Käme ich nur bald nach D. und hät- ten wir nur einiges Licht von ihrem Auf- enthalt! Aber es geschehe das eine und das andere wenn es will: so soll der Elen- de, der ihren Werth nicht zu schätzen wußte, Rechenschaft von ihrer Entfüh- rung und Verlassung geben.
Jch bedaure Sie, Mylord, wegen der Leiden ihres Gemüths, die nun durch die wiederkehrende Liebe vergrößert sind. -- Aber wie konnte ein Mann, dem die weib- liche Welt bekannt seyn muß, dieses aus- erlesene Mädchen miskennen, und den allgemeinen Maaßstab vornehmen, um ihre Verdienste zu prüfen? Unterschied sie sich nicht in allem? Verzeihen Sie My- lord, es ist unbillig ihren Kummer zu ver- mehren! die Zärtlichkeit meiner nahen Verwandschaft übertrieb meinen Unmuth, und machte mich das geschehene und un- geschehene mit gleichem Haß verfolgen.
Fliehen Sie keinen Aufwand, um den Aufenthalt des geliebten Kindes zu erfah-
ren;
J 2
ſie von Angſt betaͤubt ihrem Verderben zulief. —
Kaͤme ich nur bald nach D. und haͤt- ten wir nur einiges Licht von ihrem Auf- enthalt! Aber es geſchehe das eine und das andere wenn es will: ſo ſoll der Elen- de, der ihren Werth nicht zu ſchaͤtzen wußte, Rechenſchaft von ihrer Entfuͤh- rung und Verlaſſung geben.
Jch bedaure Sie, Mylord, wegen der Leiden ihres Gemuͤths, die nun durch die wiederkehrende Liebe vergroͤßert ſind. — Aber wie konnte ein Mann, dem die weib- liche Welt bekannt ſeyn muß, dieſes aus- erleſene Maͤdchen miskennen, und den allgemeinen Maaßſtab vornehmen, um ihre Verdienſte zu pruͤfen? Unterſchied ſie ſich nicht in allem? Verzeihen Sie My- lord, es iſt unbillig ihren Kummer zu ver- mehren! die Zaͤrtlichkeit meiner nahen Verwandſchaft uͤbertrieb meinen Unmuth, und machte mich das geſchehene und un- geſchehene mit gleichem Haß verfolgen.
Fliehen Sie keinen Aufwand, um den Aufenthalt des geliebten Kindes zu erfah-
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ſie von Angſt betaͤubt ihrem Verderben
zulief. —
Kaͤme ich nur bald nach D. und haͤt-
ten wir nur einiges Licht von ihrem Auf-
enthalt! Aber es geſchehe das eine und
das andere wenn es will: ſo ſoll der Elen-
de, der ihren Werth nicht zu ſchaͤtzen
wußte, Rechenſchaft von ihrer Entfuͤh-
rung und Verlaſſung geben.
Jch bedaure Sie, Mylord, wegen der
Leiden ihres Gemuͤths, die nun durch die
wiederkehrende Liebe vergroͤßert ſind. —
Aber wie konnte ein Mann, dem die weib-
liche Welt bekannt ſeyn muß, dieſes aus-
erleſene Maͤdchen miskennen, und den
allgemeinen Maaßſtab vornehmen, um
ihre Verdienſte zu pruͤfen? Unterſchied ſie
ſich nicht in allem? Verzeihen Sie My-
lord, es iſt unbillig ihren Kummer zu ver-
mehren! die Zaͤrtlichkeit meiner nahen
Verwandſchaft uͤbertrieb meinen Unmuth,
und machte mich das geſchehene und un-
geſchehene mit gleichem Haß verfolgen.
Fliehen Sie keinen Aufwand, um den
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/137>, abgerufen am 21.11.2024.
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