mit der That selbst be-
gangen ist, nemlich dadurch, daß die Gnade
GOttes, wie sie nemlich in dem Mittler-Amte
Christi zur Erlösung und Vergebung der Sün-
den hervor leuchtet, ist auf Muthwillen gezogen,
und die christliche Freyheit zur Frechheit gema-
chet. Und also muß die Gnade mit dem Mun-
de bekennet worden seyn, weil sie solchergestalt
ist gemißbrauchet worden. Da nun aber das
Mittler-Amt Christi nicht allein der Sünden-
Schuld und Strafe, sondern auch ihrer Herr-
schaft gerad entgegen gesetzet ist, man es aber
hierzu nicht angewendet, sondern vielmehr zum
Gegentheil, nemlich zur Beschönigung und
Schmückung alles sündlichen Wesens gemiß-
brauchet hat, so ist es damit in der That selbst
verleugnet: welche thätliche Verleugnung auch
[Spaltenumbruch] wol nicht ohne alle mündliche geblieben ist,
nemlich ohne solche, da man sich nicht gescheuet
hat, auch mit Worten vorzugeben, als wenn
der Sünden-Dienst mit dem Verdienste Chri-
sti und mit der christlichen Freyheit wohl beste-
hen könte. Es ist demnach diese Verleugnung
Christi unterschieden gewesen von derjenigen,
davon Johannes 1 Joh. 2, 22, 23. handelt, da
man geleugnet hat, daß der HErr JEsus GOt-
tes Sohn und wahrer GOTT sey: an wel-
cherley Art verführischer Menschen es in der er-
sten Kirchen auch nicht gefehlet hat: welche denn
daher das Mittler-Amt Christi dergestalt ver-
dunckelten und entkräfteten, daß sie die Seelen
von Christo auf Mosen, vom Evangelio aufs
Gesetz führeten, und also vom Evangelio, wel-
ches die erste Gattung der falschen Lehrer mit
Worten zugab, auch der Erkenntniß nach
nichts, oder doch nichts rechtes haben wissen
wollen: von der Verleugnung, welche sonder-
lich mit der That geschiehet, und also auf einen
practischen atheismum hinaus lauft, spricht
Paulus Tit. 1, 16. Sie sagen, sie erkennen
GOTT, aber mit den Wercken verleug-
nen sie es: sintemal sie sind, an welchen
GOtt ein Greuel hat und gehorchen
nicht, und sind zu allem guten Werck
untüchtig.
Deßgleichen Johannes im an-
dern Briefe v. 9. Wer übertritt und blei-
bet nicht in der Lehre Christi, der hat
keinen GOTT
V. 5.

Jch will euch aber erinnern, daß ihr
wisset
(Gr. auch die ihr wisset) auf einmal
(gar wohl und gewiß) diß, daß der HErr
(der Sohn GOttes, als der verheissene Meßias)
da er dem Volck (durch den Dienst Mosis
und Aaronis unter grossen Wundern) aus
Egypten half, zum andern mal
(to deuteron,
hernach) bracht er um, die da nicht glaub-
ten
(und sich bey ihrem Unglauben sehr wider-
spenstig erwiesen.)

Anmerckungen.

1. Das apax, einmal, nimmt man alhier
billig also, wie v. 3. daß es heisse gewiß, einmal
für allemal, oder überhaupt. Das deuteron aber
beziehet sich darauf nicht, sondern stehet adverbi-
aliter,
und heißt hernach, und gehet auf die
Sünde und Strafe, welche nach der Errettung
erfolget ist.

2. Jn Anführung der Straf-Gerichte setzet
der Apostel das Exempel der Ausführung der Js-
raeliten aus Egypten voran, weil diese ein Vor-
bild war von der geistlichen Erlösung Christi.
Und also konten, und solten die Gläubigen dabey
lernen, wie sie sich ja nicht durch den Unglauben
und Rückfall an dem erkanten und angenomme-
men Meßia versündigen und GOttes Gericht
über sich ziehen solten.

