Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

Bild:
<< vorherige Seite

Kartenhaus zusammenstürzte. Sie mußten einsehen
lernen, daß die wirklichen und vermeintlichen wirtschaft-
lichen und politischen Jnteressen der Völker der Erde so
lange aufeinanderstoßen und blutige Kriege herbeiführen
werden, als ein jedes große Volk das Recht für sich in
Anspruch nimmt, die Gesetze seiner Entwicklung und
seines Wachstums selbst zu bestimmen und seine Freiheit
den mitstrebenden Nationen gegenüber mit allen Mitteln
zu behaupten. Es ist auch bei dem Wachstum der Mensch-
heit und der Einschränkung des Spielraums für das
einzelne Volk vollkommen ausgeschlossen, daß in Zukunft
auf ein Ausbleiben feindlicher Zusannnenstöße gerechnet
werden kann. Das Gegenteil ist im Hinblick auf die
durch jeden Krieg erneut ausgestreute Saat des Hasses
sehr viel wahrscheinlicher; die modernen Kriege scheinen
bei zunehmender Übervölkerung der Erde mehr und mehr
den Charakter völliger Vernichtungskämpfe anzunehmen,
verheerender und mörderischer als die Völkerkriege zur
Zeit der Völkerwanderung. - Das im günstigsten Fall
zu erreichende Ziel dürfte ein Zustand des Gleichgewichts
der Kräfte unter den großen Weltmächten sein, der
wenigstens dafür zu sorgen hätte, daß die Zusammenstöße
nicht in der früheren Häufigkeit erfolgen, und daß bei
wachsender Gesittung die in diesem Kriege wieder so
entsetzlich hervorbrechende Brutalität gegenüber den Nicht-
kämpfern und dem Privateigentum, von der sich nur die
verbündeten Deutschen und Oesterreicher als wahre Kultur-
völker freigehalten haben, ganz überwunden werde.

Noch mehr als die wohlmeinenden Friedensfreunde
sind diejenigen internationalen Verbände aus der Bahn

Kartenhaus zusammenstürzte. Sie mußten einsehen
lernen, daß die wirklichen und vermeintlichen wirtschaft-
lichen und politischen Jnteressen der Völker der Erde so
lange aufeinanderstoßen und blutige Kriege herbeiführen
werden, als ein jedes große Volk das Recht für sich in
Anspruch nimmt, die Gesetze seiner Entwicklung und
seines Wachstums selbst zu bestimmen und seine Freiheit
den mitstrebenden Nationen gegenüber mit allen Mitteln
zu behaupten. Es ist auch bei dem Wachstum der Mensch-
heit und der Einschränkung des Spielraums für das
einzelne Volk vollkommen ausgeschlossen, daß in Zukunft
auf ein Ausbleiben feindlicher Zusannnenstöße gerechnet
werden kann. Das Gegenteil ist im Hinblick auf die
durch jeden Krieg erneut ausgestreute Saat des Hasses
sehr viel wahrscheinlicher; die modernen Kriege scheinen
bei zunehmender Übervölkerung der Erde mehr und mehr
den Charakter völliger Vernichtungskämpfe anzunehmen,
verheerender und mörderischer als die Völkerkriege zur
Zeit der Völkerwanderung. – Das im günstigsten Fall
zu erreichende Ziel dürfte ein Zustand des Gleichgewichts
der Kräfte unter den großen Weltmächten sein, der
wenigstens dafür zu sorgen hätte, daß die Zusammenstöße
nicht in der früheren Häufigkeit erfolgen, und daß bei
wachsender Gesittung die in diesem Kriege wieder so
entsetzlich hervorbrechende Brutalität gegenüber den Nicht-
kämpfern und dem Privateigentum, von der sich nur die
verbündeten Deutschen und Oesterreicher als wahre Kultur-
völker freigehalten haben, ganz überwunden werde.

