vom Grafen F. auf seinem Landgut war, um den Lord in ein kleines Staunen zu setzen. Aber auch dieses verwarf ich als eine masquirte Rache, die sich in meine Einbildung schleichen wollte, da sie aus meinem Herzen verbannet war. -- Jch glaube, Emilia, Rich sieht beynahe was ich denke. Er kam erst den vierten Tag nach meiner Unterredung mit ihm zu uns. Die Lady erzählte ihm bey dem Mittag- essen die Ursache, warum wir alle so be- schäfftiget seyn, und führte ihn Nach- mittags in die schon bereiteten Zimmer. Jch mußte sie begleiten, und auch die Veranstaltungen für das Pachterfest vor- lesen. Lord Rich schien sehr aufmerk- sam, lobte alles, aber sehr kurz, und be- gleitete alle meine Bewegungen mit Bli- cken, welche Neugierde und Unruhe in sich zeigten. -- Lady Summers verließ uns einige Minuten, und er kam an den Tisch, wo ich italiänische Blumen aus- suchte und zusammen band. Mit einer sorgsamen zärtlichen Miene nahm er eine meiner Hände; "Sie sind nicht wohl,
meine
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vom Grafen F. auf ſeinem Landgut war, um den Lord in ein kleines Staunen zu ſetzen. Aber auch dieſes verwarf ich als eine masquirte Rache, die ſich in meine Einbildung ſchleichen wollte, da ſie aus meinem Herzen verbannet war. — Jch glaube, Emilia, Rich ſieht beynahe was ich denke. Er kam erſt den vierten Tag nach meiner Unterredung mit ihm zu uns. Die Lady erzaͤhlte ihm bey dem Mittag- eſſen die Urſache, warum wir alle ſo be- ſchaͤfftiget ſeyn, und fuͤhrte ihn Nach- mittags in die ſchon bereiteten Zimmer. Jch mußte ſie begleiten, und auch die Veranſtaltungen fuͤr das Pachterfeſt vor- leſen. Lord Rich ſchien ſehr aufmerk- ſam, lobte alles, aber ſehr kurz, und be- gleitete alle meine Bewegungen mit Bli- cken, welche Neugierde und Unruhe in ſich zeigten. — Lady Summers verließ uns einige Minuten, und er kam an den Tiſch, wo ich italiaͤniſche Blumen aus- ſuchte und zuſammen band. Mit einer ſorgſamen zaͤrtlichen Miene nahm er eine meiner Haͤnde; „Sie ſind nicht wohl,
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vom Grafen F. auf ſeinem Landgut war,
um den Lord in ein kleines Staunen zu
ſetzen. Aber auch dieſes verwarf ich als
eine masquirte Rache, die ſich in meine
Einbildung ſchleichen wollte, da ſie aus
meinem Herzen verbannet war. — Jch
glaube, Emilia, Rich ſieht beynahe was
ich denke. Er kam erſt den vierten Tag
nach meiner Unterredung mit ihm zu uns.
Die Lady erzaͤhlte ihm bey dem Mittag-
eſſen die Urſache, warum wir alle ſo be-
ſchaͤfftiget ſeyn, und fuͤhrte ihn Nach-
mittags in die ſchon bereiteten Zimmer.
Jch mußte ſie begleiten, und auch die
Veranſtaltungen fuͤr das Pachterfeſt vor-
leſen. Lord Rich ſchien ſehr aufmerk-
ſam, lobte alles, aber ſehr kurz, und be-
gleitete alle meine Bewegungen mit Bli-
cken, welche Neugierde und Unruhe in
ſich zeigten. — Lady Summers verließ
uns einige Minuten, und er kam an den
Tiſch, wo ich italiaͤniſche Blumen aus-
ſuchte und zuſammen band. Mit einer
ſorgſamen zaͤrtlichen Miene nahm er
eine meiner Haͤnde; „Sie ſind nicht wohl,
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/201>, abgerufen am 24.11.2024.
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