3. Der HErr, welcher dem Volcke aus
Egypten geholfen und durch die Wüsten ins ge-
lobte Land eingeführet hat, war der Sohn GOt-
tes, als der Meßias: welches erhellet:

a. Aus
Richtige und erbauliche Erklaͤrung V. 4. 5.
[Spaltenumbruch]
b. Das Wort μόνος einig, τὸν μόνον, den ei-
nigen,
gehet alhier auf das einige goͤttliche
Weſen, und ſchlieſſet davon, wie leichtlich zu
erachten iſt, keines weges den Vater und den
Heiligen Geiſt aus, ſondern nur die Creaturen.
Denn obwol in der hochgelobten Gottheit drey
Perſonen ſind, und eine iegliche davon beſon-
ders den Namen HErr, Jehovah, fuͤhret;
ſo ſind doch nicht drey HErren, nemlich eines
beſondern und unterſchiedenen goͤttlichen We-
ſens, ſondern nur einer, ein HErr in Anſe-
hung des einigen goͤttlichen Weſens; ſintemal
die drey, der Vater, das Wort, oder der Sohn,
und der Heilige Geiſt, eines ſind, nemlich dem
Weſen nach 1 Joh. 5, 7. Und ſolchergeſtalt
finden wir in dieſem Orte eine feine Erlaͤute-
rung des Orts Joh. 17, 3. da unſer Heyland
zu ſeinem Vater ſaget: das iſt das ewige
Leben, daß ſie dich, daß du allein wa-
rer GOtt biſt, und den du geſandt haſt,
JEſum Chriſtum, erkennen.
Denn in
dieſen Worten lieget dieſe Propoſition: Tu
Pater es ille ſolus verus Deus,
du Vater
biſt der einige, wahre GOtt;
da denn das
Wort μόνος nicht zum Subjecto, oder zu dem
Worte Vater, gehoͤret, als wenn nur der
Vatet allein, ohne den Sohn und den Heiligen
Geiſt, der wahre GOtt ſey; ſondern zum præ-
dicato,
oder zu den Worten, biſt du der
wahre GOTT,
nemlich der einige wahre
GOtt. Gleichwie nun Judaͤ v. 4. von dem
prædicato, der einige Herrſcher ſeyn, der Va-
ter und der Heilige Geiſt nicht ausgenommen
werden, alſo wird auch Joh. 17, 3 weder der
Sohn noch der Heilige Geiſt damit ausge-
ſchloſſen, wenn der Vater heißt der einige wah-
re GOtt, nach dem Haupt-Spruche: hoͤre
Jſrael, der HErr, unſer GOtt, iſt ein
einiger GOtt.
Und alſo hat man auch den
Ort vom Vater zu verſtehen 1 Tim. 6, 16. der
allein unſterblichkeit hat. Siehe auch Offenb.
15, 4. Du biſt allein heilig. Welcher letztere
Ort ſich am fuͤglichſten von dem Sohne GOt-
tes erklaͤren laͤßt: wie auch der unten in dieſem
Briefe v. 25.
c. Die Verleugnung Chriſti iſt geſchehen
theils mit Worten, theils mit den Wercken.
