Oheims nannten, daß ein gemeiner schlecht denkender Mensch ihre Hand nie- mals hätte erhalten können. Ein Heuch- ler, ein die Klugheit und Tugend lebhaft spielender Heuchler mußte es seyn, der ihren Geist blendete, und sie aus den Schranken zu führen wußte. Jch flehe den Lord Crafton um seine Beyhülfe an, den nichtswürdigen Mann auch unter dem Schutze der ganzen Nation zur Verant- wortung zu ziehen.
Nichts, als die schlechten Gesund- heitsumstände meiner Gemahlinn, und meines einzigen Sohns, hindern meine Abreise von hier; aber ich habe für das Andenken dieser liebenswürdigen Person doch dieses gethan: von dem Fürsten zu begehren, daß er ihre Güter durch einen fürstlichen Rath besorgen lasse. Die Ein- künfte sollen ihrer Gesinnung gemäß für die Kinder des Grafen Löbau gesammlet werden; aber der Vater und die Mutter sollen nichts davon genießen, sie, die zu- erst das Herz des guten Kindes zerrissen haben, und allein die Ursache sind, daß
sie
Oheims nannten, daß ein gemeiner ſchlecht denkender Menſch ihre Hand nie- mals haͤtte erhalten koͤnnen. Ein Heuch- ler, ein die Klugheit und Tugend lebhaft ſpielender Heuchler mußte es ſeyn, der ihren Geiſt blendete, und ſie aus den Schranken zu fuͤhren wußte. Jch flehe den Lord Crafton um ſeine Beyhuͤlfe an, den nichtswuͤrdigen Mann auch unter dem Schutze der ganzen Nation zur Verant- wortung zu ziehen.
Nichts, als die ſchlechten Geſund- heitsumſtaͤnde meiner Gemahlinn, und meines einzigen Sohns, hindern meine Abreiſe von hier; aber ich habe fuͤr das Andenken dieſer liebenswuͤrdigen Perſon doch dieſes gethan: von dem Fuͤrſten zu begehren, daß er ihre Guͤter durch einen fuͤrſtlichen Rath beſorgen laſſe. Die Ein- kuͤnfte ſollen ihrer Geſinnung gemaͤß fuͤr die Kinder des Grafen Loͤbau geſammlet werden; aber der Vater und die Mutter ſollen nichts davon genießen, ſie, die zu- erſt das Herz des guten Kindes zerriſſen haben, und allein die Urſache ſind, daß
ſie
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Oheims nannten, daß ein gemeiner
ſchlecht denkender Menſch ihre Hand nie-
mals haͤtte erhalten koͤnnen. Ein Heuch-
ler, ein die Klugheit und Tugend lebhaft
ſpielender Heuchler mußte es ſeyn, der
ihren Geiſt blendete, und ſie aus den
Schranken zu fuͤhren wußte. Jch flehe
den Lord Crafton um ſeine Beyhuͤlfe an,
den nichtswuͤrdigen Mann auch unter dem
Schutze der ganzen Nation zur Verant-
wortung zu ziehen.
Nichts, als die ſchlechten Geſund-
heitsumſtaͤnde meiner Gemahlinn, und
meines einzigen Sohns, hindern meine
Abreiſe von hier; aber ich habe fuͤr das
Andenken dieſer liebenswuͤrdigen Perſon
doch dieſes gethan: von dem Fuͤrſten zu
begehren, daß er ihre Guͤter durch einen
fuͤrſtlichen Rath beſorgen laſſe. Die Ein-
kuͤnfte ſollen ihrer Geſinnung gemaͤß fuͤr
die Kinder des Grafen Loͤbau geſammlet
werden; aber der Vater und die Mutter
ſollen nichts davon genießen, ſie, die zu-
erſt das Herz des guten Kindes zerriſſen
haben, und allein die Urſache ſind, daß
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/136>, abgerufen am 21.07.2024.
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