einer Wahrheit, an welcher niemand zweiselt, hinzu zu setzen. Eben so ge- wiß ist es, daß unsre Nation noch weit entfernt ist, an Original-Werken die- ser Art, welche zugleich unterhaltend und geschickt sind, die Liebe der Tu- gend zu befördern, Ueberfluß zu ha- ben. Sollte diese gedoppelte Be- trachtung nicht hinlänglich seyn, mich zu rechtfertigen? Sie werden, hoffe ich, versucht werden, dieser Meynung zu seyn, oder wenigstens mir desto leichter verzeihen, wenn ich Jhnen ausführlicher erzähle, wie der Gedan- ke, Sie in eine Schriftstellerin zu verwandeln, in mir entstanden ist.
Jch setzte mich mit allem Phlegma, welches Sie seit mehrern Jahren an mir kennen, hin, Jhre Handschrift zu durchlesen. Das Sonderbare, so Sie gleich in den ersten Blättern der Mutter Jhrer Heldin geben, war, meinem besondern Geschmack nach,
geschick-
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einer Wahrheit, an welcher niemand zweiſelt, hinzu zu ſetzen. Eben ſo ge- wiß iſt es, daß unſre Nation noch weit entfernt iſt, an Original-Werken die- ſer Art, welche zugleich unterhaltend und geſchickt ſind, die Liebe der Tu- gend zu befoͤrdern, Ueberfluß zu ha- ben. Sollte dieſe gedoppelte Be- trachtung nicht hinlaͤnglich ſeyn, mich zu rechtfertigen? Sie werden, hoffe ich, verſucht werden, dieſer Meynung zu ſeyn, oder wenigſtens mir deſto leichter verzeihen, wenn ich Jhnen ausfuͤhrlicher erzaͤhle, wie der Gedan- ke, Sie in eine Schriftſtellerin zu verwandeln, in mir entſtanden iſt.
Jch ſetzte mich mit allem Phlegma, welches Sie ſeit mehrern Jahren an mir kennen, hin, Jhre Handſchrift zu durchleſen. Das Sonderbare, ſo Sie gleich in den erſten Blaͤttern der Mutter Jhrer Heldin geben, war, meinem beſondern Geſchmack nach,
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[VII/0011]
einer Wahrheit, an welcher niemand
zweiſelt, hinzu zu ſetzen. Eben ſo ge-
wiß iſt es, daß unſre Nation noch weit
entfernt iſt, an Original-Werken die-
ſer Art, welche zugleich unterhaltend
und geſchickt ſind, die Liebe der Tu-
gend zu befoͤrdern, Ueberfluß zu ha-
ben. Sollte dieſe gedoppelte Be-
trachtung nicht hinlaͤnglich ſeyn, mich
zu rechtfertigen? Sie werden, hoffe
ich, verſucht werden, dieſer Meynung
zu ſeyn, oder wenigſtens mir deſto
leichter verzeihen, wenn ich Jhnen
ausfuͤhrlicher erzaͤhle, wie der Gedan-
ke, Sie in eine Schriftſtellerin zu
verwandeln, in mir entſtanden iſt.
Jch ſetzte mich mit allem Phlegma,
welches Sie ſeit mehrern Jahren an
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/11>, abgerufen am 03.12.2024.
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