reich machen können, und hätte nur die Bitte zu dieser Gabe setzen dürfen, sie mit Klugheit zu brauchen. Das Wohlergehn dieser Familie hat mich mehr gekostet, als wenn ich ihnen die Hälfte meines Vermö- gens gegeben hätte. Jch habe ihr einen Theil meiner Denkungsart aufgeopfert; der Rath T* lag mir sehr an, ihm durch meinen Oncle wieder ein Amt zu verschaf- fen. Jch sagte es diesem, und er ant- wortete mir: er könne die Gnade, welche er wieder anfange, bey dem Fürsten zu ge- nießen, für niemand als seine Kinder ver- wenden, indem er seinen Familien-Pro- ceß zu gewinnen suchte. Jch war darü- ber traurig, aber meine Tante sagte mir: ich sollte bey nächster Gelegenheit selbst mit dem Fürsten sprechen; ich würde fin- den, daß er gerne Gutes thue, wenn man ihm einen würdigen Gegenstand da- zu zeigte, und ich würde gewiß keine Fehl- bitte thun. Nachmittags kamen der Graf F* und seine Gemahlin zu uns; mit diesen beredete ich mich auch, und ersuchte beyde, sich bey dem Fürsten dieser
armen
S 4
reich machen koͤnnen, und haͤtte nur die Bitte zu dieſer Gabe ſetzen duͤrfen, ſie mit Klugheit zu brauchen. Das Wohlergehn dieſer Familie hat mich mehr gekoſtet, als wenn ich ihnen die Haͤlfte meines Vermoͤ- gens gegeben haͤtte. Jch habe ihr einen Theil meiner Denkungsart aufgeopfert; der Rath T* lag mir ſehr an, ihm durch meinen Oncle wieder ein Amt zu verſchaf- fen. Jch ſagte es dieſem, und er ant- wortete mir: er koͤnne die Gnade, welche er wieder anfange, bey dem Fuͤrſten zu ge- nießen, fuͤr niemand als ſeine Kinder ver- wenden, indem er ſeinen Familien-Pro- ceß zu gewinnen ſuchte. Jch war daruͤ- ber traurig, aber meine Tante ſagte mir: ich ſollte bey naͤchſter Gelegenheit ſelbſt mit dem Fuͤrſten ſprechen; ich wuͤrde fin- den, daß er gerne Gutes thue, wenn man ihm einen wuͤrdigen Gegenſtand da- zu zeigte, und ich wuͤrde gewiß keine Fehl- bitte thun. Nachmittags kamen der Graf F* und ſeine Gemahlin zu uns; mit dieſen beredete ich mich auch, und erſuchte beyde, ſich bey dem Fuͤrſten dieſer
armen
S 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0305"n="279"/>
reich machen koͤnnen, und haͤtte nur die<lb/>
Bitte zu dieſer Gabe ſetzen duͤrfen, ſie mit<lb/>
Klugheit zu brauchen. Das Wohlergehn<lb/>
dieſer Familie hat mich mehr gekoſtet, als<lb/>
wenn ich ihnen die Haͤlfte meines Vermoͤ-<lb/>
gens gegeben haͤtte. Jch habe ihr einen<lb/>
Theil meiner Denkungsart aufgeopfert;<lb/>
der Rath T* lag mir ſehr an, ihm durch<lb/>
meinen Oncle wieder ein Amt zu verſchaf-<lb/>
fen. Jch ſagte es dieſem, und er ant-<lb/>
wortete mir: er koͤnne die Gnade, welche<lb/>
er wieder anfange, bey dem Fuͤrſten zu ge-<lb/>
nießen, fuͤr niemand als ſeine Kinder ver-<lb/>
wenden, indem er ſeinen Familien-Pro-<lb/>
ceß zu gewinnen ſuchte. Jch war daruͤ-<lb/>
ber traurig, aber meine Tante ſagte mir:<lb/>
ich ſollte bey naͤchſter Gelegenheit ſelbſt<lb/>
mit dem Fuͤrſten ſprechen; ich wuͤrde fin-<lb/>
den, daß er gerne Gutes thue, wenn<lb/>
man ihm einen wuͤrdigen Gegenſtand da-<lb/>
zu zeigte, und ich wuͤrde gewiß keine Fehl-<lb/>
bitte thun. Nachmittags kamen der<lb/>
Graf F* und ſeine Gemahlin zu uns;<lb/>
mit dieſen beredete ich mich auch, und<lb/>
erſuchte beyde, ſich bey dem Fuͤrſten dieſer<lb/><fwplace="bottom"type="sig">S 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">armen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[279/0305]
reich machen koͤnnen, und haͤtte nur die
Bitte zu dieſer Gabe ſetzen duͤrfen, ſie mit
Klugheit zu brauchen. Das Wohlergehn
dieſer Familie hat mich mehr gekoſtet, als
wenn ich ihnen die Haͤlfte meines Vermoͤ-
gens gegeben haͤtte. Jch habe ihr einen
Theil meiner Denkungsart aufgeopfert;
der Rath T* lag mir ſehr an, ihm durch
meinen Oncle wieder ein Amt zu verſchaf-
fen. Jch ſagte es dieſem, und er ant-
wortete mir: er koͤnne die Gnade, welche
er wieder anfange, bey dem Fuͤrſten zu ge-
nießen, fuͤr niemand als ſeine Kinder ver-
wenden, indem er ſeinen Familien-Pro-
ceß zu gewinnen ſuchte. Jch war daruͤ-
ber traurig, aber meine Tante ſagte mir:
ich ſollte bey naͤchſter Gelegenheit ſelbſt
mit dem Fuͤrſten ſprechen; ich wuͤrde fin-
den, daß er gerne Gutes thue, wenn
man ihm einen wuͤrdigen Gegenſtand da-
zu zeigte, und ich wuͤrde gewiß keine Fehl-
bitte thun. Nachmittags kamen der
Graf F* und ſeine Gemahlin zu uns;
mit dieſen beredete ich mich auch, und
erſuchte beyde, ſich bey dem Fuͤrſten dieſer
armen
S 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/305>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.