dem Contexte nach iſt alhier eigentlich von der-
jenigen die Rede, welche mit der That ſelbſt be-
gangen iſt, nemlich dadurch, daß die Gnade
GOttes, wie ſie nemlich in dem Mittler-Amte
Chriſti zur Erloͤſung und Vergebung der Suͤn-
den hervor leuchtet, iſt auf Muthwillen gezogen,
und die chriſtliche Freyheit zur Frechheit gema-
chet. Und alſo muß die Gnade mit dem Mun-
de bekennet worden ſeyn, weil ſie ſolchergeſtalt
iſt gemißbrauchet worden. Da nun aber das
Mittler-Amt Chriſti nicht allein der Suͤnden-
Schuld und Strafe, ſondern auch ihrer Herr-
ſchaft gerad entgegen geſetzet iſt, man es aber
hierzu nicht angewendet, ſondern vielmehr zum
Gegentheil, nemlich zur Beſchoͤnigung und
Schmuͤckung alles ſuͤndlichen Weſens gemiß-
brauchet hat, ſo iſt es damit in der That ſelbſt
verleugnet: welche thaͤtliche Verleugnung auch
[Spaltenumbruch] wol nicht ohne alle muͤndliche geblieben iſt,
nemlich ohne ſolche, da man ſich nicht geſcheuet
hat, auch mit Worten vorzugeben, als wenn
der Suͤnden-Dienſt mit dem Verdienſte Chri-
ſti und mit der chriſtlichen Freyheit wohl beſte-
hen koͤnte. Es iſt demnach dieſe Verleugnung
Chriſti unterſchieden geweſen von derjenigen,
davon Johannes 1 Joh. 2, 22, 23. handelt, da
man geleugnet hat, daß der HErr JEſus GOt-
tes Sohn und wahrer GOTT ſey: an wel-
cherley Art verfuͤhriſcher Menſchen es in der er-
ſten Kirchen auch nicht gefehlet hat: welche denn
daher das Mittler-Amt Chriſti dergeſtalt ver-
dunckelten und entkraͤfteten, daß ſie die Seelen
von Chriſto auf Moſen, vom Evangelio aufs
Geſetz fuͤhreten, und alſo vom Evangelio, wel-
ches die erſte Gattung der falſchen Lehrer mit
Worten zugab, auch der Erkenntniß nach
nichts, oder doch nichts rechtes haben wiſſen
wollen: von der Verleugnung, welche ſonder-
lich mit der That geſchiehet, und alſo auf einen
practiſchen atheiſmum hinaus lauft, ſpricht
Paulus Tit. 1, 16. Sie ſagen, ſie erkennen
GOTT, aber mit den Wercken verleug-
nen ſie es: ſintemal ſie ſind, an welchen
GOtt ein Greuel hat und gehorchen
nicht, und ſind zu allem guten Werck
untuͤchtig.
Deßgleichen Johannes im an-
dern Briefe v. 9. Wer uͤbertritt und blei-
bet nicht in der Lehre Chriſti, der hat
keinen GOTT
V. 5.

Jch will euch aber erinnern, daß ihr
wiſſet
(Gr. auch die ihr wiſſet) auf einmal
(gar wohl und gewiß) diß, daß der HErr
(der Sohn GOttes, als der verheiſſene Meßias)
da er dem Volck (durch den Dienſt Moſis
und Aaronis unter groſſen Wundern) aus
Egypten half, zum andern mal
(τὸ δεύτερον,
hernach) bracht er um, die da nicht glaub-
ten
(und ſich bey ihrem Unglauben ſehr wider-
ſpenſtig erwieſen.)

Anmerckungen.

1. Das ἅπαξ, einmal, nimmt man alhier
billig alſo, wie v. 3. daß es heiſſe gewiß, einmal
fuͤr allemal, oder uͤberhaupt. Das δεύτερον aber
beziehet ſich darauf nicht, ſondern ſtehet adverbi-
aliter,
und heißt hernach, und gehet auf die
Suͤnde und Strafe, welche nach der Errettung
erfolget iſt.

2. Jn Anfuͤhrung der Straf-Gerichte ſetzet
der Apoſtel das Exempel der Ausfuͤhrung der Jſ-
raeliten aus Egypten voran, weil dieſe ein Vor-
bild war von der geiſtlichen Erloͤſung Chriſti.
Und alſo konten, und ſolten die Glaͤubigen dabey
lernen, wie ſie ſich ja nicht durch den Unglauben
und Ruͤckfall an dem erkanten und angenomme-
men Meßia verſuͤndigen und GOttes Gericht
uͤber ſich ziehen ſolten.

