kragens, und ihre Manschetten in Stü- cken, und streute sie vor sich her. John hatte sich gleich nach ihr an die Thüre ge- drungen, und war Zeuge von allen die- sen Bewegungen. Der Fürst eilte mit dem Grafen F* und ihrer Tante herbey, die übrigen entfernten sich, und John wickelte sich in den Vorhang der Thüre, welche sogleich verschlossen wurde. Der Fürst warf sich zu ihren Füßen, und bat sie in den zärtlichsten Ausdrücken, ihm die Ursache ihres Kummers zu sagen; sie ver- goß einen Strohm von Thränen, und wollte von ihrem Platz gehen; er hielt sie auf und wiederhohlte seine Bitten.
Was soll diese Erniedrigung von Jh- nen? Sie ist kein Ersatz für die Erniedri- gung meines guten Nahmens. -- O meine Tante, wie elend, wie niederträch- tig sind Sie mit dem Kind ihrer Schwe- ster umgegangen! -- O mein Vater, was für Händen haben Sie mich anvertraut!
Der feyerliche schmerzvolle Ton, mit welchem sie dieses sagte, hätte das inner- ste seiner Seele bewegt. Jhre Tante
fieng
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kragens, und ihre Manſchetten in Stuͤ- cken, und ſtreute ſie vor ſich her. John hatte ſich gleich nach ihr an die Thuͤre ge- drungen, und war Zeuge von allen die- ſen Bewegungen. Der Fuͤrſt eilte mit dem Grafen F* und ihrer Tante herbey, die uͤbrigen entfernten ſich, und John wickelte ſich in den Vorhang der Thuͤre, welche ſogleich verſchloſſen wurde. Der Fuͤrſt warf ſich zu ihren Fuͤßen, und bat ſie in den zaͤrtlichſten Ausdruͤcken, ihm die Urſache ihres Kummers zu ſagen; ſie ver- goß einen Strohm von Thraͤnen, und wollte von ihrem Platz gehen; er hielt ſie auf und wiederhohlte ſeine Bitten.
Was ſoll dieſe Erniedrigung von Jh- nen? Sie iſt kein Erſatz fuͤr die Erniedri- gung meines guten Nahmens. — O meine Tante, wie elend, wie niedertraͤch- tig ſind Sie mit dem Kind ihrer Schwe- ſter umgegangen! — O mein Vater, was fuͤr Haͤnden haben Sie mich anvertraut!
Der feyerliche ſchmerzvolle Ton, mit welchem ſie dieſes ſagte, haͤtte das inner- ſte ſeiner Seele bewegt. Jhre Tante
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kragens, und ihre Manſchetten in Stuͤ-
cken, und ſtreute ſie vor ſich her. John
hatte ſich gleich nach ihr an die Thuͤre ge-
drungen, und war Zeuge von allen die-
ſen Bewegungen. Der Fuͤrſt eilte mit
dem Grafen F* und ihrer Tante herbey,
die uͤbrigen entfernten ſich, und John
wickelte ſich in den Vorhang der Thuͤre,
welche ſogleich verſchloſſen wurde. Der
Fuͤrſt warf ſich zu ihren Fuͤßen, und bat
ſie in den zaͤrtlichſten Ausdruͤcken, ihm die
Urſache ihres Kummers zu ſagen; ſie ver-
goß einen Strohm von Thraͤnen, und
wollte von ihrem Platz gehen; er hielt ſie
auf und wiederhohlte ſeine Bitten.
Was ſoll dieſe Erniedrigung von Jh-
nen? Sie iſt kein Erſatz fuͤr die Erniedri-
gung meines guten Nahmens. — O
meine Tante, wie elend, wie niedertraͤch-
tig ſind Sie mit dem Kind ihrer Schwe-
ſter umgegangen! — O mein Vater, was
fuͤr Haͤnden haben Sie mich anvertraut!
Der feyerliche ſchmerzvolle Ton, mit
welchem ſie dieſes ſagte, haͤtte das inner-
ſte ſeiner Seele bewegt. Jhre Tante
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/369>, abgerufen am 21.11.2024.
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