mischen hatten, mit welcher sie das Fräu- lein dem Fürsten zuspielen wollten. nach unserer Abrede vom vorigen Tage giengen wir in das Dorf. Als wir gegen das Wirthshaus kamen, wo meine Leute ein- quartiret waren, begegnete uns ein klei- ner Wagen mit einer Frau und Kindern beladen, der langsam vorbey gieng, und uns hinderte vorzukommen. Meine Sternheim sieht die Fran starr an, wird roth, nachdenklich, betrübt, alles schier in Einem Anblick, und steht dem Wagen melancholisch nach. Dieser hält an dem Wirthshause, die Leute steigen aus; die Blicke des Fräuleins sind unbeweglich auf sie geheftet; Unruhe nimmt sie ein; sie sieht mich und das Fräulein R* an, wen- det die Augen weg, endlich legt sie ihre Hand auf meinen Arm, und sagt mir auf englisch mit einem verschönerten Gesichte und bittender zärtlicher Stimme: Lieber Lord, unterhalten Sie doch das Fräulein R* einige Augenblicke hier, ich kenne die- se Frau, und will ein paar Worte mit ihr reden. Jch stutzte, machte eine einwilli-
gende
miſchen hatten, mit welcher ſie das Fraͤu- lein dem Fuͤrſten zuſpielen wollten. nach unſerer Abrede vom vorigen Tage giengen wir in das Dorf. Als wir gegen das Wirthshaus kamen, wo meine Leute ein- quartiret waren, begegnete uns ein klei- ner Wagen mit einer Frau und Kindern beladen, der langſam vorbey gieng, und uns hinderte vorzukommen. Meine Sternheim ſieht die Fran ſtarr an, wird roth, nachdenklich, betruͤbt, alles ſchier in Einem Anblick, und ſteht dem Wagen melancholiſch nach. Dieſer haͤlt an dem Wirthshauſe, die Leute ſteigen aus; die Blicke des Fraͤuleins ſind unbeweglich auf ſie geheftet; Unruhe nimmt ſie ein; ſie ſieht mich und das Fraͤulein R* an, wen- det die Augen weg, endlich legt ſie ihre Hand auf meinen Arm, und ſagt mir auf engliſch mit einem verſchoͤnerten Geſichte und bittender zaͤrtlicher Stimme: Lieber Lord, unterhalten Sie doch das Fraͤulein R* einige Augenblicke hier, ich kenne die- ſe Frau, und will ein paar Worte mit ihr reden. Jch ſtutzte, machte eine einwilli-
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[210/0236]
miſchen hatten, mit welcher ſie das Fraͤu-
lein dem Fuͤrſten zuſpielen wollten. nach
unſerer Abrede vom vorigen Tage giengen
wir in das Dorf. Als wir gegen das
Wirthshaus kamen, wo meine Leute ein-
quartiret waren, begegnete uns ein klei-
ner Wagen mit einer Frau und Kindern
beladen, der langſam vorbey gieng, und
uns hinderte vorzukommen. Meine
Sternheim ſieht die Fran ſtarr an, wird
roth, nachdenklich, betruͤbt, alles ſchier
in Einem Anblick, und ſteht dem Wagen
melancholiſch nach. Dieſer haͤlt an dem
Wirthshauſe, die Leute ſteigen aus; die
Blicke des Fraͤuleins ſind unbeweglich auf
ſie geheftet; Unruhe nimmt ſie ein; ſie
ſieht mich und das Fraͤulein R* an, wen-
det die Augen weg, endlich legt ſie ihre
Hand auf meinen Arm, und ſagt mir auf
engliſch mit einem verſchoͤnerten Geſichte
und bittender zaͤrtlicher Stimme: Lieber
Lord, unterhalten Sie doch das Fraͤulein
R* einige Augenblicke hier, ich kenne die-
ſe Frau, und will ein paar Worte mit ihr
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/236>, abgerufen am 21.11.2024.
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