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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Schelten Sie mich nicht gleich wieder
über meine zärtliche Kleinmüthigkeit; viel-
leicht ist die Abreise des Herrn** daran
Ursache, die für mich eine abscheuliche
Leere in diesem Hause läßt. Er kommt
nur manchmal hieher. Wie Pilgrimme
einen verfallenen Platz besuchen, wo ehe-
mals ein Heiliger wohnte, besucht er die-
ses Haus, um noch den Schatten des
großen Mannes zu verehren, der hier leb-
te, dessen großen Geist und erfahrne
Weisheit er bewunderte, der sein Freund
war und ihn zu schätzen wußte.

Den Tag nach seiner Abreise langte
ein kleiner französischer Schriftsteller
an, den ein Mangel an Pariser Glück
und die seltsame Schwachheit unsers
Adels "Die französische Belesenheit
"immer der Deutschen vorzuziehen
"
in dieses Haus führte. Die Damen
machten viel Wesens aus der Gesellschaft
eines Mannes, der geraden Weges von
Paris kam, viele Marquisinnen ge-
sprochen hatte, und ganze Reihen von
Abhandlungen über Moden, Manieren

und

Schelten Sie mich nicht gleich wieder
uͤber meine zaͤrtliche Kleinmuͤthigkeit; viel-
leicht iſt die Abreiſe des Herrn** daran
Urſache, die fuͤr mich eine abſcheuliche
Leere in dieſem Hauſe laͤßt. Er kommt
nur manchmal hieher. Wie Pilgrimme
einen verfallenen Platz beſuchen, wo ehe-
mals ein Heiliger wohnte, beſucht er die-
ſes Haus, um noch den Schatten des
großen Mannes zu verehren, der hier leb-
te, deſſen großen Geiſt und erfahrne
Weisheit er bewunderte, der ſein Freund
war und ihn zu ſchaͤtzen wußte.

Den Tag nach ſeiner Abreiſe langte
ein kleiner franzoͤſiſcher Schriftſteller
an, den ein Mangel an Pariſer Gluͤck
und die ſeltſame Schwachheit unſers
Adels „Die franzoͤſiſche Beleſenheit
„immer der Deutſchen vorzuziehen

in dieſes Haus fuͤhrte. Die Damen
machten viel Weſens aus der Geſellſchaft
eines Mannes, der geraden Weges von
Paris kam, viele Marquiſinnen ge-
ſprochen hatte, und ganze Reihen von
Abhandlungen uͤber Moden, Manieren

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[224/0250] Schelten Sie mich nicht gleich wieder uͤber meine zaͤrtliche Kleinmuͤthigkeit; viel- leicht iſt die Abreiſe des Herrn** daran Urſache, die fuͤr mich eine abſcheuliche Leere in dieſem Hauſe laͤßt. Er kommt nur manchmal hieher. Wie Pilgrimme einen verfallenen Platz beſuchen, wo ehe- mals ein Heiliger wohnte, beſucht er die- ſes Haus, um noch den Schatten des großen Mannes zu verehren, der hier leb- te, deſſen großen Geiſt und erfahrne Weisheit er bewunderte, der ſein Freund war und ihn zu ſchaͤtzen wußte. Den Tag nach ſeiner Abreiſe langte ein kleiner franzoͤſiſcher Schriftſteller an, den ein Mangel an Pariſer Gluͤck und die ſeltſame Schwachheit unſers Adels „Die franzoͤſiſche Beleſenheit „immer der Deutſchen vorzuziehen“ in dieſes Haus fuͤhrte. Die Damen machten viel Weſens aus der Geſellſchaft eines Mannes, der geraden Weges von Paris kam, viele Marquiſinnen ge- ſprochen hatte, und ganze Reihen von Abhandlungen uͤber Moden, Manieren und

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/250>, abgerufen am 21.11.2024.