seyn; Seymour liebt sie; läßt sich aber durch Milord G. leiten, weil diese Rose für den Fürsten bestimmt ist, bey dem sie einen Proceß für ihren Oheim gewinnen soll. Der Sohn des Grafen F. bietet sich zur Vermählung mit ihr an, um den Mantel zu machen; wenn sie ihn aber liebt, so will er die Anschläge des Grafen Löbau und seines Vaters zu nichte ma- chen; der schlechte Pinsel! er soll sie nicht haben. Seymour mit seiner schwermü- thigen Zärtlichkeit, die auf den Triumph ihrer Tugend wartet, auch nicht; und der Fürst -- der ist sie nicht werth! Für mich soll sie geblüht haben, das ist fest- gesetzt; allem meinem Verstand ist aufge- boten, ihre schwache Seite zu finden. Empfindlich ist sie; ich hab' es ihren Blicken angesehen, die sie manchmal auf Seymouren wirft, wenn es gleich ich bin, der mit ihr redet. Freymüthig ist sie auch; dann sie sagte mir, es dünkte sie, daß es meinem Herzen an Güte fehle. Halten sie Milord Seymour für besser als mich? fragte ich sie. Sie erröthete, und
sagte,
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ſeyn; Seymour liebt ſie; laͤßt ſich aber durch Milord G. leiten, weil dieſe Roſe fuͤr den Fuͤrſten beſtimmt iſt, bey dem ſie einen Proceß fuͤr ihren Oheim gewinnen ſoll. Der Sohn des Grafen F. bietet ſich zur Vermaͤhlung mit ihr an, um den Mantel zu machen; wenn ſie ihn aber liebt, ſo will er die Anſchlaͤge des Grafen Loͤbau und ſeines Vaters zu nichte ma- chen; der ſchlechte Pinſel! er ſoll ſie nicht haben. Seymour mit ſeiner ſchwermuͤ- thigen Zaͤrtlichkeit, die auf den Triumph ihrer Tugend wartet, auch nicht; und der Fuͤrſt — der iſt ſie nicht werth! Fuͤr mich ſoll ſie gebluͤht haben, das iſt feſt- geſetzt; allem meinem Verſtand iſt aufge- boten, ihre ſchwache Seite zu finden. Empfindlich iſt ſie; ich hab’ es ihren Blicken angeſehen, die ſie manchmal auf Seymouren wirft, wenn es gleich ich bin, der mit ihr redet. Freymuͤthig iſt ſie auch; dann ſie ſagte mir, es duͤnkte ſie, daß es meinem Herzen an Guͤte fehle. Halten ſie Milord Seymour fuͤr beſſer als mich? fragte ich ſie. Sie erroͤthete, und
ſagte,
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durch Milord G. leiten, weil dieſe Roſe
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einen Proceß fuͤr ihren Oheim gewinnen
ſoll. Der Sohn des Grafen F. bietet
ſich zur Vermaͤhlung mit ihr an, um den
Mantel zu machen; wenn ſie ihn aber
liebt, ſo will er die Anſchlaͤge des Grafen
Loͤbau und ſeines Vaters zu nichte ma-
chen; der ſchlechte Pinſel! er ſoll ſie nicht
haben. Seymour mit ſeiner ſchwermuͤ-
thigen Zaͤrtlichkeit, die auf den Triumph
ihrer Tugend wartet, auch nicht; und der
Fuͤrſt — der iſt ſie nicht werth! Fuͤr
mich ſoll ſie gebluͤht haben, das iſt feſt-
geſetzt; allem meinem Verſtand iſt aufge-
boten, ihre ſchwache Seite zu finden.
Empfindlich iſt ſie; ich hab’ es ihren
Blicken angeſehen, die ſie manchmal auf
Seymouren wirft, wenn es gleich ich bin,
der mit ihr redet. Freymuͤthig iſt ſie
auch; dann ſie ſagte mir, es duͤnkte ſie,
daß es meinem Herzen an Guͤte fehle.
Halten ſie Milord Seymour fuͤr beſſer als
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/193>, abgerufen am 23.11.2024.
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