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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Geiste den Weg weisen, das Vertrauen
des Fürsten zu gewinnen; seine Rechtschaf-
fenheit, tiefe Einsicht und Stärke der
Seele, fänden dadurch ihre natürliche
Obermacht unterstützt, so daß die übrigen
Hof- und Dienstleute sich für den Zügel
und das Leitband des weisen und tugend-
haften Ministers eben so lenksam zeigen
würden, als man sie täglich bey den Un-
vollkommenheiten des Kopfs und den Feh-
lern des Herzens derjenigen sieht, von
welchen sie Glück und Beförderung er-
warten. So, meine Emilia, beschäfftigt
sich meine Seele oft, seitdem ich von den
Umständen, dem Charakter und den Pflich-
ten dieser oder jener Person unterrichtet bin.
Meine Phantasie stellt mich nach der Rei-
he an den Platz derer, die ich beurtheile;
dann messe ich die allgemeinen moralischen
Pflichten, die unser Schöpfer jedem Men-
schen, wer er anch sey, durch ewige un-
veränderliche Gesetze auferlegt hat, nach
dem Vermögen und der Einsicht ab, so
diese Person hat, sie in Ausübung zu
bringen. Auf diese Weise, war ich schon

Fürst,

Geiſte den Weg weiſen, das Vertrauen
des Fuͤrſten zu gewinnen; ſeine Rechtſchaf-
fenheit, tiefe Einſicht und Staͤrke der
Seele, faͤnden dadurch ihre natuͤrliche
Obermacht unterſtuͤtzt, ſo daß die uͤbrigen
Hof- und Dienſtleute ſich fuͤr den Zuͤgel
und das Leitband des weiſen und tugend-
haften Miniſters eben ſo lenkſam zeigen
wuͤrden, als man ſie taͤglich bey den Un-
vollkommenheiten des Kopfs und den Feh-
lern des Herzens derjenigen ſieht, von
welchen ſie Gluͤck und Befoͤrderung er-
warten. So, meine Emilia, beſchaͤfftigt
ſich meine Seele oft, ſeitdem ich von den
Umſtaͤnden, dem Charakter und den Pflich-
ten dieſer oder jener Perſon unterrichtet bin.
Meine Phantaſie ſtellt mich nach der Rei-
he an den Platz derer, die ich beurtheile;
dann meſſe ich die allgemeinen moraliſchen
Pflichten, die unſer Schoͤpfer jedem Men-
ſchen, wer er anch ſey, durch ewige un-
veraͤnderliche Geſetze auferlegt hat, nach
dem Vermoͤgen und der Einſicht ab, ſo
dieſe Perſon hat, ſie in Ausuͤbung zu
bringen. Auf dieſe Weiſe, war ich ſchon

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[187/0213] Geiſte den Weg weiſen, das Vertrauen des Fuͤrſten zu gewinnen; ſeine Rechtſchaf- fenheit, tiefe Einſicht und Staͤrke der Seele, faͤnden dadurch ihre natuͤrliche Obermacht unterſtuͤtzt, ſo daß die uͤbrigen Hof- und Dienſtleute ſich fuͤr den Zuͤgel und das Leitband des weiſen und tugend- haften Miniſters eben ſo lenkſam zeigen wuͤrden, als man ſie taͤglich bey den Un- vollkommenheiten des Kopfs und den Feh- lern des Herzens derjenigen ſieht, von welchen ſie Gluͤck und Befoͤrderung er- warten. So, meine Emilia, beſchaͤfftigt ſich meine Seele oft, ſeitdem ich von den Umſtaͤnden, dem Charakter und den Pflich- ten dieſer oder jener Perſon unterrichtet bin. Meine Phantaſie ſtellt mich nach der Rei- he an den Platz derer, die ich beurtheile; dann meſſe ich die allgemeinen moraliſchen Pflichten, die unſer Schoͤpfer jedem Men- ſchen, wer er anch ſey, durch ewige un- veraͤnderliche Geſetze auferlegt hat, nach dem Vermoͤgen und der Einſicht ab, ſo dieſe Perſon hat, ſie in Ausuͤbung zu bringen. Auf dieſe Weiſe, war ich ſchon Fuͤrſt,

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/213>, abgerufen am 21.11.2024.