Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

T * am S *** Garten. Jch wußte das
Haus, lief in mein Zimmer, holte mir
Geld, und warf es, da sie noch da war,
bey dem Rath T * durchs Fenster, an
welchem das Fräulein saß, murmelte eini-
ge Worte von Freude über die Wohlthä-
tigkeit, und als man an die Thüre kam,
eilte ich davon. Zauberkraft war in mei-
nen Worten; denn da ich zween Tage
darauf dem Fräulein in Graf F* s Haufe
entgegen gieng, um ihr meine angenom-
mene Ehrerbietung zu bezeugen, bemerkte
ich, daß ihr schönes Auge sich mit einem
Ausdruck von Achtung und Zufriedenheit
auf meinem Gesichte verweilte; sie fieng
an mir etliche Worte auf englisch zu sa-
gen, aber da sie sehr spat gekommen war,
wurde ihr gleich vom jungen Grafen F*
eine Karte zu ziehen angeboten; sie sah
sich unschlüssig, wie durch eine Ahndung
um, und zog einen König, der sie zur
Partie des Fürsten bestimmte.

Mußte ich just diese ziehen, sagte sie,
mit unmuthiger Stimme; aber sie hätte
lange wählen können, sie würde nichts

als

T * am S *** Garten. Jch wußte das
Haus, lief in mein Zimmer, holte mir
Geld, und warf es, da ſie noch da war,
bey dem Rath T * durchs Fenſter, an
welchem das Fraͤulein ſaß, murmelte eini-
ge Worte von Freude uͤber die Wohlthaͤ-
tigkeit, und als man an die Thuͤre kam,
eilte ich davon. Zauberkraft war in mei-
nen Worten; denn da ich zween Tage
darauf dem Fraͤulein in Graf F* s Haufe
entgegen gieng, um ihr meine angenom-
mene Ehrerbietung zu bezeugen, bemerkte
ich, daß ihr ſchoͤnes Auge ſich mit einem
Ausdruck von Achtung und Zufriedenheit
auf meinem Geſichte verweilte; ſie fieng
an mir etliche Worte auf engliſch zu ſa-
gen, aber da ſie ſehr ſpat gekommen war,
wurde ihr gleich vom jungen Grafen F*
eine Karte zu ziehen angeboten; ſie ſah
ſich unſchluͤſſig, wie durch eine Ahndung
um, und zog einen Koͤnig, der ſie zur
Partie des Fuͤrſten beſtimmte.

Mußte ich juſt dieſe ziehen, ſagte ſie,
mit unmuthiger Stimme; aber ſie haͤtte
lange waͤhlen koͤnnen, ſie wuͤrde nichts

als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0332" n="306"/>
T * am S *** Garten. Jch wußte das<lb/>
Haus, lief in mein Zimmer, holte mir<lb/>
Geld, und warf es, da &#x017F;ie noch da war,<lb/>
bey dem Rath T * durchs Fen&#x017F;ter, an<lb/>
welchem das Fra&#x0364;ulein &#x017F;aß, murmelte eini-<lb/>
ge Worte von Freude u&#x0364;ber die Wohltha&#x0364;-<lb/>
tigkeit, und als man an die Thu&#x0364;re kam,<lb/>
eilte ich davon. Zauberkraft war in mei-<lb/>
nen Worten; denn da ich zween Tage<lb/>
darauf dem Fra&#x0364;ulein in Graf F* s Haufe<lb/>
entgegen gieng, um ihr meine angenom-<lb/>
mene Ehrerbietung zu bezeugen, bemerkte<lb/>
ich, daß ihr &#x017F;cho&#x0364;nes Auge &#x017F;ich mit einem<lb/>
Ausdruck von Achtung und Zufriedenheit<lb/>
auf meinem Ge&#x017F;ichte verweilte; &#x017F;ie fieng<lb/>
an mir etliche Worte auf engli&#x017F;ch zu &#x017F;a-<lb/>
gen, aber da &#x017F;ie &#x017F;ehr &#x017F;pat gekommen war,<lb/>
wurde ihr gleich vom jungen Grafen F*<lb/>
eine Karte zu ziehen angeboten; &#x017F;ie &#x017F;ah<lb/>
&#x017F;ich un&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig, wie durch eine Ahndung<lb/>
um, und zog einen Ko&#x0364;nig, der &#x017F;ie zur<lb/>
Partie des Fu&#x0364;r&#x017F;ten be&#x017F;timmte.</p><lb/>
          <p>Mußte ich ju&#x017F;t die&#x017F;e ziehen, &#x017F;agte &#x017F;ie,<lb/>
mit unmuthiger Stimme; aber &#x017F;ie ha&#x0364;tte<lb/>
lange wa&#x0364;hlen ko&#x0364;nnen, &#x017F;ie wu&#x0364;rde nichts<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0332] T * am S *** Garten. Jch wußte das Haus, lief in mein Zimmer, holte mir Geld, und warf es, da ſie noch da war, bey dem Rath T * durchs Fenſter, an welchem das Fraͤulein ſaß, murmelte eini- ge Worte von Freude uͤber die Wohlthaͤ- tigkeit, und als man an die Thuͤre kam, eilte ich davon. Zauberkraft war in mei- nen Worten; denn da ich zween Tage darauf dem Fraͤulein in Graf F* s Haufe entgegen gieng, um ihr meine angenom- mene Ehrerbietung zu bezeugen, bemerkte ich, daß ihr ſchoͤnes Auge ſich mit einem Ausdruck von Achtung und Zufriedenheit auf meinem Geſichte verweilte; ſie fieng an mir etliche Worte auf engliſch zu ſa- gen, aber da ſie ſehr ſpat gekommen war, wurde ihr gleich vom jungen Grafen F* eine Karte zu ziehen angeboten; ſie ſah ſich unſchluͤſſig, wie durch eine Ahndung um, und zog einen Koͤnig, der ſie zur Partie des Fuͤrſten beſtimmte. Mußte ich juſt dieſe ziehen, ſagte ſie, mit unmuthiger Stimme; aber ſie haͤtte lange waͤhlen koͤnnen, ſie wuͤrde nichts als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/332
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/332>, abgerufen am 18.12.2024.