andern Seite eine Bewegung in der Hof- luft verursachen. Viele Theile der schö- nen Wissenschaften haben ihre völlige Aus- polirung in der großen Welt zu erhalten; gleichwie Sprachen und Sitten allein von den da wohnenden Grazien eine ausgesuch- te angenehme Einkleidung bekommen. Alles dieses sind schätzbare Vorzüge, die auf einen großen Theil der menschlichen Glückseligkeit ihren Einfluß haben, und wohl ganz sicher Bestandtheile davon ausmachen. Das Pflanzen- und Thier- reich hat seine Züge von Schönheit und Zierlichkeit in Form, Ebenmaß und Far- benmischung; auch die rauhesten Natio- nen haben Jdeen von Verschönerung. Unser Gesicht, Geschmack und Gefühl sind, auch nicht umsonst mit so großer Em- pfindlichkeit im Vergleichen, Wählen, Verwerfen und Zusammensetzen begabt, so daß es ganz billig ist, diese Fähigkeiten zu benutzen, wenn nur die Menschen nicht so leicht und so gerne über die Grenzen träten, die für alles gezogen sind. Doch wer weiß, ob nicht selbst dieses Ueber-
schreiten
andern Seite eine Bewegung in der Hof- luft verurſachen. Viele Theile der ſchoͤ- nen Wiſſenſchaften haben ihre voͤllige Aus- polirung in der großen Welt zu erhalten; gleichwie Sprachen und Sitten allein von den da wohnenden Grazien eine ausgeſuch- te angenehme Einkleidung bekommen. Alles dieſes ſind ſchaͤtzbare Vorzuͤge, die auf einen großen Theil der menſchlichen Gluͤckſeligkeit ihren Einfluß haben, und wohl ganz ſicher Beſtandtheile davon ausmachen. Das Pflanzen- und Thier- reich hat ſeine Zuͤge von Schoͤnheit und Zierlichkeit in Form, Ebenmaß und Far- benmiſchung; auch die rauheſten Natio- nen haben Jdeen von Verſchoͤnerung. Unſer Geſicht, Geſchmack und Gefuͤhl ſind, auch nicht umſonſt mit ſo großer Em- pfindlichkeit im Vergleichen, Waͤhlen, Verwerfen und Zuſammenſetzen begabt, ſo daß es ganz billig iſt, dieſe Faͤhigkeiten zu benutzen, wenn nur die Menſchen nicht ſo leicht und ſo gerne uͤber die Grenzen traͤten, die fuͤr alles gezogen ſind. Doch wer weiß, ob nicht ſelbſt dieſes Ueber-
ſchreiten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0218"n="192"/>
andern Seite eine Bewegung in der Hof-<lb/>
luft verurſachen. Viele Theile der ſchoͤ-<lb/>
nen Wiſſenſchaften haben ihre voͤllige Aus-<lb/>
polirung in der großen Welt zu erhalten;<lb/>
gleichwie Sprachen und Sitten allein von<lb/>
den da wohnenden Grazien eine ausgeſuch-<lb/>
te angenehme Einkleidung bekommen.<lb/>
Alles dieſes ſind ſchaͤtzbare Vorzuͤge, die<lb/>
auf einen großen Theil der menſchlichen<lb/>
Gluͤckſeligkeit ihren Einfluß haben, und<lb/>
wohl ganz ſicher Beſtandtheile davon<lb/>
ausmachen. Das Pflanzen- und Thier-<lb/>
reich hat ſeine Zuͤge von Schoͤnheit und<lb/>
Zierlichkeit in Form, Ebenmaß und Far-<lb/>
benmiſchung; auch die rauheſten Natio-<lb/>
nen haben Jdeen von Verſchoͤnerung.<lb/>
Unſer Geſicht, Geſchmack und Gefuͤhl ſind,<lb/>
auch nicht umſonſt mit ſo großer Em-<lb/>
pfindlichkeit im Vergleichen, Waͤhlen,<lb/>
Verwerfen und Zuſammenſetzen begabt, ſo<lb/>
daß es ganz billig iſt, dieſe Faͤhigkeiten zu<lb/>
benutzen, wenn nur die Menſchen nicht<lb/>ſo leicht und ſo gerne uͤber die Grenzen<lb/>
traͤten, die fuͤr alles gezogen ſind. Doch<lb/>
wer weiß, ob nicht ſelbſt dieſes Ueber-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchreiten</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[192/0218]
andern Seite eine Bewegung in der Hof-
luft verurſachen. Viele Theile der ſchoͤ-
nen Wiſſenſchaften haben ihre voͤllige Aus-
polirung in der großen Welt zu erhalten;
gleichwie Sprachen und Sitten allein von
den da wohnenden Grazien eine ausgeſuch-
te angenehme Einkleidung bekommen.
Alles dieſes ſind ſchaͤtzbare Vorzuͤge, die
auf einen großen Theil der menſchlichen
Gluͤckſeligkeit ihren Einfluß haben, und
wohl ganz ſicher Beſtandtheile davon
ausmachen. Das Pflanzen- und Thier-
reich hat ſeine Zuͤge von Schoͤnheit und
Zierlichkeit in Form, Ebenmaß und Far-
benmiſchung; auch die rauheſten Natio-
nen haben Jdeen von Verſchoͤnerung.
Unſer Geſicht, Geſchmack und Gefuͤhl ſind,
auch nicht umſonſt mit ſo großer Em-
pfindlichkeit im Vergleichen, Waͤhlen,
Verwerfen und Zuſammenſetzen begabt, ſo
daß es ganz billig iſt, dieſe Faͤhigkeiten zu
benutzen, wenn nur die Menſchen nicht
ſo leicht und ſo gerne uͤber die Grenzen
traͤten, die fuͤr alles gezogen ſind. Doch
wer weiß, ob nicht ſelbſt dieſes Ueber-
ſchreiten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/218>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.