mir mit seiner Erklärung schon zuvorge- kommen; wenn er sie rührt, so ist mein Glück hin; eben so hin, als wenn sie der Fürst erhielte; dann wenn sie einen Ruch- losen lieben kann, so hätte sie mich nie- mals geliebt. Aber ich bin elend, höchst elend durch die zärtlichste Liebe für einen würdigen Gegenstand, den ich unglückli- cher weise mit den Fallstricken des Lasters umgeben sehe. Die Hoffnung in ihre Grundsätze, und die Furcht der menschli- chen Schwachheit martern mich wechsels- weise. Heute, mein Freund, heute wird sie in der Hofcomödie dem Blick des Für- sten zum erstenmal ausgesetzt; ich bin nicht wohl; aber ich muß hingehen, wenn es mir das Leben kosten sollte.
Jch lebe auf, mein Freund, der Graf von F. zweifelt, daß man etwas über den Geist des Fräuleins gewinnen werde.
Milord befahl mir, mich in der Comö- die nahe an ihn zu halten. Das Fräu- lein kam mit ihrer unwürdigen Tante in die Loge der Gräfin F.; sie sah so liebens- würdig aus, daß es mich schmerzte.
Eine
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mir mit ſeiner Erklaͤrung ſchon zuvorge- kommen; wenn er ſie ruͤhrt, ſo iſt mein Gluͤck hin; eben ſo hin, als wenn ſie der Fuͤrſt erhielte; dann wenn ſie einen Ruch- loſen lieben kann, ſo haͤtte ſie mich nie- mals geliebt. Aber ich bin elend, hoͤchſt elend durch die zaͤrtlichſte Liebe fuͤr einen wuͤrdigen Gegenſtand, den ich ungluͤckli- cher weiſe mit den Fallſtricken des Laſters umgeben ſehe. Die Hoffnung in ihre Grundſaͤtze, und die Furcht der menſchli- chen Schwachheit martern mich wechſels- weiſe. Heute, mein Freund, heute wird ſie in der Hofcomoͤdie dem Blick des Fuͤr- ſten zum erſtenmal ausgeſetzt; ich bin nicht wohl; aber ich muß hingehen, wenn es mir das Leben koſten ſollte.
Jch lebe auf, mein Freund, der Graf von F. zweifelt, daß man etwas uͤber den Geiſt des Fraͤuleins gewinnen werde.
Milord befahl mir, mich in der Comoͤ- die nahe an ihn zu halten. Das Fraͤu- lein kam mit ihrer unwuͤrdigen Tante in die Loge der Graͤfin F.; ſie ſah ſo liebens- wuͤrdig aus, daß es mich ſchmerzte.
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mir mit ſeiner Erklaͤrung ſchon zuvorge-
kommen; wenn er ſie ruͤhrt, ſo iſt mein
Gluͤck hin; eben ſo hin, als wenn ſie der
Fuͤrſt erhielte; dann wenn ſie einen Ruch-
loſen lieben kann, ſo haͤtte ſie mich nie-
mals geliebt. Aber ich bin elend, hoͤchſt
elend durch die zaͤrtlichſte Liebe fuͤr einen
wuͤrdigen Gegenſtand, den ich ungluͤckli-
cher weiſe mit den Fallſtricken des Laſters
umgeben ſehe. Die Hoffnung in ihre
Grundſaͤtze, und die Furcht der menſchli-
chen Schwachheit martern mich wechſels-
weiſe. Heute, mein Freund, heute wird
ſie in der Hofcomoͤdie dem Blick des Fuͤr-
ſten zum erſtenmal ausgeſetzt; ich bin
nicht wohl; aber ich muß hingehen, wenn
es mir das Leben koſten ſollte.
Jch lebe auf, mein Freund, der Graf
von F. zweifelt, daß man etwas uͤber
den Geiſt des Fraͤuleins gewinnen werde.
Milord befahl mir, mich in der Comoͤ-
die nahe an ihn zu halten. Das Fraͤu-
lein kam mit ihrer unwuͤrdigen Tante in
die Loge der Graͤfin F.; ſie ſah ſo liebens-
wuͤrdig aus, daß es mich ſchmerzte.
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/177>, abgerufen am 23.11.2024.
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