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Lange, Helene: Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung. Berlin, 1887.

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Voraussichtliche Aus-
nahme dieser Forderungen
seitens der Mädchenlehrer.
Die übrigen Kulturstaa-
ten haben dieselben längst
als berechtigt anerkannt,
zum Teil schon gewährt.
Wir wissen nun wohl, welchen Sturm diese Forde-
rungen, deren Berechtigung übrigens in fast allen
anderen Kulturstaaten außer Deutschland teils
principiell, teils thatsächlich durch Gewährung
derselben anerkannt ist
, bei den deutschen Mädchen-
lehrern erregen werden; ist es doch noch keineswegs von
allen anerkannt, daß Lehrerinnen überhaupt an der Mädchen-
schule nötig sind1). Wenn wir auch gern und dankbar aner-
kennen, daß einzelne unter ihnen die Interessen der Lehrerinnen
warm vertreten haben, so überwiegen die Angriffe doch bei
Stellung der deutschen
Lehrer und Gelehrten zur
Lehrerinnenfrage über-
haupt. Konkurrenzbesorg-
nis, Schmähschriften etc.
weitem, und wir können nicht eben behaupten, daß sie mit
sehr ritterlichen Waffen geführt worden seien. Wenn die
bekannte Hamburger Lehrerversammlung offen erklärt, daß
aus Gründen der Konkurrenz die Lehrerinnen mög-
lichst fernzuhalten seien (die Herren mögen sich wiederum
von Robert von Mohl sagen lassen: "Jedes Monopol ist

das Ordinariat nicht nur der unteren Klassen, sondern häufig hinauf bis
zur zweiten anvertrauen, weil sie den weiblichen Einfluß auf die Mädchen
nicht entbehren wollen. Für die Töchter der höheren Stände aber er-
scheint er nicht nötig!!
Wir wiederholen also: da das Rektorat der Gemeindeschulen schwer-
lich immer mit weiblichen Waffen auskommen dürfte, so würden wir hier
einen Wechsel einstweilen für bedenklich halten, trotzdem Mohl auch hier,
wenn die Verhältnisse es irgend gestatten, Frauenleitung wünscht. Auf
die höhere Schule passen diese Bedenken nicht; der Lehrer, der sie erhebt,
stellt seiner Bildung ein schlechtes Zeugnis aus. Er wird vielleicht in
seinem Leben auch schon einmal von einem Manne Weisungen haben
entgegen nehmen müssen, dem er an geistigen Fähigkeiten überlegen war;
hatte dieser Mann eine reifere Einsicht, so wird er sich dadurch
in keiner Weise verletzt gefühlt haben. Und so steht das Verhältnis zwischen
dem Lehrer und der Vorsteherin, wo es sich um Mädchenbildung han-
delt. Übrigens haben die Vorsteherinnen von Privatschulen über Schwie-
rigkeiten in dieser Hinsicht durchaus nicht zu klagen.
1) So meint der Württembergische Volksschullehrerverein: wenn sich
auch gegen die Anstellung von Lehrerinnen an unteren Klassen der Mäd-
chenschulen an sich nichts einwenden läßt, so liegt doch dieselbe "weder im
Interesse des Unterrichts noch des Erziehungszwecks der Schule!" Also
selbst unten wäre Fraueneinfluß zu entbehren!

Voraussichtliche Aus-
nahme dieser Forderungen
seitens der Mädchenlehrer.
Die übrigen Kulturstaa-
ten haben dieselben längst
als berechtigt anerkannt,
zum Teil schon gewährt.
Wir wissen nun wohl, welchen Sturm diese Forde-
rungen, deren Berechtigung übrigens in fast allen
anderen Kulturstaaten außer Deutschland teils
principiell, teils thatsächlich durch Gewährung
derselben anerkannt ist
, bei den deutschen Mädchen-
lehrern erregen werden; ist es doch noch keineswegs von
allen anerkannt, daß Lehrerinnen überhaupt an der Mädchen-
schule nötig sind1). Wenn wir auch gern und dankbar aner-
kennen, daß einzelne unter ihnen die Interessen der Lehrerinnen
warm vertreten haben, so überwiegen die Angriffe doch bei
Stellung der deutschen
Lehrer und Gelehrten zur
Lehrerinnenfrage über-
haupt. Konkurrenzbesorg-
nis, Schmähschriften ꝛc.
weitem, und wir können nicht eben behaupten, daß sie mit
sehr ritterlichen Waffen geführt worden seien. Wenn die
bekannte Hamburger Lehrerversammlung offen erklärt, daß
aus Gründen der Konkurrenz die Lehrerinnen mög-
lichst fernzuhalten seien (die Herren mögen sich wiederum
von Robert von Mohl sagen lassen: „Jedes Monopol ist

