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Lange, Helene: Der vierte Weg zur Universität. Berlin, 1909.

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erworbene Recht zur Jmmatrikulation gerungen. Sie haben sich
damals gewiß nicht träumen lassen, daß das preußische Kultus-
ministerium, das sich ihren berechtigten Gesuchen so hartnäckig
verschloß, auch Kränze zu vergeben hat, die man "im Spazieren-
gehn bequem erreicht".

Es ergibt sich nun aus dieser Sachlage, daß die Hinzu-
fügung: "sei es als Gasthörerin", die in dem Erlaß vom
3. April so irreführend wirkt, für preußische Universitäten nur
insofern einen Sinn hat, als es sich etwa um beurlaubte
Lehrerinnen öffentlicher Schulen handelt, die als solche nicht der
Universitätsbehörde unterstellt werden können. Jm übrigen
kann sich die "Gasthörerin" nur auf andere deutsche Universitäten
beziehen, die etwa kurzsichtig genug sein sollten, die Voll-
gültigkeit der preußischen Seminarbildung als Vorbereitung
für das Studium nicht einzusehen.

Der beschränkte Untertanenverstand grübelt nun vergeblich
darüber, warum in dem Erlaß vom 3. April nicht klipp und
klar gesagt ist, daß den Lehrerinnen unter den dort genannten
Voraussetzungen die volle Jmmatrikulation in Preußen gewährt
werden würde. Dann hätte man doch von vornherein gewußt,
wie die Dinge liegen; das Staunen allerdings, das weite Kreise
über dieses unbegreifliche und ungewünschte Frauenvorrecht
erfüllt, würde noch lebhafter gewesen sein.

Man fragt sich nun: was beabsichtigt die Regierung mit
dieser Bevorzugung der Frauen vor den Männern, an die man
in Preußen wahrlich nicht eben gewöhnt ist? Beabsichtigt sie
etwa das Frauenstudium zu diskreditieren?

Daß das - ob gewollt oder nicht - als Nebeneffekt
dabei herauskommen wird, liegt auf der Hand. Die Beweg-
gründe sind aber wohl anderswo zu suchen.

Es ist klar, daß das Seminar, dieses Lieblingskind der
preußischen Verwaltung, im neuen Frauenbildungswesen nur
eine untergeordnete Rolle spielen würde, wenn man nicht
künstlich nachhilft. Für ein höheres Lehrerinnenseminar ist
eigentlich überhaupt kein Platz. Wir brauchen für die höhere
Mädchenschule der Zukunft ebenso wie für die höhere Knaben-

erworbene Recht zur Jmmatrikulation gerungen. Sie haben sich
damals gewiß nicht träumen lassen, daß das preußische Kultus-
ministerium, das sich ihren berechtigten Gesuchen so hartnäckig
verschloß, auch Kränze zu vergeben hat, die man „im Spazieren-
gehn bequem erreicht“.

Es ergibt sich nun aus dieser Sachlage, daß die Hinzu-
fügung: „sei es als Gasthörerin“, die in dem Erlaß vom
3. April so irreführend wirkt, für preußische Universitäten nur
insofern einen Sinn hat, als es sich etwa um beurlaubte
Lehrerinnen öffentlicher Schulen handelt, die als solche nicht der
Universitätsbehörde unterstellt werden können. Jm übrigen
kann sich die „Gasthörerin“ nur auf andere deutsche Universitäten
beziehen, die etwa kurzsichtig genug sein sollten, die Voll-
gültigkeit der preußischen Seminarbildung als Vorbereitung
für das Studium nicht einzusehen.

Der beschränkte Untertanenverstand grübelt nun vergeblich
darüber, warum in dem Erlaß vom 3. April nicht klipp und
klar gesagt ist, daß den Lehrerinnen unter den dort genannten
Voraussetzungen die volle Jmmatrikulation in Preußen gewährt
werden würde. Dann hätte man doch von vornherein gewußt,
wie die Dinge liegen; das Staunen allerdings, das weite Kreise
über dieses unbegreifliche und ungewünschte Frauenvorrecht
erfüllt, würde noch lebhafter gewesen sein.

Man fragt sich nun: was beabsichtigt die Regierung mit
dieser Bevorzugung der Frauen vor den Männern, an die man
in Preußen wahrlich nicht eben gewöhnt ist? Beabsichtigt sie
etwa das Frauenstudium zu diskreditieren?

Daß das – ob gewollt oder nicht – als Nebeneffekt
dabei herauskommen wird, liegt auf der Hand. Die Beweg-
gründe sind aber wohl anderswo zu suchen.

Es ist klar, daß das Seminar, dieses Lieblingskind der
preußischen Verwaltung, im neuen Frauenbildungswesen nur
eine untergeordnete Rolle spielen würde, wenn man nicht
künstlich nachhilft. Für ein höheres Lehrerinnenseminar ist
eigentlich überhaupt kein Platz. Wir brauchen für die höhere
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[6/0006] erworbene Recht zur Jmmatrikulation gerungen. Sie haben sich damals gewiß nicht träumen lassen, daß das preußische Kultus- ministerium, das sich ihren berechtigten Gesuchen so hartnäckig verschloß, auch Kränze zu vergeben hat, die man „im Spazieren- gehn bequem erreicht“. Es ergibt sich nun aus dieser Sachlage, daß die Hinzu- fügung: „sei es als Gasthörerin“, die in dem Erlaß vom 3. April so irreführend wirkt, für preußische Universitäten nur insofern einen Sinn hat, als es sich etwa um beurlaubte Lehrerinnen öffentlicher Schulen handelt, die als solche nicht der Universitätsbehörde unterstellt werden können. Jm übrigen kann sich die „Gasthörerin“ nur auf andere deutsche Universitäten beziehen, die etwa kurzsichtig genug sein sollten, die Voll- gültigkeit der preußischen Seminarbildung als Vorbereitung für das Studium nicht einzusehen. Der beschränkte Untertanenverstand grübelt nun vergeblich darüber, warum in dem Erlaß vom 3. April nicht klipp und klar gesagt ist, daß den Lehrerinnen unter den dort genannten Voraussetzungen die volle Jmmatrikulation in Preußen gewährt werden würde. Dann hätte man doch von vornherein gewußt, wie die Dinge liegen; das Staunen allerdings, das weite Kreise über dieses unbegreifliche und ungewünschte Frauenvorrecht erfüllt, würde noch lebhafter gewesen sein. Man fragt sich nun: was beabsichtigt die Regierung mit dieser Bevorzugung der Frauen vor den Männern, an die man in Preußen wahrlich nicht eben gewöhnt ist? Beabsichtigt sie etwa das Frauenstudium zu diskreditieren? Daß das – ob gewollt oder nicht – als Nebeneffekt dabei herauskommen wird, liegt auf der Hand. Die Beweg- gründe sind aber wohl anderswo zu suchen. Es ist klar, daß das Seminar, dieses Lieblingskind der preußischen Verwaltung, im neuen Frauenbildungswesen nur eine untergeordnete Rolle spielen würde, wenn man nicht künstlich nachhilft. Für ein höheres Lehrerinnenseminar ist eigentlich überhaupt kein Platz. Wir brauchen für die höhere Mädchenschule der Zukunft ebenso wie für die höhere Knaben-

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Frauenstudium, betreut von Andreas Neumann und Anna Pfundt, FSU Jena und JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2022-07-21T14:26:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2022-07-21T14:26:14Z)

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Zitationshilfe: Lange, Helene: Der vierte Weg zur Universität. Berlin, 1909, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_weg_1909/6>, abgerufen am 21.11.2024.