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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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werden soll. - Ganz besonders verhängnisvoll ist der
Umstand, daß auch der Deutsch-evangelische Frauenbund
seit einigen Jahren die Forderung des Gemeindewahl-
rechts in sein Programm aufgenommen hat. Dieser
Verein erfreute sich bisher der besten Verbindungen bis
in die höchsten und allerhöchsten Kreise, in die Ministerien
und Parteileitungen hinein; und seine Führerinnen sitzen
zum Teil im Vorstande der Vereinigung konservativer
Frauen, die nun Gelegenheit haben, das konservative
Parteiprogramm in der gewünschten Richtung zu unter-
minieren.

Der kurze Überblick über die seitens der Frauen-
bewegung zur Erlangung des Gemeindewahlrechts be-
triebene umfassende und energische Agitation kann natür-
lich nur ein sehr oberflächliches Bild geben von der wirklich
ungeheuerlichen Anspannung der Kräfte, die man heute
beobachten kann. Er sollte wenigstens vor Augen führen,
daß der Aufmarsch der Rechtlerinnen in langjähriger
sorgfältiger Vorarbeit nach allen strategischen und taktischen
Regeln unter großem Massenaufgebot vollendet ist. Jn
Weimar ist denn auch bereits die Zustimmung des Land-
tags zum Gemeindewahlrecht der Frauen erfolgt, und es
hängt nur noch von der Genehmigung der Regierung ab,
ob das Gesetz in Kraft tritt. Ein früherer Vorstoß in
Oldenburg ist nur am Widerstande der Regierung ge-
scheitert, und man ist nicht sicher, ob diese ein zweites
oder ein drittes Mal standhalten würde.

Darnach dürfte es scheinen, als ob jeder weitere
Widerstand gegen den feministischen Ansturm aussichtslos
wäre. Aber ein derartiger Pessimismus würde denn doch

werden soll. – Ganz besonders verhängnisvoll ist der
Umstand, daß auch der Deutsch-evangelische Frauenbund
seit einigen Jahren die Forderung des Gemeindewahl-
rechts in sein Programm aufgenommen hat. Dieser
Verein erfreute sich bisher der besten Verbindungen bis
in die höchsten und allerhöchsten Kreise, in die Ministerien
und Parteileitungen hinein; und seine Führerinnen sitzen
zum Teil im Vorstande der Vereinigung konservativer
Frauen, die nun Gelegenheit haben, das konservative
Parteiprogramm in der gewünschten Richtung zu unter-
minieren.

Der kurze Überblick über die seitens der Frauen-
bewegung zur Erlangung des Gemeindewahlrechts be-
triebene umfassende und energische Agitation kann natür-
lich nur ein sehr oberflächliches Bild geben von der wirklich
ungeheuerlichen Anspannung der Kräfte, die man heute
beobachten kann. Er sollte wenigstens vor Augen führen,
daß der Aufmarsch der Rechtlerinnen in langjähriger
sorgfältiger Vorarbeit nach allen strategischen und taktischen
Regeln unter großem Massenaufgebot vollendet ist. Jn
Weimar ist denn auch bereits die Zustimmung des Land-
tags zum Gemeindewahlrecht der Frauen erfolgt, und es
hängt nur noch von der Genehmigung der Regierung ab,
ob das Gesetz in Kraft tritt. Ein früherer Vorstoß in
Oldenburg ist nur am Widerstande der Regierung ge-
scheitert, und man ist nicht sicher, ob diese ein zweites
oder ein drittes Mal standhalten würde.

Darnach dürfte es scheinen, als ob jeder weitere
Widerstand gegen den feministischen Ansturm aussichtslos
wäre. Aber ein derartiger Pessimismus würde denn doch

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[43/0045] werden soll. – Ganz besonders verhängnisvoll ist der Umstand, daß auch der Deutsch-evangelische Frauenbund seit einigen Jahren die Forderung des Gemeindewahl- rechts in sein Programm aufgenommen hat. Dieser Verein erfreute sich bisher der besten Verbindungen bis in die höchsten und allerhöchsten Kreise, in die Ministerien und Parteileitungen hinein; und seine Führerinnen sitzen zum Teil im Vorstande der Vereinigung konservativer Frauen, die nun Gelegenheit haben, das konservative Parteiprogramm in der gewünschten Richtung zu unter- minieren. Der kurze Überblick über die seitens der Frauen- bewegung zur Erlangung des Gemeindewahlrechts be- triebene umfassende und energische Agitation kann natür- lich nur ein sehr oberflächliches Bild geben von der wirklich ungeheuerlichen Anspannung der Kräfte, die man heute beobachten kann. Er sollte wenigstens vor Augen führen, daß der Aufmarsch der Rechtlerinnen in langjähriger sorgfältiger Vorarbeit nach allen strategischen und taktischen Regeln unter großem Massenaufgebot vollendet ist. Jn Weimar ist denn auch bereits die Zustimmung des Land- tags zum Gemeindewahlrecht der Frauen erfolgt, und es hängt nur noch von der Genehmigung der Regierung ab, ob das Gesetz in Kraft tritt. Ein früherer Vorstoß in Oldenburg ist nur am Widerstande der Regierung ge- scheitert, und man ist nicht sicher, ob diese ein zweites oder ein drittes Mal standhalten würde. Darnach dürfte es scheinen, als ob jeder weitere Widerstand gegen den feministischen Ansturm aussichtslos wäre. Aber ein derartiger Pessimismus würde denn doch

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/45>, abgerufen am 21.11.2024.