Aber meine innerliche Zufriedenheit half mir wieder zu meiner Fassung, so daß ich dem Fürsten meine Verbeugung ganz ge- lassen machte. Er betrachtete und lobte meine Kleidung in sehr lebhaften Aus- drücken. Die Gräfin F*, welche mich nöthigte ihm eine Schale Sorbet anzu- bieten, brachte mich in eine Verlegenheit, die mir ganz zuwider war; denn ich muß- te mich zu ihm auf die Bank setzen, wo er mir über meine Person und zum Theil auch über den übrigen Adel, ich weiß nicht mehr was für wunderliches Zeug vorsag- te. Die meisten fiengen an einsam spa- zieren zu gehen. Da ich ihnen mit Auf- merksamkeit nachsahe, fragte mich der Fürst: Ob ich auch lieber herumgehen, als bey ihm seyn wollte? Jch sagte ihm, ich dächte, es würden wieder Reihen getanzt und ich wünschte dabey zu seyn. Soglelch stund er auf, und begleitete mich zu den übrigen. Jch dankte mir den Einfall, und mengte mich eilends unter den Hau- fen junger Leute, die alle beysammen stun- den. Sie lächelten über mein Eindrin-
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Aber meine innerliche Zufriedenheit half mir wieder zu meiner Faſſung, ſo daß ich dem Fuͤrſten meine Verbeugung ganz ge- laſſen machte. Er betrachtete und lobte meine Kleidung in ſehr lebhaften Aus- druͤcken. Die Graͤfin F*, welche mich noͤthigte ihm eine Schale Sorbet anzu- bieten, brachte mich in eine Verlegenheit, die mir ganz zuwider war; denn ich muß- te mich zu ihm auf die Bank ſetzen, wo er mir uͤber meine Perſon und zum Theil auch uͤber den uͤbrigen Adel, ich weiß nicht mehr was fuͤr wunderliches Zeug vorſag- te. Die meiſten fiengen an einſam ſpa- zieren zu gehen. Da ich ihnen mit Auf- merkſamkeit nachſahe, fragte mich der Fuͤrſt: Ob ich auch lieber herumgehen, als bey ihm ſeyn wollte? Jch ſagte ihm, ich daͤchte, es wuͤrden wieder Reihen getanzt und ich wuͤnſchte dabey zu ſeyn. Soglelch ſtund er auf, und begleitete mich zu den uͤbrigen. Jch dankte mir den Einfall, und mengte mich eilends unter den Hau- fen junger Leute, die alle beyſammen ſtun- den. Sie laͤchelten uͤber mein Eindrin-
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Aber meine innerliche Zufriedenheit half
mir wieder zu meiner Faſſung, ſo daß ich
dem Fuͤrſten meine Verbeugung ganz ge-
laſſen machte. Er betrachtete und lobte
meine Kleidung in ſehr lebhaften Aus-
druͤcken. Die Graͤfin F*, welche mich
noͤthigte ihm eine Schale Sorbet anzu-
bieten, brachte mich in eine Verlegenheit,
die mir ganz zuwider war; denn ich muß-
te mich zu ihm auf die Bank ſetzen, wo er
mir uͤber meine Perſon und zum Theil auch
uͤber den uͤbrigen Adel, ich weiß nicht
mehr was fuͤr wunderliches Zeug vorſag-
te. Die meiſten fiengen an einſam ſpa-
zieren zu gehen. Da ich ihnen mit Auf-
merkſamkeit nachſahe, fragte mich der
Fuͤrſt: Ob ich auch lieber herumgehen, als
bey ihm ſeyn wollte? Jch ſagte ihm, ich
daͤchte, es wuͤrden wieder Reihen getanzt
und ich wuͤnſchte dabey zu ſeyn. Soglelch
ſtund er auf, und begleitete mich zu den
uͤbrigen. Jch dankte mir den Einfall,
und mengte mich eilends unter den Hau-
fen junger Leute, die alle beyſammen ſtun-
den. Sie laͤchelten uͤber mein Eindrin-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/292>, abgerufen am 21.11.2024.
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