Noch mehr als die wohlmeinenden Friedensfreunde
sind diejenigen internationalen Verbände aus der Bahn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0090" n="88"/>
Kartenhaus zusammenstürzte. Sie mußten einsehen<lb/>
lernen, daß die wirklichen und vermeintlichen wirtschaft-<lb/>
lichen und politischen Jnteressen der Völker der Erde so<lb/>
lange aufeinanderstoßen und blutige Kriege herbeiführen<lb/>
werden, als ein jedes große Volk das Recht für sich in<lb/>
Anspruch nimmt, die Gesetze seiner Entwicklung und<lb/>
seines Wachstums selbst zu bestimmen und seine Freiheit<lb/>
den mitstrebenden Nationen gegenüber mit allen Mitteln<lb/>
zu behaupten. Es ist auch bei dem Wachstum der Mensch-<lb/>
heit und der Einschränkung des Spielraums für das<lb/>
einzelne Volk vollkommen ausgeschlossen, daß in Zukunft<lb/>
auf ein Ausbleiben feindlicher Zusannnenstöße gerechnet<lb/>
werden kann. Das Gegenteil ist im Hinblick auf die<lb/>
durch jeden Krieg erneut ausgestreute Saat des Hasses<lb/>
sehr viel wahrscheinlicher; die modernen Kriege scheinen<lb/>
bei zunehmender Übervölkerung der Erde mehr und mehr<lb/>
den Charakter völliger Vernichtungskämpfe anzunehmen,<lb/>
verheerender und mörderischer als die Völkerkriege zur<lb/>
Zeit der Völkerwanderung. &#x2013; Das im günstigsten Fall<lb/>
zu erreichende Ziel dürfte ein Zustand des Gleichgewichts<lb/>
der Kräfte unter den großen Weltmächten sein, der<lb/>
wenigstens dafür zu sorgen hätte, daß die Zusammenstöße<lb/>
nicht in der früheren Häufigkeit erfolgen, und daß bei<lb/>
wachsender Gesittung die in diesem Kriege wieder so<lb/>
entsetzlich hervorbrechende Brutalität gegenüber den Nicht-<lb/>
kämpfern und dem Privateigentum, von der sich nur die<lb/>
verbündeten Deutschen und Oesterreicher als wahre Kultur-<lb/>
völker freigehalten haben, ganz überwunden werde.</p><lb/>
          <p>Noch mehr als die wohlmeinenden Friedensfreunde<lb/>
sind diejenigen internationalen Verbände aus der Bahn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0090] Kartenhaus zusammenstürzte. Sie mußten einsehen lernen, daß die wirklichen und vermeintlichen wirtschaft- lichen und politischen Jnteressen der Völker der Erde so lange aufeinanderstoßen und blutige Kriege herbeiführen werden, als ein jedes große Volk das Recht für sich in Anspruch nimmt, die Gesetze seiner Entwicklung und seines Wachstums selbst zu bestimmen und seine Freiheit den mitstrebenden Nationen gegenüber mit allen Mitteln zu behaupten. Es ist auch bei dem Wachstum der Mensch- heit und der Einschränkung des Spielraums für das einzelne Volk vollkommen ausgeschlossen, daß in Zukunft auf ein Ausbleiben feindlicher Zusannnenstöße gerechnet werden kann. Das Gegenteil ist im Hinblick auf die durch jeden Krieg erneut ausgestreute Saat des Hasses sehr viel wahrscheinlicher; die modernen Kriege scheinen bei zunehmender Übervölkerung der Erde mehr und mehr den Charakter völliger Vernichtungskämpfe anzunehmen, verheerender und mörderischer als die Völkerkriege zur Zeit der Völkerwanderung. – Das im günstigsten Fall zu erreichende Ziel dürfte ein Zustand des Gleichgewichts der Kräfte unter den großen Weltmächten sein, der wenigstens dafür zu sorgen hätte, daß die Zusammenstöße nicht in der früheren Häufigkeit erfolgen, und daß bei wachsender Gesittung die in diesem Kriege wieder so entsetzlich hervorbrechende Brutalität gegenüber den Nicht- kämpfern und dem Privateigentum, von der sich nur die verbündeten Deutschen und Oesterreicher als wahre Kultur- völker freigehalten haben, ganz überwunden werde. Noch mehr als die wohlmeinenden Friedensfreunde sind diejenigen internationalen Verbände aus der Bahn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-13T13:51:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-13T13:51:38Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/90
Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/90>, abgerufen am 23.11.2024.