zen der Unzufriedenheit mit Jhrem Ge- schicke, welches Sie alle dieser Freuden beraubte; aber bey der zweyten Betrach- tung empfinden Sie das Vergnügen einer edeln Seele, die sich über das Wohl ihres Nächsten erfreut, und je kleiner Jhr Antheil an allgemeinem Glück ist, desto edler ist Jhre Freude.
Prüfen Sie das Maaß der Fähigkeiten Jhrer Kinder, lassen Sie keines unbe- bauet, und so bescheiden sie in Kleidung und anderm Aufwand von Personen Jhres Standes seyn mögen, so verwenden Sie alles auf die Erziehung. Zeichnen, Mu- sik, Sprachen, alle schöne Arbeiten des Frauenzimmers für ihre Töchter; für ihre Söhne alle Kenntnisse, die man von wohlerzognen jungen Mannsleuten fodert. Flößen Sie beyden Liebe und Gefchmack für die edle und unserm Geiste so nützliche Beschäfftigung des Lesens ein, besonders alles dessen, was zu der besten Kennt- niß unsrer Körperwelt gehört. Es ist eine Pflicht des guten Geschöpfs die Wer- ke seines Urhebers zu kennen, von denen
wir
zen der Unzufriedenheit mit Jhrem Ge- ſchicke, welches Sie alle dieſer Freuden beraubte; aber bey der zweyten Betrach- tung empfinden Sie das Vergnuͤgen einer edeln Seele, die ſich uͤber das Wohl ihres Naͤchſten erfreut, und je kleiner Jhr Antheil an allgemeinem Gluͤck iſt, deſto edler iſt Jhre Freude.
Pruͤfen Sie das Maaß der Faͤhigkeiten Jhrer Kinder, laſſen Sie keines unbe- bauet, und ſo beſcheiden ſie in Kleidung und anderm Aufwand von Perſonen Jhres Standes ſeyn moͤgen, ſo verwenden Sie alles auf die Erziehung. Zeichnen, Mu- ſik, Sprachen, alle ſchoͤne Arbeiten des Frauenzimmers fuͤr ihre Toͤchter; fuͤr ihre Soͤhne alle Kenntniſſe, die man von wohlerzognen jungen Mannsleuten fodert. Floͤßen Sie beyden Liebe und Gefchmack fuͤr die edle und unſerm Geiſte ſo nuͤtzliche Beſchaͤfftigung des Leſens ein, beſonders alles deſſen, was zu der beſten Kennt- niß unſrer Koͤrperwelt gehoͤrt. Es iſt eine Pflicht des guten Geſchoͤpfs die Wer- ke ſeines Urhebers zu kennen, von denen
wir
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zen der Unzufriedenheit mit Jhrem Ge-
ſchicke, welches Sie alle dieſer Freuden
beraubte; aber bey der zweyten Betrach-
tung empfinden Sie das Vergnuͤgen einer
edeln Seele, die ſich uͤber das Wohl ihres
Naͤchſten erfreut, und je kleiner Jhr
Antheil an allgemeinem Gluͤck iſt, deſto
edler iſt Jhre Freude.
Pruͤfen Sie das Maaß der Faͤhigkeiten
Jhrer Kinder, laſſen Sie keines unbe-
bauet, und ſo beſcheiden ſie in Kleidung
und anderm Aufwand von Perſonen Jhres
Standes ſeyn moͤgen, ſo verwenden Sie
alles auf die Erziehung. Zeichnen, Mu-
ſik, Sprachen, alle ſchoͤne Arbeiten des
Frauenzimmers fuͤr ihre Toͤchter; fuͤr ihre
Soͤhne alle Kenntniſſe, die man von
wohlerzognen jungen Mannsleuten fodert.
Floͤßen Sie beyden Liebe und Gefchmack
fuͤr die edle und unſerm Geiſte ſo nuͤtzliche
Beſchaͤfftigung des Leſens ein, beſonders
alles deſſen, was zu der beſten Kennt-
niß unſrer Koͤrperwelt gehoͤrt. Es iſt
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/326>, abgerufen am 18.12.2024.
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