das Ordinariat nicht nur der unteren Klassen, sondern häufig hinauf bis
zur zweiten anvertrauen, weil sie den weiblichen Einfluß auf die Mädchen
nicht entbehren wollen. Für die Töchter der höheren Stände aber er-
scheint er nicht nötig!!
Wir wiederholen also: da das Rektorat der Gemeindeschulen schwer-
lich immer mit weiblichen Waffen auskommen dürfte, so würden wir hier
einen Wechsel einstweilen für bedenklich halten, trotzdem Mohl auch hier,
wenn die Verhältnisse es irgend gestatten, Frauenleitung wünscht. Auf
die höhere Schule passen diese Bedenken nicht; der Lehrer, der sie erhebt,
stellt seiner Bildung ein schlechtes Zeugnis aus. Er wird vielleicht in
seinem Leben auch schon einmal von einem Manne Weisungen haben
entgegen nehmen müssen, dem er an geistigen Fähigkeiten überlegen war;
hatte dieser Mann eine reifere Einsicht, so wird er sich dadurch
in keiner Weise verletzt gefühlt haben. Und so steht das Verhältnis zwischen
dem Lehrer und der Vorsteherin, wo es sich um Mädchenbildung han-
delt. Übrigens haben die Vorsteherinnen von Privatschulen über Schwie-
rigkeiten in dieser Hinsicht durchaus nicht zu klagen.
1) So meint der Württembergische Volksschullehrerverein: wenn sich
auch gegen die Anstellung von Lehrerinnen an unteren Klassen der Mäd-
chenschulen an sich nichts einwenden läßt, so liegt doch dieselbe „weder im
Interesse des Unterrichts noch des Erziehungszwecks der Schule!“ Also
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[38/0039] Wir wissen nun wohl, welchen Sturm diese Forde- rungen, deren Berechtigung übrigens in fast allen anderen Kulturstaaten außer Deutschland teils principiell, teils thatsächlich durch Gewährung derselben anerkannt ist, bei den deutschen Mädchen- lehrern erregen werden; ist es doch noch keineswegs von allen anerkannt, daß Lehrerinnen überhaupt an der Mädchen- schule nötig sind 1). Wenn wir auch gern und dankbar aner- kennen, daß einzelne unter ihnen die Interessen der Lehrerinnen warm vertreten haben, so überwiegen die Angriffe doch bei weitem, und wir können nicht eben behaupten, daß sie mit sehr ritterlichen Waffen geführt worden seien. Wenn die bekannte Hamburger Lehrerversammlung offen erklärt, daß aus Gründen der Konkurrenz die Lehrerinnen mög- lichst fernzuhalten seien (die Herren mögen sich wiederum von Robert von Mohl sagen lassen: „Jedes Monopol ist 2) Voraussichtliche Aus- nahme dieser Forderungen seitens der Mädchenlehrer. Die übrigen Kulturstaa- ten haben dieselben längst als berechtigt anerkannt, zum Teil schon gewährt. Stellung der deutschen Lehrer und Gelehrten zur Lehrerinnenfrage über- haupt. Konkurrenzbesorg- nis, Schmähschriften ꝛc. 1) So meint der Württembergische Volksschullehrerverein: wenn sich auch gegen die Anstellung von Lehrerinnen an unteren Klassen der Mäd- chenschulen an sich nichts einwenden läßt, so liegt doch dieselbe „weder im Interesse des Unterrichts noch des Erziehungszwecks der Schule!“ Also selbst unten wäre Fraueneinfluß zu entbehren! 2) das Ordinariat nicht nur der unteren Klassen, sondern häufig hinauf bis zur zweiten anvertrauen, weil sie den weiblichen Einfluß auf die Mädchen nicht entbehren wollen. Für die Töchter der höheren Stände aber er- scheint er nicht nötig!! Wir wiederholen also: da das Rektorat der Gemeindeschulen schwer- lich immer mit weiblichen Waffen auskommen dürfte, so würden wir hier einen Wechsel einstweilen für bedenklich halten, trotzdem Mohl auch hier, wenn die Verhältnisse es irgend gestatten, Frauenleitung wünscht. Auf die höhere Schule passen diese Bedenken nicht; der Lehrer, der sie erhebt, stellt seiner Bildung ein schlechtes Zeugnis aus. Er wird vielleicht in seinem Leben auch schon einmal von einem Manne Weisungen haben entgegen nehmen müssen, dem er an geistigen Fähigkeiten überlegen war; hatte dieser Mann eine reifere Einsicht, so wird er sich dadurch in keiner Weise verletzt gefühlt haben. Und so steht das Verhältnis zwischen dem Lehrer und der Vorsteherin, wo es sich um Mädchenbildung han- delt. Übrigens haben die Vorsteherinnen von Privatschulen über Schwie- rigkeiten in dieser Hinsicht durchaus nicht zu klagen.

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Zitationshilfe: Lange, Helene: Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung. Berlin, 1887, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_maedchenschule_1887/39>, abgerufen am 21.11.2024.