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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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zug vom Fürsten erhalten, ihm zu Ehren
gesungen hatte, und schon lange von ihm
geliebt wurde, stellte sie uns allen als
würkliche Maitresse vor; besonders da
eine Viertelstunde darauf der Fürst in
einer Masque von nehmlichen Farben
als die ihrige kam, und sie, da eben Deutsch
getanzt wurde, an der Seite ihrer Tante,
mit der sie stehend redte, wegnahm, und
einen Arm um ihren Leib geschlungen, die
Länge des Saals mit ihr durchtanzte.
Dieser Anblick ärgerte mich zum rasend
werden, doch bemerkte ich, daß sie sich
vielfältig sträubte und loswinden wollte;
aber bey jeder Bemühung drückte er sie
fester an seine Brust, und führte sie end-
lich zurück, worauf der Graf F * ihn an
ein Fenster zog, und eifrig redete. Eini-
ge Zeit hernach stund eine weisse Masque
en Chauve-Souris neben dem Fräulein,
die ich auf einmal eine heftigste Bewegung
mit ihrem rechten Arm, gegen ihre Brust
machen, und einen Augenblick darauf, ihre
linke Hand nach der weissen Masque aus-
strecken sah. Diese entschlüpfte durch das

Gedrän-
Y 3

zug vom Fuͤrſten erhalten, ihm zu Ehren
geſungen hatte, und ſchon lange von ihm
geliebt wurde, ſtellte ſie uns allen als
wuͤrkliche Maitreſſe vor; beſonders da
eine Viertelſtunde darauf der Fuͤrſt in
einer Masque von nehmlichen Farben
als die ihrige kam, und ſie, da eben Deutſch
getanzt wurde, an der Seite ihrer Tante,
mit der ſie ſtehend redte, wegnahm, und
einen Arm um ihren Leib geſchlungen, die
Laͤnge des Saals mit ihr durchtanzte.
Dieſer Anblick aͤrgerte mich zum raſend
werden, doch bemerkte ich, daß ſie ſich
vielfaͤltig ſtraͤubte und loswinden wollte;
aber bey jeder Bemuͤhung druͤckte er ſie
feſter an ſeine Bruſt, und fuͤhrte ſie end-
lich zuruͤck, worauf der Graf F * ihn an
ein Fenſter zog, und eifrig redete. Eini-
ge Zeit hernach ſtund eine weiſſe Masque
en Chauve-Souris neben dem Fraͤulein,
die ich auf einmal eine heftigſte Bewegung
mit ihrem rechten Arm, gegen ihre Bruſt
machen, und einen Augenblick darauf, ihre
linke Hand nach der weiſſen Masque aus-
ſtrecken ſah. Dieſe entſchluͤpfte durch das

Gedraͤn-
Y 3
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[341/0367] zug vom Fuͤrſten erhalten, ihm zu Ehren geſungen hatte, und ſchon lange von ihm geliebt wurde, ſtellte ſie uns allen als wuͤrkliche Maitreſſe vor; beſonders da eine Viertelſtunde darauf der Fuͤrſt in einer Masque von nehmlichen Farben als die ihrige kam, und ſie, da eben Deutſch getanzt wurde, an der Seite ihrer Tante, mit der ſie ſtehend redte, wegnahm, und einen Arm um ihren Leib geſchlungen, die Laͤnge des Saals mit ihr durchtanzte. Dieſer Anblick aͤrgerte mich zum raſend werden, doch bemerkte ich, daß ſie ſich vielfaͤltig ſtraͤubte und loswinden wollte; aber bey jeder Bemuͤhung druͤckte er ſie feſter an ſeine Bruſt, und fuͤhrte ſie end- lich zuruͤck, worauf der Graf F * ihn an ein Fenſter zog, und eifrig redete. Eini- ge Zeit hernach ſtund eine weiſſe Masque en Chauve-Souris neben dem Fraͤulein, die ich auf einmal eine heftigſte Bewegung mit ihrem rechten Arm, gegen ihre Bruſt machen, und einen Augenblick darauf, ihre linke Hand nach der weiſſen Masque aus- ſtrecken ſah. Dieſe entſchluͤpfte durch das Gedraͤn- Y 3

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/367>, abgerufen am 21.11.2024.