seyn, weil du nicht denken konntest, daß sie mich deinen Augen entziehen, und mich schweigen heißen würden! Was für ein Spiel machst du dir aus der Trübsal eines Herzens, dessen ganze Empfindsam- keit du kennst? -- Warum, o Vorsicht, warum mußten alle boshafte Anschläge dieses verdorbenen Menschen in Erfüllung kommen, und warum alle guten Ent- würfe der Seele, die du mir gabst, in diese traurige Gebürge verstoßen werden?
Wie unstät macht die Eigenliebe den Gang unserer Tugend! Vor zween Tagen wollte mein Herz voll edler Entschlüsse geduldig auf dem dornichten Pfade mei- nes unglücklichen Schicksals fortgehen, und meine Eigenliebe führt die Wieder- erinnerung dazu, welche meine Blicke von dem gegenwärtigen und künftigen entfernt, und allein auf das unveränderliche ver- gangene heftet. -- Tugendlehre, Kennt- nisse und Erfahrung sollen also an mir ver- loren seyn, und ein niederträchtiger Feind
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ſeyn, weil du nicht denken konnteſt, daß ſie mich deinen Augen entziehen, und mich ſchweigen heißen wuͤrden! Was fuͤr ein Spiel machſt du dir aus der Truͤbſal eines Herzens, deſſen ganze Empfindſam- keit du kennſt? — Warum, o Vorſicht, warum mußten alle boshafte Anſchlaͤge dieſes verdorbenen Menſchen in Erfuͤllung kommen, und warum alle guten Ent- wuͤrfe der Seele, die du mir gabſt, in dieſe traurige Gebuͤrge verſtoßen werden?
Wie unſtaͤt macht die Eigenliebe den Gang unſerer Tugend! Vor zween Tagen wollte mein Herz voll edler Entſchluͤſſe geduldig auf dem dornichten Pfade mei- nes ungluͤcklichen Schickſals fortgehen, und meine Eigenliebe fuͤhrt die Wieder- erinnerung dazu, welche meine Blicke von dem gegenwaͤrtigen und kuͤnftigen entfernt, und allein auf das unveraͤnderliche ver- gangene heftet. — Tugendlehre, Kennt- niſſe und Erfahrung ſollen alſo an mir ver- loren ſeyn, und ein niedertraͤchtiger Feind
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ſie mich deinen Augen entziehen, und mich
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eines Herzens, deſſen ganze Empfindſam-
keit du kennſt? — Warum, o Vorſicht,
warum mußten alle boshafte Anſchlaͤge
dieſes verdorbenen Menſchen in Erfuͤllung
kommen, und warum alle guten Ent-
wuͤrfe der Seele, die du mir gabſt, in
dieſe traurige Gebuͤrge verſtoßen werden?
Wie unſtaͤt macht die Eigenliebe den
Gang unſerer Tugend! Vor zween Tagen
wollte mein Herz voll edler Entſchluͤſſe
geduldig auf dem dornichten Pfade mei-
nes ungluͤcklichen Schickſals fortgehen,
und meine Eigenliebe fuͤhrt die Wieder-
erinnerung dazu, welche meine Blicke von
dem gegenwaͤrtigen und kuͤnftigen entfernt,
und allein auf das unveraͤnderliche ver-
gangene heftet. — Tugendlehre, Kennt-
niſſe und Erfahrung ſollen alſo an mir ver-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/219>, abgerufen am 24.11.2024.
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