[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.mein Verfolger wird meinen Tod erfah- Dritter Monat meines Elendes. Noch einen Monat hab' ich durchge- lieber
mein Verfolger wird meinen Tod erfah- Dritter Monat meines Elendes. Noch einen Monat hab’ ich durchge- lieber
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mein Verfolger wird meinen Tod erfah-
ren, und er wird froh ſeyn die Zeugniſſe
ſeiner Unmenſchlichkeit mit mir begraben
zu wiſſen. O Schickſal, du ſiehſt
meine Unterwerfung, du ſiehſt, daß
ich nichts von dir bitte; du willſt mich
langſam zermalmen; thue es — rette
nur die Herzen meiner tugendhaften Freun-
de von dem Kummer, der ſie meinetwegen
beaͤngſtiget!
Dritter Monat meines Elendes.
Noch einen Monat hab’ ich durchge-
lebt, und finde mein Gefuͤhl wieder, um
den ganzen Jnbegriff meines Jammers zu
kennen. Selige Tage, wo ſeyd ihr, an
denen ich bey dem erſten Anblick des Mor-
genlichts meine Haͤnde dankbar zu Gott
erhob und mich meiner Erhaltung freute?
Jtzt benetzen immer neue Thraͤnen mein
Auge und mit neuem Haͤnderingen bezeich-
ne ich die erſte Stunde meines erneuerten
Daſeyns. O mein Schoͤpfer, ſollteſt du
wohl die bittere Zaͤhre meines Jammers
lieber
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Zitationshilfe: | [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/216>, abgerufen am 16.07.2024. |