wir alle Augenblicke unsers Lebens so viel Gutes genießen; da die ganze physicalische Welt lauter Werke und Zeugnisse der Wohlthätigkeit und Güte unsers Schö- pfers in sich faßt, deren Anblick und Kenntniß das reinste und vollkommenste, keinem Zufall, keinem Menschen unter- worfene Vergnügen in unsre Seele gießt. Je mehr Geschmack ihre Kinder an der natürlichen Geschichte unsers Erdbodens, je mehr Kenntnisse sie von seinen Gewäch- sen, Nutzbarkeit und Schönheit erlangen, je sanfter werden ihre Gesinnungen, Lei- denschaften und Begierden seyn, und um so viel mehr wird ihr Geschmack am Edeln und Einfachen gestärkt und befestigt wer- den, und um so weiter entfernen sie sich [v]on der Jdee, daß Pracht und Wollust das größte Glück sey.
Die Geschichte der moralischen Welt sollen ihre Kinder auch kennen; die Ver- änderungen, welche ganze Königreiche und erhabne Personen betroffen, werden sie zu Betrachtungen leiten, deren Wür- kung die Zufriedenheit mit ihren einge-
schränk-
wir alle Augenblicke unſers Lebens ſo viel Gutes genießen; da die ganze phyſicaliſche Welt lauter Werke und Zeugniſſe der Wohlthaͤtigkeit und Guͤte unſers Schoͤ- pfers in ſich faßt, deren Anblick und Kenntniß das reinſte und vollkommenſte, keinem Zufall, keinem Menſchen unter- worfene Vergnuͤgen in unſre Seele gießt. Je mehr Geſchmack ihre Kinder an der natuͤrlichen Geſchichte unſers Erdbodens, je mehr Kenntniſſe ſie von ſeinen Gewaͤch- ſen, Nutzbarkeit und Schoͤnheit erlangen, je ſanfter werden ihre Geſinnungen, Lei- denſchaften und Begierden ſeyn, und um ſo viel mehr wird ihr Geſchmack am Edeln und Einfachen geſtaͤrkt und befeſtigt wer- den, und um ſo weiter entfernen ſie ſich [v]on der Jdee, daß Pracht und Wolluſt das groͤßte Gluͤck ſey.
Die Geſchichte der moraliſchen Welt ſollen ihre Kinder auch kennen; die Ver- aͤnderungen, welche ganze Koͤnigreiche und erhabne Perſonen betroffen, werden ſie zu Betrachtungen leiten, deren Wuͤr- kung die Zufriedenheit mit ihren einge-
ſchraͤnk-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0327"n="301"/>
wir alle Augenblicke unſers Lebens ſo viel<lb/>
Gutes genießen; da die ganze phyſicaliſche<lb/>
Welt lauter Werke und Zeugniſſe der<lb/>
Wohlthaͤtigkeit und Guͤte unſers Schoͤ-<lb/>
pfers in ſich faßt, deren Anblick und<lb/>
Kenntniß das reinſte und vollkommenſte,<lb/>
keinem Zufall, keinem Menſchen unter-<lb/>
worfene Vergnuͤgen in unſre Seele gießt.<lb/>
Je mehr Geſchmack ihre Kinder an der<lb/>
natuͤrlichen Geſchichte unſers Erdbodens,<lb/>
je mehr Kenntniſſe ſie von ſeinen Gewaͤch-<lb/>ſen, Nutzbarkeit und Schoͤnheit erlangen,<lb/>
je ſanfter werden ihre Geſinnungen, Lei-<lb/>
denſchaften und Begierden ſeyn, und um<lb/>ſo viel mehr wird ihr Geſchmack am Edeln<lb/>
und Einfachen geſtaͤrkt und befeſtigt wer-<lb/>
den, und um ſo weiter entfernen ſie ſich<lb/><supplied>v</supplied>on der Jdee, daß Pracht und Wolluſt das<lb/>
groͤßte Gluͤck ſey.</p><lb/><p>Die Geſchichte der moraliſchen Welt<lb/>ſollen ihre Kinder auch kennen; die Ver-<lb/>
aͤnderungen, welche ganze Koͤnigreiche<lb/>
und erhabne Perſonen betroffen, werden<lb/>ſie zu Betrachtungen leiten, deren Wuͤr-<lb/>
kung die Zufriedenheit mit ihren einge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchraͤnk-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[301/0327]
wir alle Augenblicke unſers Lebens ſo viel
Gutes genießen; da die ganze phyſicaliſche
Welt lauter Werke und Zeugniſſe der
Wohlthaͤtigkeit und Guͤte unſers Schoͤ-
pfers in ſich faßt, deren Anblick und
Kenntniß das reinſte und vollkommenſte,
keinem Zufall, keinem Menſchen unter-
worfene Vergnuͤgen in unſre Seele gießt.
Je mehr Geſchmack ihre Kinder an der
natuͤrlichen Geſchichte unſers Erdbodens,
je mehr Kenntniſſe ſie von ſeinen Gewaͤch-
ſen, Nutzbarkeit und Schoͤnheit erlangen,
je ſanfter werden ihre Geſinnungen, Lei-
denſchaften und Begierden ſeyn, und um
ſo viel mehr wird ihr Geſchmack am Edeln
und Einfachen geſtaͤrkt und befeſtigt wer-
den, und um ſo weiter entfernen ſie ſich
von der Jdee, daß Pracht und Wolluſt das
groͤßte Gluͤck ſey.
Die Geſchichte der moraliſchen Welt
ſollen ihre Kinder auch kennen; die Ver-
aͤnderungen, welche ganze Koͤnigreiche
und erhabne Perſonen betroffen, werden
ſie zu Betrachtungen leiten, deren Wuͤr-
kung die Zufriedenheit mit ihren einge-
ſchraͤnk-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/327>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.