historie und den Sitten des Landes viel vorkömmt, weil dadurch viele nützliche Wissenschaft in ihnen ausgebreitet wür- de. -- Moralische Gemählde von Tugen- den aller Stände, besonders von unserm Geschlechte, möchte ich gesammlet haben; und darinn sind die Französinnen glückli- cher als wir. Das weibliche Verdienst erhält unter ihnen öffentliche und dauern- de Ehrenbezeigungen.
"Vielleicht aber verdienen wir mehr "als sie, weil wir uns auch ohne Beloh- "nung um Verdienste bemühen.
Dieß ist wahr, aber nur für die kleine Anzahl von Seelen, die sich über alle Schwierigkeiten erheben, die sie antreffen, und worüber andere durch nichts als Er- munterungen siegen. Jch möchte daher in jeder Standesclasse Beyspiele aufstellen, die aus ihrem Mittel gezogen wären, da- mit man sagen könnte: ihre Geburt, ihre Umstände waren wie die eurige; der Eifer der Tugend, und die gute Verwendung ihres Verstandes haben sie verehrungs- werth gemacht. Ein vorzüglicher Platz
in
II.Theil. K
hiſtorie und den Sitten des Landes viel vorkoͤmmt, weil dadurch viele nuͤtzliche Wiſſenſchaft in ihnen ausgebreitet wuͤr- de. — Moraliſche Gemaͤhlde von Tugen- den aller Staͤnde, beſonders von unſerm Geſchlechte, moͤchte ich geſammlet haben; und darinn ſind die Franzoͤſinnen gluͤckli- cher als wir. Das weibliche Verdienſt erhaͤlt unter ihnen oͤffentliche und dauern- de Ehrenbezeigungen.
„Vielleicht aber verdienen wir mehr „als ſie, weil wir uns auch ohne Beloh- „nung um Verdienſte bemuͤhen.
Dieß iſt wahr, aber nur fuͤr die kleine Anzahl von Seelen, die ſich uͤber alle Schwierigkeiten erheben, die ſie antreffen, und woruͤber andere durch nichts als Er- munterungen ſiegen. Jch moͤchte daher in jeder Standesclaſſe Beyſpiele aufſtellen, die aus ihrem Mittel gezogen waͤren, da- mit man ſagen koͤnnte: ihre Geburt, ihre Umſtaͤnde waren wie die eurige; der Eifer der Tugend, und die gute Verwendung ihres Verſtandes haben ſie verehrungs- werth gemacht. Ein vorzuͤglicher Platz
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II.Theil. K
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hiſtorie und den Sitten des Landes viel
vorkoͤmmt, weil dadurch viele nuͤtzliche
Wiſſenſchaft in ihnen ausgebreitet wuͤr-
de. — Moraliſche Gemaͤhlde von Tugen-
den aller Staͤnde, beſonders von unſerm
Geſchlechte, moͤchte ich geſammlet haben;
und darinn ſind die Franzoͤſinnen gluͤckli-
cher als wir. Das weibliche Verdienſt
erhaͤlt unter ihnen oͤffentliche und dauern-
de Ehrenbezeigungen.
„Vielleicht aber verdienen wir mehr
„als ſie, weil wir uns auch ohne Beloh-
„nung um Verdienſte bemuͤhen.
Dieß iſt wahr, aber nur fuͤr die kleine
Anzahl von Seelen, die ſich uͤber alle
Schwierigkeiten erheben, die ſie antreffen,
und woruͤber andere durch nichts als Er-
munterungen ſiegen. Jch moͤchte daher
in jeder Standesclaſſe Beyſpiele aufſtellen,
die aus ihrem Mittel gezogen waͤren, da-
mit man ſagen koͤnnte: ihre Geburt, ihre
Umſtaͤnde waren wie die eurige; der Eifer
der Tugend, und die gute Verwendung
ihres Verſtandes haben ſie verehrungs-
werth gemacht. Ein vorzuͤglicher Platz
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/151>, abgerufen am 16.02.2025.
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