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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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meinen Namen noch, sie wollte, daß ich
Gutes von ihr glauben soll! O Stern-
heim, selbst in deinem von mir verursach-
ten Elende würde deiue großmüthige, un-
schuldige Seele die Marter meines Her-
zens beweinen, wenn du darinn das
Bild meiner ersten Hoffnungen mit allen
Schmerzen der Selbstberaubung vereinigt
sehen würdest!

Derby ist nach einer Abwesenheit von
acht Wochen wieder von einer Reise nach
H. zurückgekommen, und bewies mir eine
ganz besondere Achtsamkeit; ich goß allen
meinen zärtlichen Kummer bey ihm aus;
er belachte mich, und behauptete, daß er
mit dem Ruf seiner Bosheit viel weniger
schädlich sey, als ich es durch diesen Tu-
gendeifer gewesen; seine Bosheit führe
eine Art von Verwarnung bey sich, die
alle Menschen vorsichtig machen könne.
Die Strenge meiner Grundsätze hätte mir
eine Grausamkeit gegen die anscheinenden,
und unvermeidlichen Fehler der Menschen
gegeben, welche die Widerspenstigkeit der
Bösen vermehre, und die guten Leute zur

Ver-


meinen Namen noch, ſie wollte, daß ich
Gutes von ihr glauben ſoll! O Stern-
heim, ſelbſt in deinem von mir verurſach-
ten Elende wuͤrde deiue großmuͤthige, un-
ſchuldige Seele die Marter meines Her-
zens beweinen, wenn du darinn das
Bild meiner erſten Hoffnungen mit allen
Schmerzen der Selbſtberaubung vereinigt
ſehen wuͤrdeſt!

Derby iſt nach einer Abweſenheit von
acht Wochen wieder von einer Reiſe nach
H. zuruͤckgekommen, und bewies mir eine
ganz beſondere Achtſamkeit; ich goß allen
meinen zaͤrtlichen Kummer bey ihm aus;
er belachte mich, und behauptete, daß er
mit dem Ruf ſeiner Bosheit viel weniger
ſchaͤdlich ſey, als ich es durch dieſen Tu-
gendeifer geweſen; ſeine Bosheit fuͤhre
eine Art von Verwarnung bey ſich, die
alle Menſchen vorſichtig machen koͤnne.
Die Strenge meiner Grundſaͤtze haͤtte mir
eine Grauſamkeit gegen die anſcheinenden,
und unvermeidlichen Fehler der Menſchen
gegeben, welche die Widerſpenſtigkeit der
Boͤſen vermehre, und die guten Leute zur

Ver-
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[14/0020] meinen Namen noch, ſie wollte, daß ich Gutes von ihr glauben ſoll! O Stern- heim, ſelbſt in deinem von mir verurſach- ten Elende wuͤrde deiue großmuͤthige, un- ſchuldige Seele die Marter meines Her- zens beweinen, wenn du darinn das Bild meiner erſten Hoffnungen mit allen Schmerzen der Selbſtberaubung vereinigt ſehen wuͤrdeſt! Derby iſt nach einer Abweſenheit von acht Wochen wieder von einer Reiſe nach H. zuruͤckgekommen, und bewies mir eine ganz beſondere Achtſamkeit; ich goß allen meinen zaͤrtlichen Kummer bey ihm aus; er belachte mich, und behauptete, daß er mit dem Ruf ſeiner Bosheit viel weniger ſchaͤdlich ſey, als ich es durch dieſen Tu- gendeifer geweſen; ſeine Bosheit fuͤhre eine Art von Verwarnung bey ſich, die alle Menſchen vorſichtig machen koͤnne. Die Strenge meiner Grundſaͤtze haͤtte mir eine Grauſamkeit gegen die anſcheinenden, und unvermeidlichen Fehler der Menſchen gegeben, welche die Widerſpenſtigkeit der Boͤſen vermehre, und die guten Leute zur Ver-

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/20>, abgerufen am 24.11.2024.