3. Der HErr, welcher dem Volcke aus
Egypten geholfen und durch die Wuͤſten ins ge-
lobte Land eingefuͤhret hat, war der Sohn GOt-
tes, als der Meßias: welches erhellet:

a. Aus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0770" n="770"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Richtige und erbauliche Erkla&#x0364;rung V. 4. 5.</hi> </fw><lb/>
              <cb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Das Wort &#x03BC;&#x03CC;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; einig, &#x03C4;&#x1F78;&#x03BD; &#x03BC;&#x03CC;&#x03BD;&#x03BF;&#x03BD;, <hi rendition="#fr">den ei-<lb/>
nigen,</hi> gehet alhier auf das einige go&#x0364;ttliche<lb/>
We&#x017F;en, und &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et davon, wie leichtlich zu<lb/>
erachten i&#x017F;t, keines weges den Vater und den<lb/>
Heiligen Gei&#x017F;t aus, &#x017F;ondern nur die Creaturen.<lb/>
Denn obwol in der hochgelobten Gottheit drey<lb/>
Per&#x017F;onen &#x017F;ind, und eine iegliche davon be&#x017F;on-<lb/>
ders den Namen <hi rendition="#fr">HErr, Jehovah,</hi> fu&#x0364;hret;<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ind doch nicht drey HErren, nemlich eines<lb/>
be&#x017F;ondern und unter&#x017F;chiedenen go&#x0364;ttlichen We-<lb/>
&#x017F;ens, &#x017F;ondern nur einer, ein HErr in An&#x017F;e-<lb/>
hung des einigen go&#x0364;ttlichen We&#x017F;ens; &#x017F;intemal<lb/>
die drey, der Vater, das Wort, oder der Sohn,<lb/>
und der Heilige Gei&#x017F;t, eines &#x017F;ind, nemlich dem<lb/>
We&#x017F;en nach 1 Joh. 5, 7. Und &#x017F;olcherge&#x017F;talt<lb/>
finden wir in die&#x017F;em Orte eine feine Erla&#x0364;ute-<lb/>
rung des Orts Joh. 17, 3. da un&#x017F;er Heyland<lb/>
zu &#x017F;einem Vater &#x017F;aget: <hi rendition="#fr">das i&#x017F;t das ewige<lb/>
Leben, daß &#x017F;ie dich, daß du allein wa-<lb/>
rer GOtt bi&#x017F;t, und den du ge&#x017F;andt ha&#x017F;t,<lb/>
JE&#x017F;um Chri&#x017F;tum, erkennen.</hi> Denn in<lb/>
die&#x017F;en Worten lieget die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Propo&#x017F;ition: <hi rendition="#i">Tu<lb/>
Pater es ille &#x017F;olus verus Deus,</hi></hi> <hi rendition="#fr">du Vater<lb/>
bi&#x017F;t der einige, wahre GOtt;</hi> da denn das<lb/>
Wort &#x03BC;&#x03CC;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; nicht zum <hi rendition="#aq">Subjecto,</hi> oder zu dem<lb/>
Worte <hi rendition="#fr">Vater,</hi> geho&#x0364;ret, als wenn nur der<lb/>
Vatet allein, ohne den Sohn und den Heiligen<lb/>
Gei&#x017F;t, der wahre GOtt &#x017F;ey; &#x017F;ondern zum <hi rendition="#aq">præ-<lb/>
dicato,</hi> oder zu den Worten, <hi rendition="#fr">bi&#x017F;t du der<lb/>
wahre GOTT,</hi> nemlich der einige wahre<lb/>
GOtt. Gleichwie nun Juda&#x0364; v. 4. von dem<lb/><hi rendition="#aq">prædicato,</hi> der einige Herr&#x017F;cher &#x017F;eyn, der Va-<lb/>
ter und der Heilige Gei&#x017F;t nicht ausgenommen<lb/>
werden, al&#x017F;o wird auch Joh. 17, 3 weder der<lb/>
Sohn noch der Heilige Gei&#x017F;t damit ausge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, wenn der Vater heißt der einige wah-<lb/>
