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Lange, Helene: Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung. Berlin, 1887.

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"Berliner Verein für höhere Töchterschulen" gab diesen
Bedenken in einer zweiten Denkschrift1 Ausdruck, welcheDie Berliner Denkschrift.
gleichfalls den deutschen Staatsregierungen gewidmet war.
Die Ausführungen dieser Denkschrift, die auf höchst ge-
sundem Boden steht und auf das Wärmste für weiblichen
Einfluß in der Schule eintritt, sind ganz ohne Belang für
die Gestaltung der höheren Töchterschule geblieben -- die
Regierung glaubte der Weimarer Richtung, deren Ver-
treter zugleich die der öffentlichen Mädchenschulen waren,
größeres Vertrauen schenken zu müssen --, so daß ein
näheres Eingehen darauf an dieser Stelle zwecklos er-
schiene; wir werden jedoch späterhin mehrfach darauf zu-
rückzukommen haben.

Im August 1873 berief der Kultusminister Dr. FalkDie Berliner Konferenz
vom August 1873

eine Konferenz von Mädchenschulpädagogen nach Berlin2),
die über Einrichtung, Aufgabe und Ziel der mittleren und
höheren Mädchenschulen, über Fortbildungsanstalten, Leh-
rerinnenbildung etc. ihre Ansichten äußern sollte. Mehrere
der Unterzeichner der Weimarer Beschlüsse waren zu dieser
Konferenz einberufen worden und gaben ihr im ganzen
die Richtung. Man trat mit großem Eifer in die Ver-
handlungen ein, und wir erkennen rückhaltlos das Interesse
an, das dem Gegenstand gewidmet wurde, wenn wir uns
mit den Ergebnissen der Verhandlungen auch nicht ein-
verstanden erklären können. Frauen waren ja auch nur
in so geringer Anzahl (5 auf 20 Mitglieder) in dieser
Versammlung anwesend, daß von einem ernsthaften Ein-
fluß derselben auf den Gang der Konferenz, von einer
energischen Wahrung unserer Interessen nicht die Rede sein
konnte. So wurde von ihrer Seite die Ansicht geltend
gemacht, daß die Schulleitung besser in der Hand von

1 gedruckt bei Franz Krüger, Berlin.
2) f. Protokolle über die im August 1873 im Königl. Preuß. Unterr.-
Minist. gepflogenen, das mittlere u. höhere Mädchenschulwesen betreffenden
Verhandlungen. Berlin 1873. Verlag von Wilhelm Hertz.

„Berliner Verein für höhere Töchterschulen“ gab diesen
Bedenken in einer zweiten Denkschrift1 Ausdruck, welcheDie Berliner Denkschrift.
gleichfalls den deutschen Staatsregierungen gewidmet war.
Die Ausführungen dieser Denkschrift, die auf höchst ge-
sundem Boden steht und auf das Wärmste für weiblichen
Einfluß in der Schule eintritt, sind ganz ohne Belang für
die Gestaltung der höheren Töchterschule geblieben — die
Regierung glaubte der Weimarer Richtung, deren Ver-
treter zugleich die der öffentlichen Mädchenschulen waren,
größeres Vertrauen schenken zu müssen —, so daß ein
näheres Eingehen darauf an dieser Stelle zwecklos er-
schiene; wir werden jedoch späterhin mehrfach darauf zu-
rückzukommen haben.

Im August 1873 berief der Kultusminister Dr. FalkDie Berliner Konferenz
vom August 1873

eine Konferenz von Mädchenschulpädagogen nach Berlin2),
die über Einrichtung, Aufgabe und Ziel der mittleren und
höheren Mädchenschulen, über Fortbildungsanstalten, Leh-
rerinnenbildung ꝛc. ihre Ansichten äußern sollte. Mehrere
der Unterzeichner der Weimarer Beschlüsse waren zu dieser
Konferenz einberufen worden und gaben ihr im ganzen
die Richtung. Man trat mit großem Eifer in die Ver-
handlungen ein, und wir erkennen rückhaltlos das Interesse
an, das dem Gegenstand gewidmet wurde, wenn wir uns
mit den Ergebnissen der Verhandlungen auch nicht ein-
verstanden erklären können. Frauen waren ja auch nur
in so geringer Anzahl (5 auf 20 Mitglieder) in dieser
Versammlung anwesend, daß von einem ernsthaften Ein-
fluß derselben auf den Gang der Konferenz, von einer
energischen Wahrung unserer Interessen nicht die Rede sein
konnte. So wurde von ihrer Seite die Ansicht geltend
gemacht, daß die Schulleitung besser in der Hand von

1 gedruckt bei Franz Krüger, Berlin.
2) f. Protokolle über die im August 1873 im Königl. Preuß. Unterr.-
Minist. gepflogenen, das mittlere u. höhere Mädchenschulwesen betreffenden
Verhandlungen. Berlin 1873. Verlag von Wilhelm Hertz.
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[9/0010] „Berliner Verein für höhere Töchterschulen“ gab diesen Bedenken in einer zweiten Denkschrift 1 Ausdruck, welche gleichfalls den deutschen Staatsregierungen gewidmet war. Die Ausführungen dieser Denkschrift, die auf höchst ge- sundem Boden steht und auf das Wärmste für weiblichen Einfluß in der Schule eintritt, sind ganz ohne Belang für die Gestaltung der höheren Töchterschule geblieben — die Regierung glaubte der Weimarer Richtung, deren Ver- treter zugleich die der öffentlichen Mädchenschulen waren, größeres Vertrauen schenken zu müssen —, so daß ein näheres Eingehen darauf an dieser Stelle zwecklos er- schiene; wir werden jedoch späterhin mehrfach darauf zu- rückzukommen haben. Die Berliner Denkschrift. Im August 1873 berief der Kultusminister Dr. Falk eine Konferenz von Mädchenschulpädagogen nach Berlin 2), die über Einrichtung, Aufgabe und Ziel der mittleren und höheren Mädchenschulen, über Fortbildungsanstalten, Leh- rerinnenbildung ꝛc. ihre Ansichten äußern sollte. Mehrere der Unterzeichner der Weimarer Beschlüsse waren zu dieser Konferenz einberufen worden und gaben ihr im ganzen die Richtung. Man trat mit großem Eifer in die Ver- handlungen ein, und wir erkennen rückhaltlos das Interesse an, das dem Gegenstand gewidmet wurde, wenn wir uns mit den Ergebnissen der Verhandlungen auch nicht ein- verstanden erklären können. Frauen waren ja auch nur in so geringer Anzahl (5 auf 20 Mitglieder) in dieser Versammlung anwesend, daß von einem ernsthaften Ein- fluß derselben auf den Gang der Konferenz, von einer energischen Wahrung unserer Interessen nicht die Rede sein konnte. So wurde von ihrer Seite die Ansicht geltend gemacht, daß die Schulleitung besser in der Hand von Die Berliner Konferenz vom August 1873 1 gedruckt bei Franz Krüger, Berlin. 2) f. Protokolle über die im August 1873 im Königl. Preuß. Unterr.- Minist. gepflogenen, das mittlere u. höhere Mädchenschulwesen betreffenden Verhandlungen. Berlin 1873. Verlag von Wilhelm Hertz.

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Zitationshilfe: Lange, Helene: Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung. Berlin, 1887, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_maedchenschule_1887/10>, abgerufen am 30.04.2024.