[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.Tage die Stelle der Mutter, und wieder einige die Stelle der Jungfer Lehne be- kleiden, und daneben die Herzen der Kin- der zu guten Neigungen zu lenken, und ihre Fähigkeiten ausfindig zu machen su- chen, um sie mit der Zeit nach ihrem be- sten Geschicke anzubauen. Aber in Klei- dung, Essen, Hausgeräthe, sollen sie noch den Mangel fühlen, und durch dieses Ge- fühl zu Erkenntniß und Aufmerksamkeit kommen; bis sie durch Genügsamkeit, Fleiß und gute Gesinnungen wieder in die Classe eintreten können, aus der sie durch Verschwendung und Sorglosigkeit gefallen sind. Vorwürfe werde ich ihnen nicht machen; aber ich werde ihnen durch Er- zählung einiger Umstände meines Lebens die Zufälligkeit des Glücks beweisen, und den Kindern sagen, daß mir nichts als meine Erziehung übrig geblieben sey, welche mir die Freundschaft von Madam Hills, und die Gelegenheit gegeben hätte, ihnen Dienste zu leisten. Dann werde ich auch von dem Stolze reden können, der uns
Tage die Stelle der Mutter, und wieder einige die Stelle der Jungfer Lehne be- kleiden, und daneben die Herzen der Kin- der zu guten Neigungen zu lenken, und ihre Faͤhigkeiten ausfindig zu machen ſu- chen, um ſie mit der Zeit nach ihrem be- ſten Geſchicke anzubauen. Aber in Klei- dung, Eſſen, Hausgeraͤthe, ſollen ſie noch den Mangel fuͤhlen, und durch dieſes Ge- fuͤhl zu Erkenntniß und Aufmerkſamkeit kommen; bis ſie durch Genuͤgſamkeit, Fleiß und gute Geſinnungen wieder in die Claſſe eintreten koͤnnen, aus der ſie durch Verſchwendung und Sorgloſigkeit gefallen ſind. Vorwuͤrfe werde ich ihnen nicht machen; aber ich werde ihnen durch Er- zaͤhlung einiger Umſtaͤnde meines Lebens die Zufaͤlligkeit des Gluͤcks beweiſen, und den Kindern ſagen, daß mir nichts als meine Erziehung uͤbrig geblieben ſey, welche mir die Freundſchaft von Madam Hills, und die Gelegenheit gegeben haͤtte, ihnen Dienſte zu leiſten. Dann werde ich auch von dem Stolze reden koͤnnen, der uns
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ſeine Familie gewoͤhnen, und dann einige
Tage die Stelle der Mutter, und wieder
einige die Stelle der Jungfer Lehne be-
kleiden, und daneben die Herzen der Kin-
der zu guten Neigungen zu lenken, und
ihre Faͤhigkeiten ausfindig zu machen ſu-
chen, um ſie mit der Zeit nach ihrem be-
ſten Geſchicke anzubauen. Aber in Klei-
dung, Eſſen, Hausgeraͤthe, ſollen ſie noch
den Mangel fuͤhlen, und durch dieſes Ge-
fuͤhl zu Erkenntniß und Aufmerkſamkeit
kommen; bis ſie durch Genuͤgſamkeit,
Fleiß und gute Geſinnungen wieder in die
Claſſe eintreten koͤnnen, aus der ſie durch
Verſchwendung und Sorgloſigkeit gefallen
ſind. Vorwuͤrfe werde ich ihnen nicht
machen; aber ich werde ihnen durch Er-
zaͤhlung einiger Umſtaͤnde meines Lebens
die Zufaͤlligkeit des Gluͤcks beweiſen, und
den Kindern ſagen, daß mir nichts als
meine Erziehung uͤbrig geblieben ſey,
welche mir die Freundſchaft von Madam
Hills, und die Gelegenheit gegeben haͤtte,
ihnen Dienſte zu leiſten. Dann werde ich
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Zitationshilfe: | [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/101>, abgerufen am 16.02.2025. |