Jch verbeugte mich und sah Herrn B. an; er antwortete mir mit muntern Nicken; die Lady winkte ihm. Heute nichts, sagte sie; aber morgen sollen Sie alles versichern.
Und dieser Morgen war vor sechs Ta- gen, wo mein Herz zwischen Vorschlägen und Entschließungen wankte, und end- lich auf dem Gedanken befestigt wurde, dieses Jahr bey der Lady auf ihrem Land- hause zuzubringen, und künftige Was- serszeit wieder mit ihr zurückzukommen.
Nach London würde ich nicht gegangen seyn; Gott bewahre mich vor der Gele- genheit Engländer, die ich schon kenne, zu sehen! Aber keiner von diesen wird eine alte Frau in ihrem einsamen Wohnorte suchen, und ich kann ruhig meine lange Begierde stillen, dieses Land zu sehen, und nach der Familie Watson mich zu erkundi- gen. Herr B. hat der Madam Hills eine Pflicht daraus gemacht: mich nicht auf- zuhalten, weil ich ein Gesindhaus ein- richten solle, und hat sie am meisten durch den Gedanken beruhiget; daß es in Eng-
land
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Jch verbeugte mich und ſah Herrn B. an; er antwortete mir mit muntern Nicken; die Lady winkte ihm. Heute nichts, ſagte ſie; aber morgen ſollen Sie alles verſichern.
Und dieſer Morgen war vor ſechs Ta- gen, wo mein Herz zwiſchen Vorſchlaͤgen und Entſchließungen wankte, und end- lich auf dem Gedanken befeſtigt wurde, dieſes Jahr bey der Lady auf ihrem Land- hauſe zuzubringen, und kuͤnftige Waſ- ſerszeit wieder mit ihr zuruͤckzukommen.
Nach London wuͤrde ich nicht gegangen ſeyn; Gott bewahre mich vor der Gele- genheit Englaͤnder, die ich ſchon kenne, zu ſehen! Aber keiner von dieſen wird eine alte Frau in ihrem einſamen Wohnorte ſuchen, und ich kann ruhig meine lange Begierde ſtillen, dieſes Land zu ſehen, und nach der Familie Watſon mich zu erkundi- gen. Herr B. hat der Madam Hills eine Pflicht daraus gemacht: mich nicht auf- zuhalten, weil ich ein Geſindhaus ein- richten ſolle, und hat ſie am meiſten durch den Gedanken beruhiget; daß es in Eng-
land
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Jch verbeugte mich und ſah Herrn B.
an; er antwortete mir mit muntern
Nicken; die Lady winkte ihm. Heute
nichts, ſagte ſie; aber morgen ſollen Sie
alles verſichern.
Und dieſer Morgen war vor ſechs Ta-
gen, wo mein Herz zwiſchen Vorſchlaͤgen
und Entſchließungen wankte, und end-
lich auf dem Gedanken befeſtigt wurde,
dieſes Jahr bey der Lady auf ihrem Land-
hauſe zuzubringen, und kuͤnftige Waſ-
ſerszeit wieder mit ihr zuruͤckzukommen.
Nach London wuͤrde ich nicht gegangen
ſeyn; Gott bewahre mich vor der Gele-
genheit Englaͤnder, die ich ſchon kenne,
zu ſehen! Aber keiner von dieſen wird eine
alte Frau in ihrem einſamen Wohnorte
ſuchen, und ich kann ruhig meine lange
Begierde ſtillen, dieſes Land zu ſehen, und
nach der Familie Watſon mich zu erkundi-
gen. Herr B. hat der Madam Hills eine
Pflicht daraus gemacht: mich nicht auf-
zuhalten, weil ich ein Geſindhaus ein-
richten ſolle, und hat ſie am meiſten durch
den Gedanken beruhiget; daß es in Eng-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/159>, abgerufen am 21.11.2024.
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