Jch fühle, daß du glücklicher bist, als ich, sagte der Pinsel, aber ich kann mich nicht ändern. Verdammt sey die Liebe, dacht' ich, die diesen und mich zu so elenden Hunden macht. Seymour, zwischen dem Schmerz der Verachtung für einen ange- beteten Gegenstand, und allen Reizungen der Sinne herum getrieben, war unglück- lich, weil er nichts von ihrer Unschuld und Zärtlichkeit wußte. Jch, der mei- ner Hochachtung und Liebe nicht entsagen konnte, war ein Spiel des Neides und der Begierde mich zu rächen, und genoß wenig Freude dabey, als diese, andern die ihrige sicher zu zerstören, es folge dar- aus was da wolle. -- Arbeit habe ich! -- Denn so künstlich und sicher ich sonst meine Schlingen zu flechten wußte, so nützen mich doch meine vorigen Erfah- rungen bey ihr nichts, weil sie so viele Entfernung von allen sinnlichen Vergnü- gungen hat. Bey einem Ball, wo bey- nahe alle Weibspersonen Coquetten, und
auch
uͤbertriebene Jdeen jemals gewaͤhren wuͤrden.
Jch fuͤhle, daß du gluͤcklicher biſt, als ich, ſagte der Pinſel, aber ich kann mich nicht aͤndern. Verdammt ſey die Liebe, dacht’ ich, die dieſen und mich zu ſo elenden Hunden macht. Seymour, zwiſchen dem Schmerz der Verachtung fuͤr einen ange- beteten Gegenſtand, und allen Reizungen der Sinne herum getrieben, war ungluͤck- lich, weil er nichts von ihrer Unſchuld und Zaͤrtlichkeit wußte. Jch, der mei- ner Hochachtung und Liebe nicht entſagen konnte, war ein Spiel des Neides und der Begierde mich zu raͤchen, und genoß wenig Freude dabey, als dieſe, andern die ihrige ſicher zu zerſtoͤren, es folge dar- aus was da wolle. — Arbeit habe ich! — Denn ſo kuͤnſtlich und ſicher ich ſonſt meine Schlingen zu flechten wußte, ſo nuͤtzen mich doch meine vorigen Erfah- rungen bey ihr nichts, weil ſie ſo viele Entfernung von allen ſinnlichen Vergnuͤ- gungen hat. Bey einem Ball, wo bey- nahe alle Weibsperſonen Coquetten, und
auch
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uͤbertriebene Jdeen jemals gewaͤhren
wuͤrden.
Jch fuͤhle, daß du gluͤcklicher biſt, als
ich, ſagte der Pinſel, aber ich kann mich
nicht aͤndern. Verdammt ſey die Liebe,
dacht’ ich, die dieſen und mich zu ſo elenden
Hunden macht. Seymour, zwiſchen dem
Schmerz der Verachtung fuͤr einen ange-
beteten Gegenſtand, und allen Reizungen
der Sinne herum getrieben, war ungluͤck-
lich, weil er nichts von ihrer Unſchuld
und Zaͤrtlichkeit wußte. Jch, der mei-
ner Hochachtung und Liebe nicht entſagen
konnte, war ein Spiel des Neides und
der Begierde mich zu raͤchen, und genoß
wenig Freude dabey, als dieſe, andern
die ihrige ſicher zu zerſtoͤren, es folge dar-
aus was da wolle. — Arbeit habe
ich! — Denn ſo kuͤnſtlich und ſicher ich
ſonſt meine Schlingen zu flechten wußte,
ſo nuͤtzen mich doch meine vorigen Erfah-
rungen bey ihr nichts, weil ſie ſo viele
Entfernung von allen ſinnlichen Vergnuͤ-
gungen hat. Bey einem Ball, wo bey-
nahe alle Weibsperſonen Coquetten, und
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/274>, abgerufen am 22.11.2024.
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