re GOtt, nach dem Haupt-Spruche: <hi rendition="#fr">ho&#x0364;re<lb/>
J&#x017F;rael, der HErr, un&#x017F;er GOtt, i&#x017F;t ein<lb/>
einiger GOtt.</hi> Und al&#x017F;o hat man auch den<lb/>
Ort vom Vater zu ver&#x017F;tehen 1 Tim. 6, 16. der<lb/>
allein un&#x017F;terblichkeit hat. Siehe auch Offenb.<lb/>
15, 4. Du bi&#x017F;t allein heilig. Welcher letztere<lb/>
Ort &#x017F;ich am fu&#x0364;glich&#x017F;ten von dem Sohne GOt-<lb/>
tes erkla&#x0364;ren la&#x0364;ßt: wie auch der unten in die&#x017F;em<lb/>
Briefe v. 25.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Die <hi rendition="#fr">Verleugnung</hi> Chri&#x017F;ti i&#x017F;t ge&#x017F;chehen<lb/>
theils mit Worten, theils mit den Wercken.<lb/>
dem Contexte nach i&#x017F;t alhier eigentlich von der-<lb/>
jenigen die Rede, welche mit der That &#x017F;elb&#x017F;t be-<lb/>
gangen i&#x017F;t, nemlich dadurch, daß die Gnade<lb/>
GOttes, wie &#x017F;ie nemlich in dem Mittler-Amte<lb/>
Chri&#x017F;ti zur Erlo&#x0364;&#x017F;ung und Vergebung der Su&#x0364;n-<lb/>
den hervor leuchtet, i&#x017F;t auf Muthwillen gezogen,<lb/>
und die chri&#x017F;tliche Freyheit zur Frechheit gema-<lb/>
chet. Und al&#x017F;o muß die Gnade mit dem Mun-<lb/>
de bekennet worden &#x017F;eyn, weil &#x017F;ie &#x017F;olcherge&#x017F;talt<lb/>
i&#x017F;t gemißbrauchet worden. Da nun aber das<lb/>
Mittler-Amt Chri&#x017F;ti nicht allein der Su&#x0364;nden-<lb/>
Schuld und Strafe, &#x017F;ondern auch ihrer Herr-<lb/>
&#x017F;chaft gerad entgegen ge&#x017F;etzet i&#x017F;t, man es aber<lb/>
hierzu nicht angewendet, &#x017F;ondern vielmehr zum<lb/>
Gegentheil, nemlich zur Be&#x017F;cho&#x0364;nigung und<lb/>
Schmu&#x0364;ckung alles &#x017F;u&#x0364;ndlichen We&#x017F;ens gemiß-<lb/>
brauchet hat, &#x017F;o i&#x017F;t es damit in der That &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
verleugnet: welche tha&#x0364;tliche Verleugnung auch<lb/><cb/>
wol nicht ohne alle mu&#x0364;ndliche geblieben i&#x017F;t,<lb/>
nemlich ohne &#x017F;olche, da man &#x017F;ich nicht ge&#x017F;cheuet<lb/>
hat, auch mit Worten vorzugeben, als wenn<lb/>
der Su&#x0364;nden-Dien&#x017F;t mit dem Verdien&#x017F;te Chri-<lb/>
&#x017F;ti und mit der chri&#x017F;tlichen Freyheit wohl be&#x017F;te-<lb/>
hen ko&#x0364;nte. Es i&#x017F;t demnach die&#x017F;e Verleugnung<lb/>
Chri&#x017F;ti unter&#x017F;chieden gewe&#x017F;en von derjenigen,<lb/>
davon Johannes 1 Joh. 2, 22, 23. handelt, da<lb/>
man geleugnet hat, daß der HErr JE&#x017F;us GOt-<lb/>
tes Sohn und wahrer GOTT &#x017F;ey: an wel-<lb/>
cherley Art verfu&#x0364;hri&#x017F;cher Men&#x017F;chen es in der er-<lb/>
&#x017F;ten Kirchen auch nicht gefehlet hat: welche denn<lb/>
daher das Mittler-Amt Chri&#x017F;ti derge&#x017F;talt ver-<lb/>
dunckelten und entkra&#x0364;fteten, daß &#x017F;ie die Seelen<lb/>
von Chri&#x017F;to auf Mo&#x017F;en, vom Evangelio aufs<lb/>
Ge&#x017F;etz fu&#x0364;hreten, und al&#x017F;o vom Evangelio, wel-<lb/>
ches die er&#x017F;te Gattung der fal&#x017F;chen Lehrer mit<lb/>
Worten zugab, auch der Erkenntniß nach<lb/>
