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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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den Abgrund reißt. Diese Gewalt wurde
ihm gelassen, und mir alle Hülfsmittel
entzogen; bald wird ein einsames Grab
meine Klagen endigen, und meiner Seele
die Endzwecke zeigen, warum ich dieses
grausame Verhäniß erdulden mußte.
Jch bin ruhig, ich bin zufrieden; mein
letzter Tag wird der freudigste seyn, den
ich selt zwey Jahren hatte. Jhnen,
meine bis in den letzten Augenblick zärt-
lich geliebte Freundinn, wird die Lady
Summers mein Paquet Papiere schicken,
und Jhr Herz bey dem Gedanken, daß
alles mein Leiden sich in einer seligen
Ewigkeit verloren hat, beruhiget wer-
den. Meine letzten Kräfte sind Jhnen ge-
widmet. Sie waren die Zeuginn meines
glücklichen Lebens; Sie sollen auch, so
viel ich es thun kann, von dem Ende mei-
ner trübseligen Tage wissen.

Jch war voller Hoffnungen und mit
fröhlichen Aussichten umgeben, als der
vertrauteste Bösewicht des Derby an-
langte, um mir den verhaßten Vorschlag
zu thun; "ich sollte mich zu dem Lord

"nach

den Abgrund reißt. Dieſe Gewalt wurde
ihm gelaſſen, und mir alle Huͤlfsmittel
entzogen; bald wird ein einſames Grab
meine Klagen endigen, und meiner Seele
die Endzwecke zeigen, warum ich dieſes
grauſame Verhaͤniß erdulden mußte.
Jch bin ruhig, ich bin zufrieden; mein
letzter Tag wird der freudigſte ſeyn, den
ich ſelt zwey Jahren hatte. Jhnen,
meine bis in den letzten Augenblick zaͤrt-
lich geliebte Freundinn, wird die Lady
Summers mein Paquet Papiere ſchicken,
und Jhr Herz bey dem Gedanken, daß
alles mein Leiden ſich in einer ſeligen
Ewigkeit verloren hat, beruhiget wer-
den. Meine letzten Kraͤfte ſind Jhnen ge-
widmet. Sie waren die Zeuginn meines
gluͤcklichen Lebens; Sie ſollen auch, ſo
viel ich es thun kann, von dem Ende mei-
ner truͤbſeligen Tage wiſſen.

Jch war voller Hoffnungen und mit
froͤhlichen Ausſichten umgeben, als der
vertrauteſte Boͤſewicht des Derby an-
langte, um mir den verhaßten Vorſchlag
zu thun; „ich ſollte mich zu dem Lord

„nach
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[236/0242] den Abgrund reißt. Dieſe Gewalt wurde ihm gelaſſen, und mir alle Huͤlfsmittel entzogen; bald wird ein einſames Grab meine Klagen endigen, und meiner Seele die Endzwecke zeigen, warum ich dieſes grauſame Verhaͤniß erdulden mußte. Jch bin ruhig, ich bin zufrieden; mein letzter Tag wird der freudigſte ſeyn, den ich ſelt zwey Jahren hatte. Jhnen, meine bis in den letzten Augenblick zaͤrt- lich geliebte Freundinn, wird die Lady Summers mein Paquet Papiere ſchicken, und Jhr Herz bey dem Gedanken, daß alles mein Leiden ſich in einer ſeligen Ewigkeit verloren hat, beruhiget wer- den. Meine letzten Kraͤfte ſind Jhnen ge- widmet. Sie waren die Zeuginn meines gluͤcklichen Lebens; Sie ſollen auch, ſo viel ich es thun kann, von dem Ende mei- ner truͤbſeligen Tage wiſſen. Jch war voller Hoffnungen und mit froͤhlichen Ausſichten umgeben, als der vertrauteſte Boͤſewicht des Derby an- langte, um mir den verhaßten Vorſchlag zu thun; „ich ſollte mich zu dem Lord „nach

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/242>, abgerufen am 24.11.2024.