Herren Milords in Paris, was sind die? Eine Coquette, eine Actrice, beyde artig einnehmend; aber sie waren es schon für so viel Leute, daß man ein Thor seyn muß, sich darüber zu beloben. War ich nicht auch da, meine schönen Herren? und weiß ich nicht ganz sicher, daß die wohlerzogene Tochter eines angesehenen Hauses und die geistvolle achtungswerthe Frau gar nicht die Bekanntschaften sind, die man uns machen läßt? Also prahle mir nicht mehr, mein guter B*, denn von Siegen wie die eurige, ist kein Triumph- lied zu singen. Aber ein den Göttern ge- widmetes Meisterstück der Natur und der Kunst zu erbeuten, den Argus der Klug- heit und Tugend einzuschläfern, Staats- minister zu betrügen, alle weitherge- suchte Vorbereitungen eines gefährlichen und geliebten Nebenbuhlers zu zernichten, ohne daß man die Hand gewahr wird, welche an der Zerstörung arbeitet; dieß verdient angemerkt zu werden!
Du weißt, daß ich der Liebe niemals keine andere Gewalt als über meine Sin-
nen
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Herren Milords in Paris, was ſind die? Eine Coquette, eine Actrice, beyde artig einnehmend; aber ſie waren es ſchon fuͤr ſo viel Leute, daß man ein Thor ſeyn muß, ſich daruͤber zu beloben. War ich nicht auch da, meine ſchoͤnen Herren? und weiß ich nicht ganz ſicher, daß die wohlerzogene Tochter eines angeſehenen Hauſes und die geiſtvolle achtungswerthe Frau gar nicht die Bekanntſchaften ſind, die man uns machen laͤßt? Alſo prahle mir nicht mehr, mein guter B*, denn von Siegen wie die eurige, iſt kein Triumph- lied zu ſingen. Aber ein den Goͤttern ge- widmetes Meiſterſtuͤck der Natur und der Kunſt zu erbeuten, den Argus der Klug- heit und Tugend einzuſchlaͤfern, Staats- miniſter zu betruͤgen, alle weitherge- ſuchte Vorbereitungen eines gefaͤhrlichen und geliebten Nebenbuhlers zu zernichten, ohne daß man die Hand gewahr wird, welche an der Zerſtoͤrung arbeitet; dieß verdient angemerkt zu werden!
Du weißt, daß ich der Liebe niemals keine andere Gewalt als uͤber meine Sin-
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Herren Milords in Paris, was ſind die?
Eine Coquette, eine Actrice, beyde artig
einnehmend; aber ſie waren es ſchon fuͤr
ſo viel Leute, daß man ein Thor ſeyn
muß, ſich daruͤber zu beloben. War ich
nicht auch da, meine ſchoͤnen Herren?
und weiß ich nicht ganz ſicher, daß die
wohlerzogene Tochter eines angeſehenen
Hauſes und die geiſtvolle achtungswerthe
Frau gar nicht die Bekanntſchaften ſind,
die man uns machen laͤßt? Alſo prahle
mir nicht mehr, mein guter B*, denn von
Siegen wie die eurige, iſt kein Triumph-
lied zu ſingen. Aber ein den Goͤttern ge-
widmetes Meiſterſtuͤck der Natur und der
Kunſt zu erbeuten, den Argus der Klug-
heit und Tugend einzuſchlaͤfern, Staats-
miniſter zu betruͤgen, alle weitherge-
ſuchte Vorbereitungen eines gefaͤhrlichen
und geliebten Nebenbuhlers zu zernichten,
ohne daß man die Hand gewahr wird,
welche an der Zerſtoͤrung arbeitet; dieß
verdient angemerkt zu werden!
Du weißt, daß ich der Liebe niemals
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/191>, abgerufen am 23.11.2024.
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