nichts, oder doch nichts rechtes haben wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wollen: von der Verleugnung, welche &#x017F;onder-<lb/>
lich mit der That ge&#x017F;chiehet, und al&#x017F;o auf einen<lb/><hi rendition="#aq">practi</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">athei&#x017F;mum</hi> hinaus lauft, &#x017F;pricht<lb/>
Paulus Tit. 1, 16. <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;agen, &#x017F;ie erkennen<lb/>
GOTT, aber mit den Wercken verleug-<lb/>
nen &#x017F;ie es: &#x017F;intemal &#x017F;ie &#x017F;ind, an welchen<lb/>
GOtt ein Greuel hat und gehorchen<lb/>
nicht, und &#x017F;ind zu allem guten Werck<lb/>
untu&#x0364;chtig.</hi> Deßgleichen Johannes im an-<lb/>
dern Briefe v. 9. <hi rendition="#fr">Wer u&#x0364;bertritt und blei-<lb/>
bet nicht in der Lehre Chri&#x017F;ti, der hat<lb/>
keinen GOTT</hi></item>
              </list>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 5.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Jch will euch aber erinnern, daß ihr<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;et</hi> (Gr. auch die ihr wi&#x017F;&#x017F;et) <hi rendition="#fr">auf einmal</hi><lb/>
(gar wohl und gewiß) <hi rendition="#fr">diß, daß der HErr</hi><lb/>
(der Sohn GOttes, als der verhei&#x017F;&#x017F;ene Meßias)<lb/><hi rendition="#fr">da er dem Volck</hi> (durch den Dien&#x017F;t Mo&#x017F;is<lb/>
und Aaronis unter gro&#x017F;&#x017F;en Wundern) <hi rendition="#fr">aus<lb/>
Egypten half, zum andern mal</hi> (&#x03C4;&#x1F78; &#x03B4;&#x03B5;&#x03CD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C1;&#x03BF;&#x03BD;,<lb/>
hernach) <hi rendition="#fr">bracht er um, die da nicht glaub-<lb/>
ten</hi> (und &#x017F;ich bey ihrem Unglauben &#x017F;ehr wider-<lb/>
&#x017F;pen&#x017F;tig erwie&#x017F;en.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Das &#x1F05;&#x03C0;&#x03B1;&#x03BE;, <hi rendition="#fr">einmal,</hi> nimmt man alhier<lb/>
billig al&#x017F;o, wie v. 3. daß es hei&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">gewiß,</hi> einmal<lb/>
fu&#x0364;r allemal, oder <hi rendition="#fr">u&#x0364;berhaupt.</hi> Das &#x03B4;&#x03B5;&#x03CD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C1;&#x03BF;&#x03BD; aber<lb/>
beziehet &#x017F;ich darauf nicht, &#x017F;ondern &#x017F;tehet <hi rendition="#aq">adverbi-<lb/>
aliter,</hi> und heißt <hi rendition="#fr">hernach,</hi> und gehet auf die<lb/>
Su&#x0364;nde und Strafe, welche nach der Errettung<lb/>
erfolget i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>2. Jn Anfu&#x0364;hrung der Straf-Gerichte &#x017F;etzet<lb/>
der Apo&#x017F;tel das Exempel der Ausfu&#x0364;hrung der J&#x017F;-<lb/>
raeliten aus Egypten voran, weil die&#x017F;e ein Vor-<lb/>
bild war von der gei&#x017F;tlichen Erlo&#x0364;&#x017F;ung Chri&#x017F;ti.<lb/>
Und al&#x017F;o konten, und &#x017F;olten die Gla&#x0364;ubigen dabey<lb/>
lernen, wie &#x017F;ie &#x017F;ich ja nicht durch den Unglauben<lb/>
und Ru&#x0364;ckfall an dem erkanten und angenomme-<lb/>
men Meßia ver&#x017F;u&#x0364;ndigen und GOttes Gericht<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ich ziehen &#x017F;olten.</p><lb/>
              <p>3. Der HErr, welcher dem Volcke aus<lb/>
Egypten geholfen und durch die Wu&#x0364;&#x017F;ten ins ge-<lb/>
lobte Land eingefu&#x0364;hret hat, war der Sohn GOt-<lb/>
tes, als der Meßias: welches erhellet:</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">a.</hi> <hi rendition="#fr">Aus</hi> </fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[770/0770] Richtige und erbauliche Erklaͤrung V. 4. 5. b. Das Wort μόνος einig, τὸν μόνον, den ei- nigen, gehet alhier auf das einige goͤttliche Weſen, und ſchlieſſet davon, wie leichtlich zu erachten iſt, keines weges den Vater und den Heiligen Geiſt aus, ſondern nur die Creaturen. Denn obwol in der hochgelobten Gottheit drey Perſonen ſind, und eine iegliche davon beſon- ders den Namen HErr, Jehovah, fuͤhret; ſo ſind doch nicht drey HErren, nemlich eines beſondern und unterſchiedenen goͤttlichen We- ſens, ſondern nur einer, ein HErr in Anſe- hung des einigen goͤttlichen Weſens; ſintemal die drey, der Vater, das Wort, oder der Sohn, und der Heilige Geiſt, eines ſind, nemlich dem Weſen nach 1 Joh. 5, 7. Und ſolchergeſtalt finden wir in dieſem Orte eine feine Erlaͤute- rung des Orts Joh. 17, 3. da unſer Heyland zu ſeinem Vater ſaget: das iſt das ewige Leben, daß ſie dich, daß du allein wa- rer GOtt biſt, und den du geſandt haſt, JEſum Chriſtum, erkennen. Denn in dieſen Worten lieget dieſe Propoſition: Tu Pater es ille ſolus verus Deus, du Vater biſt der einige, wahre GOtt; da denn das Wort μόνος nicht zum Subjecto, oder zu dem Worte Vater, gehoͤret, als wenn nur der Vatet allein, ohne den Sohn und den Heiligen Geiſt, der wahre GOtt ſey; ſondern zum præ- dicato, oder zu den Worten, biſt du der wahre GOTT, nemlich der einige wahre GOtt. Gleichwie nun Judaͤ v. 4. von dem prædicato, der einige Herrſcher ſeyn, der Va- ter und der Heilige Geiſt nicht ausgenommen werden, alſo wird auch Joh. 17, 3 weder der Sohn noch der Heilige Geiſt damit ausge- ſchloſſen, wenn der Vater heißt der einige wah- re GOtt, nach dem Haupt-Spruche: hoͤre Jſrael, der HErr, unſer GOtt, iſt ein einiger GOtt. Und alſo hat man auch den Ort vom Vater zu verſtehen 1 Tim. 6, 16. der allein unſterblichkeit hat. Siehe auch Offenb. 15, 4. Du biſt allein heilig. Welcher letztere Ort ſich am fuͤglichſten von dem Sohne GOt- tes erklaͤren laͤßt: wie auch der unten in dieſem Briefe v. 25. c. Die Verleugnung Chriſti iſt geſchehen theils mit Worten, theils mit den Wercken. dem Contexte nach iſt alhier eigentlich von der- jenigen die Rede, welche mit der That ſelbſt be- gangen iſt, nemlich dadurch, daß die Gnade GOttes, wie ſie nemlich in dem Mittler-Amte Chriſti zur Erloͤſung und Vergebung der Suͤn- den hervor leuchtet, iſt auf Muthwillen gezogen, und die chriſtliche Freyheit zur Frechheit gema- chet. Und alſo muß die Gnade mit dem Mun- de bekennet worden ſeyn, weil ſie ſolchergeſtalt iſt gemißbrauchet worden. Da nun aber das Mittler-Amt Chriſti nicht allein der Suͤnden- Schuld und Strafe, ſondern auch ihrer Herr- ſchaft gerad entgegen geſetzet iſt, man es aber hierzu nicht angewendet, ſondern vielmehr zum Gegentheil, nemlich zur Beſchoͤnigung und Schmuͤckung alles ſuͤndlichen Weſens gemiß- brauchet hat, ſo iſt es damit in der That ſelbſt verleugnet: welche thaͤtliche Verleugnung auch wol nicht ohne alle muͤndliche geblieben iſt, nemlich ohne ſolche, da man ſich nicht geſcheuet hat, auch mit Worten vorzugeben, als wenn der Suͤnden-Dienſt mit dem Verdienſte Chri- ſti und mit der chriſtlichen Freyheit wohl beſte- hen koͤnte. Es iſt demnach dieſe Verleugnung Chriſti unterſchieden geweſen von derjenigen, davon Johannes 1 Joh. 2, 22, 23. handelt, da man geleugnet hat, daß der HErr JEſus GOt- tes Sohn und wahrer GOTT ſey: an wel- cherley Art verfuͤhriſcher Menſchen es in der er- ſten Kirchen auch nicht gefehlet hat: welche denn daher das Mittler-Amt Chriſti dergeſtalt ver- dunckelten und entkraͤfteten, daß ſie die Seelen von Chriſto auf Moſen, vom Evangelio aufs Geſetz fuͤhreten, und alſo vom Evangelio, wel- ches die erſte Gattung der falſchen Lehrer mit Worten zugab, auch der Erkenntniß nach nichts, oder doch nichts rechtes haben wiſſen wollen: von der Verleugnung, welche ſonder- lich mit der That geſchiehet, und alſo auf einen practiſchen atheiſmum hinaus lauft, ſpricht Paulus Tit. 1, 16. Sie ſagen, ſie erkennen GOTT, aber mit den Wercken verleug- nen ſie es: ſintemal ſie ſind, an welchen GOtt ein Greuel hat und gehorchen nicht, und ſind zu allem guten Werck untuͤchtig. Deßgleichen Johannes im an- dern Briefe v. 9. Wer uͤbertritt und blei- bet nicht in der Lehre Chriſti, der hat keinen GOTT V. 5. Jch will euch aber erinnern, daß ihr wiſſet (Gr. auch die ihr wiſſet) auf einmal (gar wohl und gewiß) diß, daß der HErr (der Sohn GOttes, als der verheiſſene Meßias) da er dem Volck (durch den Dienſt Moſis und Aaronis unter groſſen Wundern) aus Egypten half, zum andern mal (τὸ δεύτερον, hernach) bracht er um, die da nicht glaub- ten (und ſich bey ihrem Unglauben ſehr wider- ſpenſtig erwieſen.) Anmerckungen. 1. Das ἅπαξ, einmal, nimmt man alhier billig alſo, wie v. 3. daß es heiſſe gewiß, einmal fuͤr allemal, oder uͤberhaupt. Das δεύτερον aber beziehet ſich darauf nicht, ſondern ſtehet adverbi- aliter, und heißt hernach, und gehet auf die Suͤnde und Strafe, welche nach der Errettung erfolget iſt. 2. Jn Anfuͤhrung der Straf-Gerichte ſetzet der Apoſtel das Exempel der Ausfuͤhrung der Jſ- raeliten aus Egypten voran, weil dieſe ein Vor- bild war von der geiſtlichen Erloͤſung Chriſti. Und alſo konten, und ſolten die Glaͤubigen dabey lernen, wie ſie ſich ja nicht durch den Unglauben und Ruͤckfall an dem erkanten und angenomme- men Meßia verſuͤndigen und GOttes Gericht uͤber ſich ziehen ſolten. 3. Der HErr, welcher dem Volcke aus Egypten geholfen und durch die Wuͤſten ins ge- lobte Land eingefuͤhret hat, war der Sohn GOt- tes, als der Meßias: welches erhellet: a. Aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/770
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 770. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/770>, abgerufen am 